Sonntag, 27. März 2016

Wochenplan

K.I.Z.: „Hurra die Welt geht unter“-Tour / Zenith, 40 Jahre Werkstattkino mit Vorführungen von Traci Lords' „New Wave Hookers“, James Tobacks „Fingers“, den legendären Super-8-Eigenproduktionen mit Florian Süssmayr, Romuald Karmakar, Rainald Goetz, Wolfgang W. Werner, Hans Schifferle, Wolfgang Flatz & Co vor der Kamera u.v.m. / Werkstattkino, parallel dazu zeigt das Werkstattkino in Darmstadt im Rahmen der Ausstellung „Florian Süssmayr - Bilder für Deutsche Museen (2)“ u.a. Anatol Nitschkes Film „Couch“ (1985). Danach legen Süssmayr und Nitschke Schallplatten auf, „irgendwas mit Punkrock“ / Kunsthalle Darmstadt, egoFM-Fest / Muffatwerk, Pressevorführungen „A War“, „Mein Praktikum in Kanada“, „The Whispering Star“, „How to be Single“, „Hardcore“ und „Monsieur Chocolat“

Freitag, 25. März 2016

Making-of: Das Turi2-Geburtstagsinterview

Zwei Journalisten, drei Wahrheiten. Dienstag fragte Markus Trantow von der Turi2-Redaktion wegen eines Geburstagsinterviews an. Ich beantwortete die mir zugemailten Fragen schriftlich (telefonisch hatte man mir als Option ausdrücklich angeboten).
Heute erschien dann der Text anläßlich meines 55. im Rahmen der Rubrik „Wir graturilieren“ – nicht als Wortlautinterview, sondern bearbeitet von Michel Penke. Hier zum Vergleich die unbearbeitete, vollständige Fassung.

Was war toll am abgelaufenen Lebensjahr? Was blöd? 

Toll: Ich habe es überlebt. Viele Freunde, Bekannte und Kollegen leider nicht. Man sollte sich also nicht nur um Print Sorgen machen. Inzwischen kenne ich mehr Verstorbene als Lebende, aber das ist vielleicht auch altersgemäß. (Wenn es meine Partnerinnen schon nicht sind.)
Blöd: Ich wollte mehr bloggen. Aber was ich auch an Themen aufriß, ob Indira Weis’ Schleichwerbung auf Snapchat, Amazons Geschachere mit Hitlers „Mein Kampf“ oder den journalistisch wie politisch fragwürdigen Steinhöfel-Auftritt in einem Medienmagazin – kaum jemanden interessierte es.

Was wünschen Sie sich fürs neue Lebensjahr? 

Wieder mehr selbst schreiben als Interviewfragen zu beantworten.

Wie feiern Sie den Geburtstag? Wo? 

Mein Geburtstag fällt heuer auf Karfreitag. Gleich doppelt ärgerlich, da nicht mein Ostern – wir Orthodoxe feiern erst in fünf Wochen. Und katholisches Karwochenende bedeutet in München Tanzverbot und sogar absolutes Musikverbot. Die meisten Freunde sind zudem verreist. Zum Glück feiert eine Freundin, die russische Künstlerin Maria Justus, abends Vernissage in den Goldberg-Studios. Die Party werde ich wohl kapern.

Auf welchem Weg sind Gratulationen willkommen? 

DE55 7015 0000 0017 1401 46

Was war das Beste, was Sie im Leben erreicht haben? 

Meine Bücher als Verleger. Feinstes von Eugène Ionesco, Serge Gainsbourg, Valérie Valère und Emily Brontë.

Was wollen Sie noch getan haben, bevor Sie sterben? 

Die Concorde fliegt nicht mehr. Also bleibt nur noch ein unerfüllter Lebenstraum: Ein Aufenthalt in Montreal. L'Été Indien.

Was beschäftigt Sie gerade? 

Die Phänomenologie des Nachtlebens. Mein Lebensthema. Irgendwann werde ich es in Worte fassen können.

Sonntag, 20. März 2016

Wochenplan

Episode #4: Dominik Graf & Bert Rebhandl analysieren Zbynek Brynychs Episode „Sportpalastwalzer“ von „Der Alte“ / Kammerspiele, Book-Release-Party „Pastinaken raus!“  und „Migrantenstadl“ / Köşk, Frühlingsfest, Opening Ruffini's Pop-Up-Store ft. Stephanie Kahnau, Fattoria Pilloni, Studio David Lehmann, Reimann & Bordihn, Edition Taube, Milli Monka und Vanook, LUNAparty / Blue Spa im Bayerischen Hof, Vernissagen Zeitgenössische Kunst aus dem Centre Pompidou / Haus der Kunst (Foto) und Maria Justus & Sebastian Schulz / Goldberg-Studios, 55, Beginn der Sommerzeit, Pressevorführungen „The Jungle Book“, „Batman vs Superman“, „The Huntsman and the Ice Queen“ und „Green Room“

Foto: Lijun Fang – „Untitled“, Centre Pompidou, MNAM-CCI/G

Sonntag, 13. März 2016

Der Münchner Merkur – und eine Zeitungsente von internationalem Format (Update)

„Dewey Defeats Truman“ – mit dieser falschen Schlagzeile schrieb die „Chicago Daily Tribune“ am 3. November 1948 Zeitungsgeschichte. Denn tatsächlich hatte Präsident Harry S. Truman überraschenderweise die Wiederwahl gewonnen und die konservative Redaktion bei dem Versuch, einen Scoop zu landen, auf den favorisierten republikanischen Herausforderer Thomas E. Dewey als unvermeidlichen Wahlsieger gesetzt und dabei einfach nur daneben gehauen.
Weniger bekannt mag sein, daß die Redaktion des „Münchner Merkur“ den gleichen Fehler beging. Das Wahlergebnis in den USA war erst nach Redaktionsschluß zu erwarten, doch um die örtliche Konkurrenz auszustechen, hatte Chefredakteur Felix Buttersack auf das vermeintlich sichere Pferd gesetzt – so erzählte es zumindest Dirk Ippen, inzwischen Verleger des Münchner Traditionblattes, heute in seiner Kanzelrede in der Münchner Erlöserkirche auf Einladung der Evangelischen Akademie Tutzing. Laut Redemanuskript: „Der Lizenzträger des Münchner Merkur, Felix Buttersack, wollte nun unbedingt in seiner damals mittags erscheinende Zeitung als erster die Meldung vom Sieg des Republikaners Dewey haben. Unbekümmert ließ er daher eine Zeitung mit entsprechender Schlagzeile drucken. Dabei war das Rennen noch gar nicht gelaufen und der Sieger wurde am Ende bekanntlich Truman.“
Der „Spiegel“ von 1948 schreibt dagegen: „Als er morgens gegen ½4 Uhr in der Redaktion seinen Mantel anzog, um zu einer Party zu fahren, hatte er ausdrücklich befohlen, den fertigen Dewey-Sieges-Merkur von der Rotationspresse fernzuhalten. Als er eine gute Stunde später zurückkam, war 'durch ein technisches Versehen' die Presse im Gange.“
Das „Time Magazine“ wiederum: „In Munich, Publisher Felix Buttersack moaned: 'What shall I do?' Two hours after the polls closed, his newspaper, Merkur, had scooped Bavaria with the headline: THOMAS E. DEWEY—AMERICA'S NEW PRESiDENT. Merkur carried a vivid account of how the victorious Governor Dewey had thanked the people in a radio address. Buttersack said he had simply trusted the polls. 'What,' added Felix Buttersack, 'is Dr. Gallup going to do?'“
Ippen zufolge fürchtete Buttersack, wegen der kapitalen Falschmeldung von den amerikanischen Besatzungsbehörden die Zeitungslizenz entzogen zu kriegen. Was ihn wohl rettete, war eben, daß den Chicagoer Kollegen der gleiche fatale Fehler unterlaufen war. Ippen: „Bei solchen Missbräuchen der Pressefreiheit verstanden die Amerikaner keinen Spaß, so dass Buttersack umgehend zur US-Pressekontrolle in München bestellt wurde. Da stand er mit weichen Knien, denn das hätte ihn die Lizenz kosten können. Was ihn schließlich gerettet hat, war die Tatsache, dass auch die berühmte amerikanische Chicago Tribune den gleichen Fehler gemacht hatte.“
Ippens Anmerkung, in den amerikanischen Journalistenschulen würde diese Art falscher Berichterstattung bis heute als „Buttersack“ bezeichnet werden, mag hoffentlich nur ein schlechter Witz gewesen sein. Im Manuskript seiner Rede, die „Zeit und Zeitung – Erlebtes aus 8 Jahrzehnten“ heißt, bezieht er sich – wie allzu oft in seinem Vortrag – nicht auf selbst Erlebtes, sondern nur auf Hörensagen: „Ein amerikanischer Journalist aber hat mir vor Jahren berichtet, dass man dort heute noch eine Sensationsmeldung, die sich hinterher als falsch erweist 'a Buttersack' nennt…“ Höchstwahrscheinlich auch nur wieder eine Zeitungsente...

Wochenplan

Philipp Felsch: „Laborlandschaften. Die Alpen als Raum der Wissenschaft“ / Eres-Stiftung, Orientalic / Salon G in der Akademie der Bildenden Künste, „Keine Angst vor Partizipation – Wohnen heute“ / Architekturmuseum, ndF: after work Pressecocktail / Parkcafé, St. Patrick's Day, „Internethetze, Pick-Up-Artists und Co. – der ganz alltägliche Frauenhass“ – Laurie Penny und Marlene Streeruwitz im Gespräch mit Julia Fritzsch / Literaturhaus, Premiere des ARD-Eventfilms „Das Geheimnis der Hebamme“ in Anwesenheit von Ruby O. Fee, Steve Windolf, Franz Xaver Kroetz, Sabin Tambrea, Susanne Wuest, Sabine Ebert und Roland Suso Richter / Gloria-Palast, Content Marketing – Konkurrenz für den Journalismus? / Presseclub, Eric von Hippel: „Free Innovation and the Internet“ / Bayerische Akademie der Wissenschaften, Bring your own! – Besucher und ihre Lieblingsmusik / Lenbachhaus, Art Meets Fashion / Saffeels, Karim El-Gawhary liest aus „Auf der Flucht“ / Klang im Dach, Special Screening von „Eddie the Eagle“ in Anwesenheit von Hugh Jackmann, Iris Berben und Eddie Edwards / Mathäser, Thomas Darchinger: „A gmade Wiesn“ / Schloss Kempfenhausen, Pressevorführungen „Vor der Morgenröte“, „Mängelexemplar“, „Junges Licht“, „Hope for All“, „Sing Street“, „Criminal Activities“ und „High Rise“ (Foto)

Freitag, 11. März 2016

Feine erste Sätze (20)

„Der Wintertransfermarkt hat im Profifußball einen ähnlich glamourösen Ruf wie der Einzelhandel für gebrauchte Elektroprodukte im Bahnhofsviertel.“
Philipp Selldorf in der „Süddeutschen Zeitung“

Sonntag, 6. März 2016

Wochenplan

Michaela Melián: „Electric Ladyland“ / Kunstbau, Mircea Cărtărescu: „Die schönen Fremden“ / Literaturhaus, Premiere von Doris Dörries „Grüße aus Fukushima“ / City, „Bilder, welche Bilder? Über Abstraktion und Realität in den Alpen“ – Künstlergespräch mit Hansjoerg Dobliar, Philipp Messner und Walter Niedermayr / Eres-Stiftung, Vernissagen Käthe deKoe & Steffi Pusch: „A Land is a Scape is a Soul“ / Ingo Seufert und Valentina Murabito: „Against Identity“ / ponyhof artclub, „Im Visier der Meute. Journalistische Recherche zwischen Fairness und Exzess“ – Tagung mit Susanne Gaschke, Jörg Kachelmann, Sabine Kehm, Peer Steinbrück u.a. / Akademie für politische Bildung Tutzing, Klyne / Tonhalle, „Zeit und Zeitung – Erlebtes aus acht deutschen Jahrzehnten“ – Kanzelrede von Dirk Ippen / Erlöserkirche an der Münchner Freiheit, Pressevorführungen „Peggy Guggenheim – Ein Leben für die Kunst“ (Foto), „Auferstanden“, „Der Spion und sein Bruder“, „Die Bestimmung – Allegiant“, „Familie zu vermieten“, „Gods of Egypt“, „Ich bin tot, macht was draus“, „Kung Fu Panda 3“, „A War“ und „Café Belgica“

(Foto: Roloff Beny / Courtesy of National Archives of Canada)

Freitag, 4. März 2016

Dr. Burda & Mr. Hyde: der Datenspagat zwischen Cliqz und Grow (Update)

Gute Daten, schlechte Daten? Wer dieser Tage öfters im Arabellapark zu tun hat, droht der Verwirrung anheimzufallen. Denn einerseits wuppt man bei Burda das nächste große Online-Ding. „Wir erfinden das Internet neu“. Kein Wunder, daß sich unlängst sogar Sigmar Gabriel den neuesten heißen Scheiß persönlich vorführen ließ: Cliqz, einen Zwitter aus Browser und Suchmaschine, der zwar noch irgendwie beta ist, aber jetzt offiziell vorgestellt werden soll.
Ein Internet-Wolpertinger, der vor allem eines sein will: lieb und gut. Anders als die böse Datenkrake Google, die sogar die Deutschen trackt, die gar keine Google-Produkte nutzen. Und sollte das jemand verdrängt haben, so lancierte Cliqz sicherlich nicht zufällig oder uneigennützig vorletzte Woche eine Studie, die daran erinnert, wie böse Google ist.
Cliqz dagegen ist so gut und rein, daß es sogar das alte „Focus“-Primat aufwärmen darf: „immer an den Leser denken“. Bei Cliqz klingt das jetzt so: „Immer zuerst an die Nutzer denken. Das unterscheidet uns von den Konzernen, die das Internet heute beherrschen. Sie gestalten das Web nach ihren Interessen und den Interessen der Werbeindustrie. Wir haben eine ganz andere Vision vom Internet. Wir glauben an ein Internet, in dem Werte wie Transparenz, Privatsphäre, Offenheit, Sicherheit und Respekt zählen. Ein Internet, in dem persönliche Daten im Besitz der User bleiben und in dem sie auf dem kürzesten Weg zum Ziel kommen – auch wenn das weniger Werbemöglichkeiten bedeutet.“
Klingt schön. Aber klingt das auch nach Burda? „Daten sind das neue Öl“ wird der Vorstandsvorsitzende Paul-Bernhard Kallen in der aktuellen Mitarbeiterzeitung zitiert. „Um in der Consumer Internet Industrie erfolgreich zu sein, ist der Zugang zu Daten entscheidend. Und wenn sowohl der Zugang zu Daten als auch der Zugang zu Konsumenten in der Hand weniger Monopolisten sind, kann es keinen fairen Wettbewerb geben.“ Und so arbeitet man im Haus nicht nur an Cliqz. Im Rahmen des aktuellen Transformationsprogramms „Grow!“ verfolgt man andere Ziele, die aber durchaus den Leser, nein, User, nein, „Konsumenten“ auch „in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stellen“. Ingo Rübe, CTO Burda Magazine, führt das näher aus: „Voraussetzung dafür ist die zielgerichtete Datenerfassung durch die Nutzung der passenden Technologie und der geeigneten digitalen Werkzeuge“. Nach zwölf Monaten intensiver Arbeiten stünde nun das Modul Data & Analytics bereit, mit dessen Hilfe man anonyme Nutzer in identifizierbaren Konsumenten verwandle. „Keiner unserer direkten Mitbewerber verfügt bislang über vergleichbare technologische Möglichkeiten“, um gerade im Zuge der Digitalisierung über die Nähe zum Menschen neue Erlösquellen zu schaffen.
Gute Daten, gute Daten. Mal für den User, mal für den Tracker. So vielseitig können Konzerninteressen sein, gerade wenn man das Internet noch nicht beherrscht. Damit sich das ändert, sucht man bei Cliqz noch Mitarbeiter und buhlt um sie mit gewagten Behauptungen„Food & Fun – Häufig findet man uns in der Kantine bei einem leckeren Mittagessen“. Da will man hoffen, daß die Crew vom Internet mehr versteht als vom Essen im Burda-Casino.