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Freitag, 2. April 2010

K1 reloaded – Wetten, daß keiner blank zieht?

Die Mission: Eine Ikone der 68er, Thomas Hesterbergs Nacktfoto der Kommune 1, nachzustellen. Der Ort: Das Studio 9 der Bavaria in Geiselgasteig, wo für das ZDF gestern abend Thomas Gottschalks Geburtstagsrevue „My Sixties“ inszeniert wurde. Das Problem: Genügend Leute zu finden, die unbezahlt blank ziehen. Denn es mangelt den Castingshow-geprüften Produzenten von Tresor TV sicherlich nicht an genügend Komparsen in der Kartei, die für ein paar Euro nackte Tatsachen sprechen ließen. Aber manchmal geschehen kleine Wunder, und das Produktionsteam wollte tatsächlich auf Überzeugungstäter setzen, die um der Sache willen posieren und nicht wegen der Gage:
„Thomas Gottschalk sucht für seine Zeitreise 'My Swinging Sixties' - Samstag, 3. April 2010, 20.15 Uhr, im ZDF - 'nackte Tatsachen': Einer der legendärsten 'Schnappschüsse' der wilden 60er ist zur Ikone dieser Zeit geworden. Sieben Männer und Frauen ziehen blank und zeigen der biederen Welt: Spießigkeit war gestern, es lebe die Freiheit und der Nonkonformismus!
Was die Kommune 1 damals konnte, sollte im Jahr 2010 schon lange drin sein: Für eine ganz besondere Neuauflage des bekannten Fotos im Rahmen seiner Show 'My Swinging Sixties' sucht Thomas Gottschalk jetzt unerschrockene Fotomodelle in Rückansicht, die die Aufnahme im Studio nachstellen.
Die wilden 60er sind Party und gute Laune, aber sie haben mit ihren revolutionären Errungenschaften auch das gesellschaftliche Denken nachhaltig geprägt. Wer den überzeugenden - und vor allem unbekleideten - Beweis antreten möchte, dass der Geist von damals auch heute noch lebendig ist, kann sich ab sofort melden.“

Nun ist es keineswegs so, daß ich alles tun würde, um Samstag abend in der prime time von Thomas Gottschalk im ZDF interviewt zu werden, aber als ich den unter anderem von der „Abendzeitung“ veröffentlichten Aufruf las, dachte ich nicht lange nach und sagte sofort zu.
Ob es nun an den Osterferien, dem angeblich prüden Bayern oder einer unzureichenden Kommunikationsarbeit lag, jedenfalls fanden sich nur etwa drei Exhibitionisten, die wie ich bereit gewesen wären, vor laufender Kamera das legendäre Bild nachzustellen – wahlweise mit oder ohne hautfarbenem Tanga. (Selbst der „Spiegel“ hat das Original seinerzeit nur retuschiert veröffentlicht. Von wegen Swinging!)
Zwar lautete die Ansage ursprünglich, man würde in der Sendung auf jeden Fall über die K1 und unsere Gründe, das Bild nachzustellen, sprechen, und je nach Anzahl der Freiwilligen im Studio entscheiden, ob man das Shooting dann tatsächlich noch einmal mit einem Sechziger-Jahre-Fotografen wiederhole. Aber welcher Fernsehsender will schon in einer Samstagabendshow sein Scheitern thematisieren? Also wurde der Programmteil kurzfristig durch einen Auftritt der schlechtesten Beatles-Cover-Band ever ersetzt.
So blieb es Helmut Berger vorbehalten, etwas Anarchie und Widerspenstigkeit in die ansonsten recht glatt gebügelte Retroshow zu schmuggeln, genug, um die Regie wild mit „Verabschieden!“-Schildern wedeln zu lassen, die Thomas Gottschalk aber souverän ignorierte. Mal sehen, was von Bergers lyrischem Weltschmerz morgen abend in der zurechtgestutzten Sendung noch übrig bleibt.

Updates: Sie haben nur herausgeschnitten, wie Berger und Gottschalk zum Schluß zu „Honky Tonk Woman“ tanzen. Hier Helmut Bergers Auftritt auszugsweise als Video in der ZDF-Mediathek, und etwas ausführlicher auf YouTube. Michael Graeter über Bergers München-Aufenthalt.


(Fotos: ZDF/Astrid Schmidhuber)