Samstag, 27. November 2010

Wochenplan

Pressevorführung „Another year“; Political Lounge: Zwei Jahre Barack Obama – eine Zwischenbilanz mit US-Generalkonsul Conrad Tribble und SFFC-Chef Sebastian Seiguer / San Francisco Coffee Company; Vernissagen: Isca Greenfield-Sanders / Galerie Klüser 2, Subjektiv. Dokumentarfilm im 21. Jahrhundert / Pinakothek der Moderne, save me – face me – welcome me / Gartenhaus der Akademie der Bildenden Künste, Goldenes Zeitalter – Gruppenporträts des 17. Jahrhunderts aus Amsterdam / Alte Pinakothek; Gogol Bordello / Tonhalle; BGH-Urteilsverkündung: SZ & F.A.Z. ./. Perlentaucher; Black in dark – Fotografien von Hubertus Hamm, präsentiert durch Christoph Amend (Redaktionsleiter „ZEITmagazin“) / Pinakothek der Moderne; Vorbesichtigung und Versteigerung von Objekten aus dem Besitz von Katharina und Josef von Ferenczy / Neumeister

(Abbildung: Adriaen Backer: Die Anatomie des Dr. Frederik Ruysch, 1670, Öl auf Leinwand, 168 x 2 44 cm, © Amsterdams Historisch Museum)

Freitag, 26. November 2010

To pixel or not to pixel (5): Bernd Eichinger

Die Älteren unter uns mögen sich noch gut erinnern, daß die Constantin Film, bevor sie unter Eichingers Regie zur Neuen Constantin und dann wiederum ganz einfach zur Constantin mutierte, in der Albert-Roßhaupter-Straße residierte. Dort in Sendling, wo heute rund um den Harras die Gentrifizierung ansteht und wieder einmal ein weiteres neues Zentrum der Subkultur und Kreativen entstehen soll, oder auf gut deutsch: die Mieten steigen und die alteingesessenen Mieter aus ihren Wohnungen und Werkstätten vertrieben werden.
Die Constantin ist nun schon lange in Schwabing, da, wo sich auch Bernd Eichinger gern aufhält, und auch wenn er nur ein paar Steinwürfe von den Firmenzentrale wohnt, habe ich ihn jahrzehntelang – anders als ein Kollege von der „Süddeutschen Zeitung“ – nie zu Fuß gehen sehen, sondern kenne den „I bin's“ (so meldet er sich am Telefon) nur im Fonds seiner chauffeurgelenkten Limousine.

To pixel or not to pixel (4): Angela Merkel

Young Gasteig: Dance around Munich


 
Benedict Mirows Tanzvideo „Dance around Munich“, mit den beiden „25 werden 25“-Finalistinnen Marie Preußler und Amanda Billberg sowie Eva Svaneblom, Mariella Aranda und Johannes Härtl, läutet heute abend bei der Eröffnung des Gasteig Open Video Festivals gleichzeitig auch die Young-Gasteig-Saison ein.

Montag, 22. November 2010

To pixel or not to pixel (3): Patricia Riekel

Wikipedia verortet sie im Herzogpark, in der „Süddeutschen Zeitung“ erzählte sie von ihren Nachbarn am Starnberger See, aber ich halte mich an eine Anschrift, die sie für juristische Zwecke nutzt...

Update: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 15. Mai 2011  ortet sie inzwischen auch im Herzogpark, in der Flemingstraße. Dann sollte sie vielleicht einmal das Impressum ihrer Webseite aktualisieren...

Sonntag, 21. November 2010

Samstag, 20. November 2010

Wochenplan

Plan B / Freiheizhalle, Picasso Künstlerbücher / Museum Brandhorst, Präsentation der Frühjahr-/ Sommerkollektion 2011 / Louis Vuitton, Pressevorführungen „127 Hours“ und „Otto's Eleven“, Isobel Campbell & Mark Lanegan / Friedenskirche Dachau, „TV total“ Turmspringen / Olympia-Schwimmhalle, on3 Festival / BR-Funkhaus, „Into the dark“ – Lesung Dennis Cooper / Amerikahaus, M.I.A. / Muffathalle

(Foto: Brainpool TV Gmbh)

Freitag, 19. November 2010

To pixel or not to pixel (1): Mario Adorf

„Burda hat sein Haus in der Arabellastraße nicht verpixeln lassen“, twittert „Clap“-Ernie (oder Bert?) Daniel Häuser. Aber was ist mit dessen Junggesellenbude in der Schackstraße oder dem Anwesen im Herzogpark? Wie halten es Patricia Riekel, Philipp Welte & Co? Ich starte heute mit Brockhaus-Promi Mario Adorf, werde aber natürlich Burdessen und andere Mediengrößen nachreichen.

Dienstag, 16. November 2010

Ganz ohne Entourage –
„Somewhere“ von Sofia Coppola

Mein Haus, mein Auto, mein Boot? Nun ja, zu einem Boot hat es Johnny Marco (Stephen Dorff) vielleicht nicht gebracht, und meist schlurft er unrasiert, mit kunstvoll verwuscheltem Haar in Jeans und T-Shirt herum, forever young. Wir Münchner kennen diese betont jugendlichen, aber eben doch schon fickunddreißigjährigen Kreativen aus dem Glockenbachviertel oder der Maxvorstadt, halb gelangweilt, voll cool und niemals einem Flirt abgeneigt. Kein Mensch weiß, worin nun genau ihre Arbeit besteht, und ob das Café ihr Büro ist oder ob sie dort nur Halt machen, um gut auszusehen, was ja auf der Arbeit nur wenige mitbekämen.
Bei Marco läuft das alles einige Nummern größer ab: statt einem Loft bewohnt er als Dauergast Hollywoods legendäres Chateau Marmont, er fährt einen – unauffällig schwarzen – Ferrari, und flirtet selten, sondern knallt die Mädels lieber gleich. Johnny Marco ist ein Filmstar. Vielleicht ist er aber auch schon längst erloschen und zu einem schwarzen Loch kollabiert, während wir noch immer vom früheren Stellarglanz geblendet sind – und nur die professionellen Sternenbeobachter, die Paparazzi schlauer scheinen. Stets wähnt sich Marco von ihnen gejagt, doch offenbar folgt ihm mittlerweile keiner mehr, weil andere verführerischer fürs Objektiv glitzern. (So wie sein Darsteller Stephen Dorff vom schalkhaft glitzernden, schwer gehypeten Star zu „Blade“-Zeiten Ende des letzten Jahrhunderts zum traurigen Charakterdarsteller der Gegenwart gereift ist.)
Johnny Marco kreist recht einsam am Firmament, bar jeder Entourage. Nur wenige streifen, kometenhaft, seine Bahn, ein Kumpel aus seiner Jugend (Chris „Jackass“ Pontius), eine Tochter aus einer gescheiterten Ehe (Elle „Ich-bin-die-Schwester-von-Dakota“ Fanning). Letzte Spuren der Normalität (wenn es normal ist, seine Teenagertochter ins Feriencamp zu hubschraubern), letzte Pulsschläge in einem Schauspielerleben, das gar nicht mal mehr aus Dreharbeiten zu bestehen scheint, sondern aus dem In-between, dieser Twilight Zone aus Kostümproben, Pressekonferenzen, Festivalbesuchen.
Tristesse Royal – quasidokumentarisch von Sofia Coppola gefilmt, der bewährten Chronistin der Gelangweilten wie Leidgeprüften zwischen Tokio, New York und Versailles. Nahezu unbewegt, ja kalt, folgt sie dem Lauf, vielleicht sogar den letzten Tagen eines nicht mal mehr Getriebenen, sondern abgeklärt Dahinsinkenden, folgt ihm auch gar nicht konsequent, sondern lässt ihn durchs Bild kreuzen und irgendwann verschwinden.
Als Romantiker konnte ich die Schlussszene von „Lost in translation“, den unverständlichen Dialog zwischen Bill Murray und Scarlett Johansson natürlich nur als Happy-end interpretieren. Kirsten Dunsts „Marie Antoinette“ erfreute sich immerhin noch des prallen Lebens vor dem Schafott. Doch im Vergleich mit Johnny Marcos unaufgeregter wie finaler Einsamkeit erscheinen mir sogar die Selbstmordschwestern aus „Virgin Suicides“ fidel und selbstbestimmt. Was nicht ausschließen muß, dass man dem Hollywood-Beau Marco jede Party, jeden Quickie mit dem Model in der Nachbarsuite, jede Bono-Anekdote neidet, ohne aber letztendlich mit ihm tauschen zu wollen.
Niemand hat in „Somewhere“ seine Seele verkauft, Hollywoods Boulevard der Dämmerung wird von Sofia Coppola völlig unfaustisch inszeniert, mit der Nonchalance einer Zeitzeugin, die nur bei einem Abstecher in Berlusconis Italien der Farce verfällt, aber sonst die Oberflächlichkeit dieser Kunstwelt, das Gehabe der scheinbar nie alternden Dorian Grays im Film- und Popbusiness mit einer unprätentiösen Selbstverständlichkeit skizziert, die man derart präzise wohl nur erlangt, wenn man in dieser Welt aufgewachsen ist, ohne ihr Opfer geworden zu sein. Und natürlich hofft man, dass auch Marco nicht dem Hollywood-Talmi geopfert wird, sondern vielleicht einfach aussteigt und in dem Augenblick, wo ihn die Kamera aus dem Blickwinkel verliert, als einfacher Fischer auf einer Schaluppe sein Auskommen findet. Irgendwo. Ist ja schließlich großes Kino.

Diese Filmkritik erschien – leicht gekürzt – im „In München“ 23/2010 vom 11. November 2010

Sonntag, 14. November 2010

Louis Vuitton: Luxus in Bewegung

Die Messingbeschläge schimmern vom jahrzehntelangen Polieren, die zarten Linien des verwitterten Leders zeichnen eine imaginäre Landkarte vergangener Reisen und dem Leinenbezug haben Regengüsse diesseits und jenseits des Äquators Patina verliehen.
Die mächtigen Schrankkoffer stammen aus einer Zeit, als Reisen noch ein großes Abenteuer war, verbunden mit wochenlangen Schiff- und Zugfahrten. Die Welt ist kleiner geworden seither, wie all die Amerikaner, Chinesen, Japaner, Russen und Deutschen im Pariser Global-Store von Louis Vuitton beweisen. Die dekorativen Gepäckstücke sind längst nicht mehr auf großer Fahrt, sondern schweben diskret über der aktuellen Kollektion der Boutique in der Avenue Montaigne.
Doch wo immer man dort hinschaut, entdeckt man Details der ehrwürdigen Koffer wieder: Pumps zitieren das zum Markenzeichen gewordene Schachbrettmuster des Gepäcks, an der Abendtasche „Theda“ glänzen die traditionellen Messingnieten und in der Schmuckkollektion baumeln Miniaturtaschen und das berühmte Monogramm.
Der Mythos lebt, auch wenn er nicht mehr mit den Gepäckbergen einer Marlene Dietrich, Audrey Hepburn oder eines Cary Grant assoziiert wird. Wer heute an Louis Vuitton denkt, sieht Madonna, Gwyneth Paltrow oder Sophie Marceau auf ihrer Reise durchs Blitzlichtgewitter einer Filmpremiere. In der Hand das Must-have der Saison – und damit 150 Jahre* Meisterhandwerk.
1854 gründete der professionelle Kofferpacker Louis Vuitton in Paris seine eigene Firma und legte damit den Grundstein für das Luxusimperium. Wer damals verreisen wollte, musste noch einen speziell geschulten Verpackungskünstler bestellen, um die ausladenden Roben und den wertvollen Hausrat in eigens gezimmerten Kisten und schwere, bucklige Truhen verstauen zu lassen.
Um seiner noblen Klientel ihre an Umzüge erinnernden Reisen zu erleichtern, erfand Louis Vuitton das adäquate Gepäck: den flachen, stapelbaren Koffer, dessen Konstruktion aus Pappelholz und imprägniertem Segeltuch nicht nur platzsparend war, sondern auch trageleicht und regenfest.
Schon seit langem deckt das Traditionsunternehmen nicht mehr nur die Bedürfnisse von Weltenbummlern. Konsequent hat Vuitton die handwerklichen Fertigkeiten im Umgang mit Leder, Metall und Stoffen auf Handtaschen, Schuhe, Accessoires, Mode, Uhren und Schmuck ausgeweitet und dem Zeitgeist mit Sneakers, Yoga-Sets und Etuis für MP3-Player gehuldigt.
Einen entscheidenden Modernitätsschub brachte 1997 der Entschluss, den New Yorker Designer Marc Jacobs als künstlerischen Direktor nach Paris zu holen. Jacobs verwandelte das legendäre Markenzeichen in ein neues Trendlabel. Ob bei seinen eigenen verspielten Entwürfen für die Prêt-à-porter-Kollektion oder in der Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern wie Takashi Murakami, Stephen Sprouse und Robert Wilson: In immer neuen Farben, Materialien und Schnitten interpretiert Jacobs den Mythos neu.
Und vergisst trotzdem seine Wurzeln nicht: Wer Muss-ich-haben-Stücke wie die türkisfarbene Express-Tasche sieht, erkennt sofort, dass sich auch Jacobs vom Canvas und den Beschlägen der alten Gepäckstücke inspirieren ließ.
Natürlich wird auch der klassische Vuitton-Schrankkoffer noch immer hergestellt. Von Hand unter der Aufsicht des Urenkels Patrick-Louis Vuitton in einem Atelier, das seit dem vorletzten Jahrhundert in Betrieb ist. Kein Logo verrät den Stammsitz, der sich wie ein klösterliches Refugium zwischen moderne Villen und Mehrfamilienhäusern duckt. Am Eingang nur ein schlichtes Klingelschild: Louis Vuitton.
Wer dort läutet, ist ein besonderer Gast, denn in dem Pariser Vorort Asnières entstehen neben den Schrankkoffern und Prototypen neuer Modelle vor allem Sonderanfertigungen für V.I.P.s: eine Wickeltasche für Schauspielerin Sarah Jessica Parker, ein Gitarrenkoffer für Rockstar Willy DeVille, ein Reiseschreibtisch für Regisseur Luc Besson – insgesamt mehr als 200 Einzelstücke jährlich.
Nicht selten finden die Maßarbeiten ihren Weg in die feste Kollektion – so wie der Vanity Case, ein kleiner Reise-Schrein für Kosmetik und Schmuck, den Sharon Stone selbst vor Ort entworfen hat.
Das Reisen hat in anderthalb Jahrhunderten an Rasanz dazugewonnen, doch wer eines der 15 Ateliers von Vuitton betritt, erlebt die Entdeckung der Langsamkeit. Zwischen drei und zwölf Jahre trocknen die Pappel- und Buchenhölzer für die Koffer, bedächtig wird das Leder mit Pflanzenextrakten gegerbt. Wie zur Gründerzeit prägt Handarbeit die Herstellung, weshalb Wartelisten kein Marketing-Kniff sind, sondern ein Zugeständnis an die handwerkliche Sorgfalt.
Asnières ist die Seele des Unternehmens. In einem schmalen Gang nimmt dieser gute Geist Gestalt an: Ein Handwerker restauriert einen alten Schrankkoffer und scheint dabei die Welt um sich herum zu vergessen. Wenn in dem Lichtjahre entfernten Paris Marc Jacobs seine neuesten Kreationen präsentiert, denkt vielleicht niemand mehr an die zahllosen beteiligten Schreiner, Gerber, Kürschner, Koffermacher, Schneider und ihre Kunstfertigkeit. Doch sie sind Louis Vuitton. Und niemand weiß das besser als Jacobs, der aus dieser Tradition schöpft und sie in atemberaubende Mode verwandelt.

*Dieser Text erschien zuerst unter der Überschrift „150 Jahre Luxus“ in der „Cosmopolitan“ September 2004

Samstag, 13. November 2010

Wochenplan

Pressegespräch zum neuen Internetauftritt der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Pressevorführung „Betty Anne Waters“, BJV-Werkstattgespräch „Audio Slide Show“ mit Matthias Eberl /Presseclub, Restaurant-Opening Coco de Mer, Ina Lane ./. Michael Graeter / Landgericht München, Edition 46 des SZ-Magazins: Hans-Peter Feldmann / Pinakothek der Moderne, HeimAZabend mit den „Abendzeitung“-Kolumnisten Ponkie, Eduard Augustin & Joseph von Westfalen / Vereinsheim, Birthday & Supperclub Party / Daylesford Organic, euward-Verleihung / Haus der Kunst, Verleihung der Bayerischen Kunstförderpreise 2010 / Residenz, Let's party for a piece of art / Pinakothek der Moderne

Foto: Hans-Peter Feldmann | Ohne Titel (Zwei Mädchen), o. J. Schwarz-Weiß-Fotografie, ausgeschnitten, 92 x 60 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Freitag, 12. November 2010

Die Weisheit des Verlierers

Manche Lektüre macht es einem nicht leicht. Jürgen Todenhöfers neues Buch sollte ursprünglich mal „Die Weisheit der Sieger“ heißen, und ein erster Umschlagentwurf rückte es in die Nähe von Lebensratgebern à la „Simplify your life“.
Todenhöfers Anekdotenschatz aus einem erfüllten Berufsleben zwischen Bundestag und Burda-Verlag steht dagegen in Hans-Jürgen Jakobs' Exegese für die „Süddeutsche Zeitung“ heute im Mittelpunkt.
Und natürlich findet man beides in Todenhöfers nächste Woche erscheinendem „Teile dein Glück und du veränderst die Welt“: Tugendtafeln zum Abhaken, wie es keine Frauenzeitschrift oder Karrierebibel besser auf ihren Ratgeberseiten als To-do-Liste anbieten könnte. Und äußerst unterhaltsames Geplaudere, etwa über eine Kissenschlacht mit Michael Jackson, Klassenkeile mit Hubert Burda oder die Polit-und PR-Tricks eines CDU-Politikers.
Mutig, interessant und lesenswert ist diese Abrechnung zu seinem 70. Geburtstag aber eher, weil Todenhöfer mit sich selbst abrechnet, statt der Weisheit der Sieger lieber Erkenntnisse aus seinen Niederlagen teilt und dabei – schonungslos mit sich selbst – dahin geht, wo es weh tut.
Aus einer Aphorismenkladde, mit denen er seinen drei Kindern Orientierung schenken wollte, ist stattdessen eine doppelt so umfangreiche Rückschau geworden, die Nathalie, Valérie und Frédéric Todenhöfer überrascht haben dürfte, weil wohl kaum ein Vater so offen über sein Scheitern spricht. Und schon gar kein langjähriger Politprofi und Vorstandsmitglied eines international agierenden Konzerns.
Eine „Halbzeitbilanz“ wollte der fußballbegeisterte Todenhöfer ziehen, der heute seinen 70. Geburtstag feiert. Sein Verlag, offenbar hinsichtlich der Lebenserwartung nicht ganz so optimistisch, fand „Zwischenbilanz“ angemessener. Auf jeden Fall scheint Todenhöfer noch lange nicht am Ziel.
Mir kommt seine Welt so kalt vor, daß es mich friert, und auch wenn er in dem Buch ausgiebigst von seinen Reisen durch Asien und den dortigen Begegnungen mit weisen Männern und einfach glücklicheren Menschen erzählt, scheint er keineswegs deren innerem Feuer zu vertrauen. Wärme scheint bei Todenhöfer kinetische Wärme zu sein: Mach was, erreiche was, leiste was. Die Geschichten seiner Niederlagen werden so zu keiner Ode an die Demut, das Selbstbild vom Pausenclown wirkt wie Koketterie, denn schlußendlich sehen wir ein Stehaufmännchen, einen Selfmademan, einen Mann, der trotz aller Niederlagen durchhielt und oft gegen alle Widerstände – etwa bei der Wiedervereinigung – recht behielt.Auch wenn er bei sich selbst viele Fehler der Vergangenheit ungeschehen machen will.
Daß und vor allem wie er diese Fehler vor großem Publikum (Startauflage: 50.000, Vorabdruck in der „BILD“) eingesteht, liest sich spannend und läßt für ihn hoffen.

Update: „Die meisten dieser Aphorismen beleuchten die sehr singuläre Geschichte Todenhöfers. Sie vermitteln die Einsicht, dass sozialer Zusammenhalt, Freunde und Familie wichtiger sind als Reichtum. Das Buch ist dort am besten, wo er aus seinem eigenen Leben erzählt, etwa vom bizarren Wurstdosenkrieg mit Helmut Kohl“, Nils Minkmar in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 21. November 2010.

Mittwoch, 10. November 2010

Im Preisfieber: die wild fabulierenden Trittbrettfahrer der „Bunten“

Wird Orlando Bloom jetzt dank des Bambi 2010 in „Die drei Musketiere“ den Duke of Buckingham spielen dürfen? Erhält Udo Lindenberg mit Burdas Unterstützung vielleicht den Jacob-Grimm-Preis? Oder war das nicht alles längst schon vorher erledigt? Können die Kollegen der „Bunte“-Redaktion tatsächlich Wunder vollbringen und in der Zeit zurückreisen oder liegen in der Arabellastraße einfach nur die falschen Pillen herum?
Beim am 23. April 2009 verliehenen new faces award, dem kleinen Bruder des Bambi, war unter anderem auch Alina Levshin Anfang April für ihre Rolle in „Rosa Roth – Das Mädchen aus Sumy“ nominiert worden. Gewonnen hat schließlich Nora von Waldstätten, aber Levshin ist anderthalb Jahre später als Hauptdarstellerin von Dominik Grafs „Im Angesicht des Verbrechens“ (ARD, Freitag, 21.45 Uhr) in aller Munde. Und wird jetzt als „echtes BUNTE-Gesicht“ gefeiert.
„2009 wurde sie für den BUNTE new faces award nominiert, verpasste knapp den Sieg, aber hatte danach etwas, was sie vorher nicht gehabt hatte: eine Agentur, die der Schauspielschülerin diese Rolle vermittelte – und diese Chance hat sie genutzt.“ Zu dumm, daß Dominik Grafs Serie im Januar 2009, also lange vor der Nominierung bereits abgedreht war. (Levshins Agentur ließ meine Anfrage dazu unbeantwortet, aber wer will es sich auch schon mit Patricia Riekels Truppe verscherzen.)

Sonntag, 7. November 2010

Buntepedia: Kurschatten und Leine

Keep it simple, stupid, KISS, nach dieser Devise wird in Redaktionen gern getextcheft, von der Headline bis zum Lauftext. Den Kollegen von der „Bunten“ scheint das nicht zu genügen, sie helfen ihren Lesern, die sie alles andere als zu überschätzen scheinen, gern mit Erläuterungen auf die Sprünge, mit in Klammern nachgereichten Begriffserklärungen, um nur ja kein Mißverständnis aufkommen zu lassen.
„Bunte“ 44/2010, Seite 25
Die Nachricht vom „Kurschatten“ (volkstümlich für Heilbad-Bekanntschaft) sprach sich bald im internationalen Jetset herum und erreichte schnell Monaco.
„Bunte“ 45/2010, Seite 13
Die 53-Jährige hat gerade einen Deutschen von der Leine (Fluss durch Hannover) verloren. Diesen vierbeinigen Deutschen hält sie fest an der Leine (Ausführstrick) ...

Samstag, 6. November 2010

Wochenplan

Aura Dione / Ampère, Pressevorführungen „Au revoir Taipei“, „La danse - Le ballet de l'Opéra de Paris“, „Black Swan“ und „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“, Charity-Vernissage „Lebenslinien“ unter Schirmherrschaft von Claudia Effenberg / 8 seasons, Vernissage Ahmet Öğüt / Villa Stuck, Buchpräsentation „Teile dein Glück und du veränderst die Welt“ und Mittagessen mit Jürgen Todenhöfer / Spatenhaus, die neue Staffel des „Kaiser von Schexing“ / Bayerisches Fernsehen, Querdenker-Kongress & Award, Fachtagung „Alles auf dem Schirm – Jugendliche in vernetzten Informationswelten“ / BLM, Ateliereröffnung Wanja Belaga, Webfontday / Halle 27

Freitag, 5. November 2010

Popa pöbelt (2)

Das Internet vergisst nicht. Und während es sich früher versendet hätte, dass Nachrichtensprecherin Christiane Gerboth mitten in der Sendung ihren Stiftzahn verlor, sorgte eine Zuschauerin dafür, dass der Mitschnitt des dentalen Worst Case auf YouTube selbst vier Jahre später einen rätseln lässt, wie die Veränderung der Kauleisten und die des Body-Mass-Index in Relation stehen.
Doch das Web hat nicht nur das unerbittliche Gedächtnis eines böswilligen Pförtners, es ist auch genauso indiskret. Giovanni di Lorenzo kommt einem nicht mehr nur persönlich klein vor, an der entlarvenden Begegnung mit dem Tee trinkenden Nicht-Riesen im RL (Real Life) nimmt nun via Twitter die ganze Welt teil.
Und während früher in den Redaktionen und Agenturen jeder still vor sich hin während der Arbeitszeit mit den Freunden chatten, witzige Videos gucken, schicke Hotels recherchieren und Shopping-Reisen buchen konnte, kriegen es jetzt alle mit, was man so faved und liked.
Selbst das finale Dislike, die innere Kündigung, erfährt man längst nicht mehr vertraulich via Flurfunk, sondern fett und öffentlich im Xing-Profile unter „Ich suche“: Wer da alles trotz gemütlichen, ungekündigten Anstellungsverhältnisses unverschämt offen um neue Herausforderungen heischt, besitzt entweder viel Chuzpe oder die Gewissheit, dass auf den Chefetagen der Rechner immer noch reine Deko ist und selbst Mails weiterhin vom Chefsekretariat ausgedruckt und in die Vorlagenmappe gepackt werden. Dabei erfährt man aus Statusmeldungen inzwischen mehr als aus den einschlägigen Branchendiensten. Boris Hächler sucht neue Mitarbeiter, Eve Maren Büchner hat ein neues Start-up: Xing brachte es als erstes, obwohl das People-Portal immer noch eher den Charme der Ärmelschoner vom Arbeitsamt ausstrahlt, denn hippe Medienkompetenz.
Entsprechend klingen viele Einträge dort eher wie das einsame, höchstens selbstbefriedigende Quäken im Wald, während man sich auf den Flirtwiesen von Facebook und Twitter gern gemeinschaftlich verlustiert. BR-Late-Moderator Richard Gutjahr hat so nicht nur neue Kanäle eröffnet, um sich bei Chefredakteur Sigmund Gottlieb einzuschmeicheln, sondern kann jetzt auch jene Menschen anvisieren, die nicht um Mitternacht bayerische Regionalnachrichten gucken, also nahezu jeder von uns. Gutjahrs Social-Media-Hobby führte kurioserweise dazu, dass der juvenile Beau für die „Abendzeitung“ old-media-mäßig eine Printkolumne schreiben darf, wofür er sich prompt bedankte, indem er lautstark allen Zeitungen nur noch wenige Jahre zu leben prophezeite. Sind ja auch keine BR-Granden, der Rundfunk-Benjamin muß ihnen also nicht schöntun.
Beate Wedekind kann dagegen offenbar mit jedem gut und sich entsprechend vor Freunden kaum retten, 3479, nein, 3480 waren es bei Facebook, als ich diese Zeilen schrieb, und ich habe das Gefühl, dass der Andrang sich exponential vergrößert hat, seitdem es sich herumspricht, dass Wedekind an ihrer im Sommer 2011 erscheinenden Autobiografie sitzt.
An Freunden dürfte es dagegen Gustav Jandek eher mangeln. Nicht weil er bei schnellem Vorbeiblicken optische Gemeinsamkeiten mit einem von Luc Bessons Mangalores zu haben scheint, sondern weil der frühere „BILD“-Mann eine so eindringliche Art besitzt, Strippen zu ziehen, dass sich mancher lieber einen abgeschnittenen Pferdekopf im Bett wünscht als einen Anruf des Beraters und Klatschreporters.
Aber wer braucht schon Freunde, wenn er einen Feind wie das deutsche Finanzamt hat. Erst, so klatschte die Journaille*, waren es nur Steuerschulden, dann eine Anklage wegen Beleidigung seiner Sachbearbeiter. Inzwischen hat Jandeks Kampf mit dem „Fiskal-Terror“ episches Ausmaß, und da die Sender seine Idee von einer Fernsehserie zu dem Thema ablehnten („will keiner sehen“), hat der 57-Jährige seinen eigenen Kanal gefunden: das Internet. Sein Steuer-Wahnsinn.de strahlt zwar den unbeholfenen Charme einer digitalen „Bäckerblume“ aus, aber wenn selbst dieser Digital Naïve im binären Leben angekommen ist, ist das Internet in der bürgerlichen Mitte endgültig angekommen.

Diese Kolumne erschien zuerst im „Clap-Magazin“ #30 Oktober/November 2010
*Ich vermeide den von Goebbels mißbrauchten Ausdruck „Journaille“ sonst, aber die „Clap“-Redaktion hat ihn mir in die Kolumne hineinredigiert. Sorry.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Wochenplan

Lykke Li / Heimathafen Berlin, Patrick Mohrs Dreieckstorte und die neue Tortenkollektion / Das Neue Kubitscheck, Pressebriefing HTC Windows Phone 7 Smartphone / Heart, Pressevorführung „Unstoppable“, Memphis Night mit Hans Leo Höger, Tobias Madison und Bart van der Heide / Kunstverein, Buchpräsentation von Werner Schmidbauers „Gipfeltreffen 4“ / Vereinsheim, „How to make a book with Steidl“ / 3sat, Premiere „Beatz“ / GOP., CocoRosie / Muffathalle und vielleicht sogar 100 Tage Bücher

(Foto: Benoît Derrier/flickr)

Freitag, 29. Oktober 2010

Bryan Ferrys nette, unkomplizierte Schwärmerei für Nazis

So langsam mache ich mir Sorgen um Alexander Gorkow. Seine männlich-pubertäre Schumann's-Phase, als er beim Saufen nur in Ruhe gelassen werden und mit jedem Störenfried vor die Tür gehen wollte oder zumindest so tat, war ja noch putzig. Seitdem er aber im SZ-Hochhaus direkt neben der Chefredaktion sitzt, scheint ihn entweder die Midlife Crisis erwischt zu haben oder er regrediert in die vorpubertäre Phase eines bedingungslosen Fans. Nichts gegen seine einfühlsamen Porträts älterer Herren wie Klaus Lemke, Phil Collins oder – in der gestrigen „Süddeutschen Zeitung“ – Bryan Ferry. Aber es fällt schon auf, wie er dabei alles Negative ausblendet.
„Im Interview schwärmte er damals, wie leicht das Leben sogar für ihn sein könne, hach ja, und erzählte vom Landleben in Surrey und seinen fünf Hunden. Nett, dieser plötzlich unkomplizierte Bryan Ferry“
, so Gorkow über das Jahr 2007, als Ferry in Gorkows Augen wohl nur einen Fehler begang: Bob Dylan zu covern.
Dabei schwärmte der Dandy im März 2007 nicht nur fürs englische Landleben, sondern in einem berüchtigten Interview mit der „Welt am Sonntag“:
Ferry: Ich möchte auf ein Leben zurückblicken, in dem ich Dinge vollbracht habe. Deshalb nenne ich mein Studio in Westlondon auch ... aber halt, das darf ich Ihnen als Deutscher gar nicht erzählen.
WamS: Etwa "Führerbunker"?
Ferry: Da haben Sie mich ertappt. Normalerweise behaupte ich gegenüber deutschen Journalisten immer, ich würde mein Studio als mein "Hauptquartier" bezeichnen. Das ist weniger verfänglich. Aber die Art und Weise, wie sich die Nazis inszeniert und präsentiert haben, meine Herren! Ich spreche von den Filmen von Leni Riefenstahl und den Gebäuden von Albert Speer und den Massenaufmärschen und den Flaggen - einfach fantastisch. Wirklich schön.


(Foto: Neil K./EMI)

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Berliner Jahre (4): Das Florian, 1996

Geduld, Toleranz und die Fähigkeit zuzuhören, das sind Qualitäten, die die Nürnbergerin Ute Gilow als Hauswirtschaftsleiterin gelernt hat. Waren es früher Altersheimbewohner und Rabauken aus dem Kinderheim, so sind es heute Künstler und Kulturmanager wie Matthieu Carrière, Meret Becker, Conny Konzack und Vadim Glowna, die ihre Aufmerksamkeit beanspruchen.
1978 wechselte die Fränkin in die Gastronomie, als Künstlerfrau gewohnt, ein offenes Haus mit anspruchsvollen Gästen zu führen. „Nun sollten die Gäste auch dafür bezahlen.“ Mit dem Schöneberger Gottlieb ging es los. Die Studentenkneipe war zwar nur gepachtet, zeichnete sich aber bereits durch Utes fränkisch-bayerische Küche aus. Und durch eine kellnernde Jura-Studentin, Gerti Hofmann, mit der die Wirtin nicht nur den fränkischen Zungenschlag gemeinsam hatte, sondern bald auch den Traum von der eigenen Wirtschaft, von einem Goldenen Schwan oder Schwarzen Ochsen, in dem man etwas feiner essen können sollte.
Die Wahl fiel schließlich auf eine Immobilie in der Grolmanstraße und den Namen Florian, für den Frankens einziger Freiheitsheld Florian Geyer Pate stand. Utes Mann schuf noch ein „Wunderwerk an Tresen“, das ein Schiff darstellt, dann blieben sich Ute und Gerti in dem Zweimäderlhaus allein überlassen. Die Ältere in der Küche, die Jüngere hinterm Tresen, beide unterstützt von einer kuriosen Schar dilettierender Violinvirtuosen, Theologiestudenten und anderer Gelegenheitskellner, von denen einige nach vierzehn Jahren* immer noch dabei sind und „es inzwischen können“.
Das künstlerisch angehauchte Publikum kam aus dem Zwiebelfisch und der Paris Bar – und schließlich von einem Nachtdreh, der die Legende vom Florian als Filmkantine schuf. Peter Keglevic drehte mit Brigitte Horney, Erland Josephson und Krystyna Janda um die Ecke und bekam nach Drehschluß zu später Stunde nur im Florian noch etwas zu essen. Produzent von Vietinghoff und die Schar der Filmtechniker sind dem Florian seitdem treu geblieben. Die Wirtschaft wurde zum Filmertreff, und Ute erlitt ihre Kachelkrise.
Ständig in der Küche zu stehen und zu schwitzen, während vorne das Leben tobte, das war nicht mehr auszuhalten. So beschlossen Ute und Gerti, in Zukunft nur noch Gastgeberinnen zu sein und die Küchen- wie die Tresenarbeit Angestellten zu überlassen. Die Speisekarte umfaßt seitdem nicht mehr nur Utes „Kochküche“, sondern auch Kurzgebratenes und Edleres wie Scampi.
Das eingespielte Duo, das sogar zusammen wohnt, versuchte bereits mehrmals, die gemeinsame Stärke andernorts zu nutzen. So sehr auch die Stammgäste im Florian quengeln, sobald ihre Mamis nicht vollzählig anwesend sind. Bereits Mitte der 80er Jahre gründeten Ute und Gerti mit einer weiteren Partnerin ein Lokal am Halleschen Ufer, das aber nicht so richtig ankam beim Publikum. Nachdem die Gründungsschulden abgetragen waren, zogen sie sich aus der Partnerschaft zurück.
André Heller begeisterte sie dann für seinen Traum eines Künstlerlokals im neuen Wintergarten an der Potsdamer Straße. Doch die Realität verlangte nach einer Veranstaltungsgastronomie, wie sie Ute und Gerti nicht bieten wollten. Erfolgreicher ist ihr Engagement in der Bar jeder Vernunft, wo die Ladies nicht in eigener Regie, sondern eher „beratend“ für das leibliche Wohl der Zeltgäste sorgen. Während Gerti mit ihrem Glück in der Grolmanstraße zufrieden zu sein scheint, träumt Ute von einem Landgasthof im Oranienburger Raum.
*Dieses Porträt erschien in der Kulturbeilage des Berliner „Tagesspiegel“: „Ticket“ 21/1996, am 23. Mai 1996 im Rahmen einer Serie über „Berlins wichtigste Wirte“.

(Foto: Hans Brückner)

Dienstag, 26. Oktober 2010

Landschaftspflege (3): Journalistenbuchung bei Air Berlin

Wenn Journalisten so oft mit Air Berlin reisen, dann sicherlich nicht wegen des berüchtigten Kundenservices oder der legendären Unpünktlichkeit, sondern weil der Billigcarrier einen Journalistentarif anbietet. Theoretisch.
Aber nicht gleich wieder auf die Schnorrerpresse schimpfen, denn nicht nur bei der Telekom ähneln manche Pressevergünstigungen eher Apothekenpreisen.
So fliege ich nächste Woche als ganz gewöhnlicher Passagier mit Air Berlin für 39 Euro von Berlin nach München. Mit dem Journalistenrabatt hätte es mehr als das Doppelte gekostet, denn innerdeutsch löhnen Journalisten für einen einfachen Flug grundsätzlich 109 Euro – und es gibt nicht einmal Bonusmeilen dafür, aber dafür ist der Flug kostenlos umbuchbar und stornierbar. Das lohnt sich immerhin, wenn die günstigeren Klassen des Spartarifs ausgebucht sind. Wobei aber die Presseplätze ebenso kontingentiert und damit oft nicht mehr verfügbar sind.
„Bitte entnehmen Sie unsere Preise und Verfügbarkeiten der Homepage www.airberlin.com und senden Sie uns anschliessend Ihren vollständigen Buchungsauftrag.“ Was nicht unbedingt so einfach ist, denn auf der Webseite sieht man nur die Verfügbarkeit der regulären Spar- und Flextarife, die kaum Rückschlüsse auf die Presseplätze zuläßt. Bei meinem Testversuch gab es beispielsweise zwischen München und Berlin freie Plätze zum Spar- und Flextarif ab 158 Euro aufwärts, aber kein Journalistenkontingent mehr. Bei einem anderen Flug mit Flextickets ab 263,95 Euro war dann aber wiederum der ermäßigte Journalistenflex zu 109 Euro erhältlich.
Die Buchung erschwert auch, daß sie per Mail (journalistenbuchungen@airberlin.com) zu erfolgen hat und bis zu drei Arbeitstagen dauern kann. „Sollte eine Reservierung zu den von Ihnen gewünschten Terminen nicht möglich sein, benachrichtigen wir Sie umgehend.“ Theoretisch.
In meinem Testfall wurde weder gebucht, noch benachrichtigt. Bis auf die automatisierte Eingangsbestätigung passierte nichts und es war im Nachhinein auch nicht mehr feststellbar, wer was mit der Mail angestellt hatte. Wenn überhaupt.
Es empfiehlt sich daher, möglichst frühzeitig zu buchen, zuvor – abweichend von den offiziellen Regeln – die Vakanzen zu Journalistenkonditionen telefonisch zu erfragen: 030/34 34 15 25 (Montag bis Freitag zwischen 9 und 18 Uhr), und rechtzeitig nachzufragen, wenn 48 Stunden nach der Bestellmail keine Buchungsbestätigung erfolgte.
Auf internationalen Strecken gewährt Air Berlin einen Rabatt von 25 Prozent auf den Flugpreis (ohne Steuern und Kerosinzuschläge). Im In- und Ausland gelten die Sondertarife auch für eine Begleitperson. Kinder (unter 12) erhalten 33 Prozent Ermäßigung.
Babys (unter 2) zahlen 10 Prozent des Erwachsenenvolltarifs bei internationalen Flügen und reisen innerdeutsch kostenfrei.
Mit der ersten Buchung erhält der Journalist eine Kundennummer, die auch für spätere Reisen gilt. Bei dieser ersten Akkreditierung benötigt Air Berlin daher neben Abflug- und Zielflughafen sowie Daten des Hin- und Rückflugs mit Flugnummer oder Abflugzeit auch:
  • Vor- und Zunamen der Reisenden
  • bei Kindern und Babys Angabe des Geburtsdatums
  • Angabe des Mediums / Redaktion
  • private Bankverbindung oder Kreditkarte
  • Privatanschrift
  • Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail- Adresse
  • Kopie des gültigen Presseausweises

Update: Pressekonditionen.de meldet im März 2011, daß Air Berlin zum einen das Kontingent an Pressetickets reduziert hat. Außerdem „sind Erstbuchungen nur noch per Fax oder E-Mail möglich während Folgebuchungen ab sofort nur noch telefonisch möglich sind.“

Montag, 25. Oktober 2010

Das Münchner Panini-Album: Kostspieliger Werbemüll

Ein Hort redaktioneller Unabhängigkeit waren Panini-Alben noch nie, schließlich wollen die Fans bestimmter Vereins- oder Nationalmannschaften sich an den Klebebildern erfreuen und nicht mit unangenehmen Fragen konfrontiert werden.
Aber das heute erschienene Album „München sammelt München“, eine Kooperation von Juststickit! mit Panini, zieht die Tradition des Bildersammelns und vor allem Tauschens einfach in den Dreck.  Denn hier zahlt man nicht etwa nur füs Sammelheft und eine Menge Sticker-Tütchen, sondern für eine satte Portion aufdringlicher Werbung.
„Die ganze Stadt in 216 Klebebildchen“ auf 36 Seiten? Das sind dann allein schon sieben offensichtlich komplett gekaufte Werbeseiten von BMW, dem Flughafen, der Bavaria Filmtour und dem Bezahl(!)sender Sky, die man dann mit Produkt- oder Moderatorenbildchen bekleben darf.
In Sachen Kunst & Kultur findet man statt der Münchner Philharmoniker nur die Münchner Symphoniker – offenbar weil letztere von der Stadtsparkasse gesponsert werden, oder zwischen Pinakothek und Lenbachhaus den Giesinger Kulturpreis der Versicherungskammer Bayern, während etwa die Kammerspiele oder das Residenztheater unerwähnt bleiben.
Bei der knappen Auswahl architektonischer Glanzeistungen haben sich anscheinend die Messegesellschaft, die Börse und Siemens in die Top 12 der Sehenswürdigkeiten eingekauft, letztere nicht einmal mit ihrem Konzernpalais, sondern mit einem leuchtenden Weihnachtsstern in Fröttmanning. Dafür firmiert die Siemens-Zentrale mit ihrem Public Viewing am Wittelsbacher Platz unter den bedeutendsten Sportereignissen – wie auch die athletisch kaum bedeutendere Disziplin „House Running“ des Funsportvermarkters und Köpfeklopfers Jochen Schweizer.
Alles in allem bis zu ein Drittel der Klebebildchen teuer bezahlte Werbung? Und zwar sowohl von den Inserierenden, als auch von den dafür zahlenden Sammlern. Ein cleveres Geschäftsprinzip der beiden Journalisten (!) Alexander Böker („Max“, „Ivy“) und Oliver Wurm („Player“), die das Panini-Prinzip auf Städte umgesetzt haben.
Dann darf man sich nicht wundern, daß bei dieser kapitalkräftigen Themensetzung Originale wie Franz Xaver Kroetz, Herbert Achternbusch oder Oskar Maria Graf, die München nachhaltig geprägt haben,  schlichtwegs fehlen.

Samstag, 23. Oktober 2010

Freitag, 22. Oktober 2010

Agora (2): Mercedes Riederer - beharrlich inmitten all des Bling-Blings und Ballyhoos

Am Mittwoch wurde Mercedes Riederer, Chefredakteurin des BR-Hörfunks und früher langjährige Leiterin der Deutschen Journalistenschule, im Literaturhaus mit dem Publizistikpreis der Landeshauptstadt München ausgezeichnet. In ihrer Dankesrede beteuerte Riederer, daß sie trotz der Auszeichnung ihres „Lebenswerkes“ noch lange nicht ans Aufhören dächte. Wieso das eine gute Nachricht ist, läßt Dagmar Reims hinreißende Laudatio ahnen. Reim, eine ehemalige Kollegin Riederers zu Christoph Lindenmeyers „Zündfunk“-Zeiten und gute Freundin, ist inzwischen Intendantin des RBB:

Dies ist vielleicht eine etwas unübliche Laudatio, weil ich kurz, knapp und einprägsam begründen will, warum der Publizistikpreis der Landeshauptstadt München in diesem Jahr 2010 an die Falsche geht. Insofern ist es bedauerlich, dass Sie, sehr verehrter Herr Dr. Küppers bereits Tatsachen geschaffen haben.

3 Punkte sprechen nämlich gegen Ihre Entscheidung:

1. Mercedes Riederer kommt für diesen Preis nicht in Frage, weil sie kein berstendes Ego ist. Die hier zahlreich versammelten Journalisten können bezeugen: Wer in unserer Branche nicht permanent die Ego-Bongo-Trommel rührt, geht unter. Wer wie Mercedes leise, aber beharrlich, seinen Weg geht, der kann gar nicht ankommen. Vier von mir zu Mercedes befragte Berufs- und Zeitgenossen gaben ihr unabhängig voneinander das Prädikat „uneitel“. Das geht gar nich’.

2. Mercedes Riederer ist eine ungeeignete Preisträgerin, weil sie andere in unserem Beruf für wichtiger hält als sich selbst. Sie sucht und findet Talente im Komposthaufen der Medien, angelt nach Begabungen im Brachwasser der Branche und entlässt manch’ unscheinbaren Stichling später als stolzen Koi-Karpfen aus ihrer Obhut. Sie braucht keine Selbst-Illumination in einer Szene des Talmi-Glanzes, voller Bling-Bling und Ballyhoo.

3. Mercedes Riederer kommt für den Publizistikpreis der Landeshauptstadt nicht in Frage, weil sie sich der Hebammenkunst verschrieben hat, der Mäeutik, und auf beharrliche, sehr geduldige Weise anderen zu den herrlichsten Ergebnissen verhilft, von denen diese bis anhin nicht einmal wussten, dass sie sie würden zustande bringen können.

Drei schlagende Beweise gegen die Auszeichnung. Ihnen allen noch einen schönen Abend. Noch ein kleines P.S., biografisch, das ich der einladenden Landeshauptstadt schulde, in die mich heute 578,31 Kilometer Weges führten.

Mercedes Riederer, unsere Preisträgerin, beschloss mit 14, Journalistin zu werden. Die Familie, konservativer, aber toleranter bayerischer Adel, fand das schräg, gleichwohl akzeptabel. Das Kind machte ein Praktikum beim Rottaler Anzeiger, einer allseits gefürchteten Journalisten-Talentschmiede und brillierte sowohl mit Reportagen über das Ende der Freibadsaison als auch über die Preisverleihung eines Lego-Bau-Wettbewerbs durch Inge Meisel. Weitere Praktika führten zum Sender Freies Berlin und zur Berliner Morgenpost. Dort flötete niemand: „Willkommen im Traumberuf!“ sondern Mercedes fand sich als Stellvertreterin des Stellvertreters des Zooberichterstatters im Lokalteil wieder. (Rolf Hochhuth hat einem anderen Stellvertreter ein literarisches Denkmal gesetzt, die Stellvertreterin des Stellvertreters bei Panda, Gorilla & Co, ist bis heute unbesungen.)

Da lief es als freie Mitarbeiterin im Jugendfunk des Bayerischen Rundfunks dann schon erheblich besser, wo man Mercedes die unter allen Freien verhassten Umfragen mit dem Mikrofon zutraute – vorzugsweise unter der weiblichen Landjugend. Als Mercedes Riederer 1978 eine feste Stelle bekam, warnte sie der Personalchef des BR: „Das ist Ihnen schon klar, dass sie so gut wie keine Entwicklungsmöglichkeiten haben. Nach dem Jugendfunk geht nur noch der Familienfunk oder der Kinderfunk.“ Mercedes wechselte alsbald in den Zeitfunk, den Oberpersonaler Lügen strafend, obwohl dort – wegen der vielen, vielen jungen Frauen hier im Saal muss ich es sagen – die Überzeugung herrschte, Frauenstimmen, zumal hellere, seien nicht seriös genug für die Vermittlung aktueller politischer Inhalte. Auch daran hat Mercedes sich nicht weiter gestört. Sie hat’s einfach gemacht.

1985 verließ sie den BR und fand ihre Passion in der Ausbildung. Hunderte von Journalistenschülern hat sie in der Deutschen Journalistenschule den steinigen, schwierigen, kurvenreichen Weg in unseren schönen Beruf geebnet. Sie hatte und hat einen unbestechlichen Blick dafür, wer was können könnte, wer mit wem ein tolles Team bilden, und wer als Solist seine Pirouetten drehen sollte. Noch nie hatte vor Mercedes eine Frau die ruhmreiche Deutsche Journalistenschule geleitet. Sie hat in schweren Zeiten das Ansehen der Institution gemehrt, Gelder beschafft, die Schüler geliebt.

2001 saß ein gewisser Thomas Gruber, Intendant des Bayerischen Rundfunks, mit zwei Männern (Namen auf Anfrage) auf seinem Balkon im Chiemgau, und es kam ihm die Idee, Mercedes Riederer zurückzuholen zum BR. Als Chefredakteurin. Muss ich sagen, selbstverständlich als erste Chefredakteurin in der damals dreiundfünfzigjährigen Geschichte des BR? Muss ich nicht. Muss ich sagen: Zur sehr gedämpften Freude mancher männlicher BR-Kollegen? Muss ich nicht. Jedenfalls beschreibt Thomas Gruber Mercedes als nachhaltig sanftmütig im Auftreten und sanftmütig nachhaltig im Handeln. Wer sich durch ihre großen Augen und deren so sanften Blick täuschen lässt und vermutet, dahinter könne sich weder Zähigkeit noch Durchsetzungskraft verbergen, der ist einfach selbst schuld. Mercedes beweist im nicht immer durchgängig intrigenfreien BR: Es geht ohne. Es geht ohne Intrige, ohne Über-Taktiererei, ohne politisches Kalkül, ohne kleinen Betrug und große Attitüde. Auch hier erkennt sie – wie an der Journalistenschule – Talente und fördert sie, bringt Menschen an die richtige Stelle, knüpft Netzwerke und scheut sich nicht, den ihr Anvertrauten auch unangenehme Botschaften zu übermitteln. Taktvoll, überaus diskret.

Und deswegen ist das, was uns heute zusammenführt, ein doppelter Anlass zum Feiern und zum Gratulieren. Und ein etwas längeres P.S. als es eigentlich werden sollte. „Wie kommen die denn ausgerechnet auf mich?“ hast Du, liebe Mercedes, gefragt, als Du von der Auszeichnung hörtest.
Schön, dass sie gerade auf dich gekommen sind. Gegen alle äußeren Anzeichen, gegen die ungeschriebenen Gesetze unserer Branche, haben sie die drei Thesen vom Anfang meiner kleinen Laudatio widerlegt. Herzlichen Glückwunsch, Landeshauptstadt, zu dieser Preisträgerin. Wir alle freuen uns mit Dir, liebe Mercedes!

(Foto: BR/Ralf Wilschewski)

Petit Déjeuner Musical (74 bis): Coeur de Pirate

Messieursdames, Coeur de Pirate (Le Matos Andy Carmichael Remix)!


Coeur de pirate | Comme des enfants [LMAC remix]

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Usertracking der Landeshauptstadt München

Auf Anfrage des grünen Stadtrats Florian Roth hat die Landeshauptstadt München aufgeschlüsselt, wie in ihrem Internetauftritt und auf den Webseiten städtischer Unternehmen, Kliniken und Referate die Besucherströme gemessen werden. Anlaß für die Anfrage waren die datenschutzrechtlichen Probleme von Google Analytics, das die Stadtwerke München und der Tierpark Hellabrunn zeitweise eingesetzt haben und beim Olympiapark, dem Deutschen Theater, Volkstheater und der Pasinger Fabrik sowie Fachbereichen der Messe München immer noch in Gebrauch ist, wobei der Einsatz von diesen offenbar „als unproblematisch“ betrachtet wird.
Hier die Antworten der diversen Zuständigen. Zu den Städtischen Kammerspielen wird nichts gesagt, aber soweit ich den Quelltext richtig interpretiere, scheinen sie Google Analytics nicht zu nutzen.

Flughafen München GmbH (FMG)
Sowohl bei den Anwendungen im Internet als auch im Intranet der FMG werden Google Analytics bzw. entsprechende andere Programme nicht eingesetzt. Die IP-Adressen von Besuchern der Homepage der FMG werden nach Herkunftsland und besuchten Seiten statistisch ausgewertet und danach anonymisiert. Ein Rückschluss auf eine bestimmte oder bestimmbare Person durch Auslesen der IP-Adresse ist nicht mehr möglich. Damit sind auch nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten der FMG die datenschutzrechtlichen Anforderungen des Telemediengesetzes bei der FMG erfüllt.

Internationale Münchner Filmwochen GmbH
Die Internationale Münchner Filmwochen GmbH teilt mit, dass sie Google Analytics nicht einsetzt. Die Auswertung ihrer Website erfolgt nur intern unter Beachtung des Datenschutzes.

Gasteig München GmbH
Die Gasteig München GmbH betreibt die Website www.gasteig.de, die in ihrem gegenwärtigen Status seit Dezember 2009 live ist. Programmiert und gehostet ist der Auftritt von schalk&friends – agentur für neue medien gmbh, München. Sämtliche Daten des Internetauftritts liegen auf Servern von schalk&friends.
Das Verhalten der Nutzer(innen) von www.gasteig.de wird mit Urchin 6 analysiert. Hauptunterschied dieser Software zu Google Analytics ist, dass sämtliche gewonnenen Daten auf lokalen Servern (Servern von schalk&friends) gespeichert werden. Daher findet die Datenschutzvereinbarung mit schalk&friends auf diese Daten volle Anwendung.
Besucher/innen von www.gasteig.de bleiben grundsätzlich anonym. Gespeichert werden technische Daten, der Name des Internet-Service-Providers, die Webseite, von der aus der Nutzer kommt, und die Webseiten, die er/sie auf www.gasteig.de besucht. IP-Adressen werden nicht ausgewertet. Urchin 6 wertet die gespeicherten Informationen mit Datum und Zeitangaben für interne statistische Zwecke der Webseitenanalyse und zur bedarfsgerechten Gestaltung unserer Webseiten aus. Die Software verknüpft IP-Adressen nicht mit anderen erhobenen Daten und ermöglicht daher keine Personenbeziehbarkeit gespeicherter Daten. Pseudonyme Nutzungsprofile werden nicht erstellt.
Sämtliche personenbezogenen Daten, die im Kontext von Kontaktformularen, Newsletter-Bestellung, Weiterempfehlen der Seite und MyGasteig-Registrierung gespeichert werden, werden erst nach der Einwilligung des/der Nutzer/in zur Datenspeicherung gesichert.

Messe München GmbH (MMG)
Die IT der MMG unterstützt für alle Webauftritte der MMG das Tool Stat Key der Firma Key Tec, das auf allen Webseiten automatisch integriert ist. Das Hosting der Applikation findet in den Räumen der MMG statt und der Zugriff auf die Daten ist nur innerhalb der MMG gestattet. Die zur Verfügung stehenden Tools bieten keine Möglichkeit, Rückschlüsse auf einzelne Personen zu ziehen. Neben diesem System wurden in den letzten Jahren auch andere Tools auf den Webseiten integriert. Diese werden von der IT nicht supportet und die Verantwortung für diese obliegen den Fachbereichen. Dazu zählen unter anderem Google Analytics, etracker und auch Eloqua. Es ist derzeit nicht bekannt, welche Systeme im Detail auf welchen Webauftritten genutzt werden. Diese Systeme werden ausnahmslos außerhalb des Einflussbereichs der MMG gehostet.

MGH Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft mbH
Google Analytics wird von der MGH nicht verwendet. Bei den Webseiten der MGH werden die Daten (IP-Nr.) der Besucher in so genannten „www- log-files“ gespeichert. Diese Daten sind anonymisiert und liegen als GZIP- Dateien (komprimierte Dateien) auf einem nicht öffentlich zugänglichen Verzeichnis in dem Account.

München Ticket GmbH
Die München Ticket GmbH verfolgt aktuelle Urteile und Rechtssprechung sowie die kritische Diskussion zu diesem Thema sehr aufmerksam. Den Einsatz von Diensten von Unternehmen, die nicht den europäischen Datenschutzstandards entsprechen, bewertet die München Ticket GmbH als kritisch. Insofern begrüßt sie den Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 28./29. April 2010, der schärfere Kontrollpflichten für Daten exportierende Unternehmen vorsieht.
Gleiches gilt im übrigen für die Einbindung von Adserver Diensten.
Für Spezialfunktionen auf ihren Seiten nutzt die München Ticket GmbH die Dienste Google Maps und Youtube. Auch diesen Einsatz sieht sie aus Datenschutzaspekten nicht unkritisch und wird versuchen in diesem Bereich noch Verbesserungen vorzunehmen.
Bei www.muenchenticket.de wird Google Analytics nicht verwendet. www.muenchenticket.de nutzt zur Auswertung der Benutzerstatistiken ausschließlich eigene Recheninfrastruktur, eine Weitergabe der Benutzerdaten an Dritte findet nicht statt.
Mitarbeiter und Partnerunternehmen, die mit personenbezogenen Daten in Kontakt kommen, sind informiert und zur Einhaltung des Datenschutzes verpflichtet. Bestehende Verfahren sind bezüglich Datenschutzrelevanz überprüft. Bei Änderung oder Neueinführung von Verfahren werden relevante Aspekte im Datenschutz überprüft und berücksichtigt.

Münchener Tierpark Hellabrunn AG
Die Münchener Tierpark Hellabrunn AG hat bis ca. Mai 2010 Google Analytics verwendet. Seit der Umgestaltung ihrer Homepage verwendet die Münchener Tierpark Hellabrunn AG auf Rat von München Portal Google Analytics jedoch nicht mehr. Stattdessen wird momentan das Programm etracker in einer dreiwöchigen Testphase getestet und danach wahrscheinlich auch weiterhin eingesetzt. Aus der Datenschutzerklärung von etracker geht folgendes hervor: „Bei der Speicherung der Besucherdaten werden insbesondere auch die IP-Adressen und Domaindaten der Besucher nur verkürzt gespeichert, so dass ein Rückschluss auf den einzelnen Besucher nicht möglich ist. Etracker verpflichtet sich, etwaige erhobene IP- Adressen niemals mit anderen Datenbeständen zusammenzuführen, z.B. um einen Personenbezug herzustellen.“

Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH (MVV GmbH)
Bei der MVV GmbH kommt das Programm Google Analytics nicht zum Einsatz. Auf der Webseite werden anonymisierte Daten der Besucher aus Optimierungs- und Marketinggründen mit Hilfe des Tracking-Systems „netUpdater® LIVE“ von der Open New Media GmbH erfasst und gespeichert. Hierzu können Cookies zum Einsatz kommen. Die ermittelten Daten werden zur Erstellung von Nutzungsprofilen unter Pseudonymen genutzt. Die Daten werden nicht dazu benutzt, die Besucher der Website persönlich zu identifizieren. Es findet keinerlei Verknüpfung der Daten mit dem Träger des Pseudonyms statt.
Technisch gesehen wird Folgendes erfasst: Referrer (ggf. genutzte Suchmaschine und Suchbegriffe), Browser (Produkt und Version), Betriebssystem, Provider, Farbtiefe, Auflösung, Javascriptversion, Cookieeinstellung, Browserspracheinstellung, Land, besuchte Seiten, Zeitpunkt und Dauer, Anzahl der Besuche sowie IP und Hostname. In der Datenbank erscheinen IP und Hostname nur in der gekürzten Form (123.123.*.* / *.domain.de). Zudem wird – nachdem der Besucher aktiv einen Widerspruch einlegt – ein Cookie auf dem Client-Rechner installiert, das die Messung verhindert. Das Wertungsscript ist damit nicht mehr aktiv, es werden dann keine Daten mehr gespeichert. Die Speicherungen erfolgen für jeweils einen Monat.

Olympiapark München GmbH
Die Olympiapark München GmbH verwendet in Zusammenhang mit ihrem B2B- und impark-Auftritt das Programm Google Analytics. Auf der Hauptseite www.olympiapark.de, die um ein Vielfaches mehr an Usern generiert als die anderen beiden Seiten zusammen, bedient sich die Olympiapark München GmbH des Typo3-Systems.

GWG München
Die GWG München setzt für den Betrieb des Internetservers den Apache HTTP Server ein. Der Web-Server ist bei M-Net in Betrieb und zeichnet Ereignisprotokolle, die für den Betrieb des Servers notwendig sind, auf. Zur Aufbereitung der Ereignisprotokolle wird die Software „Webalizer Version 2.01“ eingesetzt. Die Ereignisprotokolle werden von den berechtigten Mitarbeitern der GWG gesichtet, um Probleme und Fehler auf der Homepage zu erkennen. Personenbezogene Auswertungen oder Weitergabe der Ereignisprotokolle an Dritte zur Auswertung werden nicht durchgeführt.

GEWOFAG
Die GEWOFAG verwendet Google Analytics nicht. Für die Internetseite der GEWOFAG, www.gewofag.de, gibt es ein eigenes Tool zur Auswertung der Häufigkeit der Seitenaufrufe, das für die GEWOFAG programmiert wurde. Dies Tool kann nicht auswerten, wer von wo auf die Internet- seite kommt, sondern nur, welche Seite wie häufig aufgerufen wird. Dies dient der Verbesserung des Informationsangebots auf der GEWOFAG-Website.

Baureferat
Im Benehmen mit der Münchner Stadtentwässerung (MSE) teilt das Baureferat mit, dass im Baureferat und bei der MSE die Software Google Analytics oder vergleichbare Programme keine Anwendung finden.

Sozialreferat
Die Münchenstift GmbH verwendet nach eigener Aussage Google Analytics nicht.

Kommunalreferat
Das Kommunalreferat ist das Betreuungsreferat für die Deutsches Theater Grund- und Hausbesitz GmbH (DTGH). Das in der Stadtratsanfrage angesprochene Problem stellt sich hier nicht, da die DTGH keinen eigenen Internetauftritt hat. Die Inhalte der Gesellschaft werden über die Internetseiten des Kommunalreferats dargestellt.

Referat für Gesundheit und Umwelt
Das RGU hat für seinen Betreuungsbereich, insbesondere für das städtische Klinikum München, mitgeteilt, dass die Software Google Analytics nicht eingesetzt wird. Die Städtische Klinikum München GmbH hat damals bewusst diese durchaus attraktiven Analysemöglichkeiten von Google nicht gewählt, da zum einen nach Auffassung des damaligen Partners des Klinikums, aber auch nach eigener Recherche, aus datenschutzrechtlicher Sicht Bedenken bestanden. Daraufhin entschied sich das Klinikum zur Webanalyse für die OpenSource-Lösung „PiWik“.

Kreisverwaltungsreferat
Die Website www.parkundride.de wird extern betrieben und verwaltet. Insofern sei intern nur ein eingeschränkter Zugriff auf die Inhalte und Steuerungselemente möglich. Die Park & Ride GmbH habe nur die Möglichkeit, die Zugriffshäufigkeit auf bestimmte Inhalte der Website in Erfahrung zu bringen. Die Einsichtnahme und Speicherung von IP-Adressen sei intern nicht möglich.
Nach Rücksprache mit dem IT-Manager des Internetdienstleisters sei in Erfahrung gebracht worden, dass für die Internetseite www.parkundride.de die OpenSource-Lösung Webalizer verwendet werde. Diese Software könne aus den Verkehrsdaten des Internetservers Reports bezüglich der von den Nutzern angefragten Inhalte erstellen. Alle verwendeten Daten seien auf dem Internetserver erfasst und würden hier verarbeitet; eine Übermittlung an Dritte erfolge nicht. Auch würden keine Daten Dritter (beispielsweise DNS-Auflösung, Verknüpfung mit Nutzerkonten o. ä.) zur Erstellung des Reports herangezogen. Rohdaten des Internetservers werden laut Aussage der Park & Ride GmbH nach Ende des Betrachtungszeitraums automatisch gelöscht.

Kulturreferat
Die Münchner Volkshochschule GmbH verwendet das Programm Google Analytics nicht. Die Pasinger Fabrik Kultur-und Bürgerzentrum GmbH sowie die Deutsche Theater München-Betriebs-GmbH setzen Google Analytics ein und sehen die Nutzung als unproblematisch an.
Die Münchner Volkstheater GmbH verwendet das Programm Google Analytics für ihre Homepage. Der unter www.datenschutzbeauftragter-online.de/datenschutz-google-analytics-erfuellt-zentrale-forderung-der-datenschutz-aufsichtsbehoerden/ geforderte Text wird im Impressum der Internetseite der Münchner Volkstheater GmbH veröffentlicht.

Sonntag, 17. Oktober 2010

Mathias Döpfner – Der weiße Gentleman mit der sehr verwegenen Zunge

Das Feuilleton, der Fortschritt und das Feuerroß, offenbar ein Beziehungsgeflecht, das selbst die Größten entgleisen läßt. Vor längerer Zeit den Kulturchef der „Zeit“, Fritz. J. Raddatz, den ein falsches Goethe-Zitat von einem zu Geheimratszeiten noch gar nicht existierenden Bahnhof den Job kostete. Letzte Woche hat sich nun Mathias Döpfner, gelernter Musikwissenschaftler und inzwischen Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, bei seiner Keynote (ab 10:19) zur Eröffnung der Medientage München im Schlußwort nicht minder fahrlässig zu dem Thema ausgelassen.
„Ich bin optimistisch, ich glaube, wir haben eine großartige Ausgangsposition. Wir können mit dem, wofür wir leidenschaftlich brennen, nämlich mit guten Inhalten, mit guten Informations- und Unterhaltungsangeboten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch viel bessere Geschäfte machen und sinnvollere Dinge tun als in der Vergangenheit.
Deswegen sollten wir uns an dem orientieren, der unser aller Vorbild sein muß in dieser Frage, an Winnetou. Ich weiß nicht, wer von Ihnen 'Winnetou 3' gesehen hat. Dort gibt es für mich die absolut legendäre und unvergleichliche Schlußszene, wenn Winnetou und Old Shatterhand auf einem Berg stehen, auf dem Rücken ihrer Pferde, in der Ferne der blutrot sonnengetränkte Himmel. Und ein Zug fährt vorbei. Das Dampfroß.
Und Old Shatterhand ist sehr skeptisch ob dieses Fortschritts und sieht das alles sehr kritisch. Und Winnetou sagt zu ihm: Nur wer sich dem Fortschritt nicht verweigert, wird überleben.“


Die „Bild“-Zeitung zitierte begeistert den großen weißen Mann auf den Spuren des roten Gentlemans und bildete Döpfner zumindest in der Münchner Lokalausgabe auch mit – zum Indianergruß? – gespreizten Fingern ab. Dabei hatte sein Schlußwort gerade mal den Wahrheitsgehalt einer „Bild“-Story.
Zuerst unkten ein paar Medienjournalisten wie Stefan Winterbauer von Meedia, daß Winnetou zum Filmende hin erschossen werde, der Springer-Boß also unterschlage, daß der Fortschrittsglaube den Apachen nicht weit gebracht hätte. Ein anderer Kollege las aus Döpfners Vortrag sogar die Unterstellung heraus, Google hätte den Häuptling gemeuchelt.
Dabei ist es so eine Sache mit der Erinnerung. In der aktuellen „Journalist“-Geschichte zu den klassischen Fakten-Fallen steht das Gedächtnis ganz vorn. Und der IT-Journalist und Karl-May-Experte Giesbert Damaschke legte denn auch zwei Tage später den Finger auf die Wunde: „Ach, btw - das von Döpfner gebrachte Winnetou-Zitat taucht weder im Roman noch im Film auf.“
Also habe ich nach vierzig Jahren noch einmal reingeguckt. In „Winnetou 3“ wimmelt es zwar vor Planwagen, Flößen und Pferden, aber keine Spur von einem Dampfroß.
Wie es zu einem, na ja, ein bißchen blutrot getränkten Firmament paßt, kommt der Abendhimmel einmal in Verbindung mit Winnetous Todesvision vor und ein weiteres Mal, als er dann bereits leichenkalt auf der Bahre liegt, aber kein Zusammenhang mit jedwelchem Fortschritt.
Und das einzige, auch nur annähernd passende Zitat hören wir nicht etwa in einer legendären wie unvergleichlichen Schlußszene, sondern bereits nach den ersten zehn Filmminuten, wenn sich die beiden Freunde am hellichten Tag über die große Stadt unterhalten.
Old Shatterhand: „Denkt mein Bruder auch daran, daß in Santa Fe unbekannte Gefahren lauern, die die neue Zeit mit sich bringt?“
Winnetou: „Winnetou hat an die Gefahren gedacht, aber er verschließt seine Augen nicht dem Fortschritt der neuen Zeit und er wird ihr entgegen gehen.“
Aber wie hätte es auch anders sein sollen, wenn „Bild“-Verlag und Karl May verschmelzen, zwei, die traditionell nicht gerade für die Wahrheit stehen. Minus mal minus gleich plus? Nun wird der großzügige Umgang mit Zitaten den Dr. Döpfner sicher nicht den Job kosten, auch wenn er sich selbst dann keine Sorgen machen müßte. Die Verve, mit der er seine erfundene Filmszene in freier Rede erzählt, würde ihm bei irgendwelchen Karl-May-Festspielen jede Hauptrolle garantieren. Schließlich hat er auch im großen Saal der Medientage selbst die Zuschauer in der letzten Reihe mitgerissen.

Update: Neun Jahre später bleibt Döpfner seinem Karl May treu. Im gemeinsamen Interview mit Friede Springer und KKR-Vertreter Johannes Huth beteuert er gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ angesichts bevorstehender Sparmaßnahmen: „Wir werden eher bei den Häuptlingen als bei den Indianern sparen.“ ()

Samstag, 16. Oktober 2010

Wochenplan

Neues Rumänisches Kino / Filmmuseum,  Perlenstickereien und Textilarbeiten von Gabriele Münter & Wassily Kandinsky / Pressefrühstück im Münter-Haus, Zündfunk: Bist Du Deutschland? Streitgespräch über Integration und Ausgrenzung mit Joachim Herrmann, Till Nassif, Sepp Dürr, Martin Neumeyer und Kübra Yücel / Muffathalle, Verleihung des Publizistikpreises 2010 der LH München an Mercedes Riederer / Literaturhaus, Ermenegildo Zegna Centennial Celebration / P1,  Pressevorführungen „Never let me go – Alles, was wir geben mußten“, „Monsters“, „Satte Farben vor Schwarz“ und „Soul Boy“, Pressday We love PR / Blumenbar, Vernissage Gabriel von Max / Kunstbau, eat & STYLE / Olympiahalle, Dominik Grafs „Im Angesicht des Verbrechens“ / ARD, on3-Lesereihe / Cord-Club, „La Grande Illusion“ / Filmmuseum, Eröffnng des Türkentors & Bürgerfest / Kunstareal

Freitag, 15. Oktober 2010

Popa pöbelt (1)

285 Seiten von Sascha Lobos Romandebüt „Strohfeuer“ liegen hinter mir. Lobo, der eine Werbeagentur gründete und insolvent ging, schreibt über eben das. Wieso tut man sich das an? Nicht die Lektüre. Warum quält sich jemand wie Lobo über Monate für ein Honorar, das er viel einfacher und vor allem schneller mit seinem Live-Geschwurbel auf Tagungen und in Talkshows verdienen könnte? Nur um gedruckt zu werden?
Das mag für einen Tastenschubser attraktiv scheinen. Aber wieso sind dann Lohnschreiber wie Gorkow, Martenstein, Poschardt nicht davor gefeit, deren Namen eh ständig in der Zeitung stehen? Aus Gier? Bei jährlich über 93.000 Neuerscheinungen deutscher Verlage bleibt es ein Glücksspiel, ausgerechnet mit einem Buch Millionär zu werden. (Für unsere Leser in Unterföhring: Bücher sind nichtperiodische Publikationen mit einem Umfang von 49 Seiten oder mehr – so die UNESCO.)
An der Generation Gold eines Florian Illies oder Axel Hacke wird es kaum liegen, denn bereits lange bevor diese sich mit ihren Plattitüden dumm und dämlich verdient haben, wurden selbst härteste Reporter rührselig, wenn es darum ging, mit dem eigenen Namen einen Schutzumschlag zu schmücken. Ein Haudegen wie Axel Thorer muß natürlich so etwas Merkwürdiges wie Stacheldraht sammeln und in Afrika aus Überzeugung Wilderer abknallen, aber ist es nicht weit skurriler, dass er seinen Kindern ausgerechnet als Schriftsteller in Erinnerung bleiben will? Und ob er sich diesen Traum als Mallorca-Hemingway mit einem „Lexikon der Inselgeheimnisse“ erfüllt hat?
Franz Josef Wagners literarische Jugendsünden („Big Story“, „Das Ding“) werden längst für einen Cent auf Amazon verhökert, aber diesen Sommer opferte er für einen 208 Seiten langen „Brief an Deutschland“ unverdrossen seinen Urlaub.
BILD-Unterhaltungschef Daniel Steil kündigte für die Schreibklausur sogar seinen Job, wechselte aber letztlich nur das Büro mit seinem Nachfolger Gerald Selch, um im Springer-Gebäude an seiner Masterarbeit zu schreiben. Wann die Fleißaufgabe wohl in einem Verlagsprogramm auftaucht?
Karl Lagerfeld wunderte sich einmal über einen Journalisten, „die Cremeschnitte, der vor acht, zehn Jahren einmal mit mir gesprochen hat und jetzt mit einem Buch daherkommt”. Ich wundere mich, wie produktiv manche Kollegen sind. Okay, beim „Playboy“ arbeitet sich niemand tot, da kann Textchef Christian Thiele locker Jahr für Jahr ein Sachbuch raushauen. Und sein ex-Chef Stefan Schmorrte flog aus der Chefetage butterweich auf einen Stapel Buchmanuskripte, mit denen er seitdem hausieren geht.
Aber wie schafft es „Focus“-CvD* Michael Klonovsky (laut Verlagswerbung alles andere als ein Nichtleister, nämlich: „Romanautor, Essayist und Journalist“) neben der wöchentlichen Tretmühle bis zu zwei Bücher jährlich über Puccini, den Ramses-Code, das Radfahren, Lebenswerte und was auch immer auszustoßen? Und diese dann auch noch zu promoten, denn die Literaturagenten und Verlage lieben Journalisten nicht etwa, weil diese besser schrieben, sondern weil sie all ihre Duzbekanntschaften damit nerven, ja auch über ihr Buch zu berichten.
All dieser Aufwand – und wozu? Wieso gibt sich selbst ein Hubert Burda, entschuldigung, Dr. Hubert Burda mit den „lousy pennies“ im Buchhandel ab und finanziert einen Schmöker nach dem anderen über sich, seine Mama und die Wohlklangdimensionen seiner Geisterwelt? Weil sie alle noch dieses Kulturreptilienhirn besitzen, von der Bücherwand mit Goldschnitt und Lederrücken träumen, sich auf alle Zeiten im Pantheon wähnen, sobald sie nur ein Buch verfasst haben. (Auch wenn dieser Büchertempel längst muffig riecht und im Schatten des Internets steht, das dem kleinsten Artikel ewige Aufmerksamkeit schenken kann.)
Noch schlimmer als schriftstellernde Journalisten sind nur Kollegen mit einem Filmprojekt. Meike Winnemuth und Peter Praschl haben das – wie es sich für Edelfedern geziemt – recht elegant gelöst. Ihren Roman „Auf und davon“ verfilmt Christoph Waltz jetzt bei seinem Regiedebüt.

Diese Kolumne erschien in einer hiervon abweichenden Fassung im „Clap-Magazin“ #29 September/Oktober 2010. 
*Damals war Klonovsky noch Chef vom Dienst. Inzwischen wurde er bei „Focus“ zum Leiter des neu geschaffenen Debattenressorts ernannt.