Es gibt für diese Menschen, ob Arbeitslose, Kranke oder Aufstocker, aber auch gezielte Vergünstigungen, die die Teilhabe am Leben nachhaltig erleichtern. Am bekanntesten ist die Befreiung vom Rundfunkbeitrag, weil der entsprechende Antrag automatisch dem Leistungsbescheid angehängt ist. Andere Ermäßigungen oder gar Gebührenbefreiungen sind dagegen weniger bekannt. Daher lege ich hier eine Liste an, die laufend ergänzt werden wird.
Der Schwerpunkt liegt auf München, das Menschen in prekären Verhältnissen besonders teuer kommt. In der Landeshauptstadt sind derzeit etwa 60.000 München-Pässe im Umlauf. Demgegenüber stehen 24 Leute, die in der laufenden Spielzeit im Gärtnerplatztheater mit dem München-Pass eine ermäßigte Eintrittskarte bekamen, um die 72 im Residenztheater und ganze drei bei der Theaterakademie August Everding. Die Diskrepanz zwischen Berechtigten und tatsächlich das Angebot Nutzenden liegt sicher auch an den weiter unten aufgeführten Einschränkungen, an der Theaterkasse überhaupt zum Zuge zu kommen.
Wie viele Städte- und Landkreis-Pässe landesweit aktuell gültig sind, konnte ich noch nicht eruieren. Das Bayerische Sozialministerium erhebt dazu keine Zahlen, da es eine kommunale Angelegenheit wäre.
Der Artikel wird laufend aktualisiert. Im Rahmen meiner Möglichkeiten werde ich diesen Beitrag auch um Angebote im ganzen Bundesgebiet ergänzen. Für Ergänzungen und Korrekturen via Kommentar bin ich dankbar. Insbesondere da bei der Recherche für diese Liste auffällt, dass die zuständigen Pressestellen der Behörden und Institutionen sehr zurückhaltend scheinen, selbst einfachste Anfragen zu dem Thema zu beantworten.
Amazon Prime
Analog der Gebührenbefreiung beim Rundfunkbeitrag bietet Amazon seit dem Jahr 2021 ein zumindest ermäßigtes Abomodell an. Statt 8,99 Euro monatlich (oder 89,90 Euro im Jahr) zahlt man bei Bezug von Grundsicherung nur 4,49 Euro monatlich.
Arzneimittel
Münchner Apotheken haben sich bereit erklärt, verschreibungsfreie Medikamente, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden, an bedürftige Münchner*innen vergünstigt abzugeben. Nach ärztlicher Rücksprache läßt man sich ein sogenanntes Grünes Rezept oder Privatrezept ausstellen. In einer der an dem Projekt Medikamentenhilfe teilnehmenden Apotheken legt mensch dann das Rezept sowie den München-Pass vor. Daraufhin gibt es das verschreibungsfreie Medikament zu einem vergünstigten Preis.
Banken
Die Stadtsparkasse München bietet bei Vorlage des München-Passes ihr München-Giro Premium für 4,95 Euro statt 11,95 Euro an. Es gäbe mit dem München-Giro zwar noch ein günstigeres Kontomodell für 2,95 Euro, das aber durch gesondert zu zahlende Buchungsposten (Gutschriften, Lastschriften, Daueraufträge, Zahlungen mit der Sparkassen-Card über zehn Euro …) à 0,49 Euro bzw. 0,50 Euro (Kontoauszüge am SB-Terminal) schnell sehr viel teurer ausfallen kann. Im Giro Premium ist alles inklusive.
Computer
Münchner*innen über 60, die Sozialleistungen beziehen und einen München-Pass besitzen, können sich den Kauf eines Computers, Laptops oder Tablets mit 250 Euro bezuschussen lassen.
Führungszeugnis
Das Münchner Kreisverwaltungsreferat verzichtet auf die Gebühr in Höhe von 13 Euro für die Bestellung eines Führungszeugnisses beim Bundesamt für Justiz. Auf der Webseite des KVR ist das etwas versteckt und verklausuliert formuliert: „Bei mittellosen oder ehrenamtlich tätigen Personen kann im Einzelfall bei Vorlage entsprechender Nachweise eine Befreiung von der Gebühr beantragt werden.“ Faktisch reicht es, beim Termin im Bürgerbüro am Schalter darauf hinzuweisen und zu belegen, dass man Grundsicherung bezieht. Der Leistungsbescheid wird dabei gegenüber dem München-Pass als Nachweis bevorzugt. Laut KVR-Pressestelle ist sogar „die Vorlage des München Passes in der Regel nicht ausreichend“.
Diese Gebührenbefreiung gilt bundesweit, denn das „Bundesamt für Justiz kann gemäß § 10 Justizverwaltungskostengesetz (JVKostG) auf Antrag ausnahmsweise, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen (Mittellosigkeit) oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint (besonderer Verwendungszweck), die Gebühr ermäßigen oder von der Erhebung der Kosten absehen. Die Mittellosigkeit wird bei Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfängern angenommen, sodass die Gebührenbefreiung gewährt wird. Die Gebührenbefreiung für Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger gilt damit bei allen Antragsstellungen – sei es über die Kommune oder über das Online-Antragsformular des Bundesamts für Justiz. “
Welche weiteren Leistungen im Kreisverwaltungsreferat bei Bezug der Grundsicherung ermäßigt oder gebührenfrei sind, wollte das KVR auf Anfrage nicht detailliert verraten und verwies nur allgemein auf die jeweiligen Gesetze, denen das zu entnehmen sei.
Kino
Im ABC und den Leopold-Kinos zahlt man mit München-Pass zehn statt zwölf Euro Eintritt.
Mit dem München-Pass zahlt man im Arena, Monopol-Kino, Neuen Maxim und Rio-Palast nur 9,50 Eintritt statt 11,50 bzw. 12,50 Euro sowie im Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck neun statt elf Euro.
Das Studio im Isabella ermäßigt bei München-Pass-Inhaber*innen den regulären Eintrittspreis von elf Euro auf 9,50 Euro.
Im Neuen Rottmann und im Kino Solln erhält man als Arbeitsloser bzw. mit dem München-Pass einen Euro Rabatt.
Im Theatiner zahlen Arbeitslose und Inhaber*innen des München-Passes sechs statt zehn bzw. elf Euro.
Konzerte
Für Konzerte des BR-Klangkörpers (Chor und Symphonieorchester) erhalten Münchner*innen gegen Vorlage des München-Passes ermäßigte Eintrittskarten zu zehn Euro im Vorverkauf (auch möglich im Webshop nach erfolgreicher Registrierung).
Mit dem München-Pass gibt es für Auftritte der Münchner Philharmoniker ermäßigte Eintrittskarten zu elf Euro im Vorverkauf.
Museen
Erwerbslose zahlen im BMW-Museum acht statt 14 Euro Eintritt.
Im Deutschen Museum zahlt mensch mit München- oder Landkreis-Pass acht statt 15 Euro Eintritt.
Im Haus der Kunst zahlt mensch mit dem München-Pass fünf Euro Eintritt statt neun bis 15 Euro.
Im Jüdischen Museum hat mensch mit München-Pass freien Eintritt.
In der Kunsthalle zahlen Arbeitslose acht statt 18 Euro Eintritt.
Freier Eintritt mit dem München-Pass im Lenbachhaus.
Die staatlichen Häuser wie die Pinakotheken, das Museum Brandhorst, das Bayerische Nationalmuseum oder das Deutsche Theatermuseum führen zwar auf einer langen Liste detailliert auf, wer alles kostenlos rein darf, vom Diplomaten bis zum Ordensträger, von Studierenden der bildenden Kunst bis zu Lehrkräften, aber für die Inhaber*innen von Städte- oder Landkreis-Pässen gibt es nicht einmal einen ermäßigten Eintritt. Es gibt aber sonntags für alle Besucher*innen einen ermäßigten Eintritt für einen Euro.
Schwimmbäder
Mit dem München-Pass zahlt mensch in den Hallenbädern der Stadtwerke München zwischen 3,90 und 5,80 Euro Eintritt je nach Schwimmbad. In den Freibädern gilt freier Eintritt.
Stadtbibliothek
Sozialhilfeempfänger zahlen bei der Münchner Stadtbibliothek statt jährlich 20 Euro oder sieben Euro im Vierteljahr nur zehn bzw. vier Euro. Über das digitale Angebot kann mensch so auch die „Süddeutsche Zeitung“, „Abendzeitung“ und viele weitere Zeitungen und Zeitschriften aus aller Welt lesen.
Theater
In München zeigt sich bei den Ermäßigungen eine deutliche Diskrepanz zwischen städtischen Bühnen und den staatlichen Häusern. In den städtischen Kammerspielen kostet der Eintritt bei Besitz des München-Passes acht Euro – auch im Vorverkauf. Online kann man bei Verfügbarkeit zu dem Preis auch einen Platz in der ersten Reihe buchen.
Im städtischen Münchner Volkstheater zahlen Arbeitslose und Inhaber*innen des München-Passes gegen Vorlage des jeweiligen Berechtigungsausweises für eine Karte im Vorverkauf 8,50 Euro und an der Abendkasse sechs Euro (ausgenommen Fremdveranstaltungen wie Lesungen oder Konzerte). „Die Platzierung der Karten legt das Theater fest“, aber bestellt man online, kann man sich eine ermäßigte Karte zu 8,50 Euro auch in der ersten Reihe aussuchen, soweit der Platz verfügbar ist.
Die Münchner Staatstheater sind dagegen weitaus restriktiver. Man könnte fast glauben, der Staatsminister will kein prekäres Publikum in seinen Häusern haben. Die veröffentlichten Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst bei den Benutzungsbedingungen der Bayerischen Staatstheater sehen erst einmal keine Benachteiligung von Einkommensschwachen vor, sondern behandeln sie wie etwa Jugendliche, Azubis, Schüler*innen, Studierende oder Behinderte. Das Staatstheater Augsburg setzt das im Vorverkauf (30 Prozent Ermäßigung) oder bei seinen Standby-Tickets für neun Euro am Vortag auch entsprechend um. Das Staatstheater Nürnberg bietet den Inhaber*innen des Nürnberg-Passes sogar 50 Prozent Ermäßigung im Vorverkauf. Beim – künftig staatlichen – Theater Regensburg erhalten Stadtpass- und Landkreispass-Inhaber*innen 50 Prozent Nachlass im Freiverkauf und Last-Minute-Tickets zu sechs Euro an der Abendkasse.
In der Auslegung der Münchner Staatstheater wird dagegen recht scharf zwischen allgemeinen Ermäßigungen und Einkommensschwachen unterschieden. Was wohl an einer internen Verordnung des Kunstministeriums liegt. Das prekäre Publikum wird darin wie Kurzentschlossene behandelt und kann nur darauf hoffen, an der Abendkasse vielleicht noch eine Restkarte zu ergattern oder unverrichteter Dinge wieder heimfahren zu müssen. Wenn man Glück hat, bekommt man so aber auch sehr gute Plätze, die reserviert waren und nicht abgeholt wurden.
Die drastische Unterscheidung zwischen Einkommensschwachen und anderen Ermäßigungskategorien ist besonders kurios, wenn man bedenkt, dass Freiwilligendienstleistende etwa Anspruch auf Städte- oder Landkreis-Pässe haben. Als BFDler oder FSJler können sie beispielsweise am Residenzthetaer oder in der Theaterakademie im Unterschied zu den anderen Pass-Nutzer*innen bereits im Vorverkauf zugreifen. Mit dem Städte- oder Landkreis-Pass dagegen erst an der Abendkasse.
Während Kinder und Erwachsene unter 30 ermäßigte Karten für die Bayerische Staatsoper und das Staatsballett im Nationaltheater vorab kaufen können, haben die Inhaber*innen von Sozial-Pässen aller bayerischen Städte nur an der Abendkasse eine Stunde vor Vorstellungsbeginn die Möglichkeit, eine Restkarte ab zehn Euro zu erwerben. Bei den vergünstigten Karten ist keine freie Platzwahl möglich, die ermäßigten Karten werden automatisch zugeteilt.
Ähnlich im Staatstheater am Gärtnerplatz. Inhaber*innen des München-Passes erhalten an der Abendkasse ermäßigte Restkarten für zehn Euro.
Weit strenger geht es im Residenztheater zu: Schüler*innen, Studierende, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende bis zum vollendeten 30. Lebensjahr erhalten ermäßigte Karten für zehn Euro im Vorverkauf. Wer auf Grundsicherung angewiesen ist, hat dagegen nur an der Abendkasse eine Chance. Diese öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. Die ermäßigten Karten zu zehn Euro für Inhaber*innen des München-Passes kommen aber erst „ab ca. 30 Minuten“ vor Beginn der Vorstellung nach Verfügbarkeit in den Verkauf, wie auf einer Resterampe.