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Freitag, 13. Februar 2009

Aktenzeichen II 1 - 3e06.30 ungelöst oder:
Das Exit-Polls-Projekt 2009

Nirgendwo wird so konsequent gelogen wie bei Statistiken. Aber Wahlprognosen toppen es locker, wenn auch nicht bei den Zahlen, sondern beim Drumherum. Wenn ich nun drei Wochen lang zu dem Thema geschwiegen habe, bedeutet das keineswegs, daß ich es beiseite gelegt hätte. Schließlich haben wir ein „Superwahljahr“ (ZDF) – und wenn ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender dieses „Jahr der Richtungswahlen“ als „Jahr der Realitäten und der Wahrheiten“ plant, will ich nicht nachstehen.

Die Ausgangssituation: Aus Exit Polls, Wahlnachfragen resultierende Prognosen dürfen in Deutschland nicht vor Schließung der Wahllokale veröffentlicht werden.
Fakt: Aufgrund eines politischen wie journalistischen Gewohnheitsrechts zirkulieren diese Prognosen dennoch bereits Stunden vorher in den Redaktionen und Parteien, oder um XXXX einen Kollegen zu zitieren: „Einige Medien (und im Übrigen auch Politiker) bekommen vertraulich aber schon früher die Prognosen, die auf den sogenannten Wahl-Nachfragen vor den Wahllokalen beruhen.“ (Updates: Der zitierte Kollege bat im Nachhinein, seinen Namen zu verschweigen, denn: „Ein bisschen heikles Thema. Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie auch mich bitte nicht öffentlich zitieren.“ Er könne schließlich nicht offiziell für seine Zeitung sprechen.)
Kurios: Die meisten Beteiligten leugnen das hartnäckig.

Nun kannte offenbar bild.de bei der Hessenwahl am 18. Januar nicht nur eine Wahlprognose, sondern veröffentlichte diese unglücklicherweise bereits vor Schließung der Wahllokale. Der hessische Landeswahlleiter sieht aber nicht zwingend eine Ordnungswidrigkeit, da schließlich die validen Exit Polls zu der Zeit gar nicht verfügbar gewesen wären. Die Forschungsgruppe Wahlen gestand dann aber, daß sie den Tag über ihre exklusiv fürs ZDF erarbeiteten Zahlen mit Politikern austauscht und ausgewählten Journalisten vor Schließung der Wahllokale zur Verfügung stellt. Das ZDF will davon nichts gewußt haben. Bei der ARD ist nach ersten Dementis noch ein Gespräch mit dem Wahlexperten Jörg Schönenborn anhängig, die exklusiv für sie tätigen Wahlforscher von infratest dimap haben aber bisher jeden Informationsfluß abgestritten und äußern sich nicht mehr in der Sache (BILDblog, Tivoli-Blog 1, 2, 3).

Wer weiß wann was – und warum bestreiten dies alle auf erste Nachfrage und knicken erst später ein? Mit diesem Mantra widme ich mich in den kommenden Monaten vergangenen Wahlen und den bevorstehenden Urnengängen am 7. Juni (Europawahl), 30. August (Saarland, Sachsen, Thüringen) und 27. September (Bundestag, Brandenburg).

Zwischenzeitlich hat mir der hessische Landeswahlleiter am 5. Februar bestätigt, daß er unter dem Aktenzeichen II 1 - 3e06.30 prüft, „ob der Vorgang Veranlassung gibt, ein förmliches Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten. (...) Ich weise nochmals darauf hin, dass eine Ordnungswidrigkeit nur dann vorliegt, wenn es sich um die Veröffentlichung von 'Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe' handelt. Meine diesbezügliche Anfrage hat BILD digital bisher nicht beantwortet.“

Updates: Was macht die Demokratie aus? Daß wir eine mißliebige Regierung ohne Blutvergießen wieder loswerden können, so schrieb vor fast 65 Jahren Karl Popper. Und der Wahlakt, durch den sich die Willensäußerung des demokratischen Souveräns vollzieht, ist folglich ein bis ins letzte Detail reglementiertes Verfahren. Oder auch nicht. Die Wissenswerkstatt greift mein Thema auf.

Mit Schreiben vom 3. März teilt mir der Landeswahlleiter mit, daß er keine Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die BILD-Gruppe sähe.

Verdächtige Tweets bei der Europawahl und im „Spiegel“ werden Bedenken hinsichtlich herausgetwitterter Exit-Polls bei den kommenden Bundestagswahlen geäußert.

Antonia Beckermann in der „Welt“ vom 24. August über die Angst der Politnomenklatur vor herausgetwitterten Exit Polls der Bundestagswahl 2009.

Beobachtungen vom 30. August anläßlich der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland sowie der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen (Spiegel Online: „Prognosen-Verrat: Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“).


(Grafik: ZDF/Forschungsgruppe Wahlen)

Donnerstag, 22. Januar 2009

Taugt ein Wahlgeheimnis zum Exit-Polls-Gate?

Wenn es für mich ein offenes Geheimnis gab, dann daß die Alphamännchen unter den Politikern an Wahltagen bereits lange vor Schließung der Wahllkokale erste Prognosen erhalten, wie auch die unter Zeitdruck arbeitende Tagespresse. Deshalb hielt ich am Sonntag noch das Vorpreschen von bild.de bei der Veröffentlichung erster Prognosen der hessischen Landtagswahl für den eigentlichen Skandal, na ja, für ein Skandälchen.
Aber dann bestritten der hessische Landeswahlleiter ebenso wie die maßgeblichen Meinungsforschungsinstitute, daß irgendwelche Prognosen vor der Fernsehpräsentation durch Jörg Schönenborn (ARD) & Co um 18 Uhr weitergegeben werden würden.
Dabei ist das Spiel an jedem Wahlsonntag das gleiche, wie mir eine weitere Quelle aus Berliner Regierungskreisen bestätigte. Die ersten Prognose der Wahlnachfrage kursieren am frühen Nachmittag und es „sind die gleichen wie bei ARD/ZDF, in den Parteien selbst verteilt es sich teils im Schneeballsystem per SMS, einige Großkopferte haben's zuerst.“
Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen (ZDF), der immerhin als einer der wenigen meine Anfragen beantwortet, streitet das weiter vehement ab, räumt aber immerhin plötzlich ein, daß es durchaus den Tag über Gespräche mit Politikern gäbe und handverlesene Journalisten bereits um 17 Uhr vorab Zahlen erhielten:
Es könne nicht sein, „dass Ihnen bezüglich der Forschungsgruppe Wahlen verlässliche Information vorliegen, dass wir zu den angegebenen Zeiträumen Prognosen der Wahlnachfrage Politikern zukommen lassen.
Ich habe mich in der Vergangenheit auch schon gewundert, welche Zahlen da am Wahltag als Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen 'gehandelt' wurden. Da gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die sich damit als angebliche Insider in den Vordergrund spielen wollen.
Das kann schon allein deshalb nicht sein, weil wir selbst bei uns einen ersten Einlauf von verlässlichen Daten ab 16:30 haben und diese haben selten etwas mit dem endgültigen Ergebnis zu tun.
Selbstverständlich gibt es auch im Laufe des Wahltags das ein oder andere Gespräch auch mit Politikern bei dem eine politische Einschätzung vorgenommen wird. Ganz sicher geht es dabei (in unserem eigenen Interesse) aber lediglich um eine qualitative und nicht um eine quantitative Bewertung.
Und es gibt auch gegen 17 Uhr an weniger als eine Handvoll Journalisten, mit denen wir eine langjährige Zusammenarbeit pflegen und wo wir sicher sein können, dass eine Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gewährleistet ist, eine qualitative Einschätzung des zu erwartenden Ergebnisses. Diese dienen aber nicht dazu, eine Prognose frühzeitig drucken zu können, sondern lediglich um sicherzustellen, dass der zu schreibende Kommentar etwas mit dem wirklichen Ergebnis zu tun hat.“


Updates: „An Wahlabenden gibt das ZDF vor 18.00 Uhr keinerlei Informationen, Prognosen, Umfragen oder Sonstiges heraus - wie Ihnen Frau Henrich-Dieler bereits mitgeteilt hatte. Dieselbe Auskunft hatten Sie ja auch von der Forschungsgruppe Wahlen erhalten“, schreibt mir Thomas Stange vom ZDF. Na ja, braucht das ZDF ja auch nicht, wenn – wie oben eingestanden – die exklusiv für die Mainzer tätige Forschungsgruppe Wahlen das macht. Andererseits habe ich das Gefühl, daß das ZDF auch nicht weiß, was die Forschungsgruppe mir gegenüber bereits eingeräumt hat. Auf diesen Widerspruch angesprochen, antwortet Thomas Stange schmalllippig: „Wir sprechen nur für das ZDF und nicht für Dritte“.

Und Jörg Schönenborn läßt mir durch eine Mitarbeiterin mitteilen, daß er gerne mit mir telefonieren würde.

Inzwischen hat auch die ARD reagiert. Dr. Joachim Görgen vom ARD-Referat der HA Intendanz beim SWR in Stuttgart schreibt: „Sie hatten bei der Pressestelle der ARD angefragt, ob die ARD ihre Prognose-Zahlen bei Wahlen anderen Medien vorab zur Verfügung stellt. Die Antwort ist ein klares 'Nein'. Die ARD arbeitet exklusiv mit Infratest Dimap in Berlin zusammen, so wie das ZDF mit der Forschungsgruppe Wahlen in Mannheim. Zusammenarbeiten heißt: Die ARD hat mit dem privaten Unternehmen Infratest Dimap einen Vertrag über eine Dienstleistung und muss entsprechend auch dafür bezahlen. Deshalb können Sie davon ausgehen, dass die ARD kein Interesse haben kann, diese Zahlen vor 18 Uhr weiterzugeben. Die Uhrzeit ergibt sich übrigens daraus, dass um 18 Uhr die Wahllokale schließen, und die Wähler nicht 'in letzter Minute' beeinflußt werden sollen durch Prognosen zum Wahlausgang.“

Jetzt gibt's in Hessen ein Aktenzeichen zum Vorgang.

Was macht die Demokratie aus? Daß wir eine mißliebige Regierung ohne Blutvergießen wieder loswerden können, so schrieb vor fast 65 Jahren Karl Popper. Und der Wahlakt, durch den sich die Willensäußerung des demokratischen Souveräns vollzieht, ist folglich ein bis ins letzte Detail reglementiertes Verfahren. Oder auch nicht. Die Wissenswerkstatt greift mein Thema auf.

Mit Schreiben vom 3. März teilt mir der Landeswahlleiter mit, daß er keine Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die BILD-Gruppe sähe.

Verdächtige Tweets bei der Europawahl und im „Spiegel“ werden Bedenken hinsichtlich herausgetwitterter Exit-Polls bei den kommenden Bundestagswahlen geäußert.

Antonia Beckermann in der „Welt“ vom 24. August über die Angst der Politnomenklatur vor herausgetwitterten Exit Polls der Bundestagswahl 2009.

Beobachtungen vom 30. August anläßlich der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland sowie der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen (Spiegel Online: „Prognosen-Verrat: Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“).

(Foto: WDR/Herby Sachs)

Dienstag, 20. Januar 2009

Wahlastrologie
oder: Die 50.000-Euro-Frage

Sonntag war ein merkwürdiger Tag. Erst meldete bild.de bereits eine Viertelstunde vor Schließung der Wahllokale in Hessen die erste Wahlprognose (CDU 38 Prozent, SPD 22, FDP 17, Grüne 13, Linke 5). Dann erhielt ich gegen 19 Uhr im Münchner Akademieviertel die Fernausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ (geschätzte Andruckzeit: 17.15 Uhr) mit einem Aufmacher von Peter Fahrenholz: „FDP-Triumph sichert Koch die Macht“, ergänzt durch erste Zahlenprognosen einer „Wahlnachfrage“ – ohne jede Quellenangabe (CDU knapp 40 Prozent, FDP etwa 16 Prozent, SPD weniger als 25 Prozent, Grüne bei 13 Prozent, die Linken an der Fünf-Prozent-Hürde). Dabei gibt es - wie gesetzlich vorgeschrieben – die ersten Wahlprognosen offiziell nicht vor 18 Uhr (ARD etwa: CDU 37,5, SPD 23,5, FDP 16, Grüne 14, Linkspartei 5,1). Andererseits hat es solche vorzeitigen Zahlenergüsse immer wieder mal gegeben, wie der BILDblog minutiös schildert.
Heute war ein noch merkwürdigerer Tag. Denn bislang war ich davon ausgegangen, daß die beiden quasi hauptamtlichen Wahlforscher, die Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) und infratest dimap (ARD) vor der großen Verkündung bereits den Nachmittag über ausgewählte Journalisten und Politiker mit Zahlen versorgen, damit beispielsweise die Tageszeitungen unter Einhaltung einer Sperrfrist ihren Andruck schaffen. Energisches Dementi aber der Betroffenen.
„Die Prognosen, die das ZDF bei Wahlen um 18.00 Uhr veröffentlicht“, so Regina Henrich-Dieler „stehen nicht vorher fest und können daher auch nicht vorher an andere Medien weitergegeben werden. Sie werden punktgenau um 18.00 Uhr nach Schließung der Wahllokale errechnet und gesendet. Sollten wirklich Zeitungen vorher gedruckt werden und schon Zahlen enthalten, so können das keine Prognosen sein, sondern eventuell Umfrageergebnisse.“
In anderen Worten: Die Forschungsgruppe Wahlen stellt Matthias Jung zufolge „niemandem unsere um 18 Uhr gesendete Prognosen vor 18 Uhr zur Verfügung. Schon allein deshalb nicht, weil wir diese erst unmittelbar vor der Ausstrahlung fertig stellen, da wir noch so viel wie möglich unserer Interviews, die wir ja bis 17:45 erheben, darin berücksichtigen wollen.“
Dito bei infratest dimap fürs Erste: „Bei unserer Wahlberichterstattung, also auch der Prognose am Wahlabend, handelt es sich um eine exklusive Auftragsarbeit für die ARD und ihrer angeschlossenen Anstalten (auch den Hörfunk). Wir bedienen darüber hinaus am Wahltag keine anderen Medien und verweisen bei Anfragen immer auf die ARD. Die Tageszeitungen zitieren meines Wissens immer die Ergebnisse aus dem Fernsehen und verweisen dann auch schon auf eine der frühen Hochrechnungen“, so infratest-Sprecherin Irina Roth.
Nun würde es einen neugierigen Menschen wie mich schon interessieren, woher sonst die bereits deutlich vor 18 Uhr zirkulierenden Zahlen stammen, die eine „SZ“ dann nach 18 Uhr nahezu zeitgleich mit den so nicht mehr ganz exklusiven Fernsehanstalten auf ihrer frisch gedruckten Titelseite präsentiert – und es könnte für den Axel Springer Verlag sogar einen beträchtlichen Kostenfaktor ausmachen.
Denn hinsichtlich des Vorpreschens von bild.de betont der hessische Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel auf meine Anfrage hin: „Ich gehe der Angelegenheit nach. Allerdings weise ich schon jetzt darauf hin, dass nach § 30 Abs. 2 LWG nur die Veröffentlichung von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe verboten sind. Derartige Wählerbefragungen werden nach meiner Kenntnis nur im Auftrag von ARD und ZDF durchgeführt und von diesen Anstalten exklusiv (erst-)veröffentlicht.“
Wenn bild.de also ihre vorzeitig veröffentlichte Prognose wie die erst nach der Sperrfrist erschienene „Süddeutsche Zeitung“ auf eine „Wahlnachfrage“ stützt, läge bei bild.de eine Ordnungswidrigkeit vor, die den Verlag bis zu 50.000 Euro Strafe kosten kann.

(Weder die BILD-Gruppe, noch die „Süddeutsche Zeitung“ oder Peter Fahrenholz haben bislang auf meine schriftlichen Anfragen dazu reagiert. Updates: Ah ja, von der ARD und dem Hessischen Rundfunk stehen die Antworten auch noch aus. Habe inzwischen auch bei der ARD-Wahlikone Jörg Schönenborn nachgefragt sowie bei den im Bundestag vertretenen Parteien.)

Updates: Wie mir ein zuverlässiger Gewährsmann heute bestätigt hat, erhalten die im Bundestag vertretenen Parteien stets die aktuellen Trends und Prognosen der Wahlnachfrage gegen 15.30 Uhr. Und jeder der in der politischen oder Medienwelt etwas auf sich zählt, kennt diese Zahlen bis spätestens 16 Uhr, also Stunden vor Schließung der Wahllokale. Je nach Partei kommen diese Infos entweder von infratest dmap oder der Forschungsgruppe Wahlen. Womit sich die Frage stellt, wer wußte was wann und von wem. Fortsetzung folgt.

Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) räumt inzwischen ein, daß es durchaus den Wahltag über Gespräche mit Politikern gäbe und handverlesene Journalisten bereits um 17 Uhr vorab Zahlen erhielten.

Inzwischen gibt's in Hessen ein Aktenzeichen zum Vorgang.

Was macht die Demokratie aus? Daß wir eine mißliebige Regierung ohne Blutvergießen wieder loswerden können, so schrieb vor fast 65 Jahren Karl Popper. Und der Wahlakt, durch den sich die Willensäußerung des demokratischen Souveräns vollzieht, ist folglich ein bis ins letzte Detail reglementiertes Verfahren. Oder auch nicht. Die Wissenswerkstatt greift mein Thema auf.

Mit Schreiben vom 3. März teilt mir der Landeswahlleiter mit, daß er keine Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die BILD-Gruppe sähe.

(Disclaimer: Das Foto zeigt keine hessischen, sondern Münchner Wahlurnen.)

Verdächtige Tweets bei der Europawahl und im „Spiegel“ werden Bedenken hinsichtlich herausgetwitterter Exit-Polls bei den kommenden Bundestagswahlen geäußert.

Sonntag, 18. Januar 2009

Hessen-Wahl: bild.de prescht vor






Um 17.47 lief die erste Wahlprognose bereits bei bild.de über den Liveticker.



Updates:

BILDblog zum Thema.

Der hessische Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel auf meine Anfrage hin: „Ich gehe der Angelegenheit nach. Allerdings weise ich schon jetzt darauf hin, dass nach § 30 Abs. 2 LWG nur die Veröffentlichung von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe verboten sind. Derartige Wählerbefragungen werden nach meiner Kenntnis nur im Auftrag von ARD und ZDF durchgeführt und von diesen Anstalten exklusiv (erst-)veröffentlicht.“

Jetzt gibt's in Hessen auch ein Aktenzeichen zu dem Vorgang.

Rätselraten um die Herkunft von Prognosen, die bild.de und der „Süddeutschen Zeitung“ bereits vor 18 Uhr zugänglich waren.

Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) räumt inzwischen ein, daß es durchaus den Wahltag über Gespräche mit Politikern gäbe und handverlesene Journalisten bereits um 17 Uhr vorab Zahlen erhielten.

Was macht die Demokratie aus? Daß wir eine mißliebige Regierung ohne Blutvergießen wieder loswerden können, so schrieb vor fast 65 Jahren Karl Popper. Und der Wahlakt, durch den sich die Willensäußerung des demokratischen Souveräns vollzieht, ist folglich ein bis ins letzte Detail reglementiertes Verfahren. Oder auch nicht. Die Wissenswerkstatt greift mein Thema auf.

Mit Schreiben vom 3. März teilt mir der Landeswahlleiter mit, daß er keine Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die BILD-Gruppe sähe.

Verdächtige Tweets bei der Europawahl und im „Spiegel“ werden Bedenken hinsichtlich herausgetwitterter Exit-Polls bei den kommenden Bundestagswahlen geäußert.

Beobachtungen vom 30. August anläßlich der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland sowie der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen (Spiegel Online: „Prognosen-Verrat: Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“).

Gesetz über die Wahlen zum Landtag des Landes Hessen
(Landtagswahlgesetz - LWG -)

§ 30 Unzulässige Wahlpropaganda und Unterschriftensammlung, unzulässige Veröffentlichung von Wählerbefragungen

(2) Die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung ist vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig.

§ 49 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer (...) 3. entgegen § 30 Abs. 2 Ergebnisse von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung vor Ablauf der Wahlzeit veröffentlicht.

(2) Die (...) Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 Nr. 2 und 3 kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist (...) 3. bei Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 Nr. 3 der Landeswahlleiter.

Sonntag, 31. August 2008

Frankfurter Allgemeine in der Twilight Zone

Während Marcel Reich-Ranicki heute im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ jede hellseherische Fähigkeit von sich weist, fühlt sich Peer Schader auf der Medienseite dazu durchaus berufen. Argwöhnisch vermutet er, daß das ZDF für Oliver Kahns Abschiedsspiel vielleicht nur deshalb doppelt soviel wie für eine Champions-League-Begegnung bezahle, weil der Titan zukünftig für den Sender als Fußball-Experte arbeitet und ergänzt: „Am Donnerstag gab Kahn vor versammelter Presse sein Antrittsgespräch beim ZDF – natürlich in der Münchner Allianz-Arena“. Zu dumm, daß der Termin – möglicherweise mein Stehrumchen der Woche – erst kommenden Donnerstag, den 4. September um 11 Uhr stattfindet.

Update: Peer Schader äußert sich zu seinem Tipp(?)-Fehler.

(Foto: ZDF/Adrian Bela Raba – Heute abend strahlt 3sat um 22.36 Uhr Marin Martschewskis Dokumentarfilm „Oliver Kahn und die Dinge des Lebens“ aus.)