Montag, 12. Februar 2024

Wochenplan (Updates)

„The Daily Show“ mit Jon Stewart / Comedy Central; Premiere von „Ich, dein großer analoger Bruder, sein verfickter Kater und du“ / Theaterakademie August Everding im Prinzregententheater; Trauerfeier und Beisetzung Florian Wolf / Ostfriedhof; Paneldiskussion „Internationale Kooperation im Systemwettbewerb – Zeit für eine Zeitenwende“ mit Fonteh Akum, Jakkie Cilliers, Thomas Erndl, Ottilia Anna Maunganidze und Wolfgang Niedermark / Hanns-Seidel-Stiftung; Vernissage Angela Anzi, Jennifer López Ayala, Sebastian Maas & Martin Werthmann: „Anna Blume, der Raum ist weit“ / Heldenreizer @ Bunker Grünwald; Stammtisch Neue deutsche Medienmacher*innen / Augustiner-Keller; Tasting Dinner ANICAV: „Red Gold from Europe“ / Eataly; Jean-Rollin-Retrospektive: „Vierges et Vampires“, „Le Frisson des Vampires“ und „La Rose de Fer“ / Werkstattkino; Def Tech Night / Herzog; Meredith Monk – Konzerte und Künstlerinnengespräch / Haus der Kunst; „Germany's Next Top Model“ / Pro Sieben; Responsible Leaders Hub mit Hillary Clinton, Nancy Pelosi, Ban Ki-Moon, Gordon Brown, Bettina Stark-Watzinger, Mathias Döpfner, Ulrich Wilhelm u. a. / Mini-Pavillon; Emerging Leaders – Munich Security Conference @ Amerikahaus ft. Hillary Clinton, Katharina Schulze u. a. / Amerikahaus; Trauerfeier Gert Rabanus / Aetas; Starkbier-Anstich / Weißes Bräuhaus; BMW Night of the Legends / BMW-Welt; Opening Party des Milchbar-Pop-ups; Gaming-Messe GG Bavaria / Motorworld; David Cronenbergs „Crash“ (Foto) mit James Spader, Holly Hunter, Rosanna Arquette, Elias Koteas und Deborah Kara Unger / Werkstattkino; Holm Dressler: „Hinter den Kulissen des Showbusiness“ / Kulturverein Herrsching; BAFTA Film Awards

Sonntag, 11. Februar 2024

Traumtagebuch (19): Hasan Ismaik und der TSV 1860

Der TSV 1860 spielt, aber ich bin daheim und gucke das Spiel im Fernsehen. Dafür taucht Hasan Ismaik im Stadion auf (das nicht das Grünwalder Stadion ist, sondern ein Traumstadion, dessen Umfeld eher dem Trainingsgelände ähnelt). Ismaik wird von drei Leibwächtern begleitet, von denen jeder einen Meter breiter ist als der vorherige, also der erste ein Meter breit, der zweite zwei Meter breit und der dritte drei Meter breit, was alle zum Lachen bringt. Daheim stoße ich mir das Knie, woraufhin das Blut unaufhörlich aus der Wunde quillt. Meine Mutter meint, dass eine Arterie getroffen sei und legt einen Pressverband an. Ich wache auf.

Montag, 5. Februar 2024

Wochenplan (Updates)

Philly Cheesesteak Day / American Burger Bar; Vernissagen Johannes Müller: „Faces – Mensch & Konflikt“ / Neumeister, Christian Springer & Albert Kapfhammer: „Eine bomben Aussicht“ / Valentin-Karlstadt-Musäum, Diplom 2024 / Akademie der Bildenden Künste, Flatz: „Something Wrong With Physical Sculpture“ (Foto) / Pinakothek der Moderne mit After Party ft. DJ Hell / P1, „Kunst, Körper, Widerstand“ / Habibi-Kiosk der Kammerspiele und Janitzky: „Kompliziertes“ / Salon Maudit; „Public Sector and Friends meets Zukunftskongress Bayern“ / Zum Franziskaner; Sondervorführung von „Gondola“ für HFF-Absolvent*innen mit anschließendem Q+A von Marcus H. Rosenmüller mit Regisseur Veit Helmer / HFF; Aufzeichnung „Ringlstetter“ mit Josef Hader & Nadine Nurasyid; „Ghost in the Shell“ / City; Jahrespressekonferenz / NS-Dokumentationszentrum; Presselunch Green Beetle; Gambero Rosso Tre Bicchieri Worldtour / Löwenbräukeller; „Kultur des Protests: Ungehorsam, Opposition, Widerstand“ / Seidlvilla; Podiumsdiskussion „Neues Gesetz zerbricht die Ordnung: Die Welt aus den Fugen“ mit Ulrich Haltern, Elsa-Sophie Jach, Herfried Münkler und Florian Roth / Große Aula der LMU; „Im Wettstreit der Künstler“ – Ernst-Wilhelm Händler im Gespräch mit Kia Vahland zu seinem aktuellen Kunst-Roman „Der absolute Feind“ / Café Luitpold; Zukunftskongress Bayern / Holiday Inn; Grand Opening Mariott City West; Podiumsdiskussion „Die Welt ordnet sich neu. Gefahren und Chancen“ mit Andrea Behrends, Nicole Deitelhoff, Alicia Hennig, Saskia Hieber, Timothy Liston, Carlo Masala, Herfried Münkler, Michael Reder, Monika Schnitzer, Moritz Schularick, Christian Walter und Azadeh Zamirirad / Bayerische Akademie der Wissenschaften & ARD alpha; Album Release des Ippio Payo Ensembles / Favorit-Bar; Jean-Rollin-Retrospektive: „La Rose de Fer“ und „La Vampire Nue“ / Werkstattkino; Klage von Benjamin Ruß gegen den Freistaat Bayern in Sachen Berufsverbot an der Technischen Universität München & Kundgebung der Münchner Gewerkschaftslinken / Arbeitsgericht; Forum für Theater, digitale Transformation und Nachhaltigkeit / Kammerspiele; Überreichung eines Preises für Galerien und Off-Spaces an mim – Raum für Kultur; Les Victoires de la Musique / France 2; Love Slam / Arge Salzburg; Tina Satters „Reality“ mit Sydney Sweeney und Josh Hamilton / Werkstattkino; Fantasy Filmfest White Nights / City; Modenschau der Juronoid-Kollektion AIgnorance / Lost Weekend; „München Mord: A saisonale G'schicht“ / ZDF; Closing Milchbar; Lichterkettemeer München / Theresienwiese; „Wer stiehlt mir die Show?“ mit Sarah Connor, Lena Meyer-Landrut, Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt / Pro Sieben; Super Bowl LVIII: Kansas City Chiefs vs. San Francisco 49ers / RTL

Samstag, 3. Februar 2024

Poparazzi (12): Akademie der Bildenden Künste

Bekannt aus Tweets, Blogs und der Medienfachpresse. Also überhaupt nicht. Dennoch erkennen mich immer wieder Fremde. Oder flüchtige Bekannte halten mich für wichtig. Und schießen mich ab. 

Auch im Winter mein Lieblingsplatz, um die Sonne zu genießen, Musik zu hören und die Zeitung zu lesen. Nur meine Krähen kommen leider nicht mehr.

Montag, 29. Januar 2024

Wochenplan (Updates)

Vernissagen Projektklasse Dirk Fleischmann: „Runaway Process“ / Akademiegalerie, Mari Iwamoto & Zhipeng Wang: „Double Shadows“ / Kunstarkaden, Käthe deKoe, Eva Gantar, Korbinian Vogt & Laura Zalenga / Ingo Seufert  und Milen Till: „Parkett“ / Klüser; Cheers #28 – Treffen der Münchner Musikszene: „Wie komme ich auf die Münchner Bühnen?“ / Milla; „Role Models: Haya Molche“ / ZDF-Mediathek; Rapunzel-Challenge / Lipperts; Weiße-Rose-Gedächtnisvorlesung mit US-Botschafterin Amy Gutmann: „Standing Up & Speaking Out for Democracy“ / LMU-Audimax; „Ach Europa!“: Podiumsdiskussion „Gibt es eine europäische Verfassungsidentität?“ mit Dieter Grimm, Ulrich Haltern und Eva Ellen Wagner/ Center for Advanced Studies der LMU; Vortrag von Jeff Wall / Lenbachhaus; Richard Linklaters „A Scanner Darkly“ / City; Thomas-Brasch-Retrospektive: „Lieber Thomas“, „Engel aus Eisen“, „Domino“ (Foto) und „Der Passagier – Welcome to Germany“ / Filmmuseum; Vollversammlung des Stadtrats / Rathaus & Livestream; Festakt 125 Jahre Maria-Theresia-Gymnasium / Salesianum; Grand Opening der Stadtsparkassenfiliale für Studierende und junge Erwachsene / barer41; „Global und gerecht – Wege aus einer Ökonomie der Ungleichheit“ mit Flávio Benites, Kathrin Hartmann, Nina Treu, Aram Ziai und Aïda Roumer / EineWeltHaus; Moshtari Hilal liest aus „Hässlichkeit“ / Zirka; Munich Spirits / MVG-Museum; Chinesisches Neujahrsfest / Chinesische Schule; Erstausschank des alkoholfreien Hellen der Klosterbrauerei Andechs / Bräustüberl; Kida Khodr Ramadans „Testo“ / ARD-Mediathek; Rock-Festival: Michael Sandvoss über magische Kommunikation / Lakoula; Frauen unter Palmen: Justine Triets „Solférino“ über die französische Präsidentschaftswahl 2007 / Filmmuseum; „Sløborn III“ / ZDFneo; Tag der offenen Akademie / Theakerakademie August Everding; Grammy Awards / MagentaMusik

Mittwoch, 24. Januar 2024

barer41 oder die Gentrifizierung meiner Straße

Als ich 2003 in die Barer Straße zog, hieß sie unter den hier ansässigen Geschäftsleuten wegen schwacher Umsätze die Null-Euro-Meile. Und von deren Betrieben, ob Metzger, Lüsterladen, Modernes Antiquariat, Boutique, Buchhandlung, Schreibwarengeschäft oder Nagelstudio, existiert zweizwanzig Jahre später kaum noch eines. Rundherum das Univiertel, seit der Bezirksreform der 1970er-Jahre offiziell Maxvorstadt, aber im Volksmund Schwabing, wenn auch nur gefühltes Schwabing. Aber shoppen, Kaffee trinken, essen oder feiern gingen die Studierenden um die Ecke, in der Schelling-, Türken- oder Amalienstraße. Die Barer Straße, benannt nach dem französischen Bar-sur-Aube und den Befreiungskriegen, war tot. Bis 2007 die Berisha-Brüder kamen und das Barer 61 gründeten.

Wenn die Stadtsparkasse nun am 1. Februar, nach über einem Jahr Umbauzeit, ihre erste Filiale für Studierende und junge Erwachsene präsentiert, das barer41, das mehr einem hippen Café als der Niederlassung einer Bank ähnelt, dann wären wohl weder diese schnieke Sparkasse, noch ihr Name ohne die Vorarbeit der Berishas vorstellbar.

2007 verwandelten Barry und Avni Berisha einen ehemaligen Schuhladen in das Barer 61, einem Café, das mehr nach Berlin als München aussah. Ein Sammelsurium an Einrichtungsstilen („Villa Kunterbunt“, so der „Prinz“). Eine Karte, die mit ihren frisch gepressten Säften, Wraps und Piadine heute Standard wäre, damals aber neue Maßstäbe setzte, die dann viele kopierten. Der beste Kaffee im Viertel, die schönsten Kellner*innen, Zeitungen und WLAN, kurzum: der perfekte Nachbarschaftstreff, der die ganze Nachbarschaft aufrüttelte und verwandelte. 

Und selbst Vice in Erregung versetzte: „Wäre einfach ein ganz passabler Laden, um zu frühstücken oder Mittag zu essen, wenn es da nicht noch die Mädchen hinter der Bar gäbe, die so unglaublich heiß sind, dass es keinen besseren Ort gibt, um schon um elf Uhr morgens beim Zeitungslesen einen Ständer zu kriegen.“ 

Ich war vom ersten Tag Gast, Stammgast und nannte es alsbald mein Wohnzimmer, wo mich dann auch der „Stern“ fotografierte und „Spiegel“-Reporterin Laura Backes interviewte.

Nach dem erfolgreichen Blitzstart des Tagescafés Barer 61 übernahmen die Brüder ein paar Häuser weiter das legendäre Schultz, nannten es BARer 47 und hatten nun auch noch ein nächtliches Standbein. Die Straße war bald nicht mehr wiederzuerkennen. Pures Leben, Pop-up-Läden (als einer der ersten 2007 meine 100 Tage Bücher), hippe Boutiquen, aber auch Gewerbemieten, die sich verdreifacht haben. Gentrifizierung.

Aus dem Barer 47 wurde inzwischen Klaus Gunschmanns Fox, das Barer 61 gehört immer noch den Berishas, wurde aber nach einem Konzeptwandel während der Corona-Zeit in Nebenan unbenannt. Und jetzt kommt ausgerechnet die Stadtsparkasse recht spät zur Party und nennt ihre neue hippe, junge Filiale barer41: „Deine Homebase.“ „Ein Raum für frische Ideen.“ „Und leckeren Kaffee gibt es natürlich auch.“ Samt „Grand Opening“ am 1. Februar mit „Showtime“ um 13 Uhr und „Party“ ab 19 Uhr. Das war's wohl mit meiner Straße.

Montag, 22. Januar 2024

Wochenplan (Updates)

Vernissagen Bayerischer Kunstförderpreis ft. Lukas Hoffmann, Jonathan Penca, Gülbin Ünlü und Max Wencelides / Galerie der Künstler, Ilit Azoulay: „Queendom – Navigating Future Codes“ / Museum der Moderne Salzburg, „Geliebte Gabi. Ein Mädchen aus dem Allgäu – ermordet in Auschwitz“ / Bayerischer Landtag, Nomi Baumgartl: „Eternal Icons“ / Leica Galerie, „Chapeau Fred“ / Jahn & Jahn, Christian Jankowski, Alastair Mackie, Yves Netzhammer & The Icelandic Love Corporation: „Catch Me if You Can“ / Eres und Irving Penn: „The Bath“ sowie Jonathan Lasker: „Painting and Drawing“ / Thaddaeus Ropac Salzburg; „Blue Velvet“ / arte; Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen; Verleihung der Ernst-Hoferichter-Preise an Katja Huber und Pierre Jarawan / Literaturhaus; Nicolas Roegs „Walkabout“ / Filmmuseum; Fokus LMU: Podiumsdiskussion „Künstliche Intelligenz verstehen – Chancen, Grenzen und Gefahren“ mit Björn Ommer, Jelena Spanjol, Maximilian Eder und Oliver Jahraus / Große Aula; Mobilitätsauschuss / Rathaus; 3. Katholische Armutskonferenz / Katholische Akademie; Lagerverkauf / Kostüme Breuer; Buchpräsentation „Das Paulanerkloster in der Au. Eine Spurensuche am Mariahilfplatz“ / Paulanerkloster; Vorstellung des Computerspiels „Last Seen“ zu NS-Deportationen / Wittelsbacher Gymnasium; Alumni Forum: Susanne Hermanski & María Inés Plaza über Kunstkritik / Akademie der Bildenden Künste; FC Bayern vs. 1. FC Union Berlin / Allianz-Arena; Kerstin Stremmel & Dorothea Volz: „Eine kleine Geschichte der Theaterfotografie“ / Deutsches Theatermuseum; „Wie denkt die Generation Future über die Welt von morgen?“ Vorstellung der Zukunftsstudie der Schörghuber-Gruppe / Presseclub; Demo für das B2-Kulturprogramm und gegen den „Bayerischen KulturSchrumpfFunk“ / Rundfunkplatz; „Dialog mit der Wirtschaft: KI in der Praxis – Cybersicherheit, Datenschutz, Urheberrecht“ / IHK; Art & Tech Talk: Betty Mü – „Von Super 8 zum Megamapping - Videoart, Immersion und AR“ / Wavelab; „Liebe & Hot Schoki“ – ein cozy Leseabend / Glitch BookstoreThe Perfect Runway Charity Gala / BMW-Welt; Bayerischer Landesfrauenrat: „Feminismus – wann, wenn nicht jetzt?“ / Allerheiligen Hofkirche; LUNAparty / Bayerischer Hof; „Expats“ mit Nicole Kidman / Amazon Prime; andererseits. Literatur trifft Wissenschaft: Lesung und Gespräch über „Die Verwandelten“ mit Ulrike Draesner, Heide Glaesmer und Frieder von Ammon / LMU; Special Screning von „Stella. Ein Leben“ mit Regisseur und Drehbuchautor Kilian Riedhof / Astor im Arri; Podiumsdiskussion „Trauma und Wirklichkeit. Antisemitismus und jüdische Lebensrealitäten“ mit Doron Rabinovici, Laura Cazés, Lena Gorelik und Richard Chaim Schneider / NS-Dokumentationszentrum; Thomas-Brasch-Retrospektive: „Lieber Thomas“ (Foto) und „Engel aus Eisen“ / Filmmuseum; Jugendpolitischer Jahresauftakt des Bayerischen Jugendrings mit Ursula Münch, Thomas Rudner, Julia Post, Christian Schoppik, Philipp Seitz und Antonia Goldhammer / Institut für Jugendarbeit ; Konferenz „War Unmasked“ / Bellevue di Monaco & Fat Cat; Lesung & Live-Performance Hans Platzgumer & Carl Tokujiro Mirwald / Optimal

Donnerstag, 18. Januar 2024

Agora (10): Anton G. Leitner über Hans Schober, Studiendirektor des Wittelsbacher Gymnasiums

Meine alte Schule, das Wittelsbacher Gymnasium, war schon eine prägende – oder deformierende? – Anstalt. 1907 gegründet, von 1922 bis 1930 unter der Leitung von Gebhard Himmler, Vater von Heinrich Himmler und Protagonist von Alfred Anderschs „Der Vater eines Mörders“. Neben Andersch gingen hier auch Eugen Roth, Carl Orff, Gustl Bayrhammer, Dieter Kronzucker, Fritz & Elmar Wepper, Peter Sloterdijk, Ulrich Chaussy, Rainer Maria Schießler und Anton G. Leitner zur Schule. Und ab 1974 sogar Mädchen. Was alsbald zu einem ersten Verweis wegen Knutschens am Sportplatz führte. Verschärfend kam zum Tragen, dass es sich beim Partner der Schülerin um ein „schulfremdes Element“ gehandelt hatte. 

Zwischen Circus Krone, Spaten-Brauerei, Finanz- und Landeskriminalamt gelegen, war die Stimmung am Wittelsbacher eben streng-konservativ, was man seinerzeit gern als humanistisch verbrämte. Selbst wenn der Lehrer unaufmerksamen Schülern den Schlüsselbund an den Kopf warf. 

Anton G. Leitner, Mitbegründer und Herausgeber der Zeitschrift „Das Gedicht“, war mit mir in einem Jahrgang, wenn auch im humanistischen Zweig mit Altgriechisch. Das lehrte Studiendirektor Hans Schober, Ständiger Erster Stellvertreter des Schulleiters. Uns Neusprachlern blieb er als Lehrer erspart, aber alle Schüler*innen fürchteten ihn als Höllenhund an der Schulpforte, der pünktlich zum Unterrichtsbeginn um 8.15 Uhr jedem auflauerte, der zu spät kam, um ihn aufzuschreiben. 

In den letztes Jahr veröffentlichten Erinnerungen „Vater, unser See wartet auf dich“, widmete Leitner unter der Überschrift „Die alte und neue Schule des Werdens“ eine Doppelseite auch Schober: 

»Mei, Donal, des wead schwea füa di, wei dei Vadda scho ois Bua bei mia an Homäa vom Blaadl weg üwasezzn hod kenna«, unkte unser Kondirektor Hans Schober schon vor meiner allerersten Altgriechischstunde bei ihm. Schober, jener holzgeschnitzte Steißtrommler, der selbst Hitlers Russlandfeldzug überstanden hatte, als junger Leutnant, unverwechselbar durch die rosazeageröteten Wangen und seine mit grauem Haarflor umkränzte, tagtäglich auf Hochglanz polierte Glatze, kurzum: die unbestrittene Koryphäe des Nachkriegs-Humanismus an den höheren Lehranstalten im Freistaat. 

Er war ein erklärter Gegner der Koedukation, versteht sich, Vertreter der ziemlich nassen Käsar-und-Kikero-Aussprache im Lateinischen. Damals beherrschte ich noch nicht einmal das griechische Alphabet. Weil Vater es sehr angebracht erschien, mich zu einem besseren Menschen erziehen zu lassen, hatte er meinen Wechsel ans humanistische Gymnasium fürs neunte Schuljahr veranlasst, ohne dabei zu bedenken, dass ja meine zukünftigen Leidensgenossen schon ihr ganzes achtes Schuljahr lang im Gegensatz zu mir zwei Stunden Altgriechisch pro Woche eingetrichtert bekommen hatten. »Des wead scho, Bua«, so sein altbewährtes Baldrian-Ersatz-Placebo, und im äußersten Notfall verabreichte er mir als naturbelassenes Allheilmittel eine Einzeldosis »Scheiß da nix!« 

Als mir Schober die erste Extemporale mit geschwungener roter Riesensechs plus Stern auf die Schulbank knallte und bemerkte: »Du bist vollkommen unbegabt!«, war ich noch nicht einmal fähig, seine Stegreifaufgabe zu lesen, geschweige denn zu lösen, und schiss mir fast in die Hose vor Angst. Jahre später klopfte mir der alte Schober nach einer Lesung im Lyrik Kabinett München jovial auf die Schulter und schlug mich nebenbei auch noch zum Ritter: »Des hädd i ma damois need dengd, dass aus dia aa no amoi wos wean kannd, awa a Hundling bisd ja oiwei scho gwen.« Spätestens da begann mir Vaters Panazee, sein metaphorischer Stein des Weisen »Das wird schon« einzuleuchten, weil das, was werden kann, auch wird. Vielleicht. Einmal.

Dienstag, 16. Januar 2024

Warum Pfarrer Rainer Maria Schießler so gern Augustiner-Wirtschaften einweiht

Franz Kotteder enthüllte in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 13./14. Januar 2024, warum Pfarrer Rainer Maria Schießler (Foto) so gerne Augustiner-Wirtschaften einweiht: Schießler und Augustiner-Vorstand Martin Leibhard waren – wie ich auch – auf dem Wittelsbacher Gymnasium neun Jahre lang in derselben Klassenstufe. (Wenn auch nach der Unterstufe in unterschiedlichen Klassen. Leibhard bei den Altsprachlern in der a, Schießler bei den streberhaften Neusprachlern in der b – ich dagegen natürlich bei den Problemfällen in der c.) »Eines aber bleibt weiterhin ungeklärt, so Pfarrer Schießler: „Wir wissen bis heute nicht, wer damals in Latein von wem abgeschrieben hat."«

Montag, 15. Januar 2024

Wochenplan (Updates)

Auftaktveranstaltung zum Bayerischen Aktionsplan Queer / Community Kitchen; Start der 4. Staffel von „True Detective“ – „Night Country “mit Jodie Foster (Foto) / Sky & Wow; Carte Blanche für Hartmut Bitomsky: „Der VW-Komplex“, „Die UFA“, „B52“, „Imaginäre Architektur“, „Staub“ sowie Jean-Luc Godards „Les Carabiniers“, Jacques Beckers „Touchez pas au Grisbi“, John Carpenters „Assault on Precinct 13“, Michael Millers „Jackson County Jail“, John Cassavetes' „Killing of a Chinese Bookie“ und Michael Ciminos „Heaven's Gate“ / Werkstattkino; 75th Emmy Awards; Auftakt zu den Jüdischen Filmtagen mit „Irena's Vow“ / Jüdisches Gemeindezentrum; Filmwoche München; Podiumsdiskussion „Wie das Feuilleton Theater macht“ mit Dorte Eilers, Ruth Walz und Hanns Zischler / Deutsches Theatermuseum; David Cronenbergs „Videodrome“ mit James Woods / City; Werner Fritsch: „faust sonnengesang“ / Klang im Dach; Pressebriefing zur Reform des EU-Streamingmarktes für Musik – mit MdEP Niklas Nienaß, den Musikern Christopher Annen und Balbina Jagielska sowie dem Komponisten Matthias Hornschuh / Europäisches Parlament Strasbourg & online; Pressekonferenz zur Generalsanierung / Stadtmuseum; Präsentation des DB-Baufahrplans 2024 / Infozentrum Zweite Stammstrecke; „Ach Europa!“ – Podiumsdiskussion zu „The Fragmentation of Political Order: Europe and Beyond“ mit Tobias Bunde, Ursula Schröder und Moritz Weiss/ Center for Advanced Studies LMU; Buchvorstellung „Kunst und Gesellschaft 1972 – 2022 – 2072: Von der Kunst für die Olympischen Spiele in München 1972 zu künstlerischen Gestaltungskonzepten des 21. Jahrhunderts“ / Villa Stuck; Artist Talk: Gregor Hildbrandt / Galerie Lohaus Sominsky; Südbahnhofkonzert mit Kuschelpunk, Sophia Wolz und Suntone / Bahnwärter Thiel; „Sex, Macht und Lügen“ / 3sat; Retrospektive Claire Simon: „Récréations“ / Filmmuseum; Retrospektive Alex Garland: „Never Let Me Go“ und „Ex Machina“ / Filmmuseum; Ronja von Rönne: „Trotz“ / Hotel Orphée Regensburg; Vernissagen Terence Carr & Xiao Hui Wang / Galerie an der Pinakothek der Moderne, „What are You Looking at?“ / Tanit, Bettina Khano: „Dazwischensein“ / DG Kunstraum, „Zukunftsfähige Quartiere: Nebenan, mittendrin, daheim“ / Rathausgalerie; Podiumsdiskussion „What Happens to the … Filmszene“ mit Anja Metzger, Philipp Ernst, Oliwia Strazewski, Ana de Mier y Ortuño u. a. / Die Perle; Zwei Jahre Zentrum für interdisziplinäre Raum- und Kulturarbeit / Zirka; My French Filmfestival; Bayerischer Filmpreis / Prinzregententheater, live im ARD-Stream und zeitversetzt im Bayerischen Fernsehen; Retrospektive Julia Ducournau: „Grave“ / Filmmuseum; Fanmarsch vom Kiosk an der Wittelsbacher Brücke zum Grünwalder Stadion; TSV 1860 vs. MSV Duisburg / Grünwalder Stadion; Deutscher Filmball / Bayerischer Hof; Gemeinsam gegen Rechts – Für Demokratie & Vielfalt: Großkundgebung gegen Rechts / TBA Siegestor; Krims & Krams Flohmarkt / Bahnwärter Thiel; Beth B.: „Lydia Lunch – The War is Never Over“ / Werkstattkino  

(Foto: Home Box Office/Sky)

Samstag, 13. Januar 2024

Aus für Münchens coolsten Kiosk

Für die „Abendzeitung“ war es 2014 „Münchens coolster Kiosk“, für mich ein roter Fixpunkt in meinem Leben. Dort, wo es vom Lehel in den Englischen Garten reingeht, zwischen Tucherpark und Chinesischem Turm, an der Ecke Oettingen- und Tivolistraße stand die Bude im 1950er-Jahre Retro-Stil, soweit ich mich zurückerinnern kann.

Auf der anderen Straßenseite, in der Geisenhofer-Klinik bin ich am 25. März 1961 geboren. Gegenüber vom Kiosk war Radio Freies Europa, und jedes Mal, wenn ich meinen Vater im Sender besuchte, lief ich dort vorbei. Die Süßigkeiten kaufte ich aber lieber in der Cafeteria im Keller von RFE, weil es dort die US-Originale von Butterfinger bis Bounty gab. Hinter dem Kiosk lag die Tivoli-Tennisanlage, wo ich die erste und einzige Tennisstunde meines Lebens hatte.

Dieser Blog hier hieß bis 2010 Tivoli-Blog, weil sich an dieser Ecke Münchens viele Stränge meines Lebens kreuzten. Und selbst als mein Vater lange tot und der Sender nach Prag umgezogen war, kam ich an dieser Ecke nahezu täglich vorbei. Sei es auf dem Arbeitsweg von meiner Wohnung im Univiertel zu den Redaktionen der „Cosmopolitan“, „Shape“, „freundin“ und „DONNA“ oder als ich neun Jahre lang meine Mutter bei ihr daheim im Arabellapark pflegte.

2014 drehte der Münchner Regisseur Tim Trachte seinen Film „Abschussfahrt“. Jenny Elvers spielte darin in einer kleinen Nebenrolle die Mutter eines der Protagonisten. Vor ihrem Kiosk trafen sich die Teenager, die im Mittelpunkt des Films standen, immer nach der Schule. Und für diese Szene brauchte Trachte die perfekte Location: „Einen typischen, alten Originalkiosk. Davon gab's damals nicht mehr so viele in München.“ Hier wurde er fündig.

Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Kioske erleben in München eine neue Blütezeit. Und für den Traditionskiosk in der Oettingenstraße 80 sah es auch hoffnungsvoll aus. Die alten Räume von Radio Freies Europa hatte die Ludwig-Maximilians-Universität für ihre Studierenden übernommen. Aus der neunzig Jahre alten Tivoli-Tennisanlage war – gegen viel Widerstand der Anwohner*innen – 2015 ein Containerdorf der Bildung geworden. Ausweichquartier wechselnder Schulen, erst Wilhelmsgymnasium, dann Maximiliansgymnasium und aktuell die Helen-Keller-Realschule. Studierende und Schüler*innen in unmittelbarer Nachbarschaft, vom Publikum des Englischen Gartens ganz zu schweigen – was kann sich ein Kioskbesitzer mehr wünschen?

Um so überraschter war ich, als ich zwischen den Jahren entdecken musste, dass der Kiosk abgerissen worden war. Geschlossen war er seit einem Wasserschaden schon länger, und der Hauptmieter war auch nicht mehr der Jüngste. 

Laut dem Kommunalreferat der Landeshauptstadt München mit den entsprechenden Konsequenzen: „Der Mieter des betreffenden Grundstücks in der Oettingenstraße hatte seinen Vertrag zum 30.09.2023 gekündigt, da der Kiosk nicht mehr betrieben werden konnte. Der mietereigene Kiosk ist entsprechend der vertraglichen Regelung vom Mieter selbst zurückgebaut worden. Der Kiosk befand sich in einem derart schlechten Zustand (undichtes Dach, Schimmelbildung), dass keine Alternative zum Abbruch bestanden hätte.“

Kein Wort dazu, dass es für einen so traditionsreichen Kiosk mit Uni und Schule in unmittelbarer Nachbarschaft, in attraktiver Nähe zum Englischen Garten sicher Interessenten gegeben hätte, um das Geschäft fortzuführen.

Grundstücksbesitzer ist die Stadt, Vermieter aparterweise das Referat für Bildung und Sport (RBS), das aktuell heiß umstritten ist, weil es die Gaststätten auf den Bezirkssportanlagen abschaffen und durch Kioske (!) ersetzen will. In der Oettingenstraße dagegen scheint das RBS den Tod des Kiosks gebilligt, wenn nicht gar gewünscht und gefördert zu haben. Wird das kleine Eckgrundstück nun den Schulcontainern zugeschlagen oder wollte man langfristig die Nutzung des gesamten Karrées Oettingenstraße 74-80 für die Zeit nach der Zwischennutzung als Ausweichquartier Münchner Schulen vor einem möglicherweise als störenden Kioskpickel empfundenen Nachmieter bewahren? 

Die Referate für Stadtplanung und Bauordnung sowie Bildung und Sport haben entsprechende Anfragen noch nicht beantwortet.

Laut dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung „sind keine Wohnungen geplant. Die Ziele der Stadtentwicklung aus dem Flächennutzungsplan (Sport- und Freizeitflächen) gelten nach wie vor. Die angesprochene Nutzung der Sportanlagen ist auch für die nächsten zehn Jahre genehmigt.“ 

Marc Reimanns Standfotos von „Abschussfahrt“.
Yunus Hutterers winterliche Kiosk-Szene.

(Fotos: Dorin Popa, Marc Reimann/Rat Pack)

Montag, 8. Januar 2024

Wochenplan (Update)

Free-TV-Premiere „House of the Dragon“ / Pro Sieben; Vernissagen Ena Oppenheimer & Ray Moore: „Surprise“ ft. The Jackson Twinz / Orangerie, Sascha Wussow: „Paper(is)Back“ / La Art Gallery, Kedimari & Akihito Takuma: „Ostranenie“ / Benjamin Eck Projects, Julie de Kezel & e.lin: „Vom Wesen der Erde“ / Bergson Pop-up, Jim Avignon: „Edge of Reality“ / Galerie Heitsch und Anna Bachner: „Connected to be Disconnected“ / Farbenladen; Der Greif X Grisebach anläßlich der Online-Auktion „Photography“: Talk & Drinks / Grisebach München; John Landis' „Into the Night“ (Foto) mit Jeff Goldblum, Michelle Pfeiffer, Dan Aykroyd, Irene Papas, Roger Vadim, David Bowie, David Cronenberg, Vera Miles, Paul Mazursky und John Landis / Filmmuseum; Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung u. a. zum Candid-Tor und Brenner-Nordzulauf / Rathaus; Pressegespräch des Adalbert-Stifter-Vereins zum Kafka-Jahr / Literaturhaus; Tourpremiere von „Im toten Winkel“ mit Regisseurin Ayşe Polat und Hauptdarstellerin Katja Bürkle / Arena;  Kulturausschuss / Rathaus; Zum Gedenken an Olga Maier: Gedenkveranstaltung/NS-Dokumentationszentrum, Anbringung des Erinnerungszeichens / Arcostraße 1 und Empfang mit Ausstellungsrundgang / Jüdisches Museum; Kinostart „The Royal Hotel“„Vom Menschsein in Ausnahmesituationen“ – Kinokonzert mit Hanna Schygulla und Etta Scollo / Filmmuseum; Carte Blanche für Hartmut Bitomsky / Werkstattkino; Volker Weidermann: „Mann vom Meer – Thomas Mann und die Liebe seines Lebens“ / Literaturhaus; Frank Nonnenmacher & Anja Scheifinger: „Woher kommt der Haß? – Kontinuität von sozialer Ausgrenzung und Gewalt“ / NS-Dokumentationszentrum; Schwerpunktabend „München 7“ anläßlich von Franz Xaver Bogners 75. Geburtstag / Bayerisches Fernsehen; Maya Derens „Meshes of the Afternoon“ & Stephanie Rothmans „The Velvet Vampire“ / Werkstattkino