Als ich 2003 in die Barer Straße zog, hieß sie unter den hier ansässigen Geschäftsleuten wegen schwacher Umsätze die Null-Euro-Meile. Und von deren Betrieben, ob Metzger, Lüsterladen, Modernes Antiquariat, Boutique, Buchhandlung, Schreibwarengeschäft oder Nagelstudio, existiert zweizwanzig Jahre später kaum noch eines. Rundherum das Univiertel, seit der Bezirksreform der 1970er-Jahre offiziell Maxvorstadt, aber im Volksmund Schwabing, wenn auch nur gefühltes Schwabing. Aber shoppen, Kaffee trinken, essen oder feiern gingen die Studierenden um die Ecke, in der Schelling-, Türken- oder Amalienstraße. Die Barer Straße, benannt nach dem französischen Bar-sur-Aube und den Befreiungskriegen, war tot. Bis 2007 die Berisha-Brüder kamen und das Barer 61 gründeten.
Wenn die Stadtsparkasse nun am 1. Februar, nach über einem Jahr Umbauzeit, ihre erste Filiale für Studierende und junge Erwachsene präsentiert, das
barer41, das mehr einem hippen Café als der Niederlassung einer Bank ähnelt, dann wären wohl weder diese schnieke Sparkasse, noch ihr Name ohne die Vorarbeit der Berishas vorstellbar.
2007 verwandelten Barry und Avni Berisha einen ehemaligen Schuhladen in das
Barer 61, einem Café, das mehr nach Berlin als München aussah. Ein Sammelsurium an Einrichtungsstilen („Villa Kunterbunt“, so der „Prinz“). Eine Karte, die mit ihren frisch gepressten Säften, Wraps und Piadine heute Standard wäre, damals aber neue Maßstäbe setzte, die dann viele kopierten. Der beste Kaffee im Viertel, die schönsten Kellner*innen, Zeitungen und WLAN, kurzum: der perfekte Nachbarschaftstreff, der die ganze Nachbarschaft aufrüttelte und verwandelte.
Und selbst Vice in Erregung versetzte: „Wäre einfach ein ganz passabler Laden, um zu frühstücken oder Mittag zu essen, wenn es da nicht noch die Mädchen hinter der Bar gäbe, die so unglaublich heiß sind, dass es keinen besseren Ort gibt, um schon um elf Uhr morgens beim Zeitungslesen einen Ständer zu kriegen.“
Ich war vom ersten Tag Gast, Stammgast und nannte es alsbald mein Wohnzimmer, wo mich dann auch der
„Stern“ fotografierte und „Spiegel“-Reporterin Laura Backes
interviewte.
Nach dem erfolgreichen Blitzstart des Tagescafés Barer 61 übernahmen die Brüder ein paar Häuser weiter das legendäre Schultz, nannten es
BARer 47 und hatten nun auch noch ein nächtliches Standbein. Die Straße war bald nicht mehr wiederzuerkennen. Pures Leben, Pop-up-Läden (als einer der ersten 2007 meine
100 Tage Bücher), hippe Boutiquen, aber auch Gewerbemieten, die sich verdreifacht haben. Gentrifizierung.
Aus dem Barer 47 wurde inzwischen Klaus Gunschmanns Fox, das Barer 61 gehört immer noch den Berishas, wurde aber nach einem Konzeptwandel während der Corona-Zeit in Nebenan unbenannt. Und jetzt kommt ausgerechnet die Stadtsparkasse recht spät zur Party und nennt ihre neue hippe, junge Filiale barer41: „Deine Homebase.“ „Ein Raum für frische Ideen.“ „Und leckeren Kaffee gibt es natürlich auch.“ Samt „Grand Opening“ am 1. Februar mit „Showtime“ um 13 Uhr und „Party“ ab 19 Uhr. Das war's wohl mit meiner Straße.
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