Samstag, 14. Dezember 2024
Montag, 9. Dezember 2024
Agora (10): Die Übersetzerin Christel Hildebrandt erinnert an den Verleger und Buchhändler Dinu Popa
Samstag, 7. Dezember 2024
Der Tod zählt zur Familie
Donnerstag, 29. Februar 2024
Fundsachen (44): Elaste
Freitag, 14. Juli 2023
BillyBoy*: Barbie – Ihr Leben & ihre Welt
»Bücher gehörten in der Familie Popa zu den schönen Dingen des Lebens, und so war auch der ältere Bruder des Jungverlegers Dorin Popa, Dinu Popa mit dabei, als man 1984 erstmals mit einem einzigen Buch auf die Frankfurter Buchmesse zog.«
Und weiter: »Dinu Popa hat den Verlag 1986 von seinem Bruder übernommen.« Zwei Jahre später schloß Dinu an den Erfolg von „Quintessenz“ mit BillyBoy*s „Barbie – Ihr Leben & ihre Welt“ an. Wie „Quintessenz“ war auch „Barbie“ eine Lizenzausgabe des New Yorker Crown Verlags. Autor war der US-amerikanische, in Paris lebende Schmuckdesigner, Warhol-Freund und Barbie-Sammler BillyBoy*. (Schmuckdesigner war damals noch ein ehrbarer Beruf.) Übersetzt wurde das Buch von Hans Pfitzinger. (Auf dem Foto Pfitzinger links, Ivan Steiger vom Münchner Spielzeugmuseum, BillyBoy* in der Mitte, Dinu rechts. An den Namen der französischen Model-Legende aus BillyBoy*s Entourage kann ich mich leider nicht erinnern.)Die Presse war begeistert. »Billy Boy hat der Puppe mit den Traummaßen ein sehr amüsantes Buch gewidmet«, schrieb Margit Mayo in der deutschen „Vogue“. »Billy Boys Buch ist eine Liebeserklärung«, befand Wolfgang Höbel, damals bei der „Süddeutschen Zeitung“ und noch nicht beim „Spiegel“. Und die „tz“ feierte das »Salut für eine Puppe«.
Es wäre aber kein Münchner Verlag gewesen, wenn nicht, gerade in der Zeit von Helmut Dietls „Kir Royal“ und Andreas Lukoschiks „Leo's“ nicht auch ein Stehrumchen für Medienresonanz gesorgt hätte.
»München liest! Und Barbie lebt. Dieses Motto hatte Verleger Dinu Popa für einen Champagner-Empfang gewählt. Die Veranstaltung wirkte jedoch eher für die Medien organisiert. Allen voran für den Bayerischen Rundfunk, der mit einem Fernsehteam und seinen Moderator von „Leo's“ es fertigbrachte, daß zweimal die Sicherungen durchknallten«, nölte die „Süddeutsche Zeitung“. »Daß Barbie keine gewöhnliche Puppe ist, erfuhren die Partygäste spätestens, als Parkcafé-Wirtin Inge Grandl mit einem gefleckten Hutkoffer auftauchte, in dem acht ihrer 50 Barbies waren. Der Autor des Buches, ein gewisser Billy Boy soll sogar 11.000 Exemplare besitzen.«
»Viele der 200 geladenen Gäste hatten sich trendgerecht auf Barbie gestylt und feierten, Prickelndes im Glas, den Geschenkband.«, beobachtete die „Abendzeitung“. »Zwischen Puppen-Poster und Accessoires gesehen: die Schauspielerinnen Nicole Boettcher (hat noch 30 Puppen aus ihrer eigenen Kindheit), Sabrina Diehl („Zockerexpress“), Maler Ugo Dossi, Hary Fürst („Open Gate“), Park-Café-Wirtin Inge Grandl (in ihrer Barbie-Sammlung befindet sich das für mehrere tausend Mark gehandelte Original von 1959), Nena-Entdecker Georg Seitz („Gib Gas, ich will Spaß“), Sängerin Nina Wachenfeld und Graphiker Dieter Zembsch.«Später widmete Anja Malanowski in ihrer „AZ“-Serie über »Münchner Kleinverlage – die Lückenbüßer der Medienriesen? meinem Bruder noch ein Verlagsporträt: »Die Welt ein ästhetisches Phänomen. Der Blick fällt auf Luxus und die Kunstmäßigkeit eines Gegenstands, einer Erscheinung. In dieser Welt lebt und arbeitet Dinu Popa. Die sechs Lizenz-Ausgaben, die seit 1986 jährlich in seinem Kleinverlag erscheinen, sollen exklusive Freude bereiten. Und die fängt bei der Gestaltung der durchgestylten Bände an.«
Kein Wunder, dass BillyBoy* und Dinu schließlich sogar von Gloria von Thurn und Taxis zu einer exklusiven Party aufs Schloß in Regensburg eingeladen worden sind. Ich dagegen habe während der Buchpräsentation von „Barbie“ auf der Münchner Avantgarde-Modemesse anläßlich des Todes von Franz Josef Strauß beinahe einen Eklat provoziert.
Update vom 20. Juli 2023. Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt heute anläßlich des Filmstarts von Greta Gerwigs „Barbie“: »Kein Geringerer als Andy Warhol verewigte sie 1986 in einem Porträt, wobei er in ihrem großäugigen Gesicht zugleich seine Muse darstellen wollte – den damals 23-jährigen Schmuckdesigner und leidenschaftlichen Barbie-Sammler BillyBoy. In den folgenden Jahren allerdings verlangsamte sich der Aufstieg von Barbies Stern am Glamourhimmel deutlich. Zur wachsenden feministischen Kritik am Rollenbild des Mini-Models kamen Sorgen aus der Kinderpsychologie, die in ihren – auf menschliche Dimensionen übertragen – nicht lebensfähigen Körpermaßen eine Anleitung zur Magersucht befürchtete. Auch Konsumkritiker sahen in Barbies unstillbarer Liebe zu Luxus-Accessoires ein schlechtes Vorbild. Schließlich trug sogar BillyBoy seine geschenkte Warhol-Barbie zur Versteigerung bei Christie’s. „Ich glaube, Barbie berührt im Augenblick nicht gerade den Zeitgeist“, gab er 2014 zu verstehen. „Hätte ich eine Tochter, würde ich ihr keine Barbiepuppen schenken. Ich hätte es nicht gerne, wenn mein Kind davon besessen wäre, ständig etwas haben zu müssen, und dann diese Obsession mit High Heels und Klamotten.“«
Freitag, 9. Juni 2023
Quintessenz: Das Lacoste Polohemd
Freitag, 1. Mai 2020
Dienstag, 7. Mai 2019
Susan Sontag: „Camp“
Der Verlag gehörte da schon meinem Bruder Dinu, aber ich half ihm damals noch bei der Herstellung und war daher öfters im Druckhaus Oberammergau vor Ort.
Donnerstag, 21. März 2019
Quintessenz: Heinz Tomatenketchup
1984 veröffentlichten wir im Popa-Verlag den Bildband „Quintessenz – Die schönen Dinge des Lebens.“ Neben vorbildlichen Produkten wie der braunen Papiertüte, dem Schweizer Offiziersmesser, Dom Perignon, den Crayola Wachsmalstiften oder dem Montblanc Füller beispielsweise haben Betty Cornfeld und Owen Edwards darin eben auch diesen ganz speziellen Ketchup gewürdigt.
Ob Englisch, Deutsch oder Indonesisch (aus welcher Sprache das Wort übrigens auf Umwegen über das Englische urspünglich auch stammt). Das Wort ist Ketchup, und die Marke ist Heinz. Es gibt keine andere – und da brauchen wir keine Blindproben. Kein anderes Ketchup trieft mit einer solchen Gelassenheit aus der Flasche, kein anderes hat diese zähe Konsistenz oder diesen vollen Tomatengeschmack. Mag sein, dass ein Ketchup gar nicht zu dick sein kann. Jedenfalls sind alle anderen Marken zu dünn. Und sie schmecken auch dünn.
Für viele ist ein Hamburger nichts anderes als eine Unterlage für Ketchup, und wenn diese Leute sich plötzlich mit einer anderen Marke konfrontiert sehen, kann die Enttäuschung so groß sein, dass sie es vorziehen, mit einem Schinkenbrot vorliebzunehmen.
Heinz Ketchup hat zwei ausgeprägte Merkmale: Geschmack und Viskosität. An letzterem scheint der Firma ganz besonders gelegen zu sein – so sehr, dass sie die Zähigkeit des Zeugs mit einem speziellen, patentierten Gerät, einem „Quantifizierer“, messen. Langsam aber stetig – so rollt man einen Markt auf. Und was den Geschmack anbelangt: Ketchup wird nach einem Grundrezept zubereitet, an dem, laut Heinz, sich seit der Einführung des Produktes im Jahre 1876 nichts geändert hat. Im Auftrag von Heinz haben Agronome sogar spezielle Tomatensorten entwickelt.
Aber Heinz Tomatenketchup ist mehr als nur das Ketchup, es ist auch die Flasche. Heinz Ketchup wird in einer Reihe von Flaschen unterschiedlicher Form und Größe verkauft, aber der Klassiker ist die 400 Gramm Standardflasche, die seit der Jahrhundertwende stets die gleiche achteckige Form besitzt.
Die Flasche hat die fließenden, modernistischen Linien des Art Déco, aber die Form ist auch ungeheuer praktisch. Dank der acht Facetten liegt die Flasche gut in der Hand, und das ist wichtig angesichts der endlosen Wartezeit, bis das Ketchup sich bequemt, sich über ihren Hamburger auszubreiten.
Dort, wo livrierte Diener und kostbares Besteck die Norm sind, wird Ketchup in Silberschälchen abgefüllt und mit kleinen Silberlöffelchen aufgetragen. Das ist jedoch eine Anmaßung, die an Lästerung grenzt. Heinz Ketchup, das ist Behälter und Inhalt zugleich.
Mittwoch, 8. August 2018
Quintessenz: Der Steinway-Flügel
Wenn es etwas gibt, das kein normaler Mensch mit einem Steinway assoziieren würde, dann ist es eine Küche. Und dennoch: Unter Kennern weiß man, daß die beiden eng miteinander verwandt sind. Das sogenannte „Küchen-Klavier“ ist der Vorläufer des modernen Konzertflügels, weil Heinrich Engelhaard
Wo auch immer in Amerika ein Pianist eine Vorstellung gibt: Ein Steinway steht in bequemer Reichweite. Die Firma hat 305 davon (im Wert von rund 20 Millionen Mark) überall im Land stationiert, die ausschließlich Konzertzwecken vorbehalten sind. Der Künstler zahlt nur fürs Stimmen sowie für den Transport, die Benützung des Steinway selbst ist gratis. (Sollte ein Pianist jemals ein anderes Fabrikat vorziehen, so das Gerücht, dann bekäme er auf Lebzeiten Steinway-Sperre.)
Nur Unsterbliche dürfen diese Instrumente auf der Bühne spielen, aber wir Sterblichen können uns durchaus einen kaufen. Allerdings kann das die Kleinigkeit von 80.000 Mark und mehr kosten für das Spitzen-Stück, den Modell-D-Konzertflügel. Außerdem müssen Sie ein Jahr oder länger darauf warten. Von Spontankauf kann also keine Rede sein.
Ein Steinway ist eine ernsthafte Investition, und das ist gut so. Schließlich handelt es sich hier um ein in sorgfältigster Handarbeit gebautes Kunstwerk. Also bitte, bitte: kein Bier hineinschütten!
Mittwoch, 29. März 2017
Quintessenz: Crayola Malstifte
Der Anblick der wohltuend vertrauten, gelb-grünen Crayola-Packung wird bei fast jedem erwachsenen Amerikaner ein Gefühl nostalgischer Wehmut erzeugen. Malstifte sind ein Teil der Kindheit. Und bei Crayola sind die Farben kräftig und stimmig. Rot ist rot – nicht orange oder pink. Grün ist grün – nicht khaki oder tannengrün. Das Braun ist ideal für Haare oder Bäume, das Gelb ist sonnig, und das Purpur genau das richtige für eine Königsrobe. In das Orange möchte man am liebsten hineinbeißen. Sie können damit zarte Pastelltöne erzeugen, wenn Sie leicht schraffieren. Sie können aber auch satte Vollfarben hinkritzeln – keine bleichen Wachsfarben wie bei manchen anderen Stiften. Was kann es schöneres geben als den Deckel einer neuen Crayola-Schachtel zurückzuschlagen und zu sehen, wie spitze Stifte in allen Farben säuberlich Spalier stehen?
Crayolas bestehen aus vier Zutaten: Pigmentstoffe, Paraffin, Papier und Talgsäure, einem Abfallprodukt der Fleischereien. Der Preis für eine Schachtel könnte deshalb theoretisch mit den Hackfleischpreisen schwanken. Crayola ist eine Kombination aus den Worten „crayon“ (englisch für „Malstift“) und „ola“, das sich aus „Oleum“ (lateinisch für „Öl“) ableitet. Den Namen erhielten sie von Laice Binney, einer Volksschullehrerin und Ehefrau von Edwin Binney. Edwin war es, der (mit sanftem Druck von seiner Gattin) die Formel für Ölstifte erfand. Und es war Edwin, der die Idee hatte, verschiedene Farben in Packungen zu je 8, 16 oder 24 zu vertreiben. In unserer unendlich verbesserlichen Welt ist es heute natürlich möglich, Schachteln zu 64 Stück (eine beängstigende Vorstellung), oder riesige Jumbo-Stifte zu kaufen. Es gibt sogar – falls Sie sich sowas vorstellen können – nichtrollende Crayolas mit abgeflachter Spitze. Aber das muß ja alles gottlob nicht sein. Ganz normale Crayola-Stifte gehören zu den billigsten und befriedigendsten Investitionen, die Sie machen können.
Samstag, 4. Oktober 2014
Quintessenz: Das Schweizer Armeemesser
Das muß ein wahrhaft erregender Anblick sein: Ein Zug Schweizer Infanterie, am Fuße eines Berges auf Posten, jeder Soldat – natürlich bestens ausgebildet in der Kunst lang- und kurzfristiger Geldanlage – wartet auf das schneidende Kommando „Schere raus!“. Oder, Korkenzieher! Oder Schraubenzieher oder Flaschenöffner. Oder Pinzette, Zahnstocher, Nagelfeile, Reibahle, Lineal, Fischabschupper, Enthaker, Säge, Lupe. Auf, Kameraden, für Kanton und Vaterland, den Berg hinan! Mit unseren Schweizer Armeemessern sind wir unschlagbar!
Neben Emmentaler, Nummernkonten und Vollmilchschokolade gibt es wohl nichts, was so typisch schweizerisch wäre wie die ungeheuer praktischen Taschenmesser der Firmen Victorinox und Wenger, seit über sechzig Jahren* Lieferanten der Alpenkrieger. Wenn es etwas gibt, was Sie mit einem Schweizer Armeemesser nicht schaffen, dann brauchen Sie wahrscheinlich einen Leopard II.
Die hier abgebildete Grundausführung ist mit nur sechs Werkzeugen verhältnismäßig klein gehalten (die größte bringt es auf achtzehn, einschließlich eines Philips-Schraubenziehers und des unverzichtbaren Drahtabisolierers), aber Sie können damit immer noch eine Flasche Bordeaux entkorken, die Trüffeln aufschneiden, den Kaviar und die Büchse Räucherlachs öffnen oder Ihre Pfeife auskratzen. Und die Schweiz bis zum letzten Mann verteidigen, natürlich.
Donnerstag, 14. August 2014
Ästhetik gegen Durststrecke – Der Kleinverlag des Münchner Newcomers Dorin Popa (1985)
Die Zeit, da die „no-future“-, „Null-Bock“- und Aussteiger-Generation Leitartikler wie Stammtischrunden gleichermaßen beschäftigte, scheint endgültig vorüber. In Film, Fernsehen, Mode, Musik, auf dem Dienstleistungsbereich, natürlich im Computergeschäft drängen nun Anfang-Zwanzigjährige nach oben, beweisen Innovationskraft, Einfallsreichtum, Talent und Selbstbewußtsein. Dorin Popa, Münchner rumänischer Abstammung, wagt sich gar auf ein Terrain, das vielen wohl nur im westamerikanischen Stil bekannt sein dürfte: Zigarrenqualm, schwere Schreibtische, mürrische Gesichter, die hoffnungsfrohen Neu-Schriftstellern Absagen erteilen – Verlegerarbeit à la Hollywood.
Dorin Popas Wirklichkeit sieht anders aus, sein „Popa-Verlag“ fordert harte Arbeit. Wie kam er dazu? „Hauptsächlich ist das familiär angelegt, denke ich. Ich bin in einer Familie von Schriftstellern und Journalisten aufgewachsen, wo der Umgang mit dem Buch, mit dem Wort, mit Kultur überhaupt sehr selbstverständlich war“. So existiere bei ihm kein flaues Gefühl oder gar Ehrfurcht vor „großer Kultur“, erklärt der hochgewachsene Newcomer, sondern sei das Schreiben, Bücher zu machen oder zu verlegen für ihn Arbeit wie jede andere auch.
Selbstredend folgte während der Schulzeit dann die Umsetzung dieser Philosophie. Dorin Popas Mitarbeit an Schülerzeitungen ging erfolgversprechend an, bis sich eines Tages die „Zensur“ regte. „Als sie meinen Artikel nicht abdrucken wollten, gründete ich eine eigene Zeitung und verkaufte die eben vor der Schule.“ Jede Ausgabe hatte einen anderen Titel und brachte ihm erste Erfahrungen in Lay-Out-Fragen, mit Anzeigen-Kunden, Druck und Druckvorlagen.
Sein in vielen Schulen, Boutiquen, Kneipen und auf Konzerten im Raum München vertriebenes Lyrik-Blatt „Die Provinz“ und die später folgende feuilletonistische Jugendzeitschrift „Outonom“ (mit immerhin 2.000 Exemplaren Auflage) waren die nächsten Fingerübungen, bis er vom „Münchner Buchmagazin“ abgeworben wurde.
„Das war eigentlich die wichtigste Station. Ein Jahr über Bücher und Verlage zu schreiben, brachte mich sehr viel weiter. Ich konnte dort Verbindungen knüpfen, die auch heute noch sehr hilfreich sind.“ War er beim Buchmagazin und dem im gleichen Verlag erscheinendem „Stadtbuch für München“ noch ehrenamtlich tätig, so brachte seine freie Mitarbeit bei verschiedenen Zeitungen die ersten Honorare. „Irgendwann stieß ich auf Bücher, von denen ich meinte, es müsse sie auf Deutsch geben. So kam ich auf die Idee, einen eigenen Verlag zu gründen.“
Gute Kontakte nach Frankreich – Dorin Popa spricht französisch, rumänisch und deutsch fließend – kamen ihm nun zugute. „Während eines meiner jährlichen Besuche dort erlebte ich einen regelrechten Boom der Brontë-Werke mit. Plötzlich gab es in Frankreich Hörspiele, Filme über sie und Neuausgaben ihrer Gedichte.“ Die Naturlyrik Emily Brontës auch deutschsprachigen Interessenten zugänglich zu machen, wurde sein erstes Verlagsprojekt. Doch sollte es noch zwei Jahre dauern, bis er genügend Geld, Kontakte und das juristische Gerüst für seinen Plan zusammen hatte.
Flexible Arbeitsmöglichkeiten stehen auf seiner Wunschliste obenan und selbst jetzt, als „Vorstand“ im eigenen „Verlagshaus“ sieht er sich nicht allzu festgelegt. Allerdings kostet ihn sein Unternehmen „zuviel Zeit“. Denn außer einer Mitarbeiterin, die sich um Organisatorisches, sprich Buchhaltung kümmert, ist er sein einziger Angestellter. Von der Bearbeitung neuer Textprojekte, über Graphiken, Drucküberwachung, Vertrieb, Werbung und Pressebetreuung – alles läuft durch seine Hände. „Das ist ein großes Problem, denn die 20.000 Mark, die ich zu Beginn, investierte, waren natürlich schnell verbraucht. Ich hatte keine Zeit zu schreiben, mußte Kredite aufnehmen. Sie halten sich zwar in überschaubarem Rahmen, doch jetzt kommt es darauf an, die Durststrecke zu überwinden. Erst dann kann ich an eigene Räumlichkeiten denken.“
Mit ihnen wäre dann auch eine Arbeitsteilung mit verschiedenen Mitarbeitern möglich. Momentan jedoch lagert ein Teil seiner Bücher und Dokumente noch in Berlin – der zweiten Wahlheimat –, ein weiterer in der Münchner Wohnung der Mutter. Koordination ist so recht schwierig. Aber der Jungunternehmer gibt sich gelassen, die Umsätze steigen und verkaufsfördernde Ideen scheinen ihm auch nicht auszugehen – ein Brontë-Filmfestival etwa, mit dem Dorin Popa in allen Universitäts-Städten Deutschlands gastieren möchte. Auch die professionelle Gestaltung seines Gesamtprogramms und die einzelner Werke scheint den Aufwärtstrend zu unterstützen.
Entschieden anfangs Vorlieben, so ruht das Popa-Programm inzwischen klar auf vier Säulen. Da sind zunächste die Erstausgaben ausländischer Klassiker, wie etwa die der Brontë, die immer zweisprachig erscheinen.
Mit „moderner französischer Belletristik“ umschreibt Dorin Popa das zweite Gebiet. Hierzu gehört auch Valérie Valères „Weißer Wahn“, das Sorgenkind des Verlages: vollständig gesetzt, scheitert der Druck nur am fehlenden Geld. Serge Gainsbourg „Evguénie Sokolov“, eine „diabolische Erzählung über den Kulturbetrieb“, soll zum Jahresende erscheinen und Pierre Boulles „Falkland-Wal“ bringt schon jetzt Nebeneinnahmen anderer Art: „Reader's Digest“ kaufte Abdrucksrechte für eine Kurzfassung. Ebenfalls zum Jahreswechsel hat er Eugène Ionescos „Anti-Biographie zur Entmystifikation Victor Hugos“ angekündigt.
„Lifestyle-Bücher“ bilden die dritte Gruppe. Dorin Popa versteht darunter eher „lustvolle“ Bücher, teure Bildbände. Exemplarisch für diese Sparte, das Paradepferd des Verlages, „Quintessenz“. Eine Hochglanz-Abhandlung in Wort und makellosen Schwarz-Weiß-Photographien über ästhetische „Nebensächlichkeiten“ des Lebens.
Filmbücher sollen das Gesamtprogramm abrunden. In Arbeit ist momentan ein Foto-Interview-Band, „Die Töchter der Duse“, für den die bekannte Münchner Fotografin Isolde Ohlbaum die Bildarbeit leistete.
„Durch 'Quintessenz' ist meine Kunden-Kartei sehr gewachsen. Ich muß darauf achten, die Kundschaft aufzubauen, sie nicht zu enttäuschen. Man kann es sich nicht leisten, ein Kramladen zu sein, der alles macht, sondern muß eher ein Projekt ablehnen, was nicht hineinpaßt.“
Sonntag, 8. September 2013
Fundsachen (17): Der Popa-Verlag – eine Firma aus dem Koffer
Mittwoch, 2. März 2011
Serge Gainsbourg oder die Gentrifizierung der Stars
Dabei war das zu Lebzeiten noch ganz anders. Im Grunde hat man Gainsbourg in Frankreich zuletzt vor allem gehaßt. Weil er die Marseillaise verreggaet und mit seiner 12-jährigen Tochter Charlotte „Lemon Incest“ besungen hat, weil er vor laufender Kamera einen 500-Franc-Schein abfackelte oder Whitney Houston anvertraute, daß er sie gern ficken würde. Ganz dirty old bastard. Und bei uns in Deutschland nahm ihn eh kaum einer wahr, und wenn, dann meist nur in Verbindung mit dem Schiebertraum pubertierender Gymnasiasten im Partykeller: „Je t'aime...moi non plus“. Dann war er tot.
Sein Grab am Friedhof von Montparnasse oder sein Häuschen, rue de Verneuil 5 bis, sind in den zwei Jahrzehnten danach nahezu unberührt, höchstens noch schmuddliger, kaputter, großartiger geworden. Doch die Zeiten haben sich geändert, wie man an seinem Roman gut feststellen kann. Im Original nach dem malenden Titelprotagonisten „Evguénie Sokolov“ betitelt, haben wir vom Popa-Verlag ihn 1987 als „Die Kunst des Furzens“ eingedeutscht. Dreizehn Jahre später bringt der Blumenbar Verlag dieselbe Übersetzung als „Das heroische Leben des Evgenij Sokolov“ neu heraus.
Aus dem kleinen, miesen Provokateur war ein Held geworden. Künstlern wie Serge Gainsbourg ergeht es da nicht anders als einem Prenzlauer Berg oder dem Münchner Westend: ihre Fans sind alt, wohlhabend und saturiert geworden. Ihre kleine, schmutzige Nische mehrheitsfähig. Und ein Maxim Biller meint: „Dreißig Jahre vor Charlotte Roche erzählte der größte Komponist aller Zeiten, dass auch ein Arschloch schön sein kann, und schrieb darüber diesen soooo traurigen Roman.“ Mir war das alte häßliche Arschloch lieber...
(Foto: Garret McMahon/flickr)
Mittwoch, 24. Februar 2010
Begegnung mit Valérie Valère (1980)
MÜNCHEN, am frühen Nachmittag. Was sie, in Paris, jetzt wohl gerade macht? Vielleicht schläft sie oder schreibt an einer Kurzgeschichte. Vielleicht geht sie im Luxembourg spazieren, besucht eine Vorlesung an der Sorbonne, schaut sich gerade die Fassbinder-Retrospektive an oder kauft ein Buch bei Magnard?
VALÉRY wurde mit dreizehn in eine Heilanstalt eingewiesen. Vier Monate dauerte die „Heilung“ – eine Akte für die Erfolgsstatistik. Doch mag auch der Anlaß ihrer Internierung, die Verweigerung jeglicher Nahrungsaufnahme, beseitigt worden sein, so blieb doch der Grund. Zwei Jahre später schreibt sie sich ihre Erlebnisse, ihre aus dem Aufenthalt entstandenen Ängste von der Seele und veröffentlicht sie, da noch minderjährig, unter dem Pseudonym Valérie Valère.
„Le pavillon des enfants fous“ („Das Haus der verrückten Kinder“) ist kein Bericht einer Heilung wie Hannah Green’s „Ich hab dir nie einen Rosengarten versprochen“. Mit dem „Pavillon“ teilt Valérie mit dem Leser ihre Erfahrung – nach dem Drang zu schreiben, der Drang sich mitzuteilen. Ihre Gedanken, Ängste sprechen für viele Kinder und Jugendliche, die unterdrückt werden. Ihre Sprache wird zum Schrei in der Stille der Entmündigung.
PARIS, am frühen Nachmittag. Ganz in schwarz gekleidet betritt sie den Pub Relax. Kaffee, Zigaretten. Ihr hat ein Leser aus Deutschland geschrieben; Ich helfe ihr die Adresse zu entziffern. Sie erzählt mir, dass sie nach der Veröffentlichung des „Pavillon“ Schauspielerin werden wollte. Sie besuchte eine Zirkusschule, trat in einem Fernsehspiel auf, war im Geschäft. Doch das Milieu, die Atmosphäre unter Darstellern und Regisseuren gefiel ihr nicht. Im „France-Soir“ veröffentlichte sie 1979 eine Kurzgeschichte, im „France-Soir“ – das erinnerte mich an ein Trakl-Gedicht in „Bild am Sonntag“, schmerzhaft.
Sie, sie will sich nicht über ihre Leser stellen. „France-Soir“ liest der Durchschnittsfranzose, und den verachtet sie nicht. Außerdem bleiben ihre Geschichten ein und dieselben, egal welche Zeitung sie druckt. Und wenn jemand ihre Erzählung nur deshalb schlecht findet, weil die Zeitung, in der sie steht, beschissen ist, dann liegt es wohl am Leser. Wir reden über Journalismus, über Zeitungen, dass sie lieber Bücher kauft, als das Geld für Feuilletons auszugeben.
„MALIKA“, ihr erster Roman, ist das Gegenstück zum „Pavillon“. Während sie im letzteren ihre reale Kindheit schildert, handelt der Roman von einer erträumten Kindheit – einschließlich der Alpträume. Malika und Wilfried sind Geschwister und leben bei ihrem Vater, der auf Grund von Geschäftsreisen selten zuhause ist. Die beiden versuchen neben Schule und anderen Abhängigkeiten ein eigenes Leben, ein autonomes aufzubauen. Valéry Valère schildert eine Geschwisterliebe, in der der Inzest zwar vorkommt, aber keine Rolle spielt. Es steht nicht der Sex im Vordergrund, sondern die Liebe. Nachdem die beiden nicht die Kraft zum Kämpfen und Lügen hatten, und ein Fluchtversuch misslang, als schließlich der Vater droht, Wilfried ins Heim zu stecken, eskaliert die Handlung. Dieser Schluß erinnert mich in seiner sprachlichen Intensivität, die dadurch verstärkt wird, dass Malika und Wilfried abwechselnd dem Leser erzählen und ihn so hautnah dabeisein lassen, an Emily Brontë’s „Wuthering Heights“.
VALÈRY Valère geht gern ins Kino – besonders in deutsche Filme. Sie mag den frühen Herzog, den frühen Fassbinder. Im Kino sucht sie die Realität, die sie auf der Straße nicht sieht, denn die Straßen durchwandelt sie wie eine Tote; unfähig wahrzunehmen, was um sie herum passiert. Während ihres ersten Studienjahrs kam sie nur ein einziges Mal mit einer Kommilitonin ins Gespräch. Ihre Ängste, die Aggresivität der anderen sperren sie ein. So schreibt sie Bücher, sucht über das geschriebene Wort Kontakt mit den Leuten. Ob Valéry im „Pavillon“ oder Mailka und Wilfried im Roman, sie sprechen den Leser oft direkt an, fragen ihn, warnen ihn, es entsteht eine persönliche Beziehung. Aber der Leser kann nicht antworten (das Schicksal der Literatur), höchstens Briefe schreiben. Sie weiß auch, dass viele ihre Bücher nicht verstehen oder nur zur Unterhaltung lesen. So landete „Malika“ in der Zeitschrift „VSD“ in der Liste „Choisir son plaisir“.
Valéry Valère ist heute um die 19 Jahre alt. Ihr drittes Buch („Obsession Blanche“) erscheint im Januar. Wer sich fragt, was nach 2 Büchern über Jugendliche kommt, jetzt, wo sie „erwachsen“ wird, erhält damit die Antwort. Ein Buch über einen Schriftsteller, seine Abhängigkeit von Worten und seine Einsamkeit. Die Einsamkeit wird erschüttert, als eine Stille eintritt, er nicht mehr schreiben kann. Von seiner Angst, von seiner Unreife schreibt sie, wieder aus eigener Erfahrung.
Valéry Valère hat den Beruf, den sie sich wünschte. Sie kann zur Zeit von ihren Büchern leben. Sie weiß nicht, ob sie diese Unabhängigkeit weiter aufrecht erhalten kann. Ihr drittes Buch wird schwieriger sein, vielleicht schwerer verkäuflich. Schwarz, so sagt sie, ist die Farbe der Angst und Furcht.
Samstag, 20. Februar 2010
Literatur als Leichentuch einer Liebe
Als ich in der „Süddeutschen Zeitung“ vom Wochenende las, daß Helene Hegemann in ihrer nachgetragenen Danksagung auch Valérie Valères „Haus der verrückten Kinder“ nennt, wunderte ich mich nicht. War Valères Leben wie Literatur doch sogar ausdrucksstark genug, um nicht nur wiederverwendet zu werden, sondern mich sogar zur Gründung eines Verlages zu bewegen.
„Das Haus der verrückten Kinder“, die Autobiografie ihrer Jugend als Magersüchtige in der Psychiatrie, war in Frankreich wie Deutschland (Rowohlt) ein Bestseller gewesen, und ich verabredete mich mit Valère um 1980 herum, um sie für meine damalige Zeitschrift „Outonom“ zu interviewen. Die – ein Jahr jüngere – Jodie Foster bei Dreharbeiten in la Victorine bei Nizza, Valérie Valère – mein Jahrgang! – zu einem Interview im Pub Relax in St.-Germain-des-Prés, es war eine ungewöhnliche Generation junger Frauen, die ich damals für meine ersten publizistischen Gehversuche traf. Von wegen „Göre“, um einen derzeit gern benutzten Vorwurf zu zitieren. Und würde Willi Winkler da auch von „Frischfleisch“ und „Kindsmissbrauch“ durch den Kulturbetrieb faseln?
Der Erfolg ihres Erstlings befreite Valère aus den Fängen ihrer Familie und jeglicher anderer Konventionen, erlaubte ihr ein selbstbestimmtes Leben, selbst wenn dieses Leben zunehmend aus der täglichen Täuschung mit Weckaminen, Barbituraten und Rauschmitteln bestand. Ihre Entscheidung.
Ihr zweites Buch, „Malika“, die inzestuöse Geschichte eines Geschwisterpaars, war auch noch in Deutschland bei Wunderlich erschienen, aber bald nur noch als ungebundene Makulatur auf Halde gelegen. Und als sie mir am Bistrotisch von ihrem neuen Roman, „Obsession Blanche“, erzählte, der rücksichtslosen Darstellung einer Schreibblockade, die in Deutschland niemand veröffentlichen wollte, änderte ich das, indem ich – mit Anfang 20, ohne Geld – den Popa-Verlag gründete und das Buch unter dem Titel „Weißer Wahn“ verlegte. (Die Druckbögen von „Malika“ kaufte ich Wunderlich ab, ließ sie binden und brachte sie ebenfalls wieder in den Buchhandel.)
Einen kleinen Skandal um Originalität und Echtheit, ein Skandälchen gibt es auch zu beichten. Das Foto, das uns beide nebeneinander zeigt und von meinem Verlag, von mir zur Öffentlichkeitsarbeit benutzt wurde, ist eine Fälschung. Eine Fotomontage. Nach dem Interview im Pub Relax haben wir uns nie mehr wiedergesehen. Valérie Valère starb 1982, mit 21, in ihrem Refugium, der erschriebenen kleinen Wohnung. Die Todesmeldung las ich irgendwo zwischen Ismaning und Oberammergau, wo das Buch gerade entstand. Ich meine mich zu erinnern, daß sie beim Rauchen in ihrem Medikamenten- und Drogenrausch eingeschlafen und verbrannt wäre. Auf Wikipedia ist von einem Herzstillstand nach Medikamentenmißbrauch die Rede. Geschichten von Wunderkindern sind meist Tragödien, das sollte man nie vergessen.
Donnerstag, 18. Februar 2010
Serge Gainsbourg: Ein Buch – drei Titel
1988: „Die Kunst des Furzens. Das explosive Leben des Evguenie Sokolov“, Goldmann-Verlag.
„Eine finstere, selbstzerstörerische Künstler-Phantasie, eine Parabel auf einen Kulturbetrieb, der zur Not auch noch Abluft verklärt, und dann, das ist das Schönste an Sokolov, erkennt man dann doch die Sensiblität und den Selbstzweifel und die Finesse darin, die Gainsbourg ausmachten.“ Susan Vahabzadeh im Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“ vom 27. Oktober 2010 anläßlich der Neuauflage.
Donnerstag, 26. November 2009
Bundestagsabgeordnete, der Teufel und Montblanc (Updates)
„Wenn Sie Ihre Seele schon dem Teufel überschreiben, dann tun Sie's wenigstens mit einem Schreibgerät, das dem Anlaß würdig ist. Dem Montblanc Meisterstück N°. 149 – auch als der Diplomat bekannt. Wenn die Feder wirklich mächtiger ist als das Schwert, dann kann es sich dabei eigentlich nur um den Diplomaten handeln. Alles an ihm ist eindrucksvoll: der pechschwarze Schaft, groß wie eine Granathülse, das sechszackige Markenzeichen, das einen schneebedeckten Gipfel darstellen soll (und das bei den Füllern fehlt, die in arabische Länder verkauft werden, weil es an den Davidstern erinnert), vor allem aber die wichtige Feder aus 14karätigem Massivgold mit der eingravierten Zahl 4810 – die Höhe des Mont Blanc in Metern.
Überlegen Sie nur kurz, was das für ein Unterschied ist, ob Sie eben kurz mal auf den Stummel eines Kugelschreibers drücken, oder ob Sie langsam die Kappe von einem Diplomat abschrauben, sie am anderen Ende aufstecken, um dann, wie der Hersteller sagt, in einer Geste klassischer Nachdenklichkeit zu verharren. Wenn Ihr Bankdirektor da nicht bereit ist, Ihren Kreditrahmen zu erhöhen, dann hat der Mann keine Ahnung von Stil. (Noch größer ist die Wirkung dieses gestrengen Offiziersstöckchens auf Untergebene, sie kriechen förmlich!)
Die Firma Mont Blanc begann 1908 damit, Füllfederhalter wie den Diplomat herzustellen, weil der Chef des Unternehmens, ein gewisser Herr Dzianbor, es satt hatte, mit einem Tintenfaß durch Deutschland zu reisen. Das waren die Goldenen Zeiten der Handschrift, als die Schreibmaschine noch als ein relativ vulgäres Hilfsmittel angesehen wurde und niemand von der brutalen Parodie des Schreibens träumte, die heute Textverarbeitung heißt. Mit einem stolz gereckten Diplomat brauchen Sie sich auch heute um derartiges nicht zu kümmern.“
Betty Cornfeld & Owen Edwards: „Quintessenz – Die schönen Dinge des Lebens“, Popa Verlag, 1984 (Originalausgabe 1983 Crown Publishers, New York)
Updates: Der „Spiegel“ zur Goldfüller-Gier.
„Bei Prüfungen der vergangenen Jahre war aufgefallen, dass die Bestellungen auf Steuerzahlerkosten vor allem kurz vor Weihnachten und zum Ende einer Legislaturperiode nach oben schnellen.“ „BILD“ vom 30.November 2009
Auf Antrag des Axel-Springer-Verlags entschied das Verwaltungsgericht Berlin am 28. Juli 2016 in einer einstweiligen Anordnung (VG 27 L 344.16), dass der Bundestag die Namen der mit Montblanc-Produkten bedachten Bundestagsabgeordneten zumindest teilweise nennen müsse.
„Alles, was mit dem Montblanc geschrieben ist, besitzt die Majestät des Nichtwiderlegbaren. Wer einen Schriftsatz mit dem Montblanc unterschreibt, ist wie ein Präsident, der mit einem Handstreich sein Nachbarland einkassiert. Gut, dass die meisten Montblancs hierzulande in den verlässlichen Händen von Bundestagsabgeordneten sind.“
Das Streiflicht der „Süddeutschen Zeitung“ vom 11. August 2016 zur Bundestagsaffäre.
Gabor Steingart vom „Handelsblatt“ reagierte prompt und verloste im August 2016 einen Montblanc-Füller: „Wollen Sie auch so edel schreiben wie ein Volksvertreter? Dann schreiben Sie mir: steingart@handelsblatt.com. Ein nagelneuer Montblanc-Füllfederhalter liegt bereit. Gibt es mehr als einen Interessenten, entscheidet das Los. Aus Gerechtigkeitsgründen sind unsere Bundestagsabgeordneten diesmal ausgenommen.“
„Die höchste Summe verzeichnet Ronald Pofalla, Ex-Kanzleramtsminister und CDU-Generalsekretär, aus dessen Bundestagsbüro 2009 Montblanc-Produkte im Wert von 3307,61 Euro bestellt worden sein sollen. An zweiter Stelle folgt die Linken-Politikerin Diana Golze, heute Sozialministerin in Brandenburg (2891,97 Euro), vor Otto Schily (SPD, 2646,69 Euro). Auch Abgeordnete von FDP und Grünen tauchen in der Liste auf.“
„Süddeutsche Zeitung“ vom 25. August 2016, die „BILD“ zitierend.
„In einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) am Dienstag entschieden, dass der Bundestag einem Pressevertreter die Namen von sechs Abgeordneten, die in die "Montblanc-Affäre" verwickelt sind, mitteilen muss (Beschl. v. 11.10.2016, Az. OVG 6 S 23.16). Damit bestätigte es die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG).“
Legal Tribune Online am 11. Oktober 2016