Die Nachricht kam wie ein Schock.
Dinu Popa ist gestorben. Das kann doch nicht sein. Hatte er mir doch als treuer Freund noch vorgeschlagen, dass er Karten für die Buchmesse für mich hat, sozusagen als seine Mitarbeiterin.
Und wir trafen uns doch immer dort, meistens zum Essen beim Gastland, ich weiß gar nicht mehr, seit wie vielen Jahren.
Begonnen hat unsere Freundschaft in Oslo, auf der Frauenbuchmesse, das muss 1986 oder 1987 gewesen sein.
Denn 1988 durfte ich für ihn ein wunderbares norwegisches Buch übersetzen, Beatles auf Norwegisch, Yesterday auf Deutsch, für seinen Ein-Mann-Verlag, den Popa-Verlag. Ein Buch über vier Jungs in Oslo, Beatles-Fans und Nacheiferer, die sich bei jeder neuen Platte ihrer Helden treffen, über ihre Jugend in den 60er- und 70er-Jahren. Ein Buch, das anderen, großen Verlagen zu dick für ein Buch aus Norwegen war, aber Dinu fragte nur: „Findest du das wirklich so gut?“ Und ich konnte bestätigen, dass ich es einfach fantastisch fand.
Also unterstützte er mich beim Kauf meines ersten Computers, und bei Problemen mit ihm konnte ich jederzeit in München anrufen, damals noch ziemlich kostspielig von Hamburg aus.
Das Buch von Lars Saabye Christensen wurde nicht nur beim Popa-Verlag ein Erfolg (die Auflage von 3.000 Stück wurde restlos verkauft), es ist heute noch bei Random-House zu kaufen.
Und seitdem trafen wir uns nicht nur bei allen Veranstaltungen, wo sich unsere Wege kreuzten, nach seinem Umzug nach Frankfurt war meine feste Adresse bei jeder Buchmesse dort die Wohnung von Gisela und Dinu, ich bin geradezu mit ihnen umgezogen. Und Dinu führte mich in für mich als junge Übersetzerin aus dem Norwegischen exotische Kreise ein, seriöse Geschäftsleute, verrückte KünstlerInnen, sein Freundeskreis schien mir keine Grenzen zu haben. Und immer war ich willkommen, wie er auch mich auf den norwegischen Empfängen auf der Messe traf und mit jedem und jeder dort charmant plaudern konnte und mich immer wieder unterstützte.
Überhaupt hatte ich das Gefühl, Dinu kennt sowieso jeden, zumindest nach zehn Minuten in einem Raum. Und immer schleppte er mich mit, ob zu russischen, französischen, schottischen, rumänischen FreundInnen und Bekannten, die sich sicher häufiger wunderten, was eine Übersetzerin aus der doch kleinen Sprache Norwegisch an ihrem Tisch zu suchen hatte, aber schließlich war Dinu neben mir, und damit war ich akzeptiert.
Das letzte Mal trafen wir uns, Dinu, Gisela und ich, letztes Jahr in Leipzig auf der Messe, lauschten Texten aus Österreich (auf die Idee wäre ich allein nie gekommen) und speisten natürlich in Auerbachs Keller. So charmant, wie er nach einem Platz fragte, konnten wir gar nicht abgewiesen werden!
Und ich habe mich schon auf ein Wiedersehen in Leipzig gefreut, denn auch bei mir wird die Arbeitswut weniger und damit die Motivation, auf Messen zu gehen, wenn es dort keine konkreten Aufgaben gibt.
Ich sehe es noch vor mir, wie ihr zwei mir Ungläubigen euren Campingwagen von der S-Bahn aus gezeigt habt, nein, ihr wart nicht in einem schicken Hotel abgestiegen, sondern hattet euer Bett mitgebracht, ach ihr beide wart immer so herrlich verrückt und in keine Schublade zu packen.
Und jetzt fehlt eine Hälfte. Der Bericht von dir, Dorin, hat mich ziemlich erschüttert,
jemandem wie Dinu die Möglichkeit zu nehmen, sich auszudrücken, ist einfach eine schreckliche Vorstellung.
Für mich war er, wenn wir uns trafen, immer so etwas wie ein großer Bruder (auch wenn er nur zwei Monate älter war als ich), den ich nie gehabt hatte, der für alles eine Lösung fand und ganz selbstverständlich dafür sorgte, dass ich Unterkunft und Eintritt zur Messe sowie interessante Kontakte hatte. Aber in erster Linie habe ich mich immer riesig gefreut, ihn (und auch dich, Gisela) zu treffen und mich von seinen Einfällen und Plänen verblüffen zu lassen.
Dinu, du fehlst mir.
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