Was letzten Herbst mit einer in der Münchner Kulturszene eher skeptisch aufgenommenen Werbekampagne („Wir 25 werden 25. Der Gasteig auch“) startete, wird nun vom plakativen Auftritt zum konkreten Statement. Die Älteren unter uns mögen sich noch daran erinnern, wie der Gasteig Mitte der achtziger Jahre, etwa während des Münchner Filmfests, den Brennpunkt der Stadt bildete, wo man abend für abend jeden traf, der jung und kreativ war, bis die Leitung des Hauses dem dubiosen Partytreiben ein Ende bereitete und der Ziegelsteinbau zur düsteren Trutzburg verkam.
Daß sich die Zeiten wieder zum Guten wandeln, ließ bereits das digitalanalog Festival ahnen, und zum 25-jährigen Jubiläum versucht der städtische Kulturbunker nun sogar, eine kleine „Revolution“ zu initiieren oder vielmehr das, was die Verantwortlichen im Haus sich darunter vorstellen. Man muß nur Hartmut Dedert, den Kommunikationschef im Gasteig, von Zehra Spindler schwärmen hören, um zu wissen, daß offenbar neue, aufregende Zeiten bevorstehen könnten. Weniger Volkshochschule und Stadtbücherei, mehr Kultur.
Der Ansatz stimmt, die ersten Schritte sind getan, doch wie so oft in Deutschland scheinen in der Kulturszene wie in den Medien die Bedenkenträger noch den Ton anzugeben, denn wann hätte es zuletzt eine derart allgegenwärtige Kulturkampagne gegeben, die so wenig Resonanz fand.
Eine Mystery-Kampagne der Werbeagentur Sputniks in Zusammenarbeit mit dem Medienpartner „Abendzeitung“ und der direkte Kontakt zu den örtlichen Akademien, Hochschulen und Institutionen wie das Literaturhaus brachte nur wenig Rücklauf, vielleicht weil sie zu enigmatisch war. „Man muss schon sehr kreativ sein, um an dieser besonderen Münchner Aktion teilnehmen zu können, die sich an junge und kreative Menschen wendet“, kritisierte Dirk von Gehlen den Wettbewerb.
Aber nicht zuletzt auch aus dem Bekanntenkreis der Beteiligten fanden sich 25 „(Lebens-)Künstler“, die dann zwischen den Jahren stadtweit via Litfaßsäulen, Moskito-Wechselrahmen, Großflächen und U-Bahnstationen plakatiert wurden. An der Philharmonie und im S-Bahnhof Rosenheimer Platz hängen sie noch heute.
Vielleicht haben Münchens junge Kreativen und die Medien die Aktion „25 werden 25“ als oberflächliche Werbekampagne verkannt, und der Gasteig plant auch eine zweite Welle in Form eines Werbespots, der ab Oktober in den Programmkinos laufen soll, aber der Kern dieser Kampagne liegt nicht etwa nur in der Ökonomie der Aufmerksamkeit.
Der Höhepunkt war auch keineswegs die gestrige Prämierung der Autorin Katrin Baumer, Tänzerin Amanda Billberg und Fotografin Andreea Varga als primae inter pares mit jeweils 500 Euro.
Jetzt geht's erst überhaupt so richtig los: Der Gasteig will allen 25 jungen Künstlern bis in den Sommer 2011 hinein sein Haus als Plattform bieten, und beim ersten Brainstorming gestern nachmittag war die Rede von „Nadelstichen“ und „Bömbchen“, die man dem herkömmlichen Besucher zumuten wolle. In einer geschlossenen Facebook-Gruppe („25 werden 25“) wird weiter an den gemeinsamen, genreübergreifenden Veranstaltungen getüftelt, und einen Blog wird es natürlich auch bald geben. Der Gasteig lebt, wer hätte das erwartet.
- Sarah Barnert, Kommunikationsdesignerin
- Julia Barthel, Bratschistin/Akademistin der Philharmoniker
- Katrin Baumer, Autorin (Nadaville)
- Kathi Bestler*, Sängerin
- Amanda Billberg, Tänzerin
- Alexander Cappek, Veranstaltungstechniker
- Christy*, Singer/Songwriterin
- Zsofia Csirke (oder Csirske?), Trompeterin
- Mina Esfandiari, Fotodesignerin
MaryMarinette Fischer, Kommunikationsdesignerin- Ulrike Hoff, Sängerin
- Herman Hübner, Veranstaltungstechniker
- Saskia Jahreis, Percussionistin
- Benny Kottmair, Pianist
Theresa Kratschmer*, UnternehmenskommunikationLukas Mayer*, GastronomAndré Meier*, DJ- Hannah Elisabeth Müller*, Sopranistin
- Tamara Müller, Modedesignerin
Josef Nguyen*, Gitarrist- Marie Preußler, Tänzerin
- Jessica Riccò, Wissenschaftsjournalistin (Nadaville)
Natascha Sagorski*, Autorin (laut Vita Jahrgang 1984?)- Ferdinand Schmidt-Modrow*, Schauspieler
- Monika Schuster, Autorin (Nadaville)
- Laura Theis, Singer-Songwriterin
- Andreea Varga, Fotografin
- Tino Wagner*, Schlagzeuger
- David Werker*, Comedian
Jutta Witt, Dekorateurin- Daniela Wolf, Schauspielerin (laut Vita aber bereits 26?)
Updates
*Offenbar wurden seit März mehrere Teilnehmer ausgewechselt und zur Programmpräsentation am 26. November durch neue wie den Comedian David Werker ersetzt.
Programm der 25 Young-Gasteig-Veranstaltungen zum Jubiläum. Als „Gasteig on tour“ verläßt man dabei auch mal den Kulturbunker, um die Zielgruppe der 18- bis 35-Jährigen dort abzuholen, wo sie sich sonst aufhalten, im Bob Beaman oder 8 below:
- Gasteig Open Video – Start Playing, mit Weltpremiere von Bendict Mirows 25 Tanzfilms mit Marie Preußler und Amanda Billberg sowie Eva Svaneblom, Mariella Aranda und Johannes Härtl (26.11., 21 Uhr, Eintritt frei)
- Konzert JB's First – Support: Waldmeister (4.12., 20 Uhr)
- Weihnachtskonzert im Weihnachtswald mit der Trompeterin Zsofia Csirske – oder Csirke? (5.12., 18 Uhr, Eintritt frei)
- Lesung „Stille Nächte im Weihnachtswald“ mit Nadaville: Katrin Baumer, Jessica Riccò und Monika Schuster (12.12., 18 Uhr, Eintritt frei)
- Ausstellung „Das geheimnisvollste Stück Materie auf Erden“ von Caroline von Eichhorn, Günter Götzer und Marinette Fischer (13.12.-20.1., Vernissage am 12.12. um 20 Uhr)
- Ausstellung „Dance around Munich“ – Von Mode-Design Studentin Tamara Müller entworfene Kleider wurden von den beiden Tanz-Künstlerinnen Marie Preußler und Amanda Billberg getragen, während Andreea Varga sie sie spontan in den Straßen Münchens und in den Räumlichkeiten des Gasteigs in Szene gesetzt und fotografiert hat (13.12.-20.1., Vernissage am 12.12. um 20 Uhr)
- David Werker: Morgens 15.30 in Deutschland (19.1.2011, 20 Uhr)
- Klassik im Club: Julia Barthel & José Gallardo im Bob Beaman (17.2., 20 Uhr)
- Nadaville-Lesung mit Katrin Baumer, Jessica Riccò und Monika Schuster im 8 below (8.4., 20 Uhr)
- Best of 25: Marinette Fischer, Sarah Barnert, Mina Esfandiari und Andreea Varga präsentieren ihr Werk (22.4.-11.5., Vernissage 21.4., 20 Uhr)
- Man irani hastam. Mina Esfandiaris Iran-Porträts (22.4.-11.5., Vernissage 21.4., 20 Uhr)
- White Noise/Black Silence Festival (23./24.4.)
- Lange Nacht der Musik, unter anderem mit dem Madrigalchor, Beißpony ft. Laura Theis, Bracc, Christy, der Schulmusiker-BigBand der Hochschule für Musik und Theater München, Hannah Elisabeth Müller, KaPaSa sowie „Romy Schneider in Berlin“ ft. Saskia Jahreis (28.5.)
- Modenschau Tamara Müller (6.6., 19 Uhr, Eintritt frei)
- Bewerbungstraining mit den Schauspielern Daniela Wolf und Ferdinand Schmidt-Modrow (23.7., 11 Uhr, Eintritt frei)
- Dance around gast (23.7., 14 Uhr, Eintritt frei)
- Nadaville-Lesung „Haute Cuisine für arme Schlucker“ mit Katrin Baumer, Jessica Riccò und Monika Schuster (24.7., 12 Uhr, Eintritt frei)
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