Donnerstag, 31. Mai 2007

Teddy Tillmans

Bisher habe ich mir den Teddy immer als glücklichen kleinen Knuddelbär vorgestellt, aber seit ich heute Wolfgang Tillmans getroffen habe, weiß ich, daß auch ein langer Lulatsch zum Anbeißen knuffig sein kann. Insbesonders wenn er neben einem Museumsdirektor, dem Subtext schwurbelnden Stefan steht. Unprätentiös und scharfsinnig, charmant und aufschlußreich präsentierte Wolfgang Tillmans seine Fotoausstellung „Beugung“, die morgen abend im Kunstverein München eröffnet wird (DJs Princess Julia und Lovely Jonjo).
Tillmans, der diese Woche auch spektakulärst das sonst so fußlahme Feuilleton der „Zeit“ als Gast verantwortet hat, empfängt die Besucher ganz plakativ mit nackten Tatsachen und verführt sie dann in eine Wunderwelt aus Farben, Formen und Fundsachen, die er ganz wunderbar erklären kann, die aber für sich selbst genommen noch viel wundersamer sind. Dennoch sollte man Sonntag abend unbedingt die Gelegenheit nutzen, Tillmans persönlich im Gespräch mit Christof Siemes zu erleben. Und sich ausnahmsweise mal die „Zeit“ kaufen...

Update: Tillmans' Feuilleton zensiertes Feuilleton liegt im Kunstverein kostenlos aus.

Davorka-Alarm

Bei aller Liebe zum P1 muß ich gestehen, daß ich es nüchtern kaum ertrage. Nun kann ich dort zwar anschreiben lassen, aber zum einen steht dann der Barmann für die Zwischenfinanzierung meines Lasters gerade und nicht das Käfer-ROK-Imperium. Andererseits will ich jetzt, wo ich meine persönlichen Dinge ordne und kaum etwas verdiene, nicht unbedingt Schulden anhäufen. Also derzeit kein P1. Aber heute mache ich eine Ausnahme. Sicher nicht weil die Ofarim-Bälger mit ihrer Band Zoo Army live spielen. Auch nicht, weil Fashion TV Gastgeber spielt, der Sender mit dem nettesten Geschäftsführer und der attraktivsten Art Directorin. Sondern weil wie beim letzten Mal mit Davorka Tavilo Tovilo zu rechnen ist. PR-Leute hassen sie, weil das Partygirl mit nackten prallen Tatsachen den Stars die Show stiehlt. Frauen hassen sie, weil die Kleine die Blicke aller Männer auf sich zieht. Männer hassen sie, weil sie sie nicht kriegen können. Ich liebe sie dagegen, weil München mit ihr jetzt viele Jahre nach Graf Horror Charly und der Nachtigall von Ramersdorf endlich wieder eine schräge Type hat, die man nicht besser erfinden könnte. Und wie eine zuverlässige Quelle berichtet, die früher mit Davorka studiert hat, soll sie auch ausgesprochen smart und intelligent sein...

Mehr zu Davorka hier.

Dienstag, 29. Mai 2007

Der Sieger von Cannes kommt bei uns ins Kino!


Schön, daß ich mich in diesm Fall mal geirrt habe: Cristian Mungius mit der Goldenen Palme ausgezeichnete Film „Vier Monate, drei Wochen, zwei Tage“ wird dank des Concorde Filmverleihs auch in Deutschland noch dieses Jahr ins Kino kommen. Vorbildlich!

Update: Das Münchner Filmfest wird in drei Wochen Cristian Mungius Film auch präsentieren! Und das wird eine der seltenen Gelegenheiten sein, ihn in der Originalfassung mit Untertiteln erleben zu können.

Montag, 28. Mai 2007

Polen 2.0

Seit gestern existiert die Rzeczpospolita Wiślania, die Republik Wislanien, und was diese, Polen nachempfundene Web-Nation besonders sympathisch macht, ist daß wir uns alle dort einbürgern lassen können, um die Geschicke dieser jungen Republik mitzugestalten und vielleicht sogar für vier Monate Prezydent zu werden.

Abschied vom letzten Bohemien

Nein, mit Kokain und ukrainischen Nutten konnte er nicht aufwarten, weshalb ich bis heute, vier Tage nach seinem Tod, im angeblich so schnellen Internet keine Todesmeldung, geschweige denn einen Nachruf auf Wolfgang Bächler finden kann. Morgen gedenkt immerhin die Print-Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ seiner. Willi Winkler ehrt den „letzten Bohemien der deutschen Literatur“: „Die Depression fraß an ihm, denn der Ruhm, auf den er als Jüngster bei der Gründung der Gruppe 47 nicht wenig Anrecht hatte, beschrieb den großen Bogen um ihn, und wer kann schon vom Gedicht leben? (...) umgänglich war er nicht, wie auch? (...) Sein Verstummen war legendär, auch wenn sich niemand fand, der es dramatisiert hätte.“ Hat sich Bächler tatsächlich, wie Winkler behauptet, übers Pfingstwochenende davongestohlen oder haben sich die Medien nicht vielmehr vor dem angemessenen Respekt gedrückt?

Updates:
taz, Tagesspiegel, Titel-Magazin, Die Welt, weitere Links

Ein Nachmittag mit Fürst Ramigani

Draußen regnet's, drinnen liegt eine Zeitung herum. Und ich muß mit Entsetzen lesen, daß gestern „Der Tiger von Eschnapur“ lief, Fritz Langs exotisches, pathetisches Meisterwerk und sicherlich einer meiner Top Ten Lieblingsfilme. Zum Glück kommt heute um 14.15 Uhr im ZDF noch der zweite Teil, „Das indische Grabmal“, mit Paul Hubschmid, Debra Paget, Walter Reyer und René Deltgen. Draußen regnet's, doch ich werde dem naßkalten München entfliehen und einen schwül-leidenschaftlichen Nachmittag mit dem Maharadscha Chandra, der Tempeltänzerin Seetha, dem deutschen Ingenieur Harald Berger und Fürst Ramigani haben.

(Foto von Walther Reyer als Fürst Chandra von Eschnapur: ZDF)

Petit déjeuner musical (21): Brigitte Bardot

Messieursdames, Brigitte Bardot (avec l'aimable assistance de Serge Gainsbourg)!

Sonntag, 27. Mai 2007

Start-Ziel-Sieg für Cristian Mungiu


Der rumänische Wettbewerbsbeitrag, das Abtreibungsdrama „4 luni, 3 săptămâni şi 2 zile“ („4 Months, 3 Weeks and 2 Days“ bzw. „Vier Monate, drei Wochen und zwei Tage“) von Cristian Mungiu hat in Cannes die Goldene Palme gewonnen. Nach seiner Vorführung am 17. Mai war die Begeisterung groß, doch schließlich war es gerade mal der erste Tag nach der feierlichen Eröffnung. Trotz eines der offenbar stärksten Wettbewerbe seit langem ist er aber zehn Tage lang in guter Erinnerung geblieben und als bester Film ausgezeichnet worden. Bei uns in Deutschland wird er wohl dennoch nur auf arte, spätnachts im Öffentlich-Rechtlich und in den Cinematheken zu sehen sein...
Updates: Interview mit Mungiu in der „Welt“. Plagiatsvorwurf aus Rumänien auf Hotnews.ro. Porträt des Regisseurs in der F.A.Z. Der Concorde Filmverleih wird den Film in die deutschen Kinos bringen. Und Ende Juni wird er bereits auf dem Münchner Filmfest gezeigt werden.

Petit déjeuner musical (20)

Messieurdames, Najoua Belyzel!

Samstag, 26. Mai 2007

Bitte lächeln: Nimmt Verfassungsschutz Münchner Bad ins Visier?

Zum Tröpferlbad führen mich jede Woche ganz unpolitische Gründe: Wenn ich meine Patenkinder aus der Krippe abhole, radle ich immer am ehemaligen Städtischen Brausen- und Wannenbad in der Thalkirchner Straße vorbei, das inzwischen vielen politischen Gruppen als Treffpunkt dient. Nun wurde bei der Anti-G-8-Demo neulich bekannt, daß der Verfassungsschutz in den gegenüberliegenden Geschäften darum bat, sonn- und feiertags eine Videokamera aufstellen zu dürfen, um das Kafe Marat im Tröpferlbad besser beobachten zu können. Hagen Pfaff, Pressesprecher der Attac-Gruppe München, relativiert das heute in der „Süddeutschen Zeitung“ etwas: „Das ist typische Folklore des bayerischen Innenministeriums. Entweder hat sich der Verfassungsschutz sehr dämlich angestellt, als er den Besitzer des Ladens gegenüber offen fragte, ob er die Kamera installieren dürfe. Oder sie wollen uns ihre Werkzeuge zeigen. Ich glaube, letzteres ist am wahrscheinlichsten.“

Vintage-Lektüre oder: Lost in Tokio

Wie kommt man dazu, an einem schwülen Pfingstwochenende eine alte Zeitung vom 14. Dezember zu lesen? Nun, sobald sich ein Printtitel in meinem Besitz befindet, fällt es mir äußerst schwer, ihn zu entsorgen, ohne daß ich ihn zumindest durchgeblättert und den einen oder anderen Beitrag gelesen hätte. Das führt in Zeiten beruflicher Auslastung, etwa während meiner anderthalb Jahre für die „freundin“, dazu, daß sich das eine oder andere Blatt in meiner Wohnung ansammelt. Das Horten lohnt sich aber, wenn ich dann beim Abarbeiten eben in einer Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ vom letzten Winter Stefan Ninks wunderbare Reisereportage über Tokio lese. Und den Papierberg will ich bis Dienstag durch haben.

Original und Fälschung

Natürlich stimmt es irgendwie, wenn Nikolaus von Festenberg im neuen „Spiegel“ schreibt, daß das Sat.1-Movie „Frühstück mit einer Unbekannten“ „auf einem Plot von Drehbuchautor Richard Curtis beruht. Aber letztlich unterschlägt er in seiner Begeisterung für den Neuaufguß, daß die deutschen Fernsehzuschauer am Dienstag nur das Remake einer mehrfach preisgekrönten und für die Emmys nominierten unter anderem mit drei Emmys ausgezeichneten Fernsehsensation vorgesetzt bekommen: „The girl in the café“, eine großartige Tragikomödie, wie man sie bei einer Koproduktion von der BBC und HBO als Bestleistung erwarten kann, mit Bill Nighy als verklemmter Ministerialbeamter und Kelly Macdonald als engagierte Kämpferin für die Menschenrechte.
Will man da wirklich lieber Jan Josef Liefers und Julia Jentsch sehen? Na, das Sat.1-Publikum wahrscheinlich schon... Den anderen bleibt die DVD des Originals.


(Fotos: HBO, Stephan Rabold/Sat.1)