Mit der Umwandlung von Suhrkamp in eine AG hat der bisherige Geschäftsführer Jonathan Landgrebe nun als alleiniger Vorstand die verlegerische Verantwortung im Hause inne. Vor ein paar Jahren hatte ich Jonathan im Münchner Univiertel kennengelernt und auf sein Bitten hin ein Projekt für die edition suhrkamp (es) angeleiert, das helfen sollte, die Umsätze der schwer verkäuflichen Backlistbestände anzukurbeln. Das Ganze ging dann nicht ganz so aus, wie ich es mir naiverweise vorgestellt hatte. Hier mein Beitrag von 2010 im Blog der 100 Tage Bücher dazu.
Party Talk, mehr war es anfangs nicht. Während einer Vernissage in Wanja Belagas Wohnung saß ich im April 2009 zufällig neben Jonathan Landgrebe, Geschäftsführer von Suhrkamp. Er war auf der Suche nach einem PR-Event, um die Spektralfarben der edition suhrkamp (es) – gerade bei der nachgeborenen Generation – wieder zum Leuchten zu bringen, ich versprach, mir dazu Gedanken zu machen. Viel Grübelei bedurfte es dann nicht, um unser Konzept eines Pop-up-Stores auf einen Flagship Store aufzupfropfen: 100 Tage Suhrkamp, ab September 2009. Zu kurzfristig für das – noch dazu im Umzug nach Berlin begriffene – Traditionshaus, das zudem gern seine 60-Jahr-Feier 2010 mit so einem Event verknüpft hätte.
Also zelebrierten wir letztes Jahr noch einmal herkömmliche 100 Tage Bücher in der Reichenbachstraße und vertagten uns auf dieses Jahr. In der Vorweihnachtszeit erfuhr ich – eher zufällig – daß Suhrkamp das Projekt inzwischen nicht mehr nur in München, sondern in Kooperation mit der Fürst & Iven Autorenbuchhandlung zeitgleich auch in Berlin umsetzen wollte. Am 16. April, also diesen Montag sollte es parallel in beiden Städten losgehen, mit Edition Suhrkamp Shops im Münchner Univiertel und in Berlin-Mitte, die neben Büchern auch Lesungen und Filmvorführungen anbieten sollten.
Rein optisch in Berlin recht chic & clean wie ein seriöses „Factory Outlet“ („Buchreport“), bei uns wohl eher quick & dirty als typischer Guerilla Store angedacht. Und mit einem weiteren für mich entscheidenden Extra bei Edition Suhrkamp @ 100 Tage Bücher: Der Dreiteilung in Bib, Shop & Club. Neben der Buchhandlung und dem Literaturclub mit seinen Lesungen, Diskussionsrunden, Workshops für den Schriftstellernachwuchs und Prominenten, die ihre Lieblingstitel vorstellten („es und ich“), wollte ich eine Präsenzbibliothek einrichten, vielleicht die erste Pop-up-Bibliothek der Welt: Sämtliche Ausgaben der Edition Suhrkamp (es), ungefähr 1500 lieferbare und 1000 vergriffene, sieben Tage die Woche, auch abends, bereit liegend zum Blättern, Schmökern, Arbeiten.
Die Arbeitskräfte für so ein Projekt waren schnell zur Hand, nicht nur ich, sondern auch vom Projekt Begeisterte, die für umsonst mit angepackt hätten, Suhrkamp wollte uns großzügigerweise zwei vollständige Ausgaben der edition suhrkamp schenken. Eine hätte ich für die Präsenzbibliothek verwandt, mit dem Verkauf der zweiten die Kosten wieder einspielen können. Aber eben nur können.
Das Problem war die Ladenmiete. Ob neben der Pommes-Boutique, neben dem Barer 61 oder in der Amalienpassage, leerstehende Läden im Wunschkarré unweit der Uni und der Pinakotheken gab es reichlich. Für reichlich Geld, um die 1500 Euro im Monat, die natürlich von Anfang an fällig gewesen wäre.
Für ein alteingesessenes Unternehmen wie die Autorenbuchhandlung, die auch nach drei Monaten weiter ihr Geschäft betreibt, eher nur ein Durchlaufposten. Für mich muß so eine Guerillaproduktion aber bereits nach 100 Tagen refinanziert sein und so lange aus der Hosentasche gestemmt werden. Weshalb es die Suhrkamp-Guerilleros mit einer kleinen Verspätung ab dem vom 6. Mai bis 24. Juli nur in der Berliner Linienstraße 127, Nähe Oranienburger Tor, geben wird. Und für mich außer Spesen nichts gewesen? Doch, der persönliche Erfolg, ein so altehrwürdiges Haus wie Suhrkamp inspiriert zu haben.
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