Nachdem bei der Europawahl möglicherweise Insider vor Schließung der Wahllokale Exit Polls via Twitter ausgeplaudert hatten, bat ich den Bundeswahlleiter am 26. Juni um eine kurze Stellungnahme zu der Frage. Im Februar hatte er eine Mail von mir noch binnen 12 Tagen von seiner Mitarbeiterin Christiane Egert-Wienss beantworten lassen, aber dieses Mal warte ich jetzt schon sechs Wochen auf eine Reaktion. Erst hielt ich es für das übliche Versteckspiel in Sachen Wahlprognosen, aber wie mich heute Claudius Seidl in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ aufklärte, hat der Bundeswahlleiter im Augenblick offenbar viel um die Ohren...
„War das die Woche, in welcher Martin Sonneborn, der real amtierende Vorsitzende einer Partei namens 'Die Partei', vom offensichtlich völlig überforderten Bundeswahlleiter Roderich Egeler erst auf die mangelnde Ernsthaftigkeit seines politischen Handelns hingewiesen und dann zur Bundestagswahl nicht zugelassen wurde - obwohl 'Die Partei' alle erforderlichen formalen Bedingungen erfüllt? Woraufhin Sonneborn, der Ex-Chefredakteur der lustigen Zeitschrift 'Titanic', ganz ernst erklärte: 'Der letzte Wahlleiter in diesem Land, der derart undemokratisch mit kleinen Parteien umgesprungen ist, ist 1946 von einem alliierten Militärtribunal erschossen worden.'“
Updates: „Zu Egelers Beamtenverständnis, das man gut und gerne 'preußisch' nennen könnte, gehört auch, dass er die wenigen Spielräume, die ihm zur Verfügung stünden, nicht ausschöpft“ – die „Süddeutsche Zeitung“ vom 11. August in einem Porträt des Bundeswahlleiters.
In einer Vorabmeldung der „Spiegel“-Ausgabe vom 17. August warnt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein (CDU), daß das Verhalten des Bundeswahlleiters „nicht haltbar“ sei und zu „Gefahren für die Gültigkeit der Wahl“ führe.
(Foto: Der Bundeswahlleiter)
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