Letzte Woche provozierte Ex-Kollege Thomas Knüwer mit dem Statement, Verlage könnten im Internet durchaus Geld verdienen – und zwar so wie bisher. So sehr mich jede optimistische Aussage in dem Zusammenhang freut, wollte ich doch den einen oder anderen ergänzenden, vielleicht sogar leicht widersprechenden Gedanken notieren.
Vorab: Knüwer war einmal Journalist und profitiert natürlich im Aufmerksamkeitspegel noch immer davon, ist aber inzwischen keineswegs mehr objektiver Beobachter, sondern Unternehmensberater. Kurzum: Es ist in seinem wirtschaftlichen Interesse, das Internet schön zu reden, denn schließlich will er die Braut seinen Auftraggebern verschachern.
Nun behauptet er nicht einfach bloß, die Braut sei begehrenswert, er belegt das auch mit Gewinnmeldungen aus dem Bundesanzeiger.
Nun sind Gewinne redaktionell tätiger Unternehmen nicht – wie von Knüwer unterstellt – unbedingt gleichzusetzen mit Erlösen aus redaktionellen Inhalten. Bekanntestes Beispiel: Die „Süddeutsche Zeitung“, die schon längst dicht gemacht hätte, wenn sie nicht den äußert erfolgreichen Handel mit Büchern, CDs, DVDs und beispielsweise Wein gewagt hätte. Deswegen ist die „Süddeutsche“ journalistisch kein bißchen schlechter, aber der rettende Profit kam aus fachfremden Aktivitäten.
Vergleichbares wäre auch bei der von Knüwer erwähnten RP-Online zu hinterfragen, der Web-Tochter der „Rheinischen Post“. Knüwer bilanziert einen Jahresüberschuss von rund 110.000 Euro und einen Gewinnvortrag von 257.685,89 Euro. Nun ist der Geschäftszweck von RP-Online nicht ausschließlich, die Zeitung ins Netz zu bringen, sondern „neue Geschäftsfelder“ aufzubauen, was beispielsweise Shoptätigkeiten oder einen Konzertkartenverkauf umfaßt. Besonders erfolgreich war RP-Online mit dem Verkauf der Wappen von Düsseldorf und anderen Städten als Handylogo. Wenn das redaktionelle Inhalte sind, könnte man auch Jamba in den Verlegerverband aufnehmen.
Ein Verleger, Peter Esser vom Mittelbayerischen Verlag, gab Knüwer gegenüber auch zu bedenken, daß die eine oder andere Bilanz geschönt sein könnte, woraufhin Knüwer, immerhin mal Mitarbeiter eines führenden Wirtschaftsblattes, entgegnet: „Warum aber sollten Verlagstöchter sich in diesem Fall reich rechnen?“ und es rundum ausschließt.
Nun ist das Verschieben von Gewinnen liebstes Hobby aller Konzerne, weil jeder Manager lieber nur lukrative Unternehmensbereiche hat, als das eine oder andere schwarze Schaf im Hause. Insofern sind Gewinne das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, so lange die Herkunft der Einnahmen nicht aufgeschlüsselt wird.
Zwei Beispiele: Den DLD, Burdas kostspieliges Webfestival, konnte man auch schönrechnen, indem alle beteiligten Burda-Unternehmen den Event sponsern oder für die Teilnahme Eintritt abdrücken durften. Und als die neon.de-Redaktion sich einmal schwarzer Zahlen brüstete, klickte ich mich durch: Die einzigen Online-Anzeigen, die ich entdecken konnte, stammten von anderen Firmen aus dem Hause Gruner + Jahr.
Natürlich wünschte ich mir, daß Knüwer, die Berufsjugendlichen von neon.de & Co recht hätten, aber dazu müssen die validen Zahlen und Zusammenhänge erst noch einmal präsentiert werden.
3 Kommentare:
Peng! Das sitzt! Genau so ist es!
Dem schließe ich mich an. Aber ist es denn nicht denkbar, als Verlag auch mit journalistischen Inhalten wieder wirtschaftlich arbeiten zu können, z.B. über kostenpflichtige Newsportale etc.? Der ganze Service, der im Internet momentan umsonst bereitgestellt wird, die ganzen Inhalte sind ja kreativ "wert"voll und insofern auch wert, bezahlt zu werden.
Nein, das funktioniert meines Erachtens nicht - oder wenn, dann nur für sehr spezialisierte Fachinfos.
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