Mittwoch, 30. Dezember 2009

DJV: „Uni München – Journalisten unerwünscht“

„Schlechte Karten hatten Journalisten über die Weihnachtsfeiertage bei der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Wer die Studenten interviewen, filmen oder fotografieren wollte, die seit dem 11. November das Audimax besetzt hielten, stand vor verschlossenen Türen und vor privaten Wachschützern, die außer Uni-Mitarbeitern niemanden hinein ließen. Dass sich Journalisten mit Hilfe des Presseausweises legitimieren können, hat die Uni-Leitung dem Wachdienst nicht mitgeteilt, räumte LMU-Sprecherin Luise Dirscherl gegenüber dem DJV ein.
Wenig pressefreundlich ging es zwischen den Jahren weiter. Fotos vom leeren Audimax nach der Räumung am 28. Dezember untersagte die Pressesprecherin. Solche Bilder seien unangemessen.
Der DJV meint: Diese Entscheidung können Bildjournalisten am besten selber treffen.“
„DJV-news 136“

Updates: Es liegt nicht allein am Wachdienst. Am Freitag abend hat die Einsatzleitung der Polizei ausdrücklich den vor Ort Verantwortlichen der Universitätsleitung gefragt, ob Journalisten, die sich wie ich mit Presseausweis legitimiert haben, ins Haus dürften, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Die Universitätsleitung hat daraufhin explizit entschieden, daß sie auch gegenüber der Presse von ihrem Hausrecht Gebrauch macht und wir die LMU nicht betreten dürften.

Im „BJV-report“ 1/2010 äußert sich jetzt auch der bayerische Journalisten-Verband Mitte Februar (der aber meine Mail von Ende Dezember bis heute unbeantwortet ließ): „Ein reiner Verfahrensfehler“, zitiert Alois Knoller in seinem Artikel die LMU-Pressesprecherin Luise Dirscherl, die sich am 2. Februar mit LMU-Kanzler Christoph Mülke und BJV-Vorsitzenden Wolfgang Stöckel zusammensetzte, um die Aussperrung der Medien zu diskutieren. „Möglicherweise“ hätten Wachleute nicht nur Besetzern und Sympathisanten, sondern auch Journalisten den Zugang zur LMU verweigert. In einer vergleichbaren Situation, so Mülke, würde man in einer vergleichbaren Situation anders entscheiden.
Wie nun? War es ein Irrtum der Wachleute? Dann müßte die Universitätsleitung auch nicht anders entscheiden. Oder war die Behinderung der Presse von der LMU gewollt? Dann läge kein Verfahrensfehler vor.
So oder so: Kein Wort dazu, daß nicht nur die Wachleute aktiv waren, sondern Einsatzkräfte der Polizei nach Rücksprache mit der LMU Journalisten den Zutritt zur Universität verweigerten.

Update vom 24. Januar 2020
Über zehn Jahre später scheint die LMU nichts dazugelernt zu haben. Bei einer #unibrennt-Veranstaltung sind wieder Studenten ein- und Journalisten ausgesperrt worden. „Unartige Kinder einzusperren, gehört zu den Methoden der Schwarzen Pädagogik von Erwachsenen. Damit jüngere Menschen zur Räson zu bringen wirkt 2020 - jedenfalls hierzulande - wie ein inadäquates Mittel aus vordemokratischen Zeiten. Und wie schon früher: Gebracht hat es auch am Mittwochabend in der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) nicht viel“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

4 Kommentare:

Gabriel hat gesagt…

Wenn man deinen Eintrag liest, hat man das Gefühl, dass sich seit Jahrzehnten nichts geändert hat. Die Uni-Leitung sollte mal gepflegt über ihre Vergangenheit nachdenken, bevor sie solche Entscheidungen trifft.
Unglaublich, eigentlich.

Trotzdem - Dir einen guten Rutsch und ein gesundes, kreatives 2010 gewünscht.

Dorin hat gesagt…

Schön fand ich auch, wie hier in München Polizei und Presse pikiert erwähnten, daß unter den Besetzern ein Obdachloser war, während man bei Euch im Wien Vergleichbares interessiert aufnahm, um die Situation der Obdachlosen zu hinterfragen.

Dorin hat gesagt…

Ach ja, Dir auch einen guten Rutsch und ein erfolgreiches, zufriedenstellendes 2010!

Gabriel hat gesagt…

Nein, seit Juni nicht mehr in Wien, sondern wieder in Bayern, nämlich Passau. Für 2010 könnten wir also mal einen Café-Besuch in München ins Auge fassen.

Die Situation der Obdachlosen in Wien ist nach wie vor keine gute, da können die dort noch so viel hinterfragen. Ausserdem spürst du grade wenn du in Wien lebst die Ausländerfeindlichkeit an allen Ecken und Enden. da kann ich dir ein paar "nette" Sachen erzählen, die z. B. mir da widerfahren sind. Ein Piefke mit ungarischem Nachnamen ... Life is a Comic-Strip.