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Dienstag, 25. Juli 2023

Die Polizei und ich

Das erste deutsche Wort, das ich aufgeschnappt haben soll, war Polizei. Und wie es mit Erinnerungen aus frühkindlichen Tagen so ist, bin ich mir nicht sicher, ob ich mich tatsächlich daran erinnern kann oder nur die stetig wiederholten Erzählungen Dritter verinnerlicht habe, bis ich sie für eigene Erinnerungen hielt. Aber offenbar bin ich im Alter von drei Jahren, bei uns in Gern um die Ecke, die Wilhelm-Düll-Straße entlanggelaufen und habe „Polizei, Polizei“ gerufen.

Rückblickend interpretiere ich das gern als Warnruf, aber vielleicht identifizierte ich mich beim Spielen auch mit den Ordnungshütern und fand „Polizei, Polizei“ einfach nur hübscher als ein „Tatütata“.

In der Wilhelm-Düll-Straße wohnte auch mein erster deutscher Spielkamerad, Klaus-Thomas. Sein Vater war Polizist, was er aber nur zweimal mir gegenüber heraushängen ließ. Das erste Mal, als eine alte, paranoide Frau aus dem Viertel Klaus und mich als Privatdetektive anheuerte. Sie war überzeugt, dass während ihrer Abwesenheit Fremde ihre Wohnung durchstöberten, und so bat sie uns, im Schrank auf der Lauer zu sitzen, um die Einbrecher in flagranti zu erwischen. Als der Vater davon erfuhr, setzte er sich mit Klaus und mir zusammen und erläuterte eindringlich aus seiner polizeilichen Praxis, dass früher oder später die alte Dame uns beide verdächtigen würde, sie zu bestehlen. Wir mussten die Detektivarbeit umgehend einstellen.

Jahre später hatten meine Eltern im selben Haus, in dem Klaus lebte, die Erdgeschosswohnung angemietet. Zuerst für meine beiden älteren Brüder. Zeitweise lebte auch mein Vater drin, der es nicht mehr mit meiner Mutter unter einem Dach aushielt. Klaus und ich hatten uns inzwischen auseinandergelebt. Ferenc, wie ich ein Flüchtlingskind, war mein neuer bester Freund. Seit er in meiner Klasse an der Dom-Pedro-Schule war, wurde ich nicht mehr täglich von den deutschen Mitschülern verprügelt. Eines Tages wollten Ferenc und ich im Erdgeschoss der Wilhelm-Düll-Straße übernachten, was Klaus im zweiten Stock offenbar mitbekam. Vielleicht haben wir es ihn auch wissen lassen. Kinder können grausam sein. Und der fürsorgliche Vater stieg ins Erdgeschoss herunter, stellte uns beide mit der Autorität eines Staatsdieners zur Rede und verbat uns kurzerhand, in der Wohnung zu übernachten.

Ich war nicht viel älter, als ich im Münchner Polizeipräsidium bereits regelmäßiger Gast war. Meine Eltern, staatenlose politische Flüchtlinge rumänischer Herkunft mit Asyl in Frankreich, mussten die deutsche Aufenthaltserlaubnis in ihren Nonsense-Pässen regelmäßig erneuern. Und es war meine Aufgabe, diesen Behördengang für sie zu erledigen. Die Ausländerbehörde befand sich damals noch in der Ettstraße, wo man mir jedes Mal zu verstehen gab, dass wir in Deutschland unerwünscht seien. Aber immer auch die Aufenthaltserlaubnis verlängern musste, weil auf dem Titre de voyage meiner Eltern Aufkleber mit dem magischen Kürzel RFE waren. 

Das Mißtrauen gegenüber der deutschen Polizei war auch der einzige Grund, dass ich mich mit 21 Jahren einbürgern ließ. Schluss mit der Drohkulisse, ausgewiesen zu werden. Im selben Jahr zog ich nach West-Berlin und pendelte auf der Transit-Strecke ständig zwischen neuer und alter Heimat. Es war die Zeit der Roten Armee Fraktion und ich wie meine Mitfahrgelegenheiten passten offenbar ins Raster. Jedenfalls drangsalierte uns die bayerische Grenzpolizei immer ungleich härter als die Kollegen auf Seiten der DDR. Fahrzeugkontrollen, Personenkontrollen, penible Ausweiskontrollen, das ganze Programm.

Nennen wir es die bayerische Linie, denn merkwürdigerweise kreisen alle meine negativen Erinnerungen um die hiesige Polizei, während ich mit den französischen oder Berliner Ordnungshütern nie aneinandergeraten bin.

Inzwischen war ich Journalist geworden und irgendwann nach München zurückgekehrt. Demonstrationen journalistisch zu begleiten gehörte zu meinem Alltag. Mal lief das besser. Etwa als am Marienplatz während einer Großkundgebung gegen die Sicherheitskonferenz ein mir völlig unbekannter Zivilist mich mit meinem Namen ansprach, mir die Hand schüttelte und sich als Mitarbeiter der Pressestelle im Polizeipräsidium vorstellte. Mal weniger gut, als ich während einer Kundgebung am Odeonsplatz zwecks besserer Übersicht die Treppe zur Feldherrnhalle hochstieg, einem USK-Beamten meinen Presseausweis entgegenhielt und er mich dann die Treppe wieder herunterstieß.

Dir Steigerung eines Presseausweises ist wohl eine Akkreditierung bei der Munich Security Conference, der – sicherheitstechnisch betrachtet – Schnittmenge aus Polizei, Bundeswehr und Geheimdiensten. Natürlich habe ich es geschafft, dort als akkreditierter Journalist von der Polizei sistiert und zur Personenkontrolle festgehalten zu werden. Die Einsatzkräfte bemühten sich sogar in vielen Telefonaten, mir die Akkreditierung entziehen zu lassen, scheiterten aber an der souveränen Konferenzleitung.

Versuche, meine Arbeit als Vertreter der Presse zu unterbinden, gab es öfter. Und manchmal kann man sich zumindest im Nachhinein dagegen wehren. Als etwa der Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität besetzt worden war, bereitete die Polizei die Räumung vor, und der Staatschutz sorgte als erstes dafür, dass auch die Presse weiträumig ausgesperrt wurde. Der Bayerische Journalisten-Verband und der Deutsche Journalisten-Verband teilten meine Bedenken gegen diese Behinderung der Presse, und letztendlich musste der Unipräsident und nicht etwa das Polizeipräsidium sich für dieses „Missverständnis“ entschuldigen.

Missverständliche Signale strahle ich bei Terminen der Staatsregierung offenbar auf die Personenschützer aus. Vielleicht lassen sie meine Tattoos, lackierten Fingernägel und Outfits nervös bis gereizt reagieren. Bei der Eröffnung der Außenstelle eines Ministeriums kam Söders Regenschirmträger sofort auf mich zu, nachdem er ausgestiegen war. Ich stand auf dem Vorplatz des Ministeriums neben einem Verkehrszeichen. Tiefbesorgt prüfte der Leibwächter, ob das Schild wirklich fest verankert und nicht als Waffe zu missbrauchen war. Danach wich er mir nicht mehr von der Seite und positionierte sich stets zwischen mir und dem Ministerpräsidenten. Während der Feierstunde im gesicherten Gebäude verlangte er dann plötzlich meinen Presseausweis zu sehen, den ich ihm gern zeigte. Als er aber dann auch noch zu wissen verlangte, für wen ich denn schriebe, verwies ich ihn kurzerhand an die Pressestelle des Ministeriums. Die hätte mich akkreditiert, also könne man ihm dort sicher weiterhelfen.

Wesentlich besser läuft es dagegen die letzten drei Jahre bei der alltäglichen Recherche zwischen der Polizei und mir als Tageszeitungsjournalist. So wie ich mit Klimagruppen wie Fridays for Future, Extinction Rebellion, Anti-IAA, dem Antikapitalistischen Klimatreffen oder der Letzten Generation spreche, telefoniere oder maile, rede ich auch immer wieder mit Einsatzkräften oder der Pressestelle im Polizeipräsidium, frage nach Teilnehmerzahlen, besonderen Vorkommnissen oder anderen wichtigen Fakten. Eine so vertrauensvolle Zusammenarbeit, dass selbst Hintergrundinformationen, die man nicht drucken soll, in die Gespräche einfließen.

Dass das Bayerische Landeskriminalamt währenddessen auf Anordnung der Münchner Generalsstaatsanwaltschaft Pressekontakte zur Letzten Generation überwachte, fügt sich da leider nicht ins Bild. 

Sonntag, 20. November 2011

Schubsen und sperren – bei Bildungsdemos sieht die Münchner Polizei rot

Bei allen Vorbehalten, die ich als Linker und displaced person der 2. Generation natürlich gegenüber jeder Staatsgewalt hege, sind wir bisher ein halbes Leben lang leidlich gut miteinander ausgekommen.
Als Demonstrant kam es zu der einen oder anderen Rangelei, als Journalist bin ich dagegen stets vorbildlich respektiert worden. Das unangenehmste Erlebnis war da noch, vom Polizeisprecher Christoph Reichenbach einmal mit Handschlag begrüßt zu werden, was meiner street credibility sicherlich kaum gut tat. Ansonsten: nada.
Selbst in den brenzligsten Situationen während der Sicherheitskonferenz oder eines Sechzger-Spiels hat die Polizei stets Respekt für die Presse gezeigt. Schließlich machen wir beide nur unsere Arbeit. Da kann man auch aufeinander Rücksicht nehmen.
Wie bei jeder Regel gibt es aber auch die berüchtigte Ausnahme, zuletzt am Donnerstag während des Bildungsstreiks. Die ausgesprochen ruhig verlaufene Demonstration war am Odeonsplatz eingetroffen. Ein paar Demonstranten hatten samt iher Banner die öffentlich zugängliche Feldherrnhalle erklommen, die Demonstrationsleitung ihrerseits per Lautsprecher dazu aufgerufen, dieses öffentliche Fiskaleigentum des Freistaats Bayern wieder zu räumen. Die Menge folgte der Aufforderung, Bereitschaftspolizisten mit der Kennung 14/20 und 14/21 rückten auf und drängten den weichenden Schülern und Studenten nach. Ich stand oben in der Feldherrnhalle, wo sich bei Demonstrationen Journalisten und Fotografen dank der erhöhten Position gern ein besseres Bild von den Kundgebungen machen.
Ein Polizeibeamter der 14/21er forderte mich auf, auch den Platz zu räumen, woraufhin ich ihm meinen Presseausweis zeigte und erklärte, ich sei Journalist und würde mir gern noch von oben einen besseren Eindruck verschaffen.
Ohne weitere Vorwarnung stieß mich daraufhin der Polizist von der obersten Kante der Feldherrnhalle die Treppe herunter und sagte gleichzeitig: „Das ist mir wurscht“.
Glücklicherweise bin ich nicht gestürzt, habe mich daher auch nicht verletzt. Alles paletti, könnte man sagen. Aber natürlich bleibt es ein Exzess, wenn ein Polizist in so einer ruhigen Situation unmittelbaren Zwang einsetzt. Und offenbar einen Sturz und damit eine Verletzung billigend in Kauf nimmt.
Schwerer wiegt die Entscheidung des Beamten, Presse mit Demonstranten gleichzusetzen. Man mag jetzt einwerfen, daß heutzutage allen möglichen Leuten der Presseausweis quasi nachgeworfen wird. Das ändert aber nichts an den – gerichtlich untermauerten – Spielregeln, daß eben Journalisten gegenüber der Polizei wie auch generell gegenüber dem Staat besondere Freiheiten genießen. Ein Grundrecht übrigens. Und wo gegenüber der unüberschaubaren Schar von Journalisten ein zusätzlicher Raster nötig ist, gibt es die Möglichkeit von besonderen Akkreditierungsmaßnahmen. Das mag vielleicht bei einem G20-Gipfel oder der Sicherheitskonferenz auch von Nöten sein, aber sicher nicht bei einer gewöhnlichen Schüler- und Studenten-Demo. (Und daß dann auch noch ausgerechnet in der Feldherrnhalle ein Uniformierter die Pressefreiheit mit Füßen tritt respektive mit der Hand wegschiebt, ist natürlich ganz besonders apart.)
Da kann man sich schon fragen, wieso ein Polizeibeamter ausgerechnet bei einer so friedlichen Kundgebung sich zu einem körperlichen Angriff hinreißen läßt. Wird da allein die Anwesenheit hunderter fröhlich demonstrierender Schüler und Studenten als Provokation empfunden? Diese Lackel, die es sich an Gymnasien und Unis gut gehen lassen, während der Herr Polizist hart arbeiten muß!
Oder hat es System? Denn das war nun in meinem Berufsleben bereits das zweite Mal, daß Polizeibeamte meine Arbeit derart behinderten. Das erste Mal war im Dezember 2009, als die Ludwig-Maximilians-Universität mit einer Aussperrung auf die Besetzung des Audimax durch Studenten reagierte. Unter Berufung auf den LMU-Präsidenten Bernd Huber ließ die Polizei damals auch die Presse nicht mehr in die Uni. Eine Entscheidung, die nicht nur vom Deutschen wie Bayerischen Journalisten-Verband verurteilt wurde, sondern für die sich Huber in einem höchstoffiziellen Kotau auch noch entschuldigte. Ein „Mißverständnis“.
Interessanterweise war der Einsatzleiter, der vor zwei Jahren der Presse höchstpersönlich den Zutritt zur Uni versagte, sich dabei ausdrücklich auf Professor Huber berief und jede weitere Diskussion mit den Journalisten rüde ablehnte, auch diesen Donnerstag zwischen Geschwister-Scholl- und Odeonsplatz präsent.

Donnerstag, 17. November 2011

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Heubisch & die Studiengebühren: Er hat ganz schön gebohrt

Das kameralistische Prinzip, um jeden Preis das verbliebene Restbudget zum Jahresende rauszuhauen, scheint der Ego-Shooter der Bürokraten zu sein. Denn nur mit einem aufgebrauchten Etat kann man seinen Rang in der Hackordnung halten oder vielleicht sogar in der nächsten Budgetrunde noch eine Schippe dazu bekommen.
Der Zahnarzt vom Arabellapark setzt aber noch eins drauf und überträgt das unsinnige wie überholte Prinzip auf die Verwendung von  Studiengebühren, um sein Bollwerk zu deren Wahrung zumindest propagandistisch zu stärken. Seit gestern kursiert im Internet sein Schreiben vom 19. November an die Vorsitzenden der Leitungsgremien der staatlichen bayerischen Hochschulen zur zeitnahen Verwendung der Restmittel. Zuerst gesehen habe ich es bei Bildungsprotest Würzburg, inzwischen wurde offenbar eigens dafür sogar BayernLeaks  gegründet. Meine schriftliche Anfrage an die Pressestelle des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zur Authentizität des – mit auffälligen Fehlern versehenen – Briefes blieb bislang unbeantwortet, aber laut der „Augsburger Allgemeinen“ hat das Ministerium die Authentizität inzwischen bestätigt (Fettungen im Lauftext durch mich):

Studienbeiträge:
zeitnahe Verwendung der Restmittel

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Herren Präsidenten,
sehr geehrter Herr Rektor,

mit meinem Schreiben vom 13. April 2010 habe Sie gebeten, darauf zu achten, dass noch vorhandene größere Restmittel aus eingenommenen Studienbeiträgen früherer Erhebungszeiträume zeitnah bedarfsgerecht verausgabt werden. In meinem Bericht an den Bayerischen Landtag über die Erhebung und Verwendung der Studienbeiträge an den staatlichen Hochschulen in Bayern 2009 habe ich angesichts der zum 31.12.2009 auf 106 Mio. Euro weiter angewachsenen Reste zugesichert, Sie an diesen Appell erneut zu erinnern.

Die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer zügigen und zweckentsprechenden Verwendung der Studienbeiträge zur Verbesserung der Studienbedingungen sind mir sehr wohl bewusst. Vor allem das komplexe Verfahren unter paritätischer Studierendenbeteiligung muss daher in Rechnung gestellt werden. In meinem Bericht an den Landtag habe ich auf diese Rahmenbedingungen hingewiesen, die einen zeitnahen und vollständigen Mittelabfluss hemmen.

Um die politische Unterstützung für die Erhebung der Studienbeiträge in Bayern nicht zu gefährden, möchte ich aber im nächsten Jahr dennoch nicht von einem weiteren Ansteigen der Restmittel berichten müssen, sondern auf einen Abfluss der angesparten Reste hinweisen können. Der politische Druck gegen eine Beibehaltung der Studienbeiträge hat im Zusammenhang mit der Abschaffung der Studienbeiträge und der vergleichbaren Gebühren in anderen Ländern zugenommen. Außerdem ist es für die Akzeptanz der Studierenden wesentlich, dass die eingenommen Mittel zeitnah eingesetzt werden und die Studierenden als Beitragszahler die Verbesserungen noch als „ihre unmittelbare Beitragsleistung“ wahrnehmen können.

Die bayerische Staatsregierung hat sich eindeutig für eine Beibehaltung der Studienbeiträge und der damit verbundenen Möglichkeiten der Hochschulen zur Verbesserung der Studienbedingungen über die staatliche Grundausstattung hinaus ausgesprochen.

In diesem Sinne wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sie für einen zeitnahen Resteabfluss Sorge tragen könnten.

Mit bestem Dank für Ihre Unterstützung und freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Heubisch

Mittwoch, 13. Januar 2010

Studenten eröffnen Besetzersaison 2010

Im Überschwang der Bildungsdemo heute haben die Münchner Studenten am späten Nachmittag den Hörsaal S005 in Erdgeschoß der Schellingstraße 3 besetzt. Etwa 40 Studenten waren eben noch anwesend, vier von ihnen wollen über Nacht bleiben. Bevor sich die für die Demo hier gastierende Wiener Delegation in die lokalen Beisl verzog, wurde noch diskutiert, inwieweit der nur durch einen schmalen Gang erreichbare Hörsaal zu abgelegen sei, aber es fiel noch keine Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs. Polizei war bislang nur am Hintereingang des LMU-Hauptgebäudes in der Amalienstraße zu sehen, ob die in Unterlagen blätternden Beamten den Audimax sichern, sich für die Schellingstraße vorbereiten oder aus ganz anderen Gründen dort Stellung bezogen, ist unklar.

Updates: Polizei hat bereits geräumt. Laut „Abendzeitung“ haben sich die Studenten freiwillig „getrollt“, als sie von der Universitätsverwaltung dazu aufgefordert wurden, die „Süddeutsche“ schreibt dagegen, die Polizei hätte den Saal gegen 21 Uhr „räumen“ lassen.

Mittwoch, 30. Dezember 2009

DJV: „Uni München – Journalisten unerwünscht“

„Schlechte Karten hatten Journalisten über die Weihnachtsfeiertage bei der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Wer die Studenten interviewen, filmen oder fotografieren wollte, die seit dem 11. November das Audimax besetzt hielten, stand vor verschlossenen Türen und vor privaten Wachschützern, die außer Uni-Mitarbeitern niemanden hinein ließen. Dass sich Journalisten mit Hilfe des Presseausweises legitimieren können, hat die Uni-Leitung dem Wachdienst nicht mitgeteilt, räumte LMU-Sprecherin Luise Dirscherl gegenüber dem DJV ein.
Wenig pressefreundlich ging es zwischen den Jahren weiter. Fotos vom leeren Audimax nach der Räumung am 28. Dezember untersagte die Pressesprecherin. Solche Bilder seien unangemessen.
Der DJV meint: Diese Entscheidung können Bildjournalisten am besten selber treffen.“
„DJV-news 136“

Updates: Es liegt nicht allein am Wachdienst. Am Freitag abend hat die Einsatzleitung der Polizei ausdrücklich den vor Ort Verantwortlichen der Universitätsleitung gefragt, ob Journalisten, die sich wie ich mit Presseausweis legitimiert haben, ins Haus dürften, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Die Universitätsleitung hat daraufhin explizit entschieden, daß sie auch gegenüber der Presse von ihrem Hausrecht Gebrauch macht und wir die LMU nicht betreten dürften.

Im „BJV-report“ 1/2010 äußert sich jetzt auch der bayerische Journalisten-Verband Mitte Februar (der aber meine Mail von Ende Dezember bis heute unbeantwortet ließ): „Ein reiner Verfahrensfehler“, zitiert Alois Knoller in seinem Artikel die LMU-Pressesprecherin Luise Dirscherl, die sich am 2. Februar mit LMU-Kanzler Christoph Mülke und BJV-Vorsitzenden Wolfgang Stöckel zusammensetzte, um die Aussperrung der Medien zu diskutieren. „Möglicherweise“ hätten Wachleute nicht nur Besetzern und Sympathisanten, sondern auch Journalisten den Zugang zur LMU verweigert. In einer vergleichbaren Situation, so Mülke, würde man in einer vergleichbaren Situation anders entscheiden.
Wie nun? War es ein Irrtum der Wachleute? Dann müßte die Universitätsleitung auch nicht anders entscheiden. Oder war die Behinderung der Presse von der LMU gewollt? Dann läge kein Verfahrensfehler vor.
So oder so: Kein Wort dazu, daß nicht nur die Wachleute aktiv waren, sondern Einsatzkräfte der Polizei nach Rücksprache mit der LMU Journalisten den Zutritt zur Universität verweigerten.

Update vom 24. Januar 2020
Über zehn Jahre später scheint die LMU nichts dazugelernt zu haben. Bei einer #unibrennt-Veranstaltung sind wieder Studenten ein- und Journalisten ausgesperrt worden. „Unartige Kinder einzusperren, gehört zu den Methoden der Schwarzen Pädagogik von Erwachsenen. Damit jüngere Menschen zur Räson zu bringen wirkt 2020 - jedenfalls hierzulande - wie ein inadäquates Mittel aus vordemokratischen Zeiten. Und wie schon früher: Gebracht hat es auch am Mittwochabend in der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) nicht viel“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Montag, 28. Dezember 2009

Endet die Freiheit der Presse in der Universität?

Wer die Vorgänge der letzten drei Tage an der Ludwig-Maximilians-Universität in den Münchner Medien nachlesen will, wird sich durch zahlreiche Anführungszeichen und Konjunktive kämpfen müssen, denn bei allem Nachrichtenwert (Audimax besetzt, Polizeieinsatz auf dem Universitätsgelände, Sperrung von Fluchtwegen trotz etwa 60 im Gebäude Anwesender) gab es nur eine Quelle: die Besetzer, und somit nur Beiträge vom Hörensagen, ohne die Möglichkeit, die Fakten zu überprüfen.
Denn mit der Aussperrung von Studenten und Sympathisanten ohne vorherige Ankündigung am ersten Weihnachtsfeiertag hat Prof. Dr. Bernd Huber, Präsident der Universität, auch sämtliche Journalisten des Hauses verwiesen. Mit der Begründung, die Uni sei „geschlossen“ durfte die Presse vom 25. Dezember bis heute nicht mehr aufs Universitätsgelände. Auf Rückfrage durch die Einsatzleitung der Polizei am Freitag abend bekräftigte die Universitätsleitung, daß sie auch gegenüber den Journalisten von ihrem Hausrecht Gebrauch macht.
Auf gut deutsch: Hausverbot für die Medien an einer deutschen Uni, wodurch – ausgerechnet in der Ära des FDP-Ministers Heubisch – der Begriff Exzellenzuni eine neue Bedeutung erhält: die akademische Freiheit schlägt nun im Verfassungsrang die Pressefreiheit, selbst wenn dies wie letzten Freitag mit Polizeigewalt durchgesetzt werden muß. Die Besetzung des Audimax mag heute morgen beendet worden sein, aber über den Platzverweis für die Presse während der letzten drei Tage wird noch zu reden sein.

Updates: „Neutrale Berichterstatter wurden von der Uni allerdings trotz mehrfacher Nachfrage nicht ins Gebäude gelassen.“ ddp

Tatsächlich, selbst nach der Räumung bleibt die Presse weiter ausgesperrt und durfte sich beispielsweise heute nicht selbst ein Bild von den Zuständen im Hauptgebäude machen. Wie ein Securitas-Mitarbeiter heute zu mir meinte, wäre es so sicherer.

Gegenüber dem von mir eingeschalteten Deutschen Journalisten-Verband erklärte die Pressesprecherin der Universität, Luise Dirscherl, es seien zwar während der Weihnachtsfeiertage Journalisten vom Wachdienst abgewiesen worden. Sie selbst sei jedoch über Handy erreichbar gewesen und habe in mehreren Fällen dafür gesorgt, dass Journalisten die Uni betreten konnten, beispielsweise ein Mitarbeiter der „Süddeutschen Zeitung“. Am gestrigen Montag habe sie entschieden, dass nach der Räumung keine Foto- und Filmaufnahmen vom leeren Audimax gemacht werden durften. Sie habe solche Bilder für „unangemessen“ befunden. Der DJV hält dieses Fotoverbot für fragwürdig und wird in den morgigen „DJV-news“ darüber berichten.



Inzwischen hat sich auch der Bayerische Journalisten-Verband „mit großer Verwunderung“ über die Behinderung der freien Berichterstattung an die Universitätsleitung gewandt und mit den Verantwortlichen getroffen.

Freitag, 25. Dezember 2009

LMU: Geschlossener Vollzug zu Weihnachten






















Die stade Zeit des ersten Weihnachtstages nutzt die Ludwig-Maximilians-Universität, um der Besetzung des Audimax allmählich ein Ende zu bereiten. Seit heute sind die Eingänge zur Amalienstraße abgesperrt und der Haupteingang am Geschwister-Scholl-Platz vergittert. Besetzer, die Heiligabend bei ihrer Familie verbracht haben, dürfen ebensowenig wieder rein wie Sympathisanten oder die Presse. Die wenigen, die die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember im LMU-Hauptgebäude verbracht haben, sind teilweise in ihrer Bewegungsfreiheit innerhalb des Gebäudes eingeschränkt. Die Sicherheitskräfte im Gebäude sollen verstärkt worden sein, wobei man außen nicht viel davon bemerkt: zwei am Geschwister-Scholl-Platz geparkte Autos privater Sicherheitsunternehmen und sanft erhöhte Präsenz von Fußstreifen und umherkreisender Polizeiautos. Zu einer ersten Solidaritätskundgebung versammelten sich zwei Dutzend Münchner vor dem verschlossenen Haupteingang und kommunizierten via Kassiber, Walkie-Talkie, Handy und Internet mit den im Hauptgebäude Verbliebenen. Es wurden sogar große weiße Blätter mit Kurznachrichten hochgehalten, um die etwa zehn Meter breite Demarkationslinie zu überbrücken. Angeblich soll dann Montag die Räumung erfolgen.

Updates:
Kerstin Mattys über das „Fort Knox ohne Armee“.
„Abendzeitung“ zitiert den Verdacht, die Besetzer sollten „ausgehungert“ werden.
Die „Süddeutsche“ über die „Räumung auf Raten“.
Aktuelle Bilderstrecke der „Süddeutschen.“

Nachdem offenbar im Laufe des Nachmittags sich etwa 20 Sympathisanten Zutritt in die LMU verschafft und andere auf der Ludwigstraße spontan demonstriert hatten, kam es zu einem Polizeieinsatz. Die Polizei lieferte auch schwere Eisenketten, mit denen sämtliche Gittertüren am Geschwister-Scholl-Platz, immerhin ausgewiesene Fluchtwege, abgesperrt wurden.

Verordnung über die Verhütung von Bränden (VVB)
§ 22
(1) Zu- und Ausgänge, Durchfahrten, Durchgänge, Treppenräume und Verkehrswege, die bei einem Brand als Rettungswege und als Angriffswege für die Feuerwehr dienen können, sind freizuhalten.
(2) Türen im Zug von Rettungswegen aus Räumen, die dem Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen dienen, dürfen, solange die Räume benutzt werden, in Fluchtrichtung nicht versperrt sein.

Die Vertreter der Unileitung vor Ort erklärten gegenüber der Polizei, daß der Dialog mit den Besetzern endgültig für abgebrochen erklärt wird, und auch der Presse kein Zugang ins Gebäude gewährt werden dürfe, da die Uni „geschlossen“ sei.







Stellungnahme der Münchner Branddirektion heute abend zur Sperrung der LMU-Eingänge:

„Generell ist es untersagt ausgewiesene Rettungswege zu versperren, wenn sich Personen in dem dazugehörigen Sicherheitsbereich befinden.

Allerdings ist bei einer Personenzahl von 40-60 laut der bayerischen Bauordnung ausreichend, wenn es mindestens zwei voneinander unabhängige Fluchtwege gibt.

In diesem Fall müßte also geprüft werden wie viele Fluchtwege noch zur Verfügung stehen, ob deren Länge nicht überschritten wird und ob sie klar gekennzeichnet sind.

Die Aussage, daß sie im Brandfall oder sonstigen Notfall geöffnet werden könnten ist völlig irrelevant, diese Türen sind in jedem Fall als verschlossen zu betrachten und gelten in keinem Fall als Rettungsweg!“


Update vom 24. Januar 2020

Über zehn Jahre später scheint die LMU nichts dazugelernt zu haben. Bei einer #unibrennt-Veranstaltung sind wieder Studenten ein- und Journalisten ausgesperrt worden. „Unartige Kinder einzusperren, gehört zu den Methoden der Schwarzen Pädagogik von Erwachsenen. Damit jüngere Menschen zur Räson zu bringen wirkt 2020 - jedenfalls hierzulande - wie ein inadäquates Mittel aus vordemokratischen Zeiten. Und wie schon früher: Gebracht hat es auch am Mittwochabend in der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) nicht viel“, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Mittwoch, 11. November 2009

München brennt – LMU besetzt

Die organisierten Unibesetzer im Saal M118, eine eher bayrisch-punkig-anarchistisch wirkende Gruppe im Audimax. Als ich die Uni gegen 21 Uhr verließ, war noch eine Diskussion im Gange, ob sich die beiden Plenen im kleineren Saal vereinigen. Das Audimax bleibt aber auf jeden Fall das Ziel – spätestens für morgen. Mindestens zwei Dutzend Studenten wollen über Nacht in der LMU bleiben.

Aktuelle Tweets aus der Ludwig-Maximilians-Universität.



Updates: Um 22.50 Uhr vereinigen sich alle Gruppen im Audimax. Donnerstag früh ab 11 Uhr will das Plenum dort weiter tagen. Morgenplenum bereits um 9.30 Uhr im Audimax.

Blogeintrag vom Weihnachtswochenende zur Aussperrung der Studenten.