So detailliert informiert der „Familienkalender“ der „Süddeutschen“ zumindest über die Neugeborenen in München, Freising und Fürstenfeldbruck, und in Zeiten, in denen sich die Bürger und Kommunen so sehr über Google Street View aufregen, überrascht es doch wie wohlfeil man mit den weit persönlicheren Geburts- und Adreßdaten umgeht.
Solche Datenübermittlungen sind nach Artikel 15 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Anläßlich der Veröffentlichung von Eheschließungen durch die Standesämter hat der Bayerische Beauftragte für Datenschutz in seinem 20. Tätigkeitsbericht 2002 ausgeführt:
„Sowohl nach personenstands- als auch nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist es nur dann möglich, Informationen über Eheschließungen an die Presse weiterzugeben, sofern die betroffenen Bürger nach genauer Information sich mit der Weitergabe ihrer Daten einverstanden erklärt haben. Auch die Bekanntgabe von Eheschließungen im gemeindlichen Mitteilungsblatt darf, mangels einer Rechtsvorschrift, die dies erlauben oder anordnen würde, nur mit Einwilligung der Betroffenen erfolgen. Dazu genügt nicht, dass die Verlobten der Veröffentlichung nicht widersprochen haben, sondern dass sie gegenüber der Gemeinde ihr Einverständnis hierzu erklärt haben. Dies gilt auch bei einer Veröffentlichung dieser Daten im Internet auf der Homepage der jeweiligen Gemeinde.“
Vergleichbares gilt für Geburten. Das Münchner Standesamt legt daher Eltern, die die Geburt ihres Kindes melden, ein Formblatt vor, auf dem sie zustimmen können, Namen, Adresse und Geburtsdatum im Rathaus öfentlich auszuhängen sowie zur Veröffentlichung an die „Münchner Presse“ weiterzuleiten.
In Freising sieht das Formblatt einen um „ortsansässige Banken und Sparkassen, Versicherungen oder andere interessierte Stellen“ erweiterten Empfängerkreis vor. Fürstenfeldbruck beliefert auch Versicherungen und „sonstige Interessenten“ (und läßt sich als einzige der drei Gemeinden diesen Service beispielsweise von der „Süddeutschen Zeitung“ mit
Abgesehen davon, daß man vielleicht mal grundsätzlich hinterfragen sollte, wieso dieser archaische Brauch der Veröffentlichung von Geburtsdaten im Zeitalter der informationellen Selbstbestimmung noch angebracht ist, muß man feststellen, daß beispielsweise das Standesamt München das Widerrufsrecht der Eltern in seinem Formblatt verschweigt.
Ein Geschmäckle besitzt auch das neue Format des „Familienkalenders“ nach dem Relaunch des Lokalteils der „Süddeutschen Zeitungen“. Handelte es sich bei der Veröffentlichung bislang um eine kleine redaktionelle Rubrik, so werden die Daten neuerdings als ganzseitige, bunte „Anzeige“ veröffentlicht. Ob diese kommerzielle Nutzung durch den Ausdruck „Münchner Presse“ in der Einwilligungserklärung ausreichend gedeckt ist, wage ich zu bezweifeln.
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