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Montag, 31. Juli 2023

Rosa von Praunheim wechselt nach der Verbannung aus der Kirche in die Galerien

Es war ein Paukenschlag wie zu Rosa von Praunheims besten Zeiten. Nachdem der Berliner Multikünstler in letzter Zeit mit einer Stofftierausstellung („Ich bin ein Gedicht“) und dem Spielfilm „Rex Gildo – Der letzte Tanz“ auf Kuschelkurs schien, erregte er nun in Nürnberg die Gemüter wie es sich sonst kaum einer traut. 
Ausgerechnet in der Egidienkirche sollte Rosa von Praunheim (80) als „Highlight“ der Prideweeks des CSD Nürnberg vom 21. Juli bis 12. August 2023 Gemälde unter dem Titel „Jesus liebt“ ausstellen. Bilder zu Christentum, Homosexualität und Religionskritik. Das Programmheft versprach, dass der „provokante Chronist“ sich in den Bildern „gewohnt pointiert, kritisch und unverblümt mit repressiver Religion und befreiter Sexualität, Liebe und Tod“ beschäftige. Es waren provokante Bilder, teils mit expliziten sexuellen Handlungen. 
Nach anhaltender massiver Kritik konservativer Christen wurde die am 21. Juli eröffnete Ausstellung bereits drei Tage später zunächst vorübergehend geschlossen. Am Abend des 27. Juli gab sich der Kirchenvorstand geschlagen und entschied einstimmig, die Ausstellung dauerhaft zu schließen. Pfarrer Martin Brons erklärte, dass es die Aufgabe der Kirche sei, „in der Kraft des Evangeliums zu einen, zu heilen und zu versöhnen. Wir bedauern sehr, dass die Ausstellung das Gegenteil bewirkt hat.“ Angesichts des „erheblichen Ausmaßes an Hass, Hetze, Unterstellungen und unbelegten Vorwürfen“ meinte der Kirchenvorstand erkannt zu haben, dass „die Themen derzeit nicht angemessen kommuniziert und diskutiert werden können“
Mit „sehr großem Bedauern“ hat der die Ausstellung mitorganisierende Förderverein Christopher-Street-Day Nürnberg e.V. die vollständige Schließung der Ausstellung zur Kenntnis genommen: „Wir halten diesen Entschluss für ein fatales Zeichen aus dem Raum der Kirche. Denn wir haben nun hautnah erlebt, wie rechtsextreme und evangelikale Kräfte versuchen, Homosexualität weiter zu verteufeln, zu beschämen und aus dem Raum der Öffentlichkeit zu drängen. Wir mussten erfahren: Kirche ist in diesem konkreten Fall kein ‚safe space‘ für queere Menschen und ihre Kultur gewesen. Aktuell arbeiten wir mit dem Egidien Kulturpfarrer Thomas Zeitler daran, einen neuen Ausstellungsort zu finden, damit sie spätestens zum Finale der Prideweeks allen auswärtigen und Nürnberger Teilnehmenden zur Besichtigung und eigenen Bewertung zur Verfügung steht.“ Die Egidiuskirche teilte diese Statement auf ihrer Facebook-Seite mit dem Kommentar: „Auch diesen Reaktionen müssen wie uns jetzt stellen.“ 
Rosa von Praunheim, der 1971 seinen Durchbruch hatte mit dem Spielfilm „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“, erregte nicht mehr so sehr die Gemüter, seit er 1991 in einer Fernsehsendung Alfred Biolek und Hape Kerkeling – gegen deren Willen – als homosexuell geoutet hat. Die in Nürnberg abgebrochene Ausstellung will er nun künftig in Galerien statt in einer Kirche zeigen. Anfang Oktober in der Kunstbehandlung in München und Anfang Dezember dann in der Hamburger Kunstkantine.

Eine Version dieses Artikel erschien in der Wochenendausgabe der „tz“ vom 29./30. Juli 2023.

Donnerstag, 16. Februar 2023

Wieso Rosa von Praunheim seinen Rex-Gildo-Film umschneiden musste

Wahrscheinlich muss man dafür schon ein*e akribisch aufmerksame*r Zuschauer*in sein, aber wer Rosa von Praunheims Dokudrama „Rex Gildo – Der letzte Tanz“ bereits auf dem Münchner Filmfest gesehen hat, dem/der wird auffallen, dass im Ersten und auf RBB diese Woche wie auch bereits die letzten Monate in der ARD-Mediathek eine leicht geänderte Fassung des Films gezeigt wird. Mein Berliner Anwalt hat das erreicht.

Denn als ich Rosas Films erstmals während des Filmfests sah, war ich doch etwas erstaunt. Ich hatte im Rahmen meiner Recherchen für Nico Woches Drehbuch die Münchner Archive geflöht und dabei auch diverse Zeitungsausgaben fotografiert. Fünf dieser Bilder mit Schlagzeilen der „Abendzeitung“ und „tz“ hatte Rosa nun in seinen Film eingebaut. Ohne mit mir vorab darüber zu reden, mich im Abspann als Urheber zu nennen oder mir gar für die Verwendung meiner Fotos ein Honorar zu bezahlen.

Genauso wenig wurde ich im Abspann für meine Archivrecherchen erwähnt. Nur der Kollege vom produzierenden RBB fand Erwähnung.

Als ich diesbezüglich Rosa anschrieb, bot er mir 250 Euro Honorar für die Verwendung meiner Fotos, schloß aber jede Nennung im Abspann ab – sei es als Urheber der Bilder oder für meine Recherchearbeit.

Mein Anwalt sah das etwas anders, und letztendlich musste Rosa alle meine Bilder aus dem Film entfernen, mir für die Verwendung des Materials in der Festivalfassung ohne Urheberangabe 500 Euro zahlen und die Anwaltskosten übernehmen. In der neuen Fassung werde ich nun auch mit einem Credit für meine Archivrecherchen gewürdigt.

Mittwoch, 15. Februar 2023

Wie ich beim Münchner Filmfest einmal nicht groß herauskam

Heute Abend erlebt Rosa von Praunheims Dokudrama „Rex Gildo – Der letzte Tanz“ seine Erstausstrahlung im Ersten, wenn auch die ARD den Film kurz nach Mitternacht eher versendet, nachdem er bereits einige Monate in der Mediathek online ist. Der RBB wiederholt ihn dann immerhin drei Tage später, am Samstag zur Prime Time um 20.15 Uhr.

Seine Welturaufführung hatte der Film am 30. Juni 2023 2022 auf dem Münchner Filmfest und ich hatte mich sehr darauf gefreut. Dem Festival war ich seit seiner Gründung auf vielfache Weise verbunden. Als akkreditierter Journalist, als Gast, als Betreuer eines Abschlussfilms, und – wenn auch nur bei einem Ableger, dem Internationalen Festival der Filmhochschulen bzw. Filmschoolfest – als Betreuer des Twitter-Accounts.

Naiv wie ich bin, hatte ich vom Gang über den roten Teppich geträumt und davon, mich mit der Crew im Filmtheater am Sendlinger Tor nach der Vorstellung auf der Bühne zu verneigen. Immerhin war ich vor wie hinter der Kamera ein bisschen an dem Film beteiligt. Für Nico Woches Drehbuch hatte ich 2017/2018 in Münchner Archiven recherchiert sowie Zeitzeugen aufgetan und interviewt. Und letztes Jahr überredete mich Rosa, auch als „Zeitzeuge“ vor die Kamera zu treten und von meinen Recherchen zu erzählen.

Mit einer Akkreditierung als am Film Beteiligter wurde es dann nichts, was nicht weiter schlimm war, da ich meine jährliche Akkreditierung als Journalist besaß. Hinsichtlich der Eintrittskarten für die Premiere kannte ich erfahrungsgemäß drei Möglichkeiten: Freikarte des Veranstalters für Beteiligte. Oder der Filmproduzent übernimmt die Kosten der Eintrittskarte. Bei Low-budget-Filmen schließlich der dritte Weg: Der Produzent organisiert die Tickets und die Crewmitglieder erstatten ihm die Kosten. Bei Rosa lernte ich eine vierte Möglichkeit kennen: Ich sollte die Eintrittskarte nicht nur bezahlen, sondern mich selbst darum kümmern, eine zu ergattern. Das gibt einem nicht unbedingt das Gefühl, bei der Vorführung erwünscht zu sein.

Zumal mir auch niemand erzählt hat, dass nach der Vorführung eine Premierenparty bei Roy geplant war. Eine Feier, zu der Rosa zwar nicht mich eingeladen hatte, aber alle Zuschauer*innen im Kino hinzubat.