Sonntag, 16. März 2014

Die Freiheit und BIA im toten Winkel der „Süddeutschen Zeitung“

Die Presse hat ihre Tücken. Einerseits versteht sie sich als unbestechliche vierte Gewalt im Staat, als Hüterin des Schönen, Wahren und Guten. Andererseits sind Medienunternehmen Tendenzbetriebe, die das politische Geschehen durchaus auch aus Eigeninteresse beeinflussen wollen. Einige tragen ihre Gesinnung wie eine Monstranz vor sich, so der Axel Springer Verlag, andere handeln gelegentlich verschwiemelt, wie gerade die „Süddeutsche Zeitung“.
Mitte Januar schrieb deren Online-Redaktion Kandidaten für den Münchner Stadtrat an, um ihnen zwanzig Fragen zu stellen: „Wir wollen den zahlreichen Lesern unserer Seite vor der Stadtratswahl in München ein Gefühl dafür geben, welcher Partei sie inhaltlich nahestehen.“
 Wen sie nicht anschrieben, waren die Kandidaten der rechtsradikalen Die Freiheit und BIA.
Im Fragebogen deuten sie das nur recht indirekt an, indem sie „ein Meinungsbild aus den demokratischen Parteien“ ankündigen. Ohne ausdrücklich zu erwähnen, daß sie nicht alle Parteien befragen. Und bei allen berechtigten Vorbehalten gegenüber den politischen Brandstiftern der BIA: immerhin sitzt die Bürgerinitiative Ausländerstopp im alten Stadtrat, stellt also in Karl Richter ein vom Volk gewähltes Mitglied der kommunalen Selbstverwaltung. Kein Demokrat? Par ordre de mufti?
Am 6. März ging der Wahlthesen-Test dann online. Wieder ohne ausdrücklich auf den blinden rechten Fleck hinzuweisen. Zumindest wurde man etwas konkreter als drei Wochen zuvor gegenüber den Kandidaten: 14 Parteien und Wählergruppen bewerben sich um die 80 Sitze im Rathaus. (...) SZ.de hat jetzt mehr als 350 Kandidaten aller zwölf demokratischen Parteien und Wählergruppen gefragt, was sie über 20 zentrale Thesen zur Münchner Kommunalpolitik denken. 14. Zwölf. Da fehlen doch zwei.
Wieder wurde aber nicht ausdrücklich erwähnt, welche Parteilisten außen vor blieben. Und vor allem: warum?
Online-Chef Stefan Plöchinger erklärte auf Nachfrage: „Wir wollen Parteien, die sich an der Grenze unserer Grundordnung bewegen und von Stimmungsmache leben, keine Bühne bieten und haben das auch beim Wahlthesentest zur Bundestagswahl so gehalten. Wie wir über beide Parteien berichtet haben, sehen Sie an unserer Berichterstattung — wie bei jeder Partei kann sie jeder selbst beurteilen. Wir werden jedenfalls nicht, wie kürzlich eine bayerische Regionalzeitung, Parolen von Parteien am rechten Rand publizieren.“
So fiel im Wahlthesen-Test der „SZ“ zur Bundestagswahl etwa neben NPD und MLPD auch die AfD unter den Tisch – als Nichtdemokraten oder als Splitterpartei? Im Hessen Jochen Paulus hätte die AfD zumindest einen zu befragenden Landtagsabgeordneten gehabt. Bei der Kommunalwahl wenige Monate später war die AfD der „SZ“ jetzt doch gut genug, berücksichtigt zu werden.
Nur welche Bühne böte so ein Wahlomat sogenannten Antidemokraten? Die Thesen waren von der Redaktion vorgegeben. Viel mehr politischen Inhalt enthält der Beitrag nicht.
Die Angst vor einer Querfront mag die Redaktion getrieben haben – wobei Plöchinger Fragen nach dem Entscheidungsprozeß, nach dem Verantwortlichen für den Tabuspruch unbeantwortet ließ. Querfront, das heißt „die BIA gibt sich nach außen scheinbar bürgerlich, ist für bezahlbaren Wohnraum, Kita-Plätze“, schreibt ein Kritiker. Anders formuliert: Womöglich hätten ein paar „SZ“-Abonnenten entdeckt, daß ihre Standpunkte mit denen rechter Randgruppen übereinstimmen. Und wären in Versuchung gekommen, für sie zu stimmen. Nur: ist es Aufgabe von Journalisten, das zu verhindern? Wäre es nicht vernünftiger, diese Gefahr zu bannen, indem man sie konkret anspricht und die Taktik der Rechten mit Argumenten statt Schweigen bekämpft? Und wenn man sich schon fürs Ausschließen entscheidet: Hätte der Leser nicht verdient, darauf ausdrücklich hingewiesen zu werden?
Noch gestern behauptete die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrem Lokalteil: „Wer in seiner Wahlentscheidung noch unschlüssig ist, kann sich hier informieren: Unter sz.de/wahl-thesentest erfahren Sie, wie die Münchner Stadtratskandidaten über zentrale Themen denken.“ DIE Stadtratskandidaten? Das ist, drastisch formuliert, gelogen.
„Die NPD dürfe kein Argument bekommen, sich als Märtyrer zu inszenieren, weil man ihre Existenz verschweige“, hieß es dieser Tage in einem anderem Beitrag und natürlich in völlig anderem Zusammenhang in der „Süddeutschen“.

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