„Wir leben, leider, in einer Zeit der Desillusionierung. Was vor 20 Jahren undenkbar gewesen wäre, ist heute Tatsache. Rechtsextreme in unseren Parlamenten. Offener Judenhass auf deutschen Straßen. Kämpfe gegen Deutschlands Erinnerungskultur von rechts und von links.
Jüdische Menschen, die am liebsten wieder unsichtbar sein möchten.
Und noch etwas, das wir nie für möglich gehalten hätten: Ein Pogrom an Juden – in Israel“, sagte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern beim Festakt in der Hauptsynagoge Ohel Jakob am Sankt-Jakobs-Platz.
Desillusionierung prägte ihre Rede wie auch die von Alt-OB Christian Ude. Zwei von vielen Rednern, darunter Ministerpräsident Markus Söder, Oberbürgermeister Dieter Reiter und der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber.
Da verliert man schon einmal den Überblick. Als Landtagspräsidentin Ilse Aigner zum Rednerpult schritt, unsicher, ob sie überhaupt
schon dran sei, schickte die Moderatorin sie mit sanftem Tadel zurück auf ihren Platz. In Bayern müsse man das Programm schließlich „gscheit“ durchziehen. Nur um Aigner dann prompt, aber eben offiziell zu ihrer Rede zurück ans Pult zu rufen.
Wer die Erinnerungskultur als „Schuldkult“ diffamiere, mit Terroristen sympathisiere, Islamismus glorifiziere und zu Hass aufrufe, der überschreite Grenzen. Niemand solle sich täuschen: „Unsere Demokratie ist wehrhaft, der Rechtstaat schlagkräftig“, warnte Aigner.
Wie wichtig das ist, sah man schon bei der Grundsteinlegung 2003, als Münchner Neonazis einen Sprengstoffanschlag auf die Baustelle am Sankt-Jakobs-Platz planten.
Die Sorgen wurden seitdem nicht kleiner. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Gruppen wie die AfD dafür sorgen, dass wir Demokraten den Mut verlieren“, mahnte Söder beim Festakt zum 20. Jahrestag der Grundsteinlegung. „Wir sind die Mehreren; wir sind die Stärkeren; und wir wollen, dass unsere Demokratie so bleibt, wie wir uns das vorstellen“, sagte Söder.
Es war ein Abend voller Unsicherheit und Sorge, Liebe und Emotionen, aber dank Ude auch nicht ohne Witz: „Vom neunten Textbeitrag erwartet man nur, dass er zum Ende kommt“, begann er seine Rede, ohne sich etwa deshalb auch nur annähernd kurz zu fassen.Unter Verwendung meines Berichts, der zuerst in der „tz“ vom 10. November 2023 erschienen ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen