Freitag, 30. März 2007

Aus ist's mit dem Monopol

Wenn Prozesse einen schlauer werden ließen, säßen nicht so viele dumme, rassistische Zuschauer den lieben langen Tag in den Gerichtssälen herum, aber vielleicht liegt es auch daran, daß sie kaum der Verhandlung folgen, sondern sich am liebsten selber reden hören. Denn als es gestern zur Verhandlung von uns 185 Gaspreisrebellen gegen die Stadtwerke München kam, gab es einiges zu lernen.

Daß etwa die Justizwache nicht nur Hoheitsaufgaben übernimmt, sondern sich auch nicht zu schade ist, tatkräftig mit anzupacken, wenn die Sitzplätze bei dem Andrang nicht ausreichen.






Daß ein bei diesem Verfahren Strippen ziehender Stadtrat gern für die Fotografen auf die Klägerbank schlüpft, obwohl er gar nicht zu den Klägern zählt.

Daß Dorin ein rumänischer Männername ist, wie ich dem verdutzten Vorsitzenden Richter am Landgericht mit einem „Andere Länder, andere Sitten“ erklärte.

Oder daß es im Grunde vielleicht keine Monopole gibt.

Denn darum geht es im Wesentlichen: Wenn die Münchner Stadtwerke beim Gas ein Liefermonopol gehabt hätten, wäre der dafür zu entrichtende Preis vor Gericht in einer analogen Anwendung des § 315 BGB nachprüfbar. Ein ähnlicher Fall liegt zur Zeit beim Bundesgerichtshof (VIII ZR 36/06). Da bis zu einer BGH-Entscheidung aber noch einige Zeit vergehen kann, war das für alle Münchner Beteiligten kein Aussetzungsgrund.

Die Marschrichtung des Landgerichts erinnert an Radio Eriwan. Betreffs des Grundpreises unserer Gasverträge sieht es wohl keine Handhabe, da wir (1) entsprechende Verträge geschlossen und bis 2005 bezahlt hätten und (2), Achtung!, kein Gasmonopol bei Vertragsschluß bestanden hätte, da es einen Substitutionswettbewerb gäbe. Auf gut deutsch: Kein Mensch muß mit Gas heizen oder kochen, da er ja auf Nachtspeicheröfen und Elektroherde umsteigen kann. (So betrachtet frage ich, ob es überhaupt Monopole existieren?) Ich als armer Mieter sehe das anders, weil mich mein Vermieter hochkantig herausschmeißen würde, wenn ich seine Gastherme ausbaute, aber wir sind eben beide keine Juristen.

Nun aber die raffinierte Volte: Während der laufenden Verträge verschwindet der Substitutionswetbbewerb wie von Zauberhand, und das Gericht erkennt plötzlich eine Monopolsituation, da es nicht zumutbar wäre, dann noch den Energieträger zu wechseln. Also wird das Gericht in eine Beweisprüfung treten und die Zulässigkeit der Gaspreiserhöhungen vom 1. Juli 2005 sowie 1. Januar und 1. April 2006 nachrechnen.

Doch erst nachdem der Richter seine intellektuellen Folterwerkzeuge aufgezeigt hat, schienen die Stadtwerke möglicherweise einzuknicken und ihre Bereitschaft anzudeuten, nicht nur Zeugen, sprich: Mitarbeiter und Wirtschaftsprüfer, sondern handfeste Beweise wie Rechnungen oder Vertragsunterlagen dafür vorzulegen, daß sich ihre eigenen Einkaufspreise erhöht hätten.

Den Gedankenansatz der Kläger, daß diese Einkaufspreis überhöht sein könnten, weil der Lieferant eine Beteiligungsfirma der Stadtwerke ist, wies der Richter zurück, als ob er noch nie davon gehört hätte, wie auf diesem Wege Gewinne verschoben werden.

Am 24. Mai soll dann um 10 Uhr in Saal 6 des Landgerichts München I im Justizpalast das Urteil ergehen.

Mein Gas beziehe ich aber bereits ab Sonntag von der billigeren E.ON-Tochter „E wie einfach“ – das sind zwar auch keine Unschuldsengel, aber zumindest die Kulanteren. Update! So kann man sich irren: Bis Ende November lief der Vertrag mit der E.on-Tochter E wie einfach, Ende Dezember kam die Schlußabrechnung, derzufolge ich ein Guthaben von über 300 Euro besäße, und jetzt, Mitte Februar, warte ich immer noch darauf, daß mir der Konzern dieses Geld zurückerstattet.

Münchner Kummerspiele

Tom Kummer, obwohl Schweizer nun mal Deutschlands bekanntester redaktioneller Dieb und Betrüger war in der Stadt. Anläßlich des Erscheinens seiner Autobiografie „Blow up“ im Münchner Blumenbar-Verlag gastierte er in der Nachtlinie der Kammerspiele. Vorgestern hatte mir die Pressestelle noch eine Pressekarte angeboten, aber offenbar hatte ihnen meine Vorankündigung nicht gefallen. Zumindest stand ich nicht auf der Gästeliste.Also neun Euro gelöhnt und damit hoffentlich nicht nur die städtischen Bühnen unterstützt, sondern auch zur Resozialisierung Kummers beigetragen. Eintrittskarte gab es dafür nicht, nur einen Stempelabdruck. Mal sehen, ob das Finanzamt meinen Eigenbeleg mit diesem Beweisbild als absetzbare Arbeitskosten akzeptiert.

Im Neuen Haus hielt dann der alte Kummer Hof und zeigte sich recht uneinsichtig. Das Publikum scharwenzelte dennoch um ihn herum, sein Verleger Wolfgang Farkas schalt die Münchner Presse ob ihrer Abwesenheit und strickte eifrig an einer Dolchstoßlegende: Man schweige das Thema hier tot.

Für den Lesepart war der Schauspieler Robert Dölle zuständig, ästhetisch der passende Widerpart zu unserem Schweizer Windhund, schließlich trug Dölle sein Schlüsselband um den Hals und – nachts um 21.30 Uhr – auch noch kokett die Sonnenbrille drin hängend.

Wer auf eine Läuterung gehofft hatte, wurde schon während der Lesung eines besseren belehrt. Neben dem neuen Buch wurde auch ein altes Falsifikat aus Kummers Arbeit für das „SZ Magazin“ vorgelesen und so eine künstlerische Kontinuität konstruiert.

Im anschließenden Gespräch greinte Kummer gar bitterlich, von einem Tag auf den anderen keine Freunde und Kollegen mehr gehabt zu haben. Natürlich räumte er ein, Unrecht begangen zu haben, desperadomäßig gelogen, betrogen und gestohlen zu haben, wann immer es nötig gewesen wäre. Aber Ulf Poschardt, Moritz von Uslar & Co seien die Verantwortlichen, weil sie es versäumt hätten, seine Exklusivgeschichten auf den Wahrheitsgehalt abzuklopfen, während es Kummer schockierend fand, für den Bösewicht gehalten zu werden.

Wirklich schockierend ist nur Kummers Attitüde, seine Arbeit wäre Popjournalismus gewesen. Wer es für einen Kunstgriff hält, etwa Andy Warhol Zitate zu stehlen, um sie in einem erfundenen Exklusivinterview Ivana Trump in den Mund zu legen, ist nur ein mieser, kleiner Dieb und Betrüger.

Google Fight

Selbst beim Schwanzvergleich schlägt mich der Peter! Aber immerhin habe ich mehr Google-Einträge als Hans Werner Kilz, Frank Schirrmacher, Reinhold Beckmann, Andreas Petzold, Ulf Poschardt, Liz Mohn oder Friede Springer – falls deren von „V.i.s.d.P.“ veröffentlichten Zahlen stimmen. (via V.i.s.d.P.)

Donnerstag, 29. März 2007

Eisbär'n müssen nie weinen



Dresden Dolls: „Eisbär“ (live in Hamburg)

1,2,3, keine Zauberei

„Da muss ich doch nochmal meinen geheimen Klickgenerator anwerfen, um den alten Abstand wieder herzustellen,“ droht mir Peter in einem Kommentar und sammelt flugs 1800 neue Klicks an einem Tag.

Seiner Volontärin und den Kindern tun inzwischen sicherlich die Finger weh, aber die Mühe hätte er sich oder vielmehr ihnen ersparen können. Ich bitte Marc einfach, ihn nach obigem Geständis zu disqualifizieren und das Video zu löschen.

Gleich hab' ich Dich!

Nur noch tausend Klicks hinter Peter Turi!

Bunte Ahnungslosigkeit


Eine bedrohliche Ahnung, wie In-oder-Out-Listen entstehen, vermittelt die neue „Bunte“ auf Seite 18. Man schreibt über das miese kleine Machwerk „300“, ohne den Film offenbar gesehen zu haben, und klittert dabei auch noch ordentlich die Geschichte:

IN in den USA OUT im Iran: Der Film „300“ (Inhalt: Griechen besiegen Perser bei Thermopylae, 480 v. Chr.) ist ein Hit, aber Teheran tobt: Die Perser würden dumm und grob dargestellt, der Film müsse verboten werden. Diese Schlacht wird auch verloren gehen...

Liebe Kollegen, Hubert Burda würde jetzt wahrscheinlich Simonides von Keos, Hegel, nein, Friedrich Schiller zitieren: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest / Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.”

Ich halte mich an Franziska Augstein und ihren wunderbaren Aufsatz zum Leonidas-Mythos in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 14. Februar (leider nicht online): Zu den großen heroischen Beispielen sinnloser Selbstaufopferung gehört die gescheiterte Verteidigung des Thermopylenpasses im griechisch-persischen Krieg 480 vor Christus.

Damit Ihr es auch begreift: Die Griechen haben diese Schlacht verloren!

Wer sich schon publizistisch in Bushs Bataillone einzureihen versucht, muß ihn nicht auch noch an Dummheit übertreffen...

(Foto: Warner Bros.)

Gute-Nacht-Musik



Weil's gar so schön ist.

„Littlest Things“ von Lily Allen.

Rechenschaft

Falls treue Leser fragen: Die Haare sind ab, auch wenn das Kurzhaarterrier anders sehen und zu dokumentieren versuchen.

Aber Yoga ist aufgeschoben. Fand angesichts dieses Anschauungsmaterials meine Füße derzeit nicht vorzeigbar...

Mittwoch, 28. März 2007

Tom Kummer live

Im Grunde hat er schon immer auf die Bühne gehört und nicht – unter Ulf Poschardts Fittiche – als Journalist lügen und betrügen dürfen.

Borderline-Spezialist Tom Kummer, auf Deutschlandtour für sein neues Buch „Blow up“, liest morgen, Donnerstag abend im Neuen Haus der Münchner Kammerspiele.

Irgendwie scheint das die Woche der Unschuldslämmer zu sein.

(Foto: Blumenbar Verlag)

Am Vorabend des Prozesses

Morgen, am Donnerstag ist der erste Verhandlungstermin der Sammelklage von uns Münchner Gaspreisrebellen gegen die Stadtwerke: 14.15 Uhr in Saal 6 des Landgerichts im Justizpalast.

In Hannover hatte das Landgericht den dortigen Stadtwerken in einem Urteil vom 19. Februar überhöhte Tarife unterstellt, nachdem sich die Stadtwerke weigerten, Einsicht in ihre Gebührenkalkulation zu geben.

Es wäre eine völlig neue kundenfreundliche Strategie, wenn sich die Münchner Stadtwerke einsichtiger zeigten.

Drucken können sie auch nicht!

Ich habe mich schon gewundert, was Starfotografin Annie Leibowitz bei cute Knut im Berliner Zoo zu suchen hatte?

Nun erfahre ich via Turi, daß die deutsche „Vanity Fair“ morgen heute 16 Eisbär-Seiten bringt.

Nur mit welchen Bildern? Hat Annie nach Demi Moore, Whoopi Goldberg und anderen Hollywood-Stars jetzt den Babybären für „Vanity Fair“ abgelichtet? Das weiß ich immer noch nicht. Denn online präsentiert Ulf Poschardt nur den vollständigen Text, und das recht kleinlaut: „Leider können Sie die dazugehörige Geschichte wegen eines technischen Fehlers im Heft nicht bis zum Ende lesen – ein Teil wurde doppelt gedruckt, der Schluss fehlt.“