Montag, 20. August 2007
Von der Wiese in die Weltspitze
Bisher war Berkant Göktan immer nur der „Stürmer aus dem Englischen Garten“, doch heute nennt ihn die Presse plötzlich „den Ribéry der Löwen“.
Get a first life
„Alle Links unter http:// sueddeutsche.de/ netzdepeschen“ behauptet die „SZ“ heute auf Seite 13. Aber um 13.28 Uhr noch keine Spur davon. Daher hier der Link zu „Get a first life“, die Antwort des kanadischen Bloggers Darren Barefoot auf den Second Life Hype.
Geisterblog
Mariä Himmelfahrt 2007 wird wohl noch so legendär werden wie der Valentinstag 1929. In Duisburg die Mafia-Abrechnung, und in München killte Narziss seine Blogeinträge bei der „freundin“. Es gab nur zwei Überlebende, die erste Tagebuchnotiz vom 24. April 2006, „Im Straßencafé“, und das Farewell vom 15. August 2007: „Abschied von der freundin“. Dazwischen: nada! Um so erstaunter war ich heute, hier im Tivoli-Blog drei Klicks zu haben, die von einem gar nicht mehr existierenden „freundin“-Link kamen. Und bei einem kurzen Gegencheck mußte ich entdecken, daß sieben letzte Woche von Narziss gelöschte Beiträge bei der „freundin“ wieder online stehen. Schaufelt er jetzt wieder alles retour oder rekonstruieren irgendwelche Volontärinnen sein Werk?
„Die CD war gestern“
Will.i.am: Die CD war gestern, wir sollten sie schnellstens vergessen. Wen interessieren denn heute noch silberne Plastikscheiben, die nur 72 Minuten Musik enthalten? Selbst die jüngsten Kids laufen heute mit Festplatten herum, die irrsinnig viele Stunden Musik speichern können. Die Zukunft der Musik ist ein Rundum-Erlebnis, kein flacher Tonträger.(...)
„Süddeutsche Zeitung: Wie rundum kann denn ein Erlebnis im Internet sein?
Will.i.am: Man gibt den Leuten, was sie wirklich wollen, Bonus-Sachen, Extras, Logos, Material zum Remixen, was auch immer. Vor allem aber: echte Interaktivität, eine echte Gemeinschaft. Ich bin da im Netz, ich bin nur einen Klick weit entfernt. Das ist neu. (...) In diesem Moment findet ein Wettrennen darüber statt, wer Musik im Internetzeitalter definiert und wie das neue Zeitalter aussehen wird. Denn noch hat niemand eine funktionierende Verwertung im Netz erfunden. Die Leute sagen zwar, iTunes sei ein solches Modell, doch das halte ich für eine Fehleinschätzung. Apple bietet mit iTunes nur einen Verkaufskanal. Aber im Endeffekt geht es denen einzig darum, noch mehr iPods zu verkaufen. Tatsächlich muss die Musik im Internetzeitalter über den Inhalt, nicht über die Verbreitungsform definiert werden.(..)
SZ: In den Teilen von 'i.am Antik' (Will.i.ams neue Modekollektion, Anmerkung des Tivoli-Blogs) werden Codes eingenäht sein, mit denen man ein Album im Internet herunterladen kann, das nicht in den Plattenläden erscheinen soll. Ist das die ultimative Verzahnung von Musik und Mode, ist das Ihre Vorstellung von Zukunftsmusik?
Will.i.am: Man bekommt zwei Sachen für einen Preis, eine tolle Jeans und tolle Lieder, ganz einfach. (...) Und in den Sakkos, die in der Kollektion sind, wird die Musik sogar physisch vorhanden sein: In der Innentasche wird ein USB-Stick eingenäht sein mit den Liedern darauf.
Auszüge eines umfangreichen Interviews von Dirk Peitz mit Will.i.am von den Black Eyed Peas in der „Süddeutschen Zeitung“ heute.
(Foto: Universal/hiphopfotos.com)
„Süddeutsche Zeitung: Wie rundum kann denn ein Erlebnis im Internet sein?
Will.i.am: Man gibt den Leuten, was sie wirklich wollen, Bonus-Sachen, Extras, Logos, Material zum Remixen, was auch immer. Vor allem aber: echte Interaktivität, eine echte Gemeinschaft. Ich bin da im Netz, ich bin nur einen Klick weit entfernt. Das ist neu. (...) In diesem Moment findet ein Wettrennen darüber statt, wer Musik im Internetzeitalter definiert und wie das neue Zeitalter aussehen wird. Denn noch hat niemand eine funktionierende Verwertung im Netz erfunden. Die Leute sagen zwar, iTunes sei ein solches Modell, doch das halte ich für eine Fehleinschätzung. Apple bietet mit iTunes nur einen Verkaufskanal. Aber im Endeffekt geht es denen einzig darum, noch mehr iPods zu verkaufen. Tatsächlich muss die Musik im Internetzeitalter über den Inhalt, nicht über die Verbreitungsform definiert werden.(..)
SZ: In den Teilen von 'i.am Antik' (Will.i.ams neue Modekollektion, Anmerkung des Tivoli-Blogs) werden Codes eingenäht sein, mit denen man ein Album im Internet herunterladen kann, das nicht in den Plattenläden erscheinen soll. Ist das die ultimative Verzahnung von Musik und Mode, ist das Ihre Vorstellung von Zukunftsmusik?
Will.i.am: Man bekommt zwei Sachen für einen Preis, eine tolle Jeans und tolle Lieder, ganz einfach. (...) Und in den Sakkos, die in der Kollektion sind, wird die Musik sogar physisch vorhanden sein: In der Innentasche wird ein USB-Stick eingenäht sein mit den Liedern darauf.
Auszüge eines umfangreichen Interviews von Dirk Peitz mit Will.i.am von den Black Eyed Peas in der „Süddeutschen Zeitung“ heute.
(Foto: Universal/hiphopfotos.com)
Die Berliner Webuplik
Donnerstag fängt in Berlin das „9to5 – Wir nennen es Arbeit“-Festival an. Grund genug für die jetzt.de-Redaktion in der „Süddeutschen“ und online „zehn der wichtigeren Superberliner“ aus Deutschlands „unheimlicher“ Hauptstadt vorzustellen – und insbesondere deren Verflechtungen untereinander: Mercedes Bunz, Holm und Jens Friebe, Rainald Goetz, Kerstin Grether, Johnny Haeusler, Matthias Kalle, Sascha Lobo, Joachim Lottmann und Kathrin Passig.
Die US-Army ist ein weit größerer Verräter als jeder Blogger
„Women of CVN76: That Don't Impress Me Much“ war das YouTube-Video betitelt, das die US-Marine doch nachhaltig beeindruckt hat. Denn der Clip von Bord des Flugzeugträgers „Ronald Reagan“ zeigte nicht nur weibliche Marineangehörige, sondern gewährte auch Einblicke in den Nuklearantrieb – und wurde prompt zensiert. Wie „Wired“ jetzt aber enthüllte, liegt das größte Sicherheitsrisiko gar nicht im Web 2.0, sondern in den offiziellen Internetauftritten der Streitkräfte. Eine Untersuchung der Army Web Risk Assessment Cell ergab, daß dort weit mehr Geheimnisse preisgegeben würden als etwa in Blogs. Im untersuchtem Zeitraum 2006 fand man 1.813 „violations of operational security policy“ auf 878 offiziellen Webseiten des Militärs, aber nur 28 Verstöße in 594 überprüften Soldatenblogs. (via Boing Boing)
Sonntag, 19. August 2007
Auch bei den Franzosen läuft die Blogwerbung schlecht
Nicht nur Adical tut sich schwer, die Blogs mit bezahlten Anzeigen zu füllen. Die französischen Kollegen von Blogbang quälen sich auch, obwohl hinter den fünf Mitarbeitern immerhin der Werbekonzern Publicis steckt – und nicht nur ein paar Berliner Bohémiens. Angesichts eines Ertrags von knapp fünf Euro im August beschwert sich page2007 verständlicherweise, daß sich dafür der Aufwand kaum lohne. Accessoweb (siehe Grafik), der im August knapp über vier Euro eingenommen hat, wundert sich, wie seine Blogbang-Erlöse im August um 90 Prozent gegenüber dem Juli einbrechen konnten, wobei der Monat natürlich noch nicht ganz rum ist und Blogbang bereits Ende Juli sich nicht nur für einen Bug entschuldigen mußte, sondern auch einen lauen August prophezeit hat. Zur rentrée, im September soll alles besser werden. Accessoweb fehlt aber der Glaube und spielt mit dem Gedanken, die Werbeflächen zu reduzieren oder Blogbang ganz zu kippen.
Lost in Adagio
Wong Kar-Weis „2046“ – die schwermütigsten Liebesgeschichten, die elegischte Musik, die rauschhaftesten Bilder. Heute, 23.15 Uhr im Ersten.
(Bild: ARD Degeto)
Samstag, 18. August 2007
Neu: Jetzt noch ärmer!
Prada, Zegna & Co aus Mafia-Ateliers?
Bisher dachte ich, an Mode klebe nur Blut, wenn es sich um Pelzkreationen handelt. Doch Roberto Saviano enthüllt in seinem Mafia-Buch „Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra“ offenbar noch ganz andere kriminelle Zusammenhänge. Mit einer kleinen Einschränkung („Sein Stil steht dem Blog näher als der informativen Sozialreportage, ist hastig, hochfahrend und manchmal ein bisschen reißerisch“) feiert Dieter Richter heute das Buch groß im „SZ“-Feuilleton und hebt die in „Gomorrha“ enthüllte Zusammenarbeit zwischen der Modebranche und der Mafia hervor:
„Dutzende patriarchalisch geführte und von der Camorra mit zinsgünstigen Krediten versorgte Klein- und Mittelbetriebe, in denen hochqualifizierte Arbeitskräfte ohne Tarifverträge zu Billiglöhnen in Tag- und Nachtschichten arbeiten. Für die Auftraggeber von 'oben': die großen italienischen Modehäuser, die hier nach einem ausgeklügelten System des Dumpings produzieren lassen, nach von Luxus-Designern vorgegebenen Schnitten und mit frei Haus gelieferten Qualitätsstoffen. Was die Auftraggeber am Ende nicht abnehmen oder was bereits vorher 'abgezweigt' wurde, wandert mit Hilfe des 'Systems' in den zweiten und in den dritten Markt: 'echte Fälschungen', denen nichts fehlt als die Autorisierung durch den Konzern in Mailand oder Turin. Hier berühren die Tentakel des Systems auch unser eigenes Konsumverhalten. Wer hätte sich noch nicht über einen günstig erstandenen Anzug 'aus einem Stoff von Zegna', eine neue Tasche von Prada 'zum Schnäppchenpreis' gefreut?“
Vorletzte Woche bereits betonte Saviano im „SZ-Magazin“: „Die Modehäuser vertrauen nach wie vor ihren Subunternehmern und schieben so die Verantwortung von sich. Aus den kleinen, von der Camorra kontrollierten Nähfabriken Neapels stammt das Kleid von Melanie Griffith, das sie bei der Oscar-Verleihung trug, Madonnas Schuhe im Musical Evita stammen aus Mugnano bei Neapel. Nein, die Modelabels haben nichts verändert, schlimmer noch, es gibt Hinweise darauf, dass die großen Labels sich jetzt schon selbst fälschen und Modelle wie Stoffe gegen Provision freigeben, um diesen größeren Markt selbst zu bedienen und zu kontrollieren.“
„Dutzende patriarchalisch geführte und von der Camorra mit zinsgünstigen Krediten versorgte Klein- und Mittelbetriebe, in denen hochqualifizierte Arbeitskräfte ohne Tarifverträge zu Billiglöhnen in Tag- und Nachtschichten arbeiten. Für die Auftraggeber von 'oben': die großen italienischen Modehäuser, die hier nach einem ausgeklügelten System des Dumpings produzieren lassen, nach von Luxus-Designern vorgegebenen Schnitten und mit frei Haus gelieferten Qualitätsstoffen. Was die Auftraggeber am Ende nicht abnehmen oder was bereits vorher 'abgezweigt' wurde, wandert mit Hilfe des 'Systems' in den zweiten und in den dritten Markt: 'echte Fälschungen', denen nichts fehlt als die Autorisierung durch den Konzern in Mailand oder Turin. Hier berühren die Tentakel des Systems auch unser eigenes Konsumverhalten. Wer hätte sich noch nicht über einen günstig erstandenen Anzug 'aus einem Stoff von Zegna', eine neue Tasche von Prada 'zum Schnäppchenpreis' gefreut?“
Vorletzte Woche bereits betonte Saviano im „SZ-Magazin“: „Die Modehäuser vertrauen nach wie vor ihren Subunternehmern und schieben so die Verantwortung von sich. Aus den kleinen, von der Camorra kontrollierten Nähfabriken Neapels stammt das Kleid von Melanie Griffith, das sie bei der Oscar-Verleihung trug, Madonnas Schuhe im Musical Evita stammen aus Mugnano bei Neapel. Nein, die Modelabels haben nichts verändert, schlimmer noch, es gibt Hinweise darauf, dass die großen Labels sich jetzt schon selbst fälschen und Modelle wie Stoffe gegen Provision freigeben, um diesen größeren Markt selbst zu bedienen und zu kontrollieren.“
Malerstar Daniel Richter als Straßenkünstler in Paris
„Was passiert, wenn man einen der erfolgreichsten Maler der Gegenwart zwischen Pariser Straßenkünstler setzt? Daniel Richter hat es für uns ausprobiert und inkognito auf der Place Georges Pompidou in Paris Touristen porträtiert. Eine Zeichnung des Malers, für dessen Gemälde in Auktionen mehr als 800 000 Dollar gezahlt werden, kostete fünf Euro. Fünfundzwanzig Werke verschwanden spurlos in amerikanischen und koreanischen Rucksäcken - oder im Müll. Wir haben sie vorher dokumentiert.“ Eine wunderbare Idee der „F.A.Z.“-Redaktion, heute in der Samstagsausgabe eine bezaubernde Reportage von Niklas Maak, die ich leider (noch?) nicht online finden konnte – aber immerhin Fotos und ein Video dazu.
Update: In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 19. August nimmt Peter Richter Daniel Richters (verwandt, verschwägert?) Aktion zum Anlaß, auf einer ganzen Seite über das Porträt als „gesunkenes Kulturgut“ zu reflektieren.
Update: In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 19. August nimmt Peter Richter Daniel Richters (verwandt, verschwägert?) Aktion zum Anlaß, auf einer ganzen Seite über das Porträt als „gesunkenes Kulturgut“ zu reflektieren.
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