Ich persönlich denke, daß Bloggen nicht unbedingt per se subversiv ist, daß aber die Charakteristika dieser Technik dazu führen, eingefahrene Strukturen aufzubrechen und subversive Inhalte fördern. Das Internet im Allgemeinen und Blogs im Speziellen entreißen den Medienunternehmen die Produktions- und Vertriebshoheit von Meinung. Brauchte man früher Geld, um etwas zu drucken oder einen Rundfunkbeitrag zu produzieren, und noch einmal mehr Geld, um es landesweit an den Mann zu bringen, so kann das inzwischen nahezu jeder, sofort, kostengünstigst. Die Technik ist schwer zu kontrollieren, und selbst in Konzernen haben die Online-Abteilungen und Blogger meist wesentlich mehr Freiheiten als die sonstigen Mitarbeiter, weil es schnell gehen muß, oft keine Hierarchien und somit Kontrollinstanzen wie Textchefs, Abteilungsleiter oder Chefredakteure vorgesehen sind und ehrlich gesagt die meisten Bosse das Medium immer noch nicht ernst genug nehmen, um es wahrzunehmen und somit zu kontrollieren. Der computerlose Chef ist bis heute keine Seltenheit...
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Bloggen erleichtert vielleicht, kritisch, alternativ, subversiv zu sein. Gibt Mittel der Gegenöffentlichkeit in die Hand. Aber genau so wenig, wie Studenten heute deswegen politisch engagiert sind, weil sie die Zeit dazu haben, genau so wenig sind Blogger subversiv, nur weil sie das Werkzeug dazu haben.
Das ist im Iran, in China, in Zimbabwe sicher anders. Aber es gibt Millionen staatstreuer Blogger, reaktionärer Blogs, Scientology- oder Nazi-Blogs.
Natürlich gibt es subversive, linke, kritische, fortschrittliche Blogs. Aber die nutzen ein Medium nur in einem Sinne, der mir gefällt.
Aber der Blogger an sich ist kein besserer Mensch, nur weil er bloggt.“
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Der grosse Unterschied zu den handkopierten Flugblättern und Zeitschriften des letzten Jahrhunderts ist die Möglichkeit, dass Artikel von Einzelpersonen innerhalb von wenigen Stunden als Zitate mit Link auf den Originaltext verbreitet werden können. Insofern können sich schon Informationen verbreiten, die von den Massenmedien vergessen wurden.
Der Regelfall in der Praxis ist aber eher, dass Blogs Beiträge aus traditionellen Medien aufgreifen und kommentieren.“
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Die Macht des Blogs liegt meiner Ansicht nach in der kaum zu überbietenden Aktualität. Dass manch einer dies ausser Acht lässt, beschreibt Todd S. Purdum in seinem Clinton-Artikel in der Vanity Fair sehr schön:
Perhaps more than anything, Clinton, whose audiences in recent years have tended to be adoring crowds who hang on every word of what those who have heard his standard speech say is a rambling tour d’horizon of world problems, has simply lost a step.
'Look, the game has changed,' said Mike McCurry. 'He ran his last national campaign in 1996, and remember, we kind of ran unopposed. It’s been a while since he did that, and the way you summon people up and get them to do things has changed. All of this stuff, the blogging and the YouTubing and the way in which everything is instantaneously available: I tell you, until you get out there and are actually dealing with the consequences—having what you just said as you were walking out the door [all over the Internet], that’s brand-new to him.'
Dennoch sollte man im Sinne der Diskussion unbedingt zwischen rein privaten Blogs unterscheiden und solchen, die sich eine bestimmte Art von Aufklärung zur Aufgabe machen; wahlweise auch Propaganda, womit wir wieder bei der Subversion wären...“
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Die meisten Blogs sind leider nur langweilig. Subversiv können nur Inhalte sein, die sich entsprechend verbreiten und wirken.
Gegenöffentlichkeit:
Zunächst würde ich Blogs als Teil der Öffentlichkeit verstehen, viele auch, Privates öffentlich zu machen.
Gegenöffentlichkeit herzustellen, um en Begriff aus den 68er-Zeiten zu nutzen, heißt ja, dass Blogs dazu da wären, um der Öffentlichkeit Informationen zu liefern, die von der Presse unterdrückt oder falsch dargestellt werden.
Damit beschäftigt sich aber nur eine Minderheit der Blogs, ebenso mit dem, was ich unter kritischer Öffentlichkeit verstehe. Dies ist zumindest in Deutschland eine gute Ergänzung zur Presse, reichert die Vielfalt an.
Ich weiß nicht, wie Peter Turi zu der Aussage das Internet verschlänge „alle Ärmelschonerträger und Hierarchen“ kommt. Keine Angst, diese Feindbilder bleiben uns auch in Zeiten des Internet erhalten. Vielleicht passen sie sich an die neuen Umstände und Verkehrsformen etwas an oder nutzen das Internet gar als Tarnung, aber das Internet wird diese Mentalität und das Verhalten nicht abschaffen.“
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Mein persönliches Beispiel war ein bewußt überspitzt formulierter Beitrag bei Mindestenshaltbar zum 30jährigen Andenken an den Deutschen Herbst, worauf sich in meinem Blog ein Zeitzeuge zu Wort meldete, der als Kind bei der Entführung der Landshut dabei war und die Geschehnisse aus seiner persönlichen Sicht schilderte.
Das war für mich nicht nur bewegend, sondern auf gewisse Weise auch subversiv.“
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Bloggen ist erst einmal nichts anderes als die Möglichkeit, Inhalte ins Internet zu stellen. Diese werden in der Regel so beachtet wie eine Ansprache mitten im Wald. Um subversiv zu wirken, braucht man eine interessierte Öffentlichkeit. Diese schert sich in der Regel aber nicht wirklich um einige Textfragmente im weiten Internet. Um subversiv zu wirken, muss jemand echt und authentisch sein. Auch das ist das Gegenteil von Bloggen - hier kann jeder, so er will, als Hinz und Kunz alles mögliche behaupten und das Gegenteil davon. Bloggen und Beliebigkeit, das passt schon eher.
Management Summary: Gerade durch die mögliche Anonymität kann keine subversive Wirkung zustandekommen, da nie klar ist, ob hier jemand hinter seinen Aussagen steht oder schlicht provozieren will, um des Krawalls willen.“
Manuelle Trackbacks: Gruban, Blog Queen
1 Kommentar:
Lieber Dorin,
Blogs sind so subversiv wie Margarine oder ein Fahrrad, das in Hongkong umfällt.
Die meisten Blogs sind leider nur langweilig. Subversiv können nur Inhalte sein, die sich entsprechend verbreiten und wirken.
Gegenöffentlichkeit:
Zunächst würde ich Blogs als Teil der Öffentlichkeit verstehen, viele auch, Privates öffentlich zu machen.
Gegenöffentlichkeit herzustellen, um en Begriff aus den 68er-Zeiten zu nutzen, heißt ja, dass Blogs dazu da wären, um der Öffentlichkeit Informationen zu liefern, die von der Presse unterdrückt oder falsch dargestellt werden.
Damit beschäftigt sich aber nur eine Minderheit der Blogs, ebenso mit dem, was ich unter kritischer Öffentlichkeit verstehe. Dies ist zumindest in Deutschland eine gute Ergänzung zur Presse, reichert die Vielfalt an.
Ich weiß nicht, wie Peter Turi zu der Aussage das Internet verschlänge „alle Ärmelschonerträger und Hierarchen“ kommt. Keine Angst, diese Feindbilder bleiben uns auch in Zeiten des Internet erhalten. Vielleicht passen sie sich an die neuen Umstände und Verkehrsformen etwas an oder nutzen das Internet gar als Tarnung, aber das Internet wird diese Mentalität und das Verhalten nicht abschaffen.
Roland Keller
www.viralclash.de
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