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Donnerstag, 7. November 2024

Die Monacensia sichert sich Anton G. Leitners literarischen Vorlass und Archive

Für die Monacensia war heute schon Weihnachten. Zwar sind es noch einige Wochen bis zum Jahresende. Aber städtische Bezahlvorgänge brauchen gerade bei hohen Beträgen ihre Zeit, und die Tücken der Kameralistik sorgen eben auch dafür, dass bis Silvester die vom Jahreshaushalt übrig gebliebenen Gelder noch schnell aufgebraucht werden müssen.

Also gab sich der scheidende Kulturreferent Anton Biebl spendabel und legte dem Kulturausschuss heute zwei Anträge vor. Denn bei Einzelbeträgen über 25.000 Euro muss der Stadtrat Ankäufen erst noch zustimmen.

Auf der Tagesordnung im Rathaus stand daher nicht nur eine Ausweitung der Haushaltspläne in Höhe von 323.000 Euro in den kommenden drei Jahren für das Archiv Rachel Salamander in der Monacensia. Im Rahmen des Erwerbungsetats des laufenden Jahres genehmigte der Kulturausschuss den Ankauf des Vorlasses der Schriftstellerin Asta Scheib sowie als besondere Rarität der Ankauf des literarischen Vorlasses von Anton G. Leitner samt der Archive der von ihm mitgegründeten Initiative Junger Autoren und seines Verlags „Das Gedicht“. Rund 1000 Objekte, vom Aktenordner über Festplatten und VHS-Kassetten bis zum Kunstwerk, die die gesamte Bandbreite deutschsprachiger Lyrik der letzten Jahrzehnte abbilden.

Nun setzt sich Leitner keineswegs zu Ruhe. Nächsten Mittwoch präsentiert er zusammen mit Friedrich Ani und vielen weiteren beitragenden Autor*innen im Lyrik-Kabinett die nächste Ausgabe seiner Zeitschrift „Das Gedicht“, deren Titel schon den hart erarbeiteten Anspruch widerspiegelt, die deutschsprachige Gegenwartslyrik abzubilden. Wenn es um Poesie geht, kommt man seit 1992 daran kaum vorbei. 

Im März erscheint die vierte zwölfte von Leitner bei Reclam herausgegebene Anthologie: der Gedichtband „Jede Jahreszeit ist schön“. Und dazwischen ist er in Sachen Lyrik der Hansdampf in allen Gassen. Ob in Deutschland, Österreich oder der deutschsprachigen Schweiz. Ob als Dichter, Verleger, Podiumsgast oder Preisträger.

Und das nun schon seit etwa vierzig Jahren. „Wir haben alle unsere Anfänge bei ihm gehabt“, meinte ein Schriftsteller. Und in den vielen Jahrzehnten sammelte sich ein Konvolut an Korrespondenz, Autographen, Manuskripten und Originalzeichnungen, die einzeln zu Markte getragen viel Geld einbringen könnten. Aber dank der Monacensia der Stadtbibliothek München als literarisches Netzwerk zur Gänze erhalten bleibt. 

Eine einzigartige Übersicht der Lyrikszene in Deutschland samt der DDR, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz seit den 1980er-Jahren. Memorabilia von Urhebern wie Robert Gernhardt, Günter Grass, Durs Grünbein, Helmut Krausser, Michael Lentz oder Martin Walser. Ein Schatz an Gedichten, ob von namhaften Autor*innen, unbekannten Gelegenheitsdichter*innen oder Lyrik von Kindern. Originaltexte, aber auch Debattenbeiträge etwa in Form von Radio- und Fernsehmitschnitten zum Thema Lyrik. 

Leitner, dessen Familie aus der Au stammt und der im Fünfseenland sozialisiert wurde, ist in einer Bogenhausener Klinik zur Welt gekommen. Und kehrt mit dem Verkauf seiner Schätze an die Monacensia im Hildebrand-Haus quasi nach Bogenhausen zurück. Mit ein Grund, seinen Vorlass und die Archive einer Münchner Institution zu überlassen, war eben auch die räumliche Nähe. Die Möglichkeit, bei der laufenden Verlagsarbeit weiter Zugriff darauf zu haben.

Updates:
Die „Süddeutsche Zeitung“ vom 12. November 2024 dazu.
„Starnberger Merkur“ vom 12. November 2024. 
Wie am 11. November 2024 bekannt wurde, geht der mit 10.000 Euro dotierte Alexander-Sacher-Masoch-Preis 2023/2024 des Wiener Literaturhauses an Anton G. Leitner und seine Zeitschrift „Das Gedicht“.
Die „Rathaus-Umschau“ vom 4. Dezember 2024 dazu.

Montag, 8. Juli 2024

Tam Tam wechselt von der Monacensia ins Werkraumtheater

Spätestens als die Kammerspiele bekannt gaben, dass das Tam Tam am 18. September eine sogenannte Treppenbar zur neuen Spielzeit im Werkraumtheater eröffnen wird, konnte man es vermuten: Zwei gastronomische Standorte oder vielmehr Spielstätten zugleich dürften das Münchner Kollektiv um Matthias Stadler vielleicht nicht überfordern, aber sicher auch nicht glücklich machen. 

Waren sie doch schon allein mit ihrem bisherigen Standort, der Cafebar Mona in der Monacensia, an ihre Grenzen gekommen: „6 Tage offen und am 7. Tag auch noch Action, ist einfach zu viel, zu viel für eine Familie. Auch für die coolste Familie. Zeit also, das Handy mal richtig auszuschalten. Mehr als 2 Jahre war es durchgehend an. Jetzt ist der Akku leer. “  

Mit dazu beigetragen hat vielleicht auch der Dauerstreit mit einem sehr reichen lärmempfindlichen Nachbarn der Monacensia im feinen Bogenhausen.

Und so bestätigt sich die Befürchtung, dass das Tam Tam seine Cafébar Mona in der Monacensia diesen Sommer aufgibt. Im letzten Newsletter lud man auch schon zu einem wochenlangen Finale: „Wer ein Stück Mona ergattern möchte, ist im Juli & Anfang August herzlich eingeladen, mit uns richtig Abschied zu feiern!“

Charmanterweise kehrt das Tam Tam quasi an seine Anfänge zurück. Denn schräg gegenüber vom Werkraumtheater, neben der heutigen Therese-Giehse-Halle in der Falckenbergstraße, hob das Tam Tam mit seinem Tanzlokal in einem Kabuff zwischen Erdgeschoss und Keller 2016 zum ersten Mal richtig ab. Wo es aber, wenn ich mich recht erinnere, auch wegen lärmempfindlicher Anwohner recht abrupt zu Ende ging.

Aber im dritten Stock des Blauen Hauses gegenüber wird es mit der Treppenbar hoffentlich eine schöne Wiederauferstehung mit weniger Reibereien geben. Dort wird das Tam Tam mittwochs bis sonntags ab 21 Uhr den Tresen im Treppenhaus bespielen („Hier beginnt dein Abend, hier endet dein Abend, hier ist dein Abend.“) und zudem ab dem 20. September auch zu einem Tanztreff in den Kammerspielen bitten: „Sich Treffen, Anschauen, Lauschen, Riechen, Schmecken, Gurgeln und zusammen Tanzen. Die ganze Nacht!“

Die Münchner Stadtbibliothek sucht nun für die Räumlichkeiten im Hildebrandhaus eine*n neue*n Wirt*in: „Die Monacensia und das Tamtam-Kollektiv um Matthias Stadler, Betreiber der Cafébar Mona, haben sich im gegenseitigen Einvernehmen entschlossen, getrennte Wege zu gehen. Wir blicken auf zwei sehr schöne und bereichernde Jahre zurück und freuen uns, dass Tamtam den Münchner*innen erhalten bleibt. Für die zukünftige Nutzung der Cafébar im Hildebrandhaus suchen wir nun neue Betreiber*innen.“

(Screenshot: Kammerspiele)

Samstag, 16. Mai 2020

Kwaliteit für Klaus

Mit Typen aus Klaus Lemkes Filmkosmos rechnet man eher freitags auf Tele 5, wenn die schlechtesten Filme aller Zeiten laufen. Aber heute abend zeigt der Sender Trash ganz anderer Art, Dick Maas' Kultfilm „Flodder – Eine Familie zum Knutschen“ mit Huub Stapel in der Hauptrolle.
Dick & Huub, das war in den achtziger Jahren das Dream Team aus den Niederlanden, das mit drei Filmen: „Fahrstuhl des Grauens“, „Flodder“ und „Amsterdamned“ weltweit für Furore (und Remakes) sorgte.
Und selbst bis ins beschauliche München sprach sich der Ruhm um. Produzent Hanno Schilf hatte Klaus Lemkes „Zockerexpress“ (bzw. „Zockerexpreß“) in Planung, und Huub Stapel sollte dem ganzen Professionalität und internationales Flair verleihen. Weshalb merkwürdigerweise ausgerechnet ich als sonst nur mit der Pressearbeit betrauter Gehilfe den Wunschstar bei Laune halten sollte.
Man schickte mich zu ihm nach Amsterdam, nur um mit ihm einen Kaffee trinken zu gehen. Damit er ja auch unterschrieb und zu den Dreharbeiten erschien. Bei seinem Gegenbesuch in München besuchten wir mit Klaus Lemke die Wiesn und schossen das Promobild, mit dem die „Cinema“-Redaktion dann zwei Komparsenrollen verloste.
Während der Produktion führte ich Huub nach Drehschluss zum Runterkommen in den Wolkenkratzer, dem Club hoch oben im ehemaligen Hertie-Hochhaus, Schwabings fünfzig Meter hoher schwarzer Monolith, der dann 1992 abgerissen wurde.
Hanno hatte sich zwar vorgestellt, dass ich wie ein Pressechef alten Stils unserem Star dort Frauen zuführte, aber abgesehen davon, dass der Holländer mit dem Plüschblick das nicht nötig gehabt hätte und ich andere Vorstellungen von meinen Aufgaben hatte, war Huub dazu auch schlichtwegs zu bodenständig und normal.
Und damit so ziemlich das einzige Vernünftige an diesem wahnwitzig absurden Katastrophenprojekt (mehr dazu hier). Ob der branchenfremde Investor, die fremde Wohnungstüren eintretende Hauptdarstellerin oder ein Drehbuchautor, der nebenbei in einen Zuhälterkrieg verwickelt war, gegen die Zockerexpress-Truppe waren die Flodders bürgerliche Langweiler.
Die Dreharbeiten habe ich dann mittendrin verlassen, nachdem die vereinbarte zweite Gagenrate überfällig war und sich mir stattdessen plötzlich die Gelegenheit bot, in Paris einen Monat lang eine Wohnung zu hüten.
Den fertigen Film habe ich nie gesehen, aber in der Münchner Stadtbibliothek am Gasteig gibt es offenbar noch eine Videocassette (!?) davon zum Ausleihen. Vielleicht erbarmt sich auch Tele 5, „Zockerexpress“ einmal bei SchleFaZ auszustrahlen? Der Drehbericht der Erdinger Landkreisredaktion der „Süddeutschen Zeitung“ klingt zumindest vielversprechend: „Lemke bot in den hier gefilmten Sequenzen alle Elemente des amerikanischen Aktionskinos auf. Brennende Fassaden, viel Rauch und die obligatorischen dunklen Gestalten an grauen Hauswänden.

Foto: Annape (Anna Peisl) für H.S. Film

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Literaturhaus verwechselt reaktionäre Soldateska mit revolutionären Räterepublikanern

„Eine Ausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte und des Institutes für Bayerische Geschichte an der LMU in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv, der Monacensia, Bibliothek und Literaturarchiv, und der Stiftung Literaturhaus“ – was soll da bitteschön noch schief gehen? Na daß man beispielsweise in der Werbung für die Ausstelllung „Revolution! Bayern 1918/19“ Mitglieder der reaktionären Bürgerwehr fälschlicherweise als revolutionäre Räte präsentiert, während sie auf dem Originalbild tatsächlich Räterepublikaner abführen... Und das ist nur einer von vielen Fehlern einer Ausstellung „die in erster Linie den Eindruck einer großen Konfusion hinterlässt? Mit Absicht, aus Unfähigkeit?“ Die „Süddeutsche Zeitung“ heute im Münchner Kulturteil über eine desaströse Inszenierung mit einem fatalen Hang zu Geschichtsfälschung...

Freitag, 29. August 2008

Klassische Datenschleuder

Viele machen sich über den Datenschutz im Internet Sorgen, einige haben ihre Einträge im Telefonbuch untersagen lassen, aber kaum einer ahnt, daß er im Münchner „Stadtadreßbuch“ feilgeboten wird. Der gelbe Wälzer, der lange in den U-Bahnhöfen auslag – und da schnell geklaut wurde, liegt immer noch in den Stadtbüchereien aus und listet – alphabetisch nach Namen, aber auch Straßenzug für Straßenzug – die Adressen vieler Münchner auf. Und so manche Schauspielerin oder Kiezgröße läßt sich dort lokalisieren ohne davon auch nur etwas zu ahnen. Artikel 35 Abs. 3 des Bayerischen Meldegesetzes läßt diesen Ausverkauf der informationellen Selbstbestimmung grundsätzlich zu. Aber immerhin darf man der Weitergabe seiner Adreßdaten durch die Stadt via Übermittlungssperre widersprechen – und wie Patrick Gruban gerade per Twitter wissen ließ, läuft für die kommende Ausgabe Montag diese Frist ab.

Update: Die „taz“ zum sonstigen Handel mit Meldeadressen.

Donnerstag, 17. Juli 2008

Mia san 2.0

Biografisches, Bibliografisches und allerlei Links zu Leseproben oder Pressestimmen – die Bayerische Staatsbibliothek und die Monacensia haben gestern ihre Datenbank zum literarischen Bayern mit einer Vorauswahl von Autoren wie Herbert Achternbusch, Hugo Ball, Franz Xaver Kroetz, Oskar Panizza oder Karl Valentin online gestellt und mit allerlei Bibliotheksservern und der Bilddatenbank der Stabi vernetzt.