Letztes Wochenende hatte die sonst sich so seriös gerierende „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ gleich mit drei Bildern von Saddam Husseins Hinrichtung aufgemacht. Viele hatten sich darüber aufgeregt, auch ich an anderer Stelle, und die Kollegen haben zumindest die Größe, heute eine Seite den Leserbriefen einzuräumen, die daran Anstoß genommen haben.
Doch dienen diese kritischen Kommentare nur als Rahmen für einen Exkurs Claudius Seidls unter dem Motto: Es gibt kein besseres Argument gegen die Todesstrafe, als Zeuge einer Hinrichtung zu werden.
Seidl holt weit aus und hat natürlich recht, wenn er dem zwischenzeitlich unter anderem auf YouTube aufgetauchten vollständigen Handy-Video aufklärerische Eigenschaften zugesteht: Denn die offiziellen Nachrichten verkündeten, dass eben alles rechtens gewesen sei. Und erst die angeblich so geschmacklosen Bilder zeigten, dass es nicht so war. Der Delinquent wurde beschimpft, verhöhnt und durfte sein Gebet nicht zu Ende sprechen - was die Bilder zeigen, sieht aus wie ein schmutziger Mord, und die Empörung über diese Bilder nährt wieder einmal den Verdacht, dass der Bote hier mit der Botschaft verwechselt wird. Der Skandal besteht in dem, was diese Bilder dokumentieren.
Das Infame an Seidls Artikel ist aber, daß sich seine Argumentation für das Handy-Video stillschweigend auf die spekulative Titelstory der „F.A.S.“ letztes Wochenende überträgt und er scheinbar den Leserbriefen die Argumentationsgrundlage zu entziehen scheint.
Nur ist das Handy-Video erst nach dem Erscheinen der „F.A.S.“ mit den Hinrichtungsfotos aufgetaucht. Als die klugen Köpfe beschlossen, ihre Auflage mit den geschmacklosen Bildern des kurz vor der Hinrichtung stehenden Diktators hochzutreiben, war in den die Bilder begleitenden Texten noch von einer ordnungsgemäßen Hinrichtung die Rede und neben viel zustimmenden Worten zur Exekution wurden nur die üblichen europäischen Politiker mit ihrer grundsätzlichen Ablehnung der Todesstrafe zitiert.
Da hilft auch der Heiligenschein nichts, den sich die „F.A.S.“ jetzt nachträglich überstülpt. Sie wollten nur daran verdienen.
1 Kommentar:
Lesenswert auch, wie Claudius Seidl den großen Abdruck der Saddam-Hussein-Hinrichtungsfotos in der letzten Sonntags-FAZ rechtfertigt, der zu empörten Leserreaktionen geführt hat, so der Perlentaucher heute. Ja eben nicht, Seidl rechtfertigt das Handy-Video und hofft, daß das dann auf die FAS abstrahlt.
Kommentar veröffentlichen