Mittwoch, 10. Juli 2024

Alles auf Anfang: Mit dem Little Odessa kehrt Wanja Belaga zu seinem Münchner Ursprung zurück

So wirklich weg aus München war er nie: Auch wenn Wanja Belaga in den letzten Jahren mal bei der Kulturscheune Obernsees mitmischte, sich in Bayreuth engagierte oder zuletzt in Wasserburg das Lokal Der Berg ruft eröffnete, blieb er auch in München präsent. Immer eine wilde Räuberpistole aus dem Tucherpark erzählend oder Anekdoten seines jüdisch-russisch-ukrainisch-münchnerischen Clans feilbietend. Nur unterbrochen von der sich ständig wiederholenden Frage, ob man nicht von einer freien Gastro-Immobilie in München wisse.

Dabei war er streng genommen nie wirklich Wirt, sondern ein Maler und Pianist, der als eine Art künstlerischer Leiter immer wieder Clubs, Bars und Wirtschaften gründete. Stets mit einem Partner an der Hand, der nicht zwingend sein Bruder Igor sein musste. Manche Neueröffnungen währten jahrelang, andere eher nur ein paar Wochen. Manchmal war nur Wanja weg, während die Partner den Laden fortführten Um Wanjas Spuren im Münchner Nachtleben zu rekonstruieren, wird man wohl bald einen eigenen Lehrauftrag an der Uni brauchen. 

Mir fallen da der Prager Frühling (ca. 2001) in der Ainmillerstraße ein. Die Monofaktur (ca. 2003–2007) in der Sonnenstraße, eine Mischung aus Livebühne, Bar und Club, wo unter anderem Emilie Simon und Sébastien Tellier auftraten. Der 2011 von Wanja erschaffene Salon Irkutsk in der Isabellastraße. Das Provisorium (ca. 2011–2017) in der Lindwurmstraße. Die Theaterklause Onkel Wanja (2013) in der Schauburg am Elisabethplatz. Das Alte Kreuz (2019) in der Au. Die Paris Bar in Haidhausen, deren Ruhm 2020 bis nach Berlin drang, wo die örtliche Paris Bar Wanja recht schnell den Namen untersagen ließ, der das Lokal daraufhin in P-Bar-Provisorium umtaufte.

Am authentischsten war davon wohl der Salon Irkutsk, der als Kleinkunstbühne, Mini-Galerie sowie Borschtsch- & Wodka-Lokal Wanjas russische Seele vielleicht am besten widerspiegelte. Und an diese Zeit knüpft er jetzt bald mit dem Little Odessa an, das Ende August in der Tumblingerstraße 16 aufsperren wird, wo zuletzt die Ntanta Bar And African Cuisine (Foto) Gäste empfing.

Von außen schon fast eine Kopie des Salon Irkutsk, kündigt Wanja auf Facebook fürs Innenleben ein Programm an, das auch sehr an Salon-Zeiten erinnert: „Bayerisch-osteuropäisch, wie gehabt bei allen unseren Projekten Gastro und Kultur an einem Ort. diesmal sehr klein, aber dafür mit kleinem Küchenangebot. Einmal die Woche sollen akustische Minikonzerte steigen, auf Hut natürlich und in wohnlicher Lautstärke.“

Er ist zurück, und wir werden sehen, für wie lange es diesmal sein wird.

Update: Die Eröffnung wird vom 15. bis 21. September gefeiert.

Erste Eindrücke von der Eröffnung am 15. September. Das Séparée mit dem Klapptisch ist noch nicht ganz fertig, aber ansonsten wirkt das alles schon sehr professionell und gestylt. 

Und mit etwas Selbstironie hat Wanja seine eigenen Werke in der Unisex-Toilette aufgehängt. Die Dame am Piano wollte ursprünglich mit ihrem Freund ins Ntanta, dem afrikanischen Restaurant, das hier früher war. Unschlüssig standen sie auf der Straße, bis ich sie zum Reinkommen überredete. Als sie das Klavier entdeckte, fragte sie sofort, ob sie spielen dürfte und legte dann vollendet mit Klassikern aus dem American Songbook los.



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