Sonntag, 27. Februar 2011

Live-Blog zur Oscar-Nacht

(Update: Live-Blog zur Oscar-Nacht 2015 hier!) 
Alle Jahre wieder: Auch heuer blogge ich an dieser Stelle wieder live zur Verleihung der Academy Awards. Wer sonst zwischen Hollywood und Wien noch so bloggt, streamt oder die Übertragung von Pro Sieben und ORF 1 als Public Viewing präsentiert, habe ich auszugsweise zusammengestellt – die Liste wird laufend aktualisiert. Bis später!

Weitere Live-Blogger:

Wer twittert – vielleicht – aus dem Kodak Theatre (darunter einige Mominees): 

Public Viewing:

Streams
19:09
Das Bilderangebot auf dem Presseserver der Academy ist zumindest jetzt im Vorfeld weit schlechter als letztes Jahr. Insofern ist es möglich, daß ich im Lauf der Nacht mich mehr auf reine Textkommentare beschränken muß und nicht mehr viele schöne Bilder posten kann. Möglicherweise wechsle ich dann doch zu Twitter über...

20:45
Schneefall in L.A. County, Frostwarnung in der Stadt, das verspricht Nippelalarm am roten Teppich...

22:59
Mit der Doppelmoderation der beiden Leinwandschönheiten Anne Hathaway und James Franco droht zwar heute abend das langweiligste Intro seit langem, aber was die Filmauswahl und deren Darsteller betrifft („Biutiful“, „Black Swan“, „Social Network“, „The Kids Are Allright“, „True Grit“, „The King's Speech“), ist es eine der preiswürdigsten Auswahlen aller Zeiten...

23:47
Eine meiner liebsten Fernsehpappnasen, und so ziemlich die einzige, die ich gern noch öfter sähe, ist Steven Gätjen. Um so trauriger, daß er am roten Teppich heute für Pro Sieben erst kurz nach 1 Uhr on air geht, während die anderen Sender schon um Mitternacht mit ihrer Berichterstattung beginnen. Also wiederhole ich, um die Zeit bis dahin zu überbrücken, einfach einen Absatz aus meinem Oscar-Liveblog von 2009: Red-Carpet-Wegelagerer Steven Gätjen ist sicherlich einer der Mutigsten unter allen Fernsehfuzzis. Hat sich der blonde Beau doch tatsächlich trotz seiner panischen Angst vor Pferden vor ein paar Jahren von meiner Entwicklungsredaktion auf ein Roß setzen lassen. Wie man so furchtlos wird? Vielleicht liegt's an seiner Lehrzeit und der dort empfangenen Fanpost: „Den schärfsten Brief habe ich noch während meiner Zeit als MTV-Moderator bekommen. Da war ein Reagenzglas beigelegt. Und das Mädchen hat geschrieben: 'Steven, ich will deine Kinder!'“

0:02
Associated Press hat mit dem Live Stream vom roten Teppich angefangen.

0:05
Gleißendes Sonnenlicht, aber klirrende Kälte und ein frischer Wind in Hell-A.

0:26
Die Associated Press Reporter am roten Teppich loben Banksys preiswerte wie wirkungsvolle Graffiti-Kampagne (während andere Filme mit bis zu 20 Millionen $ beworben wurden) und fragen sich, ob und in welcher Verkleidung er gegebenenfalls den Oscar für den besten abendfüllenden Dokumentarfilm entgegen nähme. Die Academy scheint Bedenken gegen jegliche Gesichtsverhüllung geäußert zu haben.

0:35
Als würde es nicht reichen, daß James Franco moderiert und als bester Hauptdarsteller nominiert ist: Nach der Preisverleihung lädt er auch noch zu seiner eigenen Party und wird jetzt bereits mit klassischen Gastgebern wie Elton John, Vanity Fair oder Madonna in einem Atemzug genannt.

0:38
Ich bin ja gespannt, ob beim Rückblick auf die Verstorbenen Bernd Eichinger auftaucht... Sein Tod fand in Hollywood weit weniger öffentliche Resonanz als hier in München.

0:44
Erster Verlierer des Abends: Oscar.com! Von wegen „Oscar gets geeky“„Unfortunately, this feature is not available outside the United States“.

0:51
Wonach möchte Mila Kunis nie mehr gefragt werden? Von welchem Designer ist Ihr Kleid (hier: Elie Saab)? Nein, bitte nie mehr nach der Bettszene mit Natalie Portman fragen!

0:59
Steve Martin: „Oscar Holy Sunday – The Ritual Thanking of the Lord for Helping One Win and For Not Helping the Other Nominees.“

1:04
Bin gespannt, ob Annemarie Warnkross gleich die ersten zwanzig Minuten vom roten Teppich in dem gleichen Outfit bestreitet, daß sie auf dem Promobild trägt. Erinnert mich ein bißchen an die nuttigen Outfits in Paul Verhoevens „Showgirls“.

1:09
Nein, tut sie nicht.

1:13
Langsam wird's ernst: Zwei Fernsehfenster, acht Tabs und die Twitter-App am Start.

1:20
And the Oscar goes to „The King's Speech“, James Franco und Natalie Portman – meint zumindest Mashable. Aber die haben auch den Live Stream auf Oscar.com empfohlen...

1:25
Déja-vu von den Golden Globes: Auch bei den Oscars setzen Damen wie Jennifer Hudson auf Golden Globes.

1:37
Mark Ruffalo
heißt bei mir ab jetzt nur noch der Grüffelo.

1:39
Steven Gätjen: „Da sehen Sie übrigens Maria Furtwängler, die im gleichen Flieger saß wie ich... Frau Furtwängler, wie kommen Sie hierher?“ „Ich war auf einer spannenden Konferenz über Quantenphysik, und jetzt bin ich hier, wenn das nicht Quantenphysik ist!“

1:43
Gätjen meint, Penelope Cruz wäre nicht da. Habe ich sie vorhin nicht auf dem AP-Stream gesehen, in einem roten, mit Goldregen übersäten Kleid – oder war das ihre Schwester?

2:02
Lustig wie – etwa hier bei Natalie Portman oder auch bei Jennifer Hudsons rotem oder doch orangefarbenem Outfit – je nach Sender/Stream die Kleiderfarben changieren...

2:09
theTVaddict: „Hoping the Oscar host version of James Franco is more entertaining than the interview subject one“.

2:13
Bei Reuters muß jemand in Scarlett Johansson verliebt sein (wo nicht?). Als einzige kriegt sie gleich drei Bilder hintereinander...

2:26
Was nützt das Gerede von der anvisierten jüngeren Zielgruppe und der Einsatz neuer Moderatoren, wenn sie mit der stinklangweiligen Red-Carpet-Show alles vom Fernseher vertreiben, was sich noch ohne Rollator zu bewegen vermag?

2:37
Wo hat James Franco nur die Oscar-Statue versteckt?

2:40
Und mit dieser ganzen Mominees und Grannies kommen sie bei jungen Zuschauern sicher auch toll an... Die Einspieler waren okay, aber auf der Livebühne loosen Franco und Hathaway ziemlich ab...

2:45
Marius Zekri: „Im Vergleich zu Hugh Jackman und Alec Baldwin sind James Franco und Anne Hathaway so lustig wie Fußpilz“.

2:52
Erster ganz großer Moment: Kirk Douglas auf der Bühne. Zu Anne Hathaway: „Where were you when I did movies?“

2:59
Die ersten offiziellen Bilder von der Ankunft sind da. Nur hängt der Log-in für die High-Rez.
„The server is temporarily unable to service your request due to maintenance downtime“.

3:01
Justin Timberlake: „I, hm, I'm Banksy!“

3:03
Schade, kein Oscar für den Grüffelo.

3:06
Dann eben ein paar Low-Rez High-Rez zwischendurch.

Florence Welch

Michelle Williams

Scarlett Johansson

3:13
Josh und Javier in Eierschalenfarben, das geht ja gar nicht.

3:16
Nach dem Oscar für Aaron Sorkins Drehbuch zu „The Social Network“ will ich glatt noch einmal seine ganzen „West Wing“ Staffeln sehen.

3:20
Drehbuchautor David Seidler („The King's Speech“) in seiner Dankesrede: „My father always said to me I would be a late bloomer“.

3:25
Langsam wird's peinlich.


3:43
Wenigstens funktioniert das Log-in zu den High-Rez jetzt.

Halle Berry

Reese Witherspoon

Gwyneth Paltrow

4.18
Es gibt zwei Möglichkeiten, wenn ich beim Bloggen verstumme: Ich bin gebannt oder entsetzt. Heuer letzteres...

4:23
Schade, daß wir keine Chance bekamen, Banksy zu erleben, aber Charles Ferguson („Inside Job“) machte es mit seiner Dankesrede wett: „Three years after financial meltdown, caused by fraud, not a single financial executive has gone to jail and that's wrong.“

4:27
Billy Crystal, das war der Gastgeber, als wir uns beim Oscar noch amüsierten. Und kaum steht er auf der Bühne, lacht der Saal...

4:34
Hatte ich doch recht: Gerade kommen die Bilder von Penelope Cruz Hand in Hand mit Javier Bardem rein...
Cate Blanchett

Marisa Tomei

Natalie Portman

Schon ein paar Augenblicke her, aber der größte Lacher des Abends: „Should have gotten a haircut“, Luke Matheny bei seiner hinreißenden Dankesrede.

4:55
Céline Dion
gedenkt der Toten. Habe ich vor Schreck Bernd Eichinger übersehen oder haben sie ihn tatsächlich ignoriert? (Würde mich nicht wundern, so wie man in Hollywood die Todesnachricht behandelt hat...)

5:30
Wenn schon die Oscar-Verleihung keine Überraschungen birgt: Pro Sieben promotet in der Werbepause groß die ZDF-Produktion „Der Grüffelo“. Na ja, als einzige deutsche Oscar-Nominierung...

(Fotos: A.M.P.A.S., Ivan Vejar / A.M.P.A.S., Darren Decker / A.M.P.A.S., Brian Crowe / A.M.P.A.S., Michael Yada / A.M.P.A.S., Pro Sieben, 30 Rock)

Samstag, 26. Februar 2011

Buchhalter from outer space: Jürgen Eggers „Harald“

Harald braucht Licht, Harald sucht Spaß, Harald ist ein Außerirdischer. Auf Urlaub, sonnenhungrig, an sexuellen Abenteuern interessiert, eben ein Pauschalreisender. Noch schlimmer: ein Billigtourist, dessen wenige Weltraumtaler gerade einmal für eine schlichte irdische Hülle, Marke: Buchhalter, gereicht haben. So stakst der unbedarfte Erdankömmling im steten Kampf mit der Schwerkraft in das Leben einer Science-fiction-Lektorin, nascht an ihrem Patentkleber und bricht ihr das Herz.
Heinrich Schafmeister spielt den Sternenbummler wie einen James Stewart auf Crack. Schlacksig, jungenhaft, zu keiner Lüge fähig und doch bei aller Gutmütigkeit von einer zügellosen Verwirrung stiftenden Anarchie. Das intergalaktische Reisebüro hat ihm Bed & Breakfast bei der Lektorin (Frusthenne: Martina Gedeck) angedreht. Bloß weiß die gute Frau nichts davon. Ihre Gastfreundschaft entwickelt sich erst, als sie Harald dazu benutzen kann, einen klammernden Gelegenheitslover (Ruhrpott-Proll: Ingo Naujocks) auszubremsen.
Jürgen Egger hat mit seinem Drehbuch für Rainer Kaufmanns Kurzfilm „Der schönste Busen der Welt“ bereits Sinn fürs Skurrile bewiesen und bei Sönke Wortmanns „Kleinen Haien“ Tempo und Einfühlungsvermögen. In seiner neuen Doppelfunktion als Autor und Regisseur gelang Egger leider nur eine recht grobe, ungelenke Nummernrevue.
Die Grundkonstellation des naiven Fremden, der keine menschliche Konvention beherrscht, ergibt einige Kabinettstücke: Wenn etwa Harald mit seiner bemüht höflichen Art ein paar Zechbrüder unter den Tisch säuft, einen Busfahrer wie einen Privatchauffeur traktiert, den Hausmeister mit dicken Scheinen schmiert oder seinen schnoddrigen Rivalen verbal aufmischt. Um so plumper wirken die Gags, in denen das Elend deutscher Fernsehsender und einsamer Single-Frauen karikiert wird. Die Darstellung des Berufsalltags ist so dämlich, wie wir es in den Superweib- und Stadtgespräch-Schmonzetten erleiden mußten.
Ein Trost: Wenigstens bleiben dem Zuschauer die sonst üblichen Luxus-Altbau-Super-Loft-Terrassen-Landschaften deutscher Komödien erspart.
Diese Filmkritik erschien am 2. Januar 1997 in „Ticket“ 1/97, dem Kultursupplement des Berliner „Tagesspiegels“.

(Foto: BR/SWR)

Wochenplan

Informationsabend für die Eltern der Schulanfänger, Pressevorführungen „Nichts zu verzollen“ und „Bibliothèque Pascal“,  Mediengespräch mit Thomas Gruber / BayernForum der Friedrich-Ebert-Stiftung, Vernissage Sakura / Galerie Micheko, arte Fashion Week, Globetrotter-Eröffnung, Munk Record Release Party / Kirsch & Co

Samstag, 19. Februar 2011

Wochenplan

BJV-Netzwerktreff Medienlounge / Volksgarten, Pressevorführungen „Drive angry“, „Alles, was wir geben mußten“, „biutiful“ und „Unkown Identity“, Dominik Schüttes Buchparty „Was würde der Boss tun?“ / Favorit-Bar, „À propos de Nice“ / Filmmuseum, Präsentation Prefall Kollektion 2011 / Louis Vuitton Showroom, Ernst Ludwig Kirchner: Zirkus, Tanz & Cabaret / Franz Marc Museum, Lesemarathon von Lion Feuchtwangers „Erfolg“ / Schauspielhaus, La nuit des César, Oscar-Verleihung / Pro Sieben

(Foto: Ernst Ludwig Kirchner, Blaue Artisten, 1914, Franz Marc Museum, Kochel a.See, Leihgabe aus Privatbesitz)

Samstag, 12. Februar 2011

Wochenplan

Vernissagen „Mapping Florenz“ / Fraunhofer-Haus und Heinrich Kley sowie Cornelius Völker / Stuck-Villa, Agnès Varda im Gespräch mit Chris Dercon / ERES-Stiftung, Opening L'Osteria / Künstlerhaus, Pressevorführungen „Pina“, „Wer, wenn nicht wir?“ und „Die Tigerentenbande“, Gasteig on tour – Klassik im Club: Julia Barthel / Bob Beaman, Märchenkönig Ludwig II. – Zwischen Mythos und historischer Wirklichkeit / Werkraum, Finale „Unser Song für Deutschland“ / ARD

(Foto: Lena Lauzemis als Gudrun Ensslin in Andres Veiels „Wer, wenn nicht wir?“, © Markus Jans/zero one film)

Samstag, 5. Februar 2011

Wochenplan

Vernissage „25 Jahre Gasteig: Menschen-Technik-Visionen“ / Gasteig, Street-Vernissage Wanja Belaga / Foto-Kellner, „Dorotheas Rache“ / Filmmuseum, Staatsfeind Wikileaks – Podiumsdiskussion mit Marcel Rosenbach und Holger Stark (beide „Der Spiegel“) / Literaturhaus, Magnifico-Premiere / Zeltpaläste, Pressevorführung „Das Hausmädchen“, Podiumsdiskussion „Wikileaks – Zwischen Transparenz und Datenschutz“ / Bayerischer Landtag, Nintendo 3DS Experience Night / MVG-Museum, „Le deuxième souffle“ / Filmmuseum, „Le samourai“ / Filmmuseum

Samstag, 29. Januar 2011

Wochenplan

Mein Internet – Netzkongreß der CSU mit Horst Seehofer / Hanns-Seidel-Stiftung, Unser Song für Deutschland / Pro Sieben, Innenansichten des Krieges (u.a. mit Jürgen Todenhöfer) / Literaturhaus, Vernissagen „The eternal timeline show“ / Galerie Traversée und Olaf Metzel / Galerie Klüser 2, Sicherheitskonferenz / Bayerischer Hof, Proteste gegen die Siko, Uraufführung von Klaus Schedls „Les Fleurs du Mal“ / Muffathalle, Buback-Labelnacht mit 1000 Robota, F.S.K., Die Goldenen Zitronen und Kristof Schreuf / Schauspielhaus, Super Bowl: Pittsburgh Steelers - Green Bay Packers / ARD

Sonntag, 23. Januar 2011

Wochenplan

Jahrespressekonferenz des Bayerischen Journalisten-Verbands mit anschließender Podiumsdiskussion zum Leistungsschutzrecht / Presseclub, DLD „Focus“ Night mit I Blame Coco und Duffy / Haus der Kunst, „Mehr Verantwortung bei der Polizei“ – Diskussionsveranstaltung Münchner Fußballfans in Zusammenarbeit mit amnesty international / Feierwerk, Supper Club / Daylesford Organic, Zeitzeugengespräch mit Willibald Sauerländer / Jüdisches Museum, Ich und die Kamera: Vier Kurzfilme von und mit Orson Welles / Filmmuseum, Vernissagen Keren Cytter: „The Hottest Day of the Year“ / Kunstverein und Olaf Nicolai: „Escalier du chant“ /  Pinakothek der Moderne

(Foto von Duffy: Lachlan Bailey/Universal Music)

Samstag, 22. Januar 2011

Christiane Arp – VOGUEs Hohepriesterin der kostspieligen Body Modification

Seien wir doch einmal ehrlich, seitdem nicht mehr Angelica Blechschmidt als komische Alte die deutsche „Vogue“ regiert, ist es um die Chefredaktion doch sehr ruhig geworden. Contenance statt bühnenreifer Zusammenbrüche samt Notarzteinsatz, Demut statt Drama, irgendwie könnte man auch sagen, daß die herrlich kapriziöse Schlossherrin das Condy-Nasty-Gut verlassen hatte und nur noch ein blasses Schloßgespenst durch die hochherrschaftlichen Flure geisterte. Eine neue Ära, die manche allein schon wegen des effektarmen Stils für „Qualität und Seriosität“ hielten.
Diese Woche war das plötzlich anders, diese Woche war Christiane Arp plötzlich in aller Munde, weil sie das Wörtchen „Scheiße“ in selbigen genommen hatte. „Schon im zweiten Absatz des Artikels stand so viel Scheiße, dass ich zu lesen aufgehört habe“, lästerte sie dem „Kress“ zufolge über einen Verriß der Berlin Fashion Week im „Spiegel“. (Die Grenzen der Berlinbegeisterung bei der deutschen „Vogue“ offenbarten sich übrigens, als der Verlag in die Hauptstadt ziehen wollte und nahezu die gesamte Belegschaft darauf bestand, weiter im gemütlichen München vor sich her zu dümpeln. Das aber nur nebenbei.)
Jedenfalls hatte Frau Arp Scheiße gesagt, und darob geriet leider diese Woche ihr ausführlicheres Statement im „Tagesspiegel“ etwas in den Hintergrund, obwohl sie da, wenn auch mit weniger drastischen Worte, doch Bemerkenswerteres über Blogger, den Anzeigenmarkt und die Wettbewerber verriet. Und über Grundsätzliches beim Zentralorgan der Hungerhaken:
„Magersucht ist genau wie Fettleibigkeit eine Krankheit und die Ursachen dafür sind in der Gesellschaft verortet, nicht in einem Modemagazin. Zumal 'Vogue' in keiner Ausgabe jemals Diättipps gegeben oder eine 'Wie verändern Sie Ihren Typ'-Geschichte gemacht hat.“
Mal abgesehen von der Chuzpe, sich selbst als Blattmacherin außerhalb jeder gesellschaftlicher Verantwortung zu orten und schlichtwegs zu leugnen, daß die „Vogue“ mit maßgeblich das idealtypische Erscheinungsbild vieler junger Frauen prägt, erscheint die Behauptung doch arg streitbar, „in keiner Ausgabe“ Diättyps veröffentlicht zu haben oder Ratschläge, wie man mehr aus seinem Typ machen könnte.
Gelegentlich beschäftigt man sich selbst in den schicken, zwischen Lenbachgärten und Altem Botanischen Garten residierenden Redaktionsräumen ganz direkt mit Ernährungstipps und schickt die Kollegin zum Selbstversuch „Detox de luxe – In fünf Tagen entschlacken, entgiften und nebenbei noch ein paar Pfund abnehmen“ (Heft Februar 2010). Übrigens für fünfzig Euro pro Diättag.
In der Regel liebt man es im Hause Arp aber oberflächlicher, technischer und vor allem kostspieliger, statt frugaler Ernährungspläne empfiehlt man lieber ein Fruchtsäurepeeling, statt Healthfood lieber Kosmetika, was vielleicht auch an den unterschiedlichen Werbebudgets liegt und der Vernetzung der Beautykonzerne mit den der „Vogue“ näher liegenden Modelabels. Die CMA steht da außen vor.
Vor allem ist die „Vogue“ aber das PR-Organ der gesellschaftlich akzeptierten Form der Body Modification, der Schönheitschirurgen. In der „Vogue“ wird nämlich keinesfalls der körperlichen Libertinage das Wort geredet, hier wird vielmehr zu drastischeren Maßnahmen als Müesli und Salat geraten: zu Botox und Eigenblut-Mesotherapie, Rubinlaser und mechanischer Vakuummassage mit Infrarot und Radiofrequenzstrahlung, als ob Verleger Si Newhouse einer dieser technikvernarrten James-Bond-Bösewichte wäre.
Im April 2010 ging es mit Schock-Frost-Methode gegen „resistente Fettpolster“, während man die kleineren Fettdepots am Knie mit Liposuktion entfernt. Wahlweise wird auch „mit Botox der Wadenumfang um bis zu 5 cm reduziert.“
Im Mai-Heft wurde „der erste Versicherungsschutz für Beauty-Operationen“ vorgestellt und erklärt, wie ästhetische Fußchirurgie „für schmalere Fesseln“ sorgt. Zur Straffung von „Dingle-dangle-Oberarmen“ schmilzt man per Laser Fettgewebe weg – „ich vereinbare begeistert einen OP-Termin“.
Im Oktober wurde eine „Vela-Shape-Behandlung zur Reduzierung von Cellulite und Fettpolstern“ angepriesen, im Januar 2011 „Fettzellenentleerung mittels Ultraschall“, im aktuellen Februar-Heft stellt man ein paar – eher konventionell hungern und trainieren lassende – Branchenstars vor wie Angelo Sorrenti mit seinem Muscle-Toning oder Dr. Joshi's Holistic Detox: Diätpläne mit „Erfolgsgarantie“.
Alles scheiße? Aber nicht in aller Munde. Dabei wäre doch die „Vogue“ ein so viel spannenderes Thema als die Berlin Fashion Week.

(Oberstes Foto aus Terry Gilliams „Brazil“)

Sonntag, 16. Januar 2011

Wochenplan

Jahres-PK Franz-Marc-Museum / Infopoint Museen, Pressevorführungen „Tron Legacy“, „Hereafter“, „Betty Anne Waters – Conviction“, „Eine Familie“, „Biutiful“, „Vallanzasca – Die Engel des Bösen“, „127 hours“ und „Womb“, Verleihung der Ernst-Hoferichter-Preise an Jan Weiler & Kerstin Specht. Die Laudationes halten Tilman Spengler und Elke Heidenreich. Musik: FM Einheit / Literaturhaus, Vernissage Tweet up your life mit einem Auftritt von Parasyte Woman / MaximiliansForum, ZAZ / Studio 2 im Funkhaus, Bread & Butter / Flughafen Tempelhof, Vernissage „van Eyck meets Japan“ – Portraits von Mami Kiyoshi / Micheko, MOGDy Camp / Altes Rathaus, FashionBloggerCafé / Mein Haus am See, Buchpremiere „Modestrecke – Unterwegs mit Les Mads“ / Departmentstore Cabinet im Quartier 206, Premiere „Die Dreigroschenoper“ / Volkstheater, Bloggertreffen / MaximiliansForum Moccar Pompidou