Donnerstag, 26. Juli 2007

„Schafft die Klickmännchen ab“

Daß das Reich des Bösen, Microsoft, seinen Entwicklern vorschreibt, die vorhandenen Funktionalitäten zu benutzen und keine Zeit damit zu vergeuden, Standards umzumodeln, wundert mich nicht. Aber „die Schande der Entwicklungsabteilungen in der Computerindustrie“ beklagt Bernd Graff im „SZ“-Feuilleton ebenso bei der mit Linux oder Mac OS werkelnden Konkurrenz: Immer gleiche „Menü-Bearbeiten-Klickediklack-Programm-Fenster“, „diese Erdschwere stationärer Geräte mit ihrem Kabelverhau an schwermütig machender Peripherie“, kurzum: „Gedächtnisaltäre“.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich find den Artikel selten dämlich, und er zeugt leider hauptsächlich davon, frei jeder Recherche zu sein.

Der Grund für Vistas in der Tat etwas mageres Ergebnis nach fünf Jahren Entwicklungszeit ist nicht mangelnder Mut (wie Herr Graffe zu glauben scheint), sondern zuviel Mut von Seiten Microsofts. Wer auch nur kurz etwas zur Entwicklungsgeschichte von Vista googelt, wird sehr schnell die Geschichte von WinFS finden: Microsoft wollte ein komplett neues Dateisystem für Vista entwickeln, welches eben jene Mißstände beseitigt, die der Autor des Artikels anprangert: Absurde Verzeichnisstrukturen, komische Dateinamen usw. Und wer sich mal etwas mit Programmierung beschäftigt hat, der weiß, dass das ein monumentales Unterfangen ist. Den Mut jedenfalls hatte Microsoft, leider haben sie sich komplett verschätzt: Nach drei Jahren haben sie gemerkt, dass sie es nicht hinkriegen, haben das ganze Projekt auf 0 gesetzt und von vorne mit der Entwicklung von Vista begonnen. Was man jetzt sieht sind effektiv so was wie zwei Jahre Entwicklungszeit, bei der angesichts des vorangegangenen Debakels dann in der Tat Vorsicht das oberste Gebot war. Die Geschichte von Vista ist in der Tat peinlich, aber aus einem ganz anderen Grund als Herr Graffe meint: Mut zur Veränderung war genug da, und zwar zuviel angesichts der tatsächlichen Komplexität des Unterfangens.

Das Vista eine komplette Sprachsteuerung von Haus aus an Bord hat, z.B. per Stift an einem Tablet PC bedient werden kann oder seit Fertigstellung in allen Statistiken zu Sicherheitslücken vorne (im Positiven Sinn) ist dem Autor wohl auch schlicht nicht aufgefallen...

Auf der anderen Seite gibt es auch ganz andere Geschichten: Office 2007, wohl nach Windows die am weitest verbreitete Software, hat ein komplett neues Benutzerinterface bekommen, ohne Menüs usw. Da waren am Anfang alle unglaublich skeptisch, dass sich das nie durchsetzen würde, und Microsoft hat es trotzdem gemacht. Und das ganze ist auch noch faszinierend auf Jensen Harris' Blog dokumentiert (der Artikel "The Office 2007 UI Bible" ist ein guter Einstieg).

Ich mein, kann Herr Graffe nicht kurz googeln, bevor er so einen Blödsinn schreibt?

PS: Und der ehemalige Chef von Office ist inzwischen für Windows verantwortlich, die Chefdesignerin von Office 2007 ebenfalls. Mal sehen, vielleicht versuchen sie es ja beim nächsten Mal mit einer neuen Benutzeroberfläche.