Beim Aufräumen habe ich einen Brief wiedergefunden, mit dem das Direktorat des Wittelsbacher Gymnasiums im Februar 1979 ein Disziplinarverfahren gegen mich eingeleitet hatte. Das Verfahren endete zehn Monate später, nach Veröffentlichung einer Gegendarstellung verzichtete Oberstudiendirektor Josef Weisenberger auf jegliche weitere Ordnungsmaßnahme gegen mich und den Mitangeklagten Bernd R. Gruschka. Im Gegenzug wurde aber Weisenberger von der Jungen Presse Bayern der Silberne Maulkorb verliehen.
Sehr geehrter Herr Popa!
In Ihrer Begründung zu Ihren „Anfragen und Bitten an das Direktorat des WG“ haben Sie einige – inzwischen vom Elternbeirat scharf mißbilligte – Äußerungen gegen das Direktorat gemacht, die teils direkte, teils indirekte Unterstellungen enthalten, die mein Ansehen bei Eltern, Schülern und Lehrern untergraben. So bezichtigen Sie mich eines unverantwortlichen Verhaltens, weil ich Schüler in Ungewißheit über Maßstäbe folgenschwerer Entscheidungen lassen würde. Sie sprechen ferner von der Gewalt der Schulleitung, von der weder Lehrer, noch Schüler und Eltern Näheres wissen oder erfahren. Sie wußten aber seit dem 21.12.78, daß dies nicht der Fall ist. Schließlich konstatieren Sie die endgültige Zerstörung des Klimas und der Vertrauensbasis an der Schule. Indirekt – weil offensichtlich juristisch unangreifbar – werfen Sie mir eine „Justiz“ vor, die nach bekannten und geheimen Kriterien vorgeht und somit Terror ausübt.
Sie haben unter einem versteckten Impressum als verantwortlicher Herausgeber einer dem Wiku täuschend ähnlichen privaten Schülerzeitung namens „Wiekurz“ als Schüler des Wittelsbacher-Gymnasiums und in arglistiger Täuschung von Lehrern und Schülern vor dem Schuleingang diese Zeitung ohne meine Genehmigung verkauft. Wenn auch presserechtlich dagegen möglicherweise nichts einzuwenden ist, so unterstehen Sie schulrechtlich der von mir geleiteten Schule. So, wie ein Betriebsangehöriger nicht gegen die Betriebsleitung öffentlich vor der Haustüre ohne Gefährdung seiner Betriebszugehörigkeit Hetzartikel oder sonst betriebsinterne Vorkommnisse verbreiten darf, so werden auch Sie sich für derartige Manipulationen zu verantworten haben. Unser erlaubtes Presseforum ist allein der Wiku.
Sie haben unter der rechtschaffenen Schülerschaft und bei Lehrern und Eltern Empörung hervorgerufen und werden sich am Dienstag, dem 13.2.1979, um 18.15 Uhr dafür vor dem Disziplinarausschuß zu verantworten haben.
Ich werde den Antrag auf Erteilung einer Ordnungsmaßnahme gemäß § 39 Abs. 2c ASchO stellen. Nach Abs. 5 desselben Paragraphen können Sie zu Ihrer Verteidigung einen Schüler oder Lehrer Ihres Vertrauens beiziehen.
Sollte unter Ihrer Regie als Herausgeber des „Wiekurz“ eine weitere Nummer – wie angekündigt – vor dem Schulhaus verkauft werden, so rate ich Ihnen, vorher das Wittelsbacher-Gymnasium zu verlassen, damit Sie Ihre Zeitungen und sonstigen Drucksachen ungestört an den Mann bringen können. Als Schüler des Wittelsbacher-Gymnasiums verbiete ich es Ihnen.
Hochachtungsvoll
Weisenberger
Oberstudiendirektor
Nach dem „Wiekurz“ erschienen noch weitere Ausgaben unter den Einzeltiteln „Schierlingsbecher“, „Kafka Hauser“ und „Dauerlutscher“. Daraus erwuchsen danach die Publikationen „Outonom“ und „Die Provinz“.
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