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Montag, 19. Februar 2024

Wochenplan (Updates)

Pressekonferenz der MuSeenLandschaft Expressionismus: „Starke Frauen: Künstlerinnen, Musen, Macherinnen“ / Info-Point Museen & Schlösser; Saint Agnes / Orangehouse; Claire-Simon-Retrospektive: „Gare du Nord“ & „Le concours“ / Filmmuseum; Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft / Rathaus; Betriebsversammlung „tz“ & „Münchner Merkur“; Verleihung des Staatsehrenpreises für das bayerische Bäckerhandwerk / Residenz; Verhandlungstermin in Sachen KVB 69/23 – Google (Schutz von Geschäftsgeheimnissen bei Beteiligung von Wettbewerbern durch das Bundeskartellamt) / BGH; Moblitätsausschuss / Rathaus; Feierliche Abschlussveranstaltung des Modellprojekts „Lastenrad mieten, Kommunen entlasten“ / Verkehrsministerium; Vorstellung der neuen Fach- und Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung in Bayern / PresseClub; Abschlusspräsentationen der AICA-Projektwerkstatt / Wavelab; „Kultur des Protests: Würde, Ehre, Ressentiment“ / Seidl-Villa; Sondervorstellung „The Zone of Interest“ mit anschließender Podiumsdiskussion / Maximilianeum; Erich-Kästner-Jahr: Eröffnung der Ausstellung mit Original-Illustrationen von Walter Trier / Internationale Jugendbibliothek; Julia Ducournaus „Titane“ (Foto) / Filmmuseum; Erich-Kästner-Jahr: Tagung „Erich Kästner und der Humor“ / Internationale Jugendbibliothek; Jahrestagung Netzwerk Medienethik / Hochschule für Philosophie; Boxerloot-Tagung / Museum Fünf Kontinente; Medienpädagogische Jahresauftakttagung des JFF: „Kreativität neu denken?“ / Institut für Jugendarbeit Gauting; Kunstminister Markus Blume ernennt zehn Künstler*innen zu Bayerischen Kammervirtuos*innen bzw. Bayerischen Kammermusiker*innen / Gärtnerplatztheater; Meet & Greet / Rosewood Hotel; Vernissagen „Frank – Jüdisches Leben im Glockenbachviertel“ / mim Raum für Kultur, Eva & Adele: „Cowboys and Angels“ / Nicole Gnesa, Hannes Heinrich: „Even Demons Have Demons“ / Lohaus Sominsky, Danni Chen: „Drops of the Juice“ / The Tiger Room, Reiner Heidorn: „mentalscapes“ / Benjamin Eck und Joana Albuquerque & Patrik Graf: „Zähne kauen“ / Salon Maudite; Podiumsdiskussion „What happens to the Designszene“ ft. Mirko Borsche, Thorsten Buch, Matthias Edler-Golla, Hermann Iding, Susi Luger, Christine Moosmann und Marco Eisenack / Perle; Flatz: Performance-Filme / Pinakothek der Moderne; AMD Stage.24 – Graduate Fashion Show und Werkschau / AMD; John-Woo-Retrospektive: „A Better Tomorrow“, „Last Hurrah for Chivalry“, „From Riches to Rags“, „The Killer“ und „Bullet in the Head“ / Werkstattkino; LUNAparty / Bayerischer Hof; Verleihung des Erich-Kästner-Preises für Literatur an Wolf Haas / Internationale Jugendbibliothek; „Tokyo Vice“ / ARD; Pressekonferenz zur Münchner St.-Patrick's-Day-Parade / Killian's; Finest Spirits / Zenith; Brechtfestival Augsburg; Cérémonie des César;  Last Exit – Toytonics Pop-up-Gallery & Jam ft. COEO, Lars Eidinger, Kapote, Lea, Max NRG Supply und Zsa Zsa / Stuck-Villa; Buchpremiere von Juli Fabers „Unerhört! Unschlagbare Argumente für gendergerechte Sprache“ / Glitch; SC Verl vs. TSV 1860 / Sportclub-Arena; „Krawall!“ mit den FLINTA*-Künstler*innen Leber, Cute Fruit, fab, The Queenston und WarmDefeat  / Import Export

(Foto: Carole Bethuel/Koch Films)

Montag, 28. August 2023

Wochenplan (Update)

John Boormans „Excalibur“ mit Helen Mirren, Liam Neeson, Patrick Stewart, Gabriel Byrne u. a. / arte; Revisionshauptverhandlung und Verkündungstermin „Hamburger Rolling-Stones-Affäre“ / Bundesgerichtshof; Yeah Yeah Yeahs (Foto) / Columbiahalle; „Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann“ / Alte Nationalgalerie; Festakt und anschließender Empfang zum 100-jährigen Bestehen von Interpol / Bayerisches Innenministerium; Open Studio / Kunstraum;  Meet & Greet / Lucid Motors; „Malelade – Georg Baselitz zum 85. Geburtstag“ / Pinakothek der Moderne; Chiemsee Pferdefestival / Gut Ising; Fernanda von Sachsen Gessaphe & Pablo Struff / Jazzbar Vogler; The Monocle Quality of Life Conference / Allianz Auditorium; LUNAparty / Bayerischer Hof; Wiesnauftakt Astrid Söll / Spöckmeier; Pressetermin und Festakt anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Spezialeinheiten der Bayerischen Polizei / I. Bereitschaftspolizeiabteilung; Isarinselfest / Steinsdorfstraße; Queer Literatur Festival / HP8; exit residenz pres. Sven Väth / Residenzplatz Würzburg; Giesing is a Feeling: Raketenumschau & The Sound of Money / Grünspitz; Open Air Closing / Wannda Circus; Superbloom ft. Aurora, Nessa Barrett, Peter Fox, Ellie Goulding u. a. / Olympiapark; Mini United / LovecraftCorleone BBQ / Import Export; Münchner Mobilitätskongress / Verkehrszentrum des Deutschen Museums; „Youth Topia“ / Werkstattkino

Dienstag, 1. September 2015

Forschungsgruppe Wahlen – „die mangelnde Transparenz ist das Verbrechen“

Bei meinem Dauerthema Exit Polls habe ich mich ja schon wiederholt an den Arbeitsmethoden und dem Kommunikationsverhalten der Forschungsgruppe Wahlen gestört. Im Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“ von heute ist nun ein äußerst spannendes Interview mit Andreas Diekmann, „einem führenden Kopf der empirischen Sozialforschung“, in dem er sich auch mehrere Absätze lang mit den fragwürdigen Methoden der Forschungsgruppe Wahlen auseinandersetzt. Etwa, um nur einen Absatz zu zitieren:
„Die Forschungsgruppe Wahlen behauptet, sie erhebe Zufallsstichproben. Ich behaupte: Das tut sie gar nicht. Sie macht nämlich nicht einmal öffentlich, wie hoch die sogenannte Ausschöpfungsquote ist, obwohl auf ihrer Internet-Seite ein Umfrage-Glossar zu finden ist und der Begriff 'Ausschöpfungsquote' da genau erklärt wird. Auf jedem Joghurtbecher muss stehen, was alles drin ist. Von Meinungsumfragen, die politisch ja zweifellos einflussreicher sind, oft sogar sehr folgenreich, erfährt man gar nichts außer den Ergebnissen. Aber Umfrageergebnisse, von denen man nicht weiß, wie sie zustande gekommen sind, sind eigentlich wertlos.“
(Link zu dem Interview via Blendle oder SZ-Paywall.)

Sonntag, 18. September 2011

Geleakte Exit-Polls in Berlin?

Nachdem es bei den letzten Landtagswahlen recht still um Twitter-Leaks geblieben war (vielleicht aber auch nur, weil keiner danach gesucht hat), kam es heute bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wieder recht dick.
Bereits um 16.17 Uhr twitterte der Chefredakteur der „WirtschaftsWoche“, Roland Tichy, seine „nicht gaaanz eigene Prognose“: SPD 30%, CDU 22%, Grüne 18%, Linke 10%, Piraten 8%.
Um 16.50 Uhr kursierte dann via Twitter der Google-Cache-Screenshot einer  – zwischenzeitlich wieder offline genommenen – „B.Z.“-Prognose: SPD 30%, CDU 24%, Piraten 8%.
Gemessen an den deutlich später um 18 Uhr veröffentlichten, auf Auswertungen der Wahlnachfrage bis 17.45 Uhr beruhenden offiziellen Prognosen keine schlechten Voraussagen: SPD (ARD: 29,5 - ZDF: 28,5%). CDU (ARD: 23,5 - ZDF: 23%). Grüne (ARD: 18 - ZDF: 18,5%). Linke (ARD - ZDF: 11,5%). FDP (ARD - ZDF: 2%). Piraten (ARD: 8,5 - ZDF: 9%).
Also doch wieder vor Schließung der Wahllokale geleakte Zahlen aus den Exit-Polls der Forschungsgruppe Wahlen und infratest dimap? Nein, weil doch nicht sein kann, was nicht sein darf. Mit Sicherheit kein Prognosenverrat und damit auch kein Fall für die Landeswahlleiterin, denn wie würde Jörg Schönenborn feststellen: Die zwischen 16 und 17 Uhr kursierenden Zahlen würden ja überhaupt nicht mit den bis 18 Uhr errechneten Zahlen übereinstimmen. Und vor 17 Uhr gäbe es sowieso noch überhaupt keine Prognosen. Oder etwa doch?

Samstag, 14. August 2010

Wochenplan

Die Antwoord / Crux, Pressevorführungen „Expendables“, „Banksy – Exit Through The Gift Shop“, „Das Ende ist mein Anfang“, „Buried“ und Sofia Coppolas „Somewhere“, „Popstars – Girls forever“ / Pro Sieben, Pressekonferenz „Die drei Musketiere“ / Bayerischer Hof

(Foto: Vark1/flickr)

Donnerstag, 18. März 2010

CDU, Twitter und das Strafrecht: Von der Vortäuschung einer Vortäuschung

Unbekannte Hacker, intrigante Parteifreunde aus der Jungen Union oder gar die NPD? Als während der sächsischen Landtagswahl am 30.August 2009 anderthalb Stunden vor Schließung der Wahllokale eine ziemlich präzise Prognose vom Account des CDU-Politikers Patrick Rudolph getwittert wurde, waren zwei Dinge klar: Laut Rudolph, daß er diese Zahlen nicht veröffentlicht habe, sondern Dritte sich seines Kontos bemächtigt hätten („Ich weiß nicht, wer das geschrieben hat“), ja noch schlimmer sogar: „sein Account sei von Unbekannten gehackt worden“. Und für mich, daß die umgehend eingeleitete Untersuchung des mutmaßlichen Prognosenverrats im Nichts versanden verlaufen würde.
Und tatsächlich hat die Landeswahlleiterin, Prof. Dr. Irene Schneider-Böttcher, nunmehr ein halbes Jahr später das Verfahren eingestellt, da kein direkter Zusammenhang zwischen den Nachwahlbefragungen am Tag der Wahl des 5. Sächsischen Landtages einerseits und den Twitter-Meldungen vor Ablauf der Wahlzeit andererseits nachgewiesen werden“ konnte. Wie schon im vergleichbaren Ausplaudern erster Hochrechnungen durch bild.de während der hessischen Landtagswahl waren auch dieses Mal die beiden Meinungsforschungsinstitute Forschungsgruppe Wahlen und infratest dimap Kronzeugen und damit Herren des Verfahrens.
Interessanter ist aber, daß keine Rede mehr von finsteren Mächten war, sondern die Landeswahlleiterin mir gestern recht einsilbig Patrick Rudolph als Urheber der Prognosen bestätigte.
Demnach hätte der Radebeuler Stadtrat und Vorsitzende der örtlichen CDU letztes Jahr nur vorgetäuscht, daß Dritte mutmaßlich durch eine Straftat – etwa durch das Ausspähen von Daten (§ 202a StGB) – vorgetäuscht hätten, daß er eine Ordnungswidrigkeit durch Veröffentlichung der Wahlnachfragen – § 31 (2) SächsWahlG – begangen hätte. Mal sehen, was die Exit-Polls-Nomenklatur bei der kommenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen an Merkwürdigkeiten zu bieten hat.

Sonntag, 27. September 2009

Vom Leak zum Tsunami: Prognosenverrat geht in Zahlenflut unter (Update)

Was für ein vermeintliches Finale des Superwahljahres heute: Die alten Tweets von den Landtagswahlen in Bayern, Hessen und der Europawahl gelöscht – nur von letzterer habe ich zumindest die verdächtigen Prognosen von Politinsidern wie dem FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler und Henrik Bröckelmann aus dem Bundesvorstand der Jungen Union zeitnah verfolgt. Aber mein Plan, den Nachmittag über in der Vergangenheit herumzuschnüffeln, denn das öffentliche Protzen mit den vertraulichen Wahlnachfragen hat keineswegs am 30. August begonnen, diese Recherche hat sich damit erübrigt – oder kann jemand eine Suchmaschine empfehlen, mit der man Tweets vom Juni 2009 und davor findet?
Und die Zahlen der Bundestagswahl heute, ganz zu schweigen von den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Brandenburg: Die Suchmaschine spuckt alle Minuten zig „Prognosen“, „Hochrechnungen“ und „Ergebnisse“ aus.
Der alte Status quo dürfte damit wieder erreicht sein: Politiker, Journalisten und Lobbyisten teilen die vertraulichen Zahlen via SMS untereinander und nichts wird sich ändern.
Da nun alle Welt die üppig wuchernden Zahlen flöht, kann ich mich entspannt zurücklehnen und einen Kaffee in der Sonne schlürfen, oder?

Updates: Ein paar rund um 16 Uhr getwitterte Prognosen, ganz ohne Gewähr






Was heute auffällt: Keine Exit-Polls-Tweets zu den Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein, soweit ich sehe.

Hinsichtlich der Bundestagswahl lagen meines Erachtens diese beiden gegen 16.30 respektive 17.30 veröffentlichten Tweets am nächsten, wenn auch noch daneben:





Zum Vergleich die offiziellen Prognosen von 18 Uhr. ARD: CDU 33,5 - SPD 22,5 - FDP 15 - Linke 12,5 - Grünen 10,5. ZDF: CDU 33,5 - SPD 23,5 - FDP 14,5 - Linke 13 - Grünen 10. Damit teilen sich Party-Bouncer und Ronja Fischer den Titel des Schützenmeisters im Prognosenverrat.

Hinter den Kulissen der Exit Polls – infratest und die „Vertraulichkeit“

Wahlnachfragen hat man bisher eher mit den gelackten Gesichtern von Jörg Schönenborn & Co assoziiert und mit den einen Nachmittag geübten Statements der Politiker dazu. Dank Twitter & Co sind die vermeintlich exklusiven 18-Uhr-Umfragen als potemkinsche Dörfer enttarnt, deren letzter Anstrich vielleicht topaktuell ist, die aber bereits Stunden zuvor errichtet und von der Polit-Nomenklatur bevölkert worden sind.
Wie stellen sich aber Exit-Polls für die Wähler da? Zufällig kenne ich jemanden, der heute das Glück hatte, im Berliner Wahllokal Sigmaringer Straße 1 des Berliner Bundestagswahlkreises 81 infratest-dimap (ARD) Rede und Antwort zu stehen – wobei er relativ unbeaufsichtigt mit den Unterlagen der Wahlforscher vor Ort war.

Geleakte Exit Polls am Nachmittag? Bereits langjährige Praxis

Wen man auch fragt, ob die Wahlforscher von infratest dimap oder der Forschungsgruppe Wahlen, ARD und ZDF, die Landes- und Bundeswahlleiter, die Parteien oder die Kollegen der old media, stets wurde rundum bestritten, daß vor Schließung der Wahllokale Prognosen auf Grundlage der Wahlnachfragen zirkulierten, oder – wenn überhaupt – nur zögerlich, eingeschränkt zugegeben. Um so schöner, daß es heute Michael Spehr in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ einmal klar ausspricht:
„Erste Zahlen zur Bundestagswahl 2005 hatten wir vor vier Jahren am Nachmittag des 18. September per SMS erhalten. sie kamen direkt aus dem Konrad-Adenauer-Haus, und die Führungsgremien der CDU hatten sie von Infratest Dimap und der Forschungsgruppe Wahlen. Diese Weitergabe war bislang gang und gäbe, niemand hat sich daran gestört: ein kleines Geheimnis, das man am besten für sich behielt.“

Donnerstag, 17. September 2009

Verhindert die Stadtverwaltung meinen Liveblog zur Bundestagswahl?

Allmählich fühle ich mich wie Michael Ballack. Gesperrt fürs Endspiel. Denn statt bei der kommenden Bundestagswahl (samt Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein) über den zu erwartenden Prognosenverrat via Twitter live zu bloggen, werde ich wohl in der Türkenschule als Wahlvorstand herumsitzen müssen. Dabei sind Blogeinträge zum Umgang mit Exit Polls im letzten halben Jahr quasi meine Spezialität geworden und beim Superwahlsonntag neulich (Saarland, Sachsen, Thüringen) sogar ausdrücklich von dem Dresdner Presseclub, der „Thüriger Allgemeinen“ und dem NDR zitiert und von vielen Interessenten wie etwa den Wahlleitern als Quelle genutzt worden. Also habe ich meine Bewerbung als freiwilliger Wahlhelfer zurückgezogen, bin aber dennoch von der Stadt München als Wahlvorstand zwangsverpflichtet worden. Und auch wenn es sich um ein „Ehrenamt“ handelt, vermisse ich bei dem entsprechenden Bescheid die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung. Das Wahlamt des Kreisverwaltungsreferats reagiert bislang weder auf meine Mails, noch auf ein Einschreiben. Dann werde ich wohl Montag schnell noch vors Verwaltungsgericht ziehen müssen, um als Wahlhelfer entbunden zu werden und dafür am 27. September live bloggen zu können.

Updates: Oh, jetzt bin ich auch schon für Juristen eine Quelle.

Dienstag, den 22. September hatte ich Klage gegen die Landeshauptstadt München erhoben und eine einstweilige Verfügung beantragt, die mich von der Verpflichtung als Wahlvorsteher befreit. Mittwoch ließ die Stadt das Bayerische Verwaltungsgericht wissen, sie hätte mich schon längst davon entbunden und es mir bereits am 17. September mitgeteilt. Zugleich behauptet die Stadt, daß mein Gang vors Gericht „verfrüht“ gewesen sei. Beides wird noch zu prüfen sei, da davon abhängt, wer die Gerichtskosten trägt.

Sonntag, 6. September 2009

Wie man Stimmen mobilisiert

„Am Samstag vor der Wahl, aber auch am Wahlsonntag selbst kursierten von Berliner Grünen und Sozialdemokraten gestreute frische Umfragezahlen, wonach der Einzug der ökopartei in den (Saarländer) Landtag gefährdet sei. Maas und Ulrich telefonierten im Stundentakt. Womöglich wurden so per Telefonkette auch noch rettende SPD-Stimmen für die Grünen mobilisiert.“
Thomas Holl in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ von heute

Frische Umfragezahlen am Wahlsonntag? Stündliche Aktualisierungen? Telefonketten? Zum Glück können das ja keine Exit-Polls gewesen sein, wenn man ARD und ZDF glauben darf.

Donnerstag, 3. September 2009

Exit Polls – doch mehr als nur „mittelmäßig geraten“?


„Zapp“ vergleicht die bei Twitter veröffentlichten Zahlen mit den offiziellen Prognosen aus Wahlnachfragen. Während ARD-Kollege Jörg Schönenborn jedes Leck ausschließt und die Sonntag nachmittag getwitterten Zahlen bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland für bestenfalls „mittelmäßig geraten“ hält, sieht die NDR-Redaktion verdächtige Nähe der frühzeitig geleakten Zahlen zu den späteren Prognosen.

Updates: Eine interaktive Playerversion des „Zapp“-Beitrags mit Anmoderation und weiterführenden Links im Menü gibt's hier.


Nicht nur die ARD sieht talentierte Prognosentipper am Werk. Das ZDF behauptet auch, „jemand, der sich die Zahlen aus den Umfragen in den Wochen vor der Wahl zusammengerechnet und auf dieser Basis das Ergebnis einfach nur gut geschätzt hat“, wäre die Erklärung für die herausgezwitscherten Zahlen, so „Andrea Wolf, Vorstandsmitglied der Forschungsgruppe Wahlen, die für das ZDF die Prognosen erstellt.“

Twitter-Meldungen ohne juristische Folgen
„Es konnte kein direkter Zusammenhang zwischen den Nachwahlbefragungen am Tag der Wahl des 5. Sächsischen Landtages einerseits und den Twitter-Meldungen vor Ablauf der Wahlzeit andererseits nachgewiesen werden. Daher ist ein ordnungswidriges Handeln nicht zu belegen.“
Mit diesen Worten erklärt die Landeswahlleiterin, Frau Prof. Dr. Irene Schneider-Böttcher, die Prüfung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens für eingestellt.
Um aus den Meldungen, die gegen 16:30 Uhr als „erste Prognosen“ über den Kurzmitteilungsdienst Twitter verbreitet wurden, auf die Nachwahlbefragungen am Wahltag vor den Wahllokalen (sog. Exit-Polls) schließen zu können, hätte eine direkte Verbindung zwischen den Nachwahlbefragungen und den Twitter-Meldungen abzuleiten möglich sein müssen.
Nachwahlbefragungen wurden durch die beiden am Tag der Landtagswahl am 30. August 2009 in Sachsen tätigen Meinungsforschungsinstitute, die „Forschungsgruppe Wahlen e. V.“ sowie „Infratest dimap“, für die Fernsehsender ARD und ZDF durchgeführt.
Im Rahmen der Beweiserhebung wurden die genannten Institutionen, die Person, über deren Twitter-Account die Meldungen verbreitet wurden, sowie die Fa. Twitter selbst angehört. Dabei ergaben sich keine nachweisbaren Anhaltspunkte für diese Ableitung.
Daher wurde das Verfahren wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Verbot, vor Ablauf der Wahlzeit Ergebnisse einer Wählerbefragung zu veröffentlichen, eingestellt.

(Pressemeldung der Landeswahlleiterin vom 5. März 2010)

Dienstag, 1. September 2009

Exit Polls: Wer wußte wann was?

Früher verletzte es die Würde des hohen Hauses und somit das Demokratieverständnis der Altvorderen, als sich ein angehender Minister in Turnschuhen vereidigen ließ. Heute sieht ein Gatekeeper der „Süddeutschen Zeitung“ „eherne Gesetze“ verletzt, wenn Exit Polls getwittert werden und die „taz“ warnt sogar vor der braunen Gefahr.
Anläßlich der Recherchen für die morgige „Zapp“-Sendung fragte mich eine NDR-Redakteurin, ob ich den sogenannten Prognosenverrat via Twitter nicht auch problematisch fände. Ehrlich gesagt nicht. Ich fürchte auch anders als die „taz“ nicht, daß das rechtsextreme Lager solche Zahlen zum Ansturm auf die Wahllokale nutzen könnte. Mich stören vielmehr die Wahlnachfragen an und für sich oder vielmehr der undemokratische Umgang mit ihnen.
Mit welcher Legitimation sammeln denn ARD, ZDF und die von ihnen beauftragten Wahlforscher unter der Aufsicht der Wahlleiter hochsensible Daten, um mit ihnen dann willkürlich zu verfahren? Mit welchem Recht entscheiden ein Jörg Schönenborn oder seine Mainzer Kollegen, welche „Medien (und im Übrigen auch Politiker) vertraulich schon früher die Prognosen bekommen, die auf den sogenannten Wahl-Nachfragen vor den Wahllokalen beruhen“, um einen Kollegen von der „Süddeutschen“ zu zitieren. Nach welchen Kriterien sucht ein Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen „im Laufe des Wahltags das ein oder andere Gespräch auch mit Politikern“, bei dem Prognosen aus den Exit Polls gegen eine politische Einschätzung getauscht werden?
Denn eins ist klar, diese Gunst trifft auf keinen Fall alle Parteien, nicht einmal alle in Bundes- oder Landtag Vertretenen. Die Linke bleibt beispielsweise laut Auskunft ihrer Pressesprecherin Alrun Nüßlein außen vor, den Freien Wählern oder rechtsextremen Abgeordneten wird es nicht anders gehen. Sind das die neuen demokratischen Spielregeln?
Und mit welchem Recht tritt der hessische Landeswahlleiter die Untersuchung des Prognosenverrats durch bild.de an die mutmaßlich Tatbeteiligten, infratest-dimap und die Forschungsgruppe Wahlen, ab und stellt mir anheim, mich mit diesen über falsche Tatsachenbehauptungen auszutauschen statt wie vom Wahlrecht vorgesehen Herr des Verfahrens zu bleiben?
Von mir aus sollen die Wahlnachfragen bestehen bleiben. Aber wäre es in einer Demokratie zu viel verlangt, transparent zu machen, wer wann was erfährt? Um wieviel Uhr und von wem erhält ein Kanzleramt die erste Prognose aus Exit Polls? An wie viele Empfänger wird diese Information weitergeleitet? Handelt es sich dabei nur um Regierungsmitglieder oder auch um Parteifreunde? Unterliegt das dabei mitgeteilte Zahlenmaterial einer Geheimhaltungsstufe? Erst nach Offenlegung solcher Fakten wäre zu entscheiden, ob man das so weiter handhaben will oder nicht.

Updates: Zumindest die ARD und infratest-dimap gäben „vor 18 Uhr keine Zahlen an Parteien (Jörg Schönenborn/ARD) – Bundesjustizministerin Brigitte Zypries scheint es besser zu wissen: „Ich kann nur hoffen, dass die Kolleginnen und Kollegen, die die Ergebnisse vorab mitgeteilt bekommen, verantwortungsbewusst damit umgehen.“ Im Interview mit dem Deutschlandfunk denkt sie auch über die Möglichkeit nach, „dass man gar nicht mehr solche Nachbefragungen macht bei der Wahl und dementsprechend auch keine Vorab-Bekanntmachung mehr macht. Das würde bedeuten, dass wir das Wahlergebnis nicht schon bereits abends um viertel nach sechs haben, sondern dann vielleicht erst um 20 Uhr. Wäre, glaube ich, auch kein großer Schaden für die Demokratie.“

A better tomorrow zur Gatekeeper-Funktion der Öffentlich-Rechtlichen.

(Foto: NDR/Dirk Uhlenbrock)

Montag, 31. August 2009

Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Das Geheimnis der Wahlnachfragen

Zum Glück hat Patrick Rudolph erst am 16. Juni zu twittern begonnen, sonst hätte er womöglich bereits bei den Europawahlen erste Prognosen herausgezwitschert. So verdanken wir dem CDU-Funktionär die erste offene Diskussion über Sinn und Unsinn der Wahlnachfragen (während bei den Europawahlen genug andere Politinsider ihr Herrschaftswissen nicht für sich behalten konnten).

„Sollte die Verbreitung der Prognose bei Twitter nachweislich Einfluss auf die Wahl gehabt haben, müsste diese sogar wiederholt werden und der Verursacher für die Kosten von rund zwei Millionen Euro aufkommen“, droht Thüringens Landeswahlleiter Günter Krombholz, wobei man das bitte nicht falsch verstehen darf.

Nach meinen halbjährigen Recherchen gelegentlichen Recherchen im letzten halben Jahr hat kein Beteiligter ernsthaft die Absicht, einen möglicherweise bereits begangenen Prognosenverrat aufzuklären. Es gilt nur, zukünftig Blogger, Twitterer & Co davon abzuhalten, um den alten Status-quo aufrechtzuerhalten: Vorabzahlen aus Wahlnachfragen nur per SMS an den inner circle der Politiker, Journalisten und Lobbyisten, die zwar auch irgendwo Wähler sind, aber eben welche mit dem besonderen Vorrecht des ol' boy network.

Die Wahlleiter haben kein Interesse an Aufklärung, da sonst Dritte womöglich eine Wahl anfechten könnten. Das hätte zwar letztendlich vor Gericht kaum Aussicht auf Erfolg, würde aber den Wahlleitern verdammt viel zusätzliche Arbeit bereiten: Beweissicherung, Zeugenaussagen, Rechtfertigungen, Ausreden, und für einen Wahlleiter, in der Regel Beamte der statistischen Landes- und Bundesämter, ist alles abseits der bürokratischen Gleise die Hölle.

Und die Fernsehanstalten besitzen natürlich mit den quasi amtlichen Prognosen aus Wahlnachfragen ein Pfund, mit dem sich prächtig wuchern läßt. Nicht nur wegen der Einschaltquoten um 18 Uhr, sondern auch um mit den Politikern einmal nicht als Bittsteller oder Kritiker umzugehen, sondern etwas in der Hand zu haben, das die Politiker begehren. Wer schon einmal erlebt hat, wie sich manche Journalisten bei den Geheimdiensten als Quelle verdingen, wird ahnen, wie mächtig sich ein Redakteur oder Chefredakteur fühlen muß, der den Regierenden und Parteien die Exit Polls reichen kann wie Gottvater seinen ausgestreckten Finger dem Adam, um ihn überhaupt erst zum Leben zu erwecken.

Also wird alles, grundsätzlich abgestritten. Die Verteidigungslinie der Fernsehanstalten und Wahlforscher ist dabei immer die Gleiche:
  1. Es würden gar keine Prognosen vor 18 Uhr zirkulieren (längst widerlegt, wenn auch jetzt von ARD-Wahlkassandra Jörg Schönenborn wieder bemüht, während Patrick Rudolph beispielsweise gar nicht dementiert, die Zahlen gekannt zu haben, sondern nur, sie selbst getwittert zu haben. Falls er lügt, klingt das, als ob er vortäuschen würde, Opfer einer Straftat zu sein, nur um keiner Ordnungswidrigkeit bezichtigt zu werden).

  2. Die herausgetwitterten oder beispielsweise anläßlich der hessischen Landtagswahl von BILD vorzeitig herausposaunten Zahlen würden zu sehr von den Exit-Polls-Prognosen abweichen, um sich tatsächlich darauf stützen zu können. Es seien also überhaupt keine verbotenen Prognosen aus Wahlnachfragen, sondern zulässige Prognosen aus der Hosentasche (Wobei dieses zweite Argument das erste tilt: Wozu muß man überhaupt Zahlen vergleichen, wenn die eigenen Zahlen das Haus gar nicht verlassen haben?)
Diese Abwehrstrategie galt beispielsweise als „Bild“ bei den hessischen Landtagswahlen dummerweise eine Viertelstunde vor Schließung der Wahllokale seinen Ticker mit der Wahlprognose online schaltete. Erst schloß der Landeswahlleiter kategorisch aus, daß es sich dabei bereits um Exit-Polls handeln könnte, denn: „Wählerbefragungen werden nach meiner Kenntnis nur im Auftrag von ARD und ZDF durchgeführt und von diesen Anstalten exklusiv (erst-)veröffentlicht.

Nachdem er – offenbar erstmals – davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß diese Zahlen bereits vor 18 Uhr vertraulich ausgewählten Politikern und Journalisten zugänglich wären, sah man dennoch keinen Verdacht für eine mögliche Ordnungswidrigkeit, denn: Die Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) und infratest dimap (ARD) „haben mir auf Nachfrage berichtet, dass vor 18:00 Uhr weder Ergebnisse noch Zwischenstände an BILD oder BILD.de weitergegeben worden sind.
Die von BILD.de veröffentlichten Zahlen (...) stimmen darüber hinaus mit dem Zahlenwerk der beiden Institute bei keiner einzigen Partei überein.“


Nun haben Kai Diekmann und seinen Mannen natürlich auch ihre Quellen im Kanzleramt und den Staatskanzleien, und die letzte Behauptung war schlichtwegs falsch: Die von „Bild“ veröffentlichten Zahlen stimmten bei zwei Parteien mit denen des ZDF genau überein und wichen bei CDU und den Grünen um 0,5 Prozent ab sowie bei der SPD um 1,5 – möglicherweise tolerierbare Differenzen, da die Prognosen laufend aktualisiert werden.

Darauf angesprochen, meint der Leiter des Referates Wahlen und Hochheitsangelegenheiten des zuständigen Innenministeriums abschließend: „Unsere Entscheidung, in der Sache von der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens abzusehen, beruht auf dem Befund, dass die Ergebnisse, deren vorzeitige Veröffentlichung Sie beanstanden, nicht auf Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe am Wahltag beruhen. Dies haben mir sowohl die Forschungsgruppe Wahlen e.V. als auch Infratest dimap bestätigt. Auch ein vorzeitiger Zugriff Dritter auf die Daten und Berechnungen der Institute wird von diesen ausgeschlossen. Ich stelle anheim, sich direkt mit den beiden Instituten in Verbindung zu setzen.“

Wirklich kein Zugriff? Man muß Jörg Schonenborn nicht nur mit seinem Zettel wedeln lassen, der die Prognosen von 16 Uhr enthält, man kann ihn auch direkt fragen: Angesichts der bei Twitter während der Europawahlen am frühen Nachmittag veröffentlichten Zahlen bat ich ARD und ZDF, respektive die für sie exklusiv tätigen Wahlforscher, mir mitzuteilen, welche Prognosen sie um diese Uhrzeit mit den Parteien geteilt hätten, um so gegebenenfalls nachzuweisen, daß das Zahlenmaterial tatsächlich unterschiedlichen Quellen entstammt.

Richard Hilmer von infratest dimap ignorierte wiederum meine Frage nach den 16-Uhr-Prognosen, sondern verglich die Twitter-Zahlen mit der 18-Uhr-Prognose: „kurz vor Bundestagswahlen entbrennt häufig eine Diskussion über Sinn und Unsinn, sinnvollen Gebrauch und Missbrauch von Wahltagsbefragungen. Und immer wieder tauchen im Umfeld von Wahlen Gerüchte über angeblich vor der gesetzlichen Frist von 18:00 vorliegenden Ergebnisse der Exit Polls auf – schon zu Zeiten, als es Twitter noch nicht gab. Das Gute an Twitter ist, dass nun ein schriftliches Dokument über angeblich „geleakte“ Exit Poll Ergebnisse zur Europawahl vorliegt.
Die Unsinnigkeit der Behauptung, hier lägen Ergebnisse aus einer Exit Poll vor ergibt sich in diesem Fall schon aus dem einfachen Vergleich der darin für die SPD genannten Werte und den veröffentlichten 18 Uhr Prognosen. Beim ZDF wurde das tatsächliche Ergebnis für die SPD von 20,8 Prozent mit 21,5 Prozent sehr gut, bei der ARD mit 21 Prozent sogar fast punktgenau ausgewiesen – jeweils weit entfernt von dem getwitterten Wert von 26 Prozent. Die Ergebnisse unserer Wahltagsbefragung lagen zu keinem Zeitpunkt des Wahltags auch nur in der Nähe dieses Wertes. Die in dem Twitter-Beitrag ausgewiesenen Parteianteile sind andererseits weitgehend identisch mit den von ARD und ZDF in der Woche vor der Wahl veröffentlichten Umfragewerten ( vgl. http://www.wahlrecht.de/ ). Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass hier jemand schlicht und einfach etwas verwechselt hat.
Wir nehmen dieses Beispiel gleichwohl ernst. Angesichts der jetzt aufgekommenen Diskussion über ein mögliches Twittern der Exit Poll Zahlen bei der anstehenden Bundestagswahl werden wir alles tun, um weiterhin sicherzustellen, dass vor 18:00 keine Prognose von Infratest dimap an die Öffentlichkeit dringt. Denn eines wollen wir ganz sicher nicht: eine unsinnige Diskussion über Wahltagsbefragungen.
Von unabhängigen Instituten erstellte Wahltagsbefragungen oder Exit Polls stellen heute in den meisten demokratischen Ländern ein unverzichtbares Instrument der Wahlbeobachtung und der Wahlanalyse dar. Ihr Wert wird vor allem dann deutlich, wenn es berechtigte Zweifel am korrekten Ablauf von demokratischen Wahlen gibt, wie zuletzt im Iran. Hätte es dort unabhängige Exit Polls gegeben, wären die Vorwürfe der Wahlmanipulation mittels der Ergebnisse der Wahltagsbefragung nachprüfbar. In den westlichen Demokratien, so auch in Deutschland, liegt der Schwerpunkt bei Exit Polls klar auf den analytischen Aspekten, eine Kontrollfunktion ist absolut nachrangig.
Aufgrund der zeitlichen Nähe zum Wahlakt selbst kommt den Wahltagsbefragungen gleichwohl eine Sonderstellung zu. Um jedwede Beeinflussung der Wahl durch Exit Polls auszuschließen, hat der Gesetzgeber eine vorzeitige Veröffentlichung der Ergebnisse verboten. Und nicht zuletzt deshalb hält sich Infratest dimap selbstverständlich an dieses Verbot und an die gleichlautende Forderung unseres Auftragsgebers, der ARD. “


Mathias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen fasst sich kürzer: „Wie ich Ihnen ja schon nach der LTW in Bayern geschrieben habe, informieren wir die Parteizentralen gleich welcher Partei nicht. Es gibt - auch das hatte ich Ihnen geschrieben - mit dem ein oder anderen Politiker oder Journalisten ein kurzes Gespräch bei der eine qualitative Einordnung der Wahl erfolgt. Konkrete Zahlen werden auch in diesen Gesprächen nicht genannt. Schon allein deshalb nicht, weil die Prognosen bei uns erst unmittelbar vor der Sendung endgültig festgelegt werden.
Sie können sicher sein, dass gerade die Debatte nach der Bayern-Wahl bei uns die Vorsicht der übermittelten Bewertungen weiter geschärft hat.
Nur weil Gerüchte bei Twitter verbreitet werden, kommt ihnen kein höherer Wahrheitsgehalt zu - eher im Gegenteil.“


Den Bundeswahlleiter habe ich übrigens auch gefragt, ob ihm bei der Europawahl ungewöhnliche Tweets aufgefallen wären, die eine Ordnungswidrigkeit darstellen könnten? Seine vollständige Antwort auf diese Frage fast sieben Wochen später: „Nein“.

Updates: Die „Tagesschau“ von heute zu Twitter und den Landtagswahlen (ab 00:09:11)

Im Ausland wird man jetzt auch auf uns aufmerksam: „When, at around 4 p.m., senior politicians gather in their party headquarters, the opinion poll institutes present the results of their exit polls. Television viewers only get to hear the results of these polls, which generally correspond, within a few percentage points, to the actual outcome, at 6 p.m, after the polling stations have closed.“ (ABC News), „Le Monde“, The Register, BBC.

„Der Tagesspiegel“ drückt sich etwas mißverständlich aus, wenn er behauptet: „Am späten Nachmittag der Wahltage können die Meinungsforscher aber bereits deutliche Tendenzen erkennen. Die werden zwar nicht veröffentlicht, aber vertraulich an ausgewählte Medien weitergegeben. Über Umwege gelangen sie dann auch an Politiker.“ Schließlich handelt es sich nur um zwei Medien, die ARD und ZDF, die nun mal auch die Auftraggeber der exklusiv mit Exit-Polls beauftragten Wahlforscher sind. Und bestimmte Politiker erhalten die Zahlen dann nicht über Umwege, sondern direkt – und reichen sie dann brühwarm weiter. Woraus der „Tagesspiegel“ richtige Schlüsse zieht: „Danach ist kaum noch nachzuvollziehen, wer wen informiert.“

Die „Süddeutsche Zeitung“ trauert den Zeiten der Gatekeeper nach: „Seit es Umfragen am Wahltag gibt, gilt das eherne Gesetz: nicht veröffentlichen, bevor die Wahllokale geschlossen haben. Doch am Superwahlsonntag hielten sich manche nicht daran.“

Thomas Knüwer bemerkt, daß „erstaunlich viele Menschen, mit denen ich gerne über den gestrigen Tag telefonieren würde“, nicht erreichbar sind. „Bei der Forschungsgruppe Wahlen ist man auf das Thema schlecht zu sprechen. Ein Sprecher mit Wut in der Stimme erklärte mir, aus seinem Haus kämen die Zahlen nicht. Die Forschungsgruppe gäbe erst relativ spät vor der Schließung der Wahllokale Tendenzen aus wenige, ausgewählte Politiker und Chefredakteure. In der Tat fällt auf: Die Prognosen via Twitter liegen wesentlich näher an den Zahlen von Infratest-Dimap. Dort ist die Presseabteilung heute nicht zu sprechen - ebenso niemand anderes.“

Na ja, Jörg Schönenborn hat mir am 1. Juli noch schriftlich versichert: „Weder Infratest Dimap, als von der ARD beauftragtes Wahlforschungsinstitut, noch ich als redaktionell Verantwortlicher für die Wahlberichterstattung geben an Wahltagen Prognosezahlen an Externe weiter. Insbesondere geben wir vor 18 Uhr keine Zahlen an Parteien weiter.“ Und er wird ja wohl nicht lügen, oder?

Wenn sonst schon kein Argument zieht, dann eben die Furcht vor den Nazis: „Aber auch für das rechtsextremen Lager wäre eine Vorabprognose hilfreich. Große Teile der neonazistischen Szene sind eigentlich antiparlamentarisch und institutionenfeindlich eingestellt. Kriegen ihre Anhänger ein oder zwei Stunden vor Schluss mit, dass der Einzug einer rechtsextremen Partei in ein Landesparlament möglich ist oder auf der Kippe steht, könnten sie sich noch spontan für den Urnengang entscheiden“, so die „taz“ zum Thema Prognosenverrat Twitter-Schock.

Internet und Politik zur Medienpanik.

Sonntag, 30. August 2009

Nur fürs Protokoll

Im Januar haben noch nahezu alle Beteiligten, ob ARD, ZDF, infratest-dimap, Forschungsgruppe Wahlen, Journalisten, Wahlleiter oder Politiker mir gegenüber bestritten, daß es überhaupt vor 18 Uhr Prognosen gäbe, obwohl sie seit Jahren per SMS am frühen Nachmittag der Wahltage selbst durch die niedrigeren Parteiränge und Lobbyistenriege schwappen und jetzt wird mit einer Selbstverständlichkeit über Twitterlecks, Prognosen-Verrat & Co diskutiert, als ob es dieses Versteckspiel nie gegeben hätte. Auch ein Fortschritt, den wir Twitter zu verdanken haben.
Wobei der oberste ARD-Wahlbeauftragte Jörg Schönenborn weiterhin Entscheidendes leugnet: „Die Behauptung, Daten unserer Wahlforscher seien heute vorab ins Netz gegangen, ist falsch. Ich habe mir die Zahlen angesehen und finde keine Ähnlichkeiten mit den internen Daten, die wir am Nachmittag hatten“, so das „Handelsblatt“, das zudem auch zu dem Prognosen-Ausplauderer der CDU, Patrick Rudolph, Interessantes zu berichten weiß: „'Ich weiß nicht, wer das geschrieben hat', sagte Rudolph auf Nachfrage von Spiegel Online. Er sei es jedenfalls nicht gewesen – und habe den Account deswegen gelöscht.“

Updates: Im Tagesschau-Blog verbreitet Schönenborn die alte Mär, nur eine Handvoll Menschen bekäme vor 18 Uhr die Zahlen: „Die Umfragezahlen sind am Wahltag ein gut gehütetes Geheimnis. Ein enger Kreis der Mitarbeiter von Infratest dimap kennt sie - und die beteiligten Chefredakteure der ARD.“ Als ob nicht die Parteizentralen zwischen 15 und 16 Uhr eingeweiht werden würden, von wo aus die Prognosen den Weg durch die Welt antreten – und um 17 Uhr schließlich auch die wichtigsten Journalisten der Printmedien. Sehr geschickt wie Schönenborn dabei so formuliert, als ob der enge Kreis und die 18-Uhr-Frist im Zusammenhang stünden, ohne es natürlich explizit zu behaupten. Das könnte ihm wohl zu leicht widerlegt werden.
„Ich habe meinen Zettel von 16.00 Uhr nochmal rausgekramt, der keine Ähnlichkeit hat mit den Zahlen, die um 16.30 Uhr bei Twitter erschienen sind“, schreibt Schönenborn weiterhin. Wieso legt er ihn dann nicht vor, veröffentlicht er ihn nicht in seinem Blog? Schließlich könnte dieser Zettel vielleicht sogar Lehmanns Elfmeter-Zettel den Rang als Zeitdokument abspenstig machen.

Die Blogosphäre dazu.

„Das ist schlicht und einfach eine Sauerei“
, zitiert die Netzeitung SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz, der damit keineswegs das Lügengestrüpp der Wahlforschungsmafia meint, sondern die Tweets, die nur die Art Zahlenmaterial wiedergeben, das bei jeder Wahl schon lange vor Erfindung Twitters landesweit kursierte.

„Sollte die Verbreitung der Prognose bei Twitter nachweislich Einfluss auf die Wahl gehabt haben, müsste diese sogar wiederholt werden und der Verursacher für die Kosten von rund zwei Millionen Euro aufkommen“
, droht Thüringens Landeswahlleiter Günter Krombholz laut thueringer-allgemeine.de, die in ihrem Bericht sogar den Tivoli-Blog ausdrücklich als Quelle erwähnt.

Was deutsche Exit Polls mit dem Regime in Teheran zu tun haben und auf welche interessanten wie ablenkenden Argumente die Wahlforscher und Wahlleiter sonst noch so kommen.

Wer hat den Größten? Vom Ende der Langsamkeit bei den Wahlnachfragen

So wie manche an Klowänden mit ihrer Schwanzgröße angeben, kann es sich der eine oder andere Politprofi nicht verkneifen, mit seinem Insiderwissen an Wahltagen zu protzen. Früher waren die entsprechenden Zahlen im SMS-Display das Potenzzeichen, heute setzt man sich online in machtvoller Pose.
Bei der hessischen Landtagswahl war es bild.de mit einem zu früh startenden Wahlticker, bei der Bundespräsidentenwahl unter anderem ein Mitglied des Wahlausschusses und bei der Europawahl standen möglicherweise die ersten Exit Polls vor Schließung der Wahllokale online: jedenfalls erschallte, kaum lagen erste Wahlnachfragen den Parteien vor, ein Zahlenecho auf Twitter.
Um so spannender wird es daher, heute zu beobachten, ob gegen halb vier wieder erste „Tips“, „Prognosen“ und sonst notdürftig kaschierte Exit-Poll-Zahlen der Wahlforscher aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und dem Saarland ins Internet schwappen.
Wenn, und ich gehe ziemlich fest davon aus, wird der Eintrag hier entsprechend laufend aktualisiert. Zur Stunde jedenfalls gibt es bis auf spaßhafte Wahlergebnisse eines Trixieys für Sachsen und Thüringen in den frühen Morgenstunden noch keine Wahltips – wie bei der Europawahl fangen die Twitterati überhaupt und gerade die Parteigrößen im Besonderen zufälliger- wie seltsamerweise immer erst nach Vorlage erster Exit Polls damit an, ganz unverbindlich persönliche Voraussagen zu treffen, die natürlich in keinem Zusammenhang mit dem vertraulichen Zahlenmaterial stehen sollen.

14.13 Uhr
Der Dresdener FDP-Bundestagskandidat Johannes Lohmeyer eröffnet den Reigen und hat soeben für Sachsen „getippt“: CDU 38%, SED 18%, FDP 16%, SPD 12%, Grüne 4,99%, NPD 3%. Könnte tatsächlich nur ein Tip sein, da nach meinen Erfahrungen die ersten Exit Polls erst zwischen 15 und 16 Uhr kursieren, aber vielleicht sind die Sachsen da auch fixer.

15.47 Uhr
Cornelius aus Hamburg-Altona schachert mit „inoffiziellen Exit Polls“ aus dem Saarland: „CDU 31,2%, SPD 29,1%, Linke 19,1%, FDP 7,5%, Grüne 7,1%, Piraten 4,8%, Stg 1,1%“. Von der Uhrzeit her könnte das passen, aber an die fünf Prozent für die Piraten lassen mich an der Authentizität zweifeln. (Update: wie vermutet waren diese Zahlen „frei erfunden“.)

16.11 Uhr

Außerordentliche Funk- äh Twitterdisziplin heute, gab's da einen Anschiß von oben? Bin gespannt, ob's so ruhig bleibt, werden die Exit Polls doch nicht abgeschafft?

16.24 Uhr
Peter Dondl sieht in Sachsen „CDU 40-41%, LINKE 25%, SPD 10%, FDP 11%, GRÜN 5%, NPD 5%“, in Thüringen „CDU 34-36%, LINKE 25-27%, SPD 15-17%, GRÜ 4,5-5,5%, FDP 10-12%, NPD 3-4%“ und im Saarland „CDU 35-37%, SPD 23-25%, LINKE 16-18%, GRÜ 7-8%, FDP 8-9%“.

16.31 Uhr
Patrick Rudolph, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Radebeul: „Saarland: CDU 36, SPD 25, Linke 21, FDP 10, Grüne 5. Thüringen: CDU 34, SPD 20, Linke 25, FDP 8, Grüne 6. Sachsen: CDU 40, SPD 10, Linke 21, FDP 10, Grüne 5“. (Update vom 25. September: Laut der „Sächsischen Zeitung“ war Rudolph eventuell das Opfer einer politischen Intrige. Siehe auch den Dresdener Presseclub dazu.)

16.42 Uhr
Ein Daniel verbreitet fürs Saarland dasselbe Ergebnis wie Rudolph.

16.55 Uhr
Dann werden wir mal den Scanner von Blogs und Tweets auf die klassischen Medien im Internet erweitern. Vielleicht prischt da auch wieder jemand vor...

17.29 Uhr
Nachdem er vielfach retweetet worden ist, hat Patrick Rudolph seinen Account offenbar gelöscht. Danke für die Info, Till Westermayer!


17.35 Uhr
bananabandana alias bampowpeng: „Sachsen: CDU 40, SPD 10, Linke 21, FDP 10, Grüne 5. Thüringen: CDU 34, SPD 20, Linke 25, FDP 8, Grüne 6. Saarland: CDU 36, SPD 25, Linke 21, FDP 10, Grüne 5“.

17.48 Uhr
David Hamanns Hamburger Wahlportal Du wählst meldet „Saarland: CDU 37, SPD 25, Linke 20, FDP 9“ und anschließend: „Thüringen: CDU 33, Linke 26, SPD 19, Grüne 7-9, FDP 6“.

17.54 Uhr
Da hat sich jemand besonders viel Mühe gemacht und eigens den Twitteraccount Thüringer Wahl gegründet, um ein paar Minuten vor den Fernsehanstalten dieses Ergebnis zu melden: „CDU 32,2% LInke 26,3% SPD 20,1% Grüne 5,4% FDP 7% NPD 5,3% Sonstige 3,7%“

18.00 Uhr
Die ARD (infratest-dimap) meldet als erste Prognosen für Thüringen: CDU 32,5, Linke 26, SPD 18,5, Grüne 5,5, FDP 8, NPD 4,8; für das Saarland: CDU 34,5, SPD 25, Grüne 5,5, FDP 9,5, Linke 21; für Sachsen: CDU 41, Linke 20,5, SPD 10, NPD 5,5, FDP 10,5 und Grüne 6.
Das ZDF (Forschungsgruppe Wahlen) meldet als erste Prognosen für Thüringen: CDU 31, Linke 27, SPD 19, Grüne 6, FDP 8,5, NPD 3,5; für das Saarland: CDU 35, SPD 26, Grüne 6, FDP 8,5, Linke 19,5; für Sachsen: CDU 40,5, Linke 21, SPD 10, NPD 5,2, FDP 10,5 und Grüne 6.
Beim Vergleich mit den vorab getwitterten Zahlen ist zu bedenken, daß die am frühen Nachmittag den Parteien und um 17 Uhr der Presse von den Wahlforschern überlassenen Prognosen natürlich von den für 18 Uhr ermittelten abweichen können, da die Zahlen den ganzen Nachmittag über aktualisiert werden.

Da schau an, dpa benutzt Twitter als Vorwand, um über eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale erste Trends auszuplaudern.

20.12 Uhr
Ole Reißmann auf Spiegel Online über „Prognosen-Verrat – Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“.

23.08 Uhr
Weiterer Blogeintrag mit den Reaktionen Patrick Rudolphs und Jörg Schönenborns zu den Vorwürfen des Prognose-Verrats. Schließlich kann nicht sein, was nicht sein darf.

Montag
Was deutsche Exit Polls mit dem Regime in Teheran zu tun haben und auf welche interessanten wie ablenkenden Argumente die Wahlforscher und Wahlleiter sonst noch so kommen.

Dienstag
Wie ARD, ZDF und die Wahlforscher mit den Exit Polls Politik machen.

Donnerstag

Erstaunliche Übereinstimmung, obwohl über anderthalb Stunden dazwischen lagen: „Zapp“ vergleicht die bei Twitter veröffentlichten Zahlen mit den offiziellen Prognosen aus Wahlnachfragen.

Montag, 10. August 2009

Ein offensichtlich völlig überforderter Bundeswahlleiter

Nachdem bei der Europawahl möglicherweise Insider vor Schließung der Wahllokale Exit Polls via Twitter ausgeplaudert hatten, bat ich den Bundeswahlleiter am 26. Juni um eine kurze Stellungnahme zu der Frage. Im Februar hatte er eine Mail von mir noch binnen 12 Tagen von seiner Mitarbeiterin Christiane Egert-Wienss beantworten lassen, aber dieses Mal warte ich jetzt schon sechs Wochen auf eine Reaktion. Erst hielt ich es für das übliche Versteckspiel in Sachen Wahlprognosen, aber wie mich heute Claudius Seidl in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ aufklärte, hat der Bundeswahlleiter im Augenblick offenbar viel um die Ohren...

„War das die Woche, in welcher Martin Sonneborn, der real amtierende Vorsitzende einer Partei namens 'Die Partei', vom offensichtlich völlig überforderten Bundeswahlleiter Roderich Egeler erst auf die mangelnde Ernsthaftigkeit seines politischen Handelns hingewiesen und dann zur Bundestagswahl nicht zugelassen wurde - obwohl 'Die Partei' alle erforderlichen formalen Bedingungen erfüllt? Woraufhin Sonneborn, der Ex-Chefredakteur der lustigen Zeitschrift 'Titanic', ganz ernst erklärte: 'Der letzte Wahlleiter in diesem Land, der derart undemokratisch mit kleinen Parteien umgesprungen ist, ist 1946 von einem alliierten Militärtribunal erschossen worden.'“


Updates: „Zu Egelers Beamtenverständnis, das man gut und gerne 'preußisch' nennen könnte, gehört auch, dass er die wenigen Spielräume, die ihm zur Verfügung stünden, nicht ausschöpft“ – die „Süddeutsche Zeitung“ vom 11. August in einem Porträt des Bundeswahlleiters.

In einer Vorabmeldung der „Spiegel“-Ausgabe vom 17. August warnt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein (CDU), daß das Verhalten des Bundeswahlleiters „nicht haltbar“ sei und zu „Gefahren für die Gültigkeit der Wahl“ führe.



(Foto: Der Bundeswahlleiter)

Samstag, 27. Juni 2009

Exit Polls & Twitter – Schluß mit dem Versteckspiel?

Bei den hessischen Landtagswahlen leugneten alle Beteiligten erst einmal grundsätzlich, daß Exit Polls überhaupt vor Schließung der Wahllokale zirkulieren würden. Bei den Europawahlen fiel auf, daß am frühen Nachmittag erste Zahlen getwittert wurden, und zwar ausgerechnet von politischen Insidern und erst zu einem Zeitpunkt, als die Wahlforscher die Parteien informiert hatten. Und jetzt entdeckt auch „Spiegel Online“ das Thema (auch Montag in der Printausgabe): Funktioniert der Insiderklüngel aus Politikern, Presse und Lobbyisten in Zeiten von Twitter noch oder ist das Spiel mit den Exit Polls passé?

Updates: Antonia Beckermann in der „Welt“ vom 24. August über die Angst der Politnomenklatur vor herausgetwitterten Exit Polls der Bundestagswahl 2009.

Beobachtungen vom 30. August anläßlich der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland sowie der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen (Spiegel Online: „Prognosen-Verrat: Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“).

Montag, 8. Juni 2009

Politiker twittern wieder mal vorschnell

Keine Wahlprognosen vor Schließung der Wahllokale? Von wegen, auch bei den gestrigen Europawahlen galt, was bei allen Wahlen eine wichtige Rolle fürs Ego spielt: Wer unter Politikern, Lobbyisten oder Journalisten etwas gelten will, muß bereits zwischen 15 und 16 Uhr die ersten Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) oder ihrer Kollegen bei der ARD: infratest dimap in Händen halten. So auch diesen Sonntag.
„Die SPD-Oberen wussten schon früher am Tag von den schlechten Resultaten. Den Gesichtern ihrer Mitarbeiter war anzusehen, dass es schlimm, sehr schlimm kommen würde. (...) Am Nachmittag war bei Seehofer eher Erleichterung zu spüren. (...) Die CSU sei sicher über der Fünf-Prozent-Hürde, hatten ihm die Demoskopen da schon gemeldet.“ (Die „Süddeutsche Zeitung“ heute auf Seite Drei – online bei jetzt.de)
Zwar verbieten es die Wahlgesetze (§ 4 EuWG i.V.m. § 32 Abs. 2 BWG, § 32 Abs. 2 BWG), Ergebnisse der am Wahltag nach der Stimmabgabe durchgeführten Befragungen von Wählern über den Inhalt ihrer Wahlentscheidung, sog. exit polls, vor Schließung der Wahllokale zu veröffentlichen. Aber wie der Bundeswahlleiter in Bezug auf frühere Bundestags- und Europawahlen mitteilen läßt, ist „er in diesen Fällen bisher nicht tätig geworden, da er, soweit ihm hierzu Kenntnisse vorlagen, hierin keine 'Veröffentlichung'“ im Sinne des Wahlgesetzes gesehen hat.
Doch heute kursieren solche Insiderinfos nicht nur wellenartig via SMS und E-Mail, und somit noch „privat“, heute gibt es Twitter. Bei der Wahl des Bundespräsidenten kamen die Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber (SPD) und Julia Klöckner (CDU) der offiziellen Meldung des Wahlergebnisses zuvor und plauderten Köhlers Sieg per Twitter aus.
Sollte man den Politikern gestern mehr Selbstbeherrschung zutrauen?
Merkwürdigerweise gab es den Wahlvormittag über keinerlei Tweets mit Wahltips, Prognosen etcetera. Erst nach 15.30 Uhr, wenn erfahrungsgemäß die ersten exit polls der Wahlforscher in den Parteien zirkulieren, tauchen auch die ersten Tweets auf, bezeichnenderweise auch nicht bei stinknormalen Twitterern, sondern bei Politikern und Parteinahen, auch wenn sich die ersten noch verschämt geben: Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler „tippt“ um 15.44 Uhr: „#CDU 38, #SPD 26, #FDP 9, #Grüne 10, #Linke 8“.
Henrik Bröckelmann aus dem Bundesvorstand der Jungen Union „tippt“ gegen 16 Uhr auf: „#CDU 36, #SPD 27, #FDP 10, #Grüne 9, #Linke 10“.
Zwischen 16.16 und 16.26 Uhr tauchen dann plötzlich erste „ARD-Prognosen“ als Tweets auf, mehr als anderthalb Stunden vor Schließung der Wahllokale:
Ein Frodo Lübcke (@frolueb, der Berliner FDP-Mann Michael Unterberger?) zitiert die ARD ausdrücklich gegen 16.16 Uhr mit der Prognose „FDP 9-10 %, SPD ca. 25%, Union unter 40%, Grüne 10% Linke um die 8%“, löscht diesen Tweet aber offenbar wieder und bleibt nur hie und da indirekt überliefert. Update: frolueb meint, sein Tweet wäre ein „fake“ gewesen, siehe unten.
Ein Rainer Michael Rilke zitiert zehn Minuten später ARD-Quellen mit: „CDU 38, SPD 26, FDP 9, Grüne 12, Linke 7, (CSU drin)“.
(Parteiferne Twitterer fühlen sich dann offenbar herausgefordert und antworten mit Gegenprognosen, die wohl nicht auf Insiderinfos basieren, aber den Ball ins Spiel gebracht haben eindeutig Leute aus dem inner circle, denen man Zugang zu den exit polls zurechnen darf.)
Natürlich sind diese Zahlen sehr unterschiedlich, aber wenn man davon ausgeht, daß ARD und ZDF unterschiedliche Zahlen errechnen und die ersten Hochrechnungen zwischen 15 und 16 Uhr in der Regel von den qualifizierteren Prognosen um 18 Uhr abweichen, wäre es schon interessant, herauszufinden, wie die Zahlen von infratest dimap und der Forschungsgruppe Wahlen am frühen Nachmittag aussahen und ob diese tatsächlich von Dritten via Twitter veröffentlicht worden sind, was eine Ordnungswidrigkeit darstellte.
Nach der hessischen Landtagswahl, bei der sogar BILD eine erste Prognose aus Wahlnachfragen vor Schließung der Wahllokale online getickert hat, hatten ARD, ZDF, Forschungsgruppe Wahlen und infratest dimap lange, wenn nicht sogar bis heute gänzlich bestritten, daß überhaupt jemand, also auch Politiker und Presse, vor 18 Uhr Zahlen erhielte. Das ist längst widerlegt. Stellt sich nun die Frage, ob diese Privilegierten mit dem Zahlenmaterial weiterhin nur untereinander schachern oder ob nicht Twitter die Grenzen zur Öffentlichkeit längst geöffnet hat.

P.S. Konnte gestern die Tweets nur bis gegen 16.30 Uhr verfolgen, da ich dann wieder ins Wahllokal mußte. Meine Twitter-Search lief dann noch weiter, aber angesichts von weit über 600 Tweets hatte ich bisher noch nicht den Nerv, nachzulesen, wer zwischen 16.30 und 18 Uhr noch so alles geplaudert hat...

Updates:



Der „Spiegel“ weiß von der Furcht des Bundeswahlleiters und der Politiker vor zu früh getwitterten Exit Polls.

Antonia Beckermann in der „Welt“ vom 24. August über die Angst der Politnomenklatur vor herausgetwitterten Exit Polls der Bundestagswahl 2009.

Beobachtungen vom 30. August anläßlich der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland sowie der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen (Spiegel Online: „Prognosen-Verrat: Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“).

(Foto: WDR/Herby Sachs)