Mittwoch, 11. Juli 2007

„SZ“ tazt rum

An die legendären „Anmerkungen des Setzers“ aus der Frühzeit der „taz“ schließt heute Alex Rühle in der „Süddeutschen Zeitung“ an. In seinem Feuilleton-Beitrag über Jay Rosens kollektives Forschungsprojekt zum Crowdsourcing bzw. zur „Weisheit der Massen“ zitiert und kritisiert er (oder ein Redaktionskollege? Aber jedenfalls nur in der Printfassung!) James Surowiecki: „Natürlich (natürlich?, Anm. d. analogen Red.) liege im kollektiven digitalen Journalismus die Lösung. Allerdings brauche eine Gruppe Meinungsvielfalt, unabhängige, spezialisierte Mitglieder sowie einen Mechanismus, der die Meinungen bündelt.“

Dienstag, 10. Juli 2007

Unser Reichtum kotzt Euch an?

Es ist schon merkwürdig, welche Beiträge der gedruckten „Süddeutschen Zeitung“ online übernommen werden und welche nicht. Heute recherchiert beispielsweise Tobias Kniebe dem Label Aggro Grünwald hinterher, dessen Band Die Stehkrägen gerade mit dem Schickimicki-Rap „Eure Armut kotzt uns an“ durch die Medien geistert. Kniebe beschränkt sich nicht wie andere Journalisten darauf, die pseudoposhen Stehkrägen als Comedytruppe des Münchner Alternativsenders M94,5 zu outen, sondern geht auch dem Label auf den Grund, hinter dem eine Levitian AG stecke und damit Ludwig von Bayern und Severin Meister, ein Enkel Otto von Habsburgs.

Die Firma dementiert das inzwischen auf ihrer Homepage: „aus gegebenen anlass möchten wir sie informieren, dass die LEVITIAN AG technischer dienstleister der seite www.aggro-gruenwald.de ist. weitere verbindungen bestehen nicht.“ Eine wohois-Anfrage bei der Denic scheint Kniebe aber recht zu geben. Zumindest ist Levitian Domaininhaber und administrativer Ansprechpartner.

Ein schönes investigatives Stück, nur leider nicht online. Letzte Woche verriet nun Bernd Graff, stellvertretender Chefredakteur von sueddeutsche.de, auf einem Webseminar der Akademie für politischen Bildung Tutzing, daß die Onliner jeden Beitrag des Printtitels übernehmen könnten und es ihre eigene Entscheidung wäre, was sie für tauglich hielten.

Eine mögliche Erklärung, warum die sueddeutsche.de dennoch lieber mit Themen wie Sabine Christiansen und erotischen Bildern Dita von Teeses Traffic generiert: Die User der Website sitzen, anders als beim Mutterblatt, überwiegend auswärts. Und in Berlin, Frankfurt oder Hamburg interessiert man sich vielleicht nach Ansicht der sueddeutschen.de-Redaktion weniger für den „Soundtrack der Starnberger Republik“.

Update: Der Beitrag ist jetzt doch noch online!

(Foto: Aggro Gruenwald)

Sex Mission

Besser als nette Jungs von nebenan: ein durchgeknallter, die Lustorgel spielender Wissenschaftler namens Duran Duran, ein wohlproportionierter blinder Engel und der Oberrebell Dildano, ein Trio Infernal, doch immer noch nicht genug, um Jane Fonda Herr zu werden. „Barbarella“ – heute abend um 20.45 Uhr auf Arte.


(Fotos: ZDF /Claude Renoir)

Montag, 9. Juli 2007

Conde Nast macht Schluß...

...wenn auch nicht mit der deutschen „Vanity Fair“, sondern mit der US-amerikanischen „Jane“. Knapp vor dem zehnjährigen Jubiläum werden Heft und Website dicht gemacht, wie Radar Online meldet. Wie bei vielen amerikanischen Magazinen habe ich „Jane“ immer um die Starporträts beneidet, bei denen die Kollegen die Promis nicht wie hierzulande in Gruppeninterviews oder großzügigerweise vielleicht einmal auf neutralem Boden ein knappes Stündchen treffen, sondern stundenlang begleiten oder sogar daheim besuchen durften.

Utopia mit rumänischer Hilfe

Diese Woche kehrt Gianina Cãrbunariu nach München zurück, um in den Kammerspielen das Themenwochenende „Fürchtet Euch nicht“ mitzubestreiten.

Bauernfeind goes east

Meine liebste Fickundzwanzigjährige, Katrin Bauernfeind, übernimmt vom 13. September an vier Monate lang die Schwangerschaftschaftsvertretung bei „Polylux“. Von Tita zu Katrin ist zwar ein Quantensprung, aber noch lange kein Grund, sich dieses provinzielle Hauptstadtmagazin anzutun. (Ehrensenf war auch nicht viel besser.) Immerhin ein Anlaß für Harald Schmidt, Katrin mal wieder einzuladen – selbst wenn er ein bekennender „Polylux“-Hasser ist.



(Foto: rbb/Nadine Bernards)

New Look bei den freundin-Blogs

Knipsbildchen statt Kulleraugen, und die Redaktionen, ob „freundin“ oder „Wellfit“, kehren uns den Rücken: Der Blog-Auftritt der „freundin“ hat den angekündigten Rebrush vollzogen, und wie befürchtet sind die Bildchen recht, na ja, authentisch ausgefallen. Für einen Fotografen hat's wohl nicht gereicht. Manche halten's aber für eine positive Entwicklung, und wohlwollend könnte man behaupten, die Blogs seien erwachsen geworden. Neben Milla hat auch meine Lieblingsbloggerin, Kristin, den Neuanfang als Ausstieg genutzt. Neu dabei ist dafür unter anderem eine im Tivoli und anderen Blogs äußerst aktive Kommentatorin: Rinski bloggt jetzt auch bei der „freundin“.

Update: Blog Queen

Well Well Well

Beim Kocherlball nächsten Sonntag wird nun auch der durch die Biermösel Blosn bekannte Well-Clan mit den Well-Buam und den Well-Geigern vertreten sein. Ein Grund mehr, die Nacht durchzufeiern, den Frühnebel im Englischen Garten zu bestaunen und frühmorgens beim Traditionsfest am Chinesischen Turm mitzufeiern.

(Foto: Trikont)

Fiktion und Wirklichkeit

„Zitat des Tages: Meine Mama hat immer gesagt: Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt, meint Tom Hanks, der heute vor 51 Jahren geboren wurde,“ schreibt heute der sonst so schätzenswerte Medienticker. Nun handelt es sich dabei keineswegs um ein Statement des Hollywood-Stars, sondern um einen Filmdialog aus „Forrest Gump“. Wie schon bei der Romy-Schneider-Titelgeschichte des „Spiegel“ ein weiteres Beispiel wie Journalisten Realität, bzw. die Scheinrealität eines Schauspielerinterviews mit der Fiktion eines Drehbuchs verwechseln. Ganz zu schweigen, daß damit auch die kreative Leistung der Autoren geleugnet wird.

Diekmann auf den Spuren Martin Luthers

Daß die „BILD“-Zeitung „verständlich, emotional, bilderreich, schöpferisch“ sei, könnte vielleicht sogar Stefan Niggemeier unterschreiben. Daß „BILD“-Chefredakteur Kai Diekmann sich mit diesen Borderline-Qualitäten aber in der Tradition Martin Luthers sieht, ist der passende Aufreger zu diesem trüben Wochenanfang. In der neuen Ausgabe des evangelischen Magazins „Chrismon“ spricht der Biedermann und geistige Brandstifter nicht nur seine Arbeit heilig, sondern verteufelt gleichzeitig auch die emotionale, schöpferische Konkurrenz der Rapper, Chatter, Onlineforen und nutzt auch die Gelegenheit zu einem ordentlichen Tritt gegen die Sozen: „Keine Generation hat die Chancen der einfachen Leute so nachhaltig ruiniert wie diejenigen, für die Chancengleichheit in erster Linie darin bestand, schulische Anforderungen zu senken.“ Höhepunkt des Pamphlets ist aber seine Verwunderung, daß die Leserbriefe der „BILD“-Klientel aus „Kauderwelsch und Rhabarber“ bestünden. „Orthografisch korrekt sind meist nur Briefe, die aus den neuen Bundesländern stammen oder von älteren Leuten aus dem Westen – also von Personen, die nicht dem Einfluss der Kultusministerkonferenzen, der GEW oder reformwütiger Lehrerverbände unterworfen waren.“ Ob die „Zeit“ und der „Spiegel“ die gleiche Erfahrung machen?

Freitag, 6. Juli 2007

Verantwortungsloses Spiel

Das Bundesverfassungsgericht erklärte im März 2006 das staatliche Glücksspielmonopol nur unter der Bedingung für zulässig, daß damit Maßnahmen gegen die Spielsucht verknüpft sind. Und natürlich folgten prompt wohlfeile Versprechen des deutschen Lotto- und Totoblocks, mit Warnhinweisen der Suchtgefahr vorzubeugen und außergewöhnlich hohe Jackpots nicht mehr plakativ zu bewerben. Doch heute in der „BILD“-Zeitung war von solcher Zurückhaltung nichts zu sehen. Kein Warnhinweis, nur aufreizende Werbung für den 17 Millionen schweren Jackpot.