Freitag, 21. Mai 2010

Besteht München für die Süddeutsche Zeitung über Nacht nur noch aus Bayern-Fans?

Das Sieger-Gen schimmert derzeit rötlich, und wer dieser Tage durch München schlendert, braucht sich nicht groß wundern, wieviel Bayern-Anhänger plötzlich ihrer Leidenschaft durch Trikots Ausdruck verleihen oder ein rot-weißes Fähnchen nach dem Wind richten. Immerhin dürfte man als bekannt voraussetzen können, daß nicht jeder Münchner ein Bayern-Fan ist. Einige behaupten sogar, innerhalb dieser Stadtgrenzen lebten mehr Blaue als Rote. Aber geschenkt, für einen Löwen spielen Statistiken, ob in der Tabelle oder bei der Fanstärke keine Rolle, es geht ums Herzblut.
Dieses bringt natürlich auch die morgige Begegnung in Wallung, und angesichts einer Typologie der hiesigen Champions-League-Gucker hat Beate Wild gestern auf sueddeutsche.de zumindest neben den üblichen Roten, also etwa Party-, Rudel- oder Erfolgsguckern auch einen aus der Reihe fallenden, siebten Typus aufgelistet: die Zuschauer, die selbst hier in München für Inter Mailand fiebern, etwa die italienischen Mitbürger, Wirte und „ein paar abtrünnige Münchner“, die aus Gründen „unterschiedlichster Natur“ nicht zu Bayern hielten. Vielleicht wir Sechzger, von der ansässigen Diaspora der Bremen-, Schalke- und sonstigen Fans mal ganz zu schweigen? Und natürlich kann man Inter auch einfach nur sympathisch finden.
Ein Der-Feind-meines-Feindes-ist mein-Freund-Denken ist nicht ganz unproblematisch, wie ich vor ein paar Jahren bei der Champions-League- (oder Uefa-Cup-?) Begegnung der Bayern gegen eine englische Mannschaft feststellen mußte. Ich schaute mir das Match im Schiller-Café an, darauf spekulierend, dort genügend FCB-feindliche Engländer um mich herum zu haben. Die Gäste sprachen auch alle, ähm, englisch, waren aber Schotten, die lautstark mit Bayern gegen die verhassten Engländer hielten.
„Einsam oder gemeinsam“, diese Frage stellt Bea Wild wie in der Online-Ausgabe auch heute in der gedruckten „Süddeutschen Zeitung“, nur daß es plötzlich nurmehr sechs Zuschauertypen gibt, von denen alle zu Bayern halten. Die siebte Kategorie fehlt ersatzlos. Keine Italiener, keine Löwen mehr in München – was diese Stadt wohl vollends unerträglich werden ließe.
Nur im Vorspann ein verschämtes: „Sogar Sechzger-Fans“ hielten einen Sieg der Bayern „zumindest für möglich“. Sitzt nun am Lokalbalken der Printredaktion ein Roter oder warum hält die Zeitung über Nacht nicht mehr, was die Online-Ausgabe verspricht? Höchste Zeit, daß München aus dem roten Fieberwahn wieder erwacht.

Samstag, 15. Mai 2010

Bilderklau bei bild.de

Man kann es sich nicht aussuchen, wer über einen berichtet, und bei den old media, vom „Spiegel“ bis zur „Bunten“, ist es auch schon lange Usus, exklusive Bildproduktionen konkurrierender Redaktionen, die man nicht zahlen will oder auch aufgrund eines Embargos für kein Geld kaufen könnte, ins Blatt zu hieven, indem man über ihre Veröffentlichung berichtet und das Bildmotiv so doch – natürlich streng dokumentarisch – ins Heft kriegt. Die Gerichte haben dafür auch schon lange die Spielregeln aufgestellt – eigener Bericht und Bildzitat müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Rechtsgrundlage sind dabei Fragen des Urheberrechts, das Copyright des auf diese Weise zitierten, um nicht zu sagen beklauten Fotografen, und die Nutzungsrechte der ursprünglich veröffentlichenden Redaktion – und weniger die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten.
Daß aber jedermann nicht etwa nur ein Recht am eigenen Bild, sondern selbst als Amateurfotograf ein reguläres Copyright an seinen Bildern hat, wird oft übersehen, wenn die Witwenschüttler und Katastrophenreporter der Boulevardmedien Internetplattformen wie Facebook, Flickr oder studiVZ plündern, um die Berichte von Todesfällen oder Straftaten mit Opfer- oder Täterbildern zu illustrieren. Da sind beileibe nicht nur Persönlichkeitsrechte betroffen.
Für Letzteres scheinen die Mitarbeiter von bild.de sensibilisiert zu sein, denn als sie gestern über den „neuen facebook-Trend“ How to look like your shirt print berichteten, pixelten sie die den Bericht illustrierenden Bilder, soweit dort überhaupt ansatzweise ein Gesicht zu erkennen gewesen wäre.
Und als die Initiatorin dieses Trends, Elisabeth Rank, sich telefonisch darüber beschwerte, daß die BILD-Redaktion, ohne vorher zu fragen, Bilder aus Ranks Facebook-Gruppe kopiert und veröffentlicht hätte, antwortete man ihr erst: Ich hab mir schon gedacht, dass da was kommt. Hm. Naja. Na gut. und weigerte sich aber dann doch, die Bilder offline zu nehmen, „weil angeblich niemand zu erkennen ist. (...) Wenn die akut Betroffenen sich konkret beschweren, sieht das wieder anders aus. – so Lisa in ihren Tweets zum Vorgang.
(Wobei es auffällt, daß die BILD-Redaktion sich auf die no-names der Aktion konzentrierte und Prominentere – und somit vielleicht Klagefreudigere oder zumindest Shitstormigere – wie Sascha LoboHappy Schnitzel, Anke Gröner oder Nilz Bokelberg ausließ. Nur Deef Pirmasens haben sie offenbar übersehen und mit seinem Porno-Motiv online gestellt.)
Dabei geht es hier weniger um Persönlichkeitsrechte, sondern um die Urheberrechte an den Bildern. Denn die BILD-Onliner haben nicht etwa nur ausführlich über einen Trend berichtet und den Beitrag dann mit einem Screenshot dokumentiert, sondern in dürren Worten das Thema gestreift und dazu 15 Bilder geklaut, um sie als Klickstrecke zu präsentieren.
Einige Anrufe und viele Stunden später hatte die Redaktion dann doch ein Einsehen und den Beitrag die Bilder gelöscht, was aber juristisch nichts daran ändert, daß der Springer-Verlag hier fremdes Bildmaterial ohne jegliche Rechtsgrundlage veröffentlicht hat. Selbst wenn es nur wenige Stunden online war, reicht das, um jedem der 15 Fotografen gute Chancen einzuräumen, von Springer nachträglich das übliche Bildhonorar von geschätzten 50 Euro sowie einen mindestens ebenso hohen Strafaufschlag für die nicht genehmigte, auf jeden Urhebervermerk verzichtende Veröffentlichung einzufordern, ja sogar einzuklagen. Zuzüglich etwaiger Anwaltskosten.

Updates: Falls sich bild.de auf das Recht auf Bildzitate herausredet, wäre übrigens gerade da das Pixeln, sprich: Bearbeiten der Bilder unzulässig gewesen.Von der fehlenden Quellenangabe mal ganz zu schweigen.

Der BILDblog zur „Selbstbedienung bei Facebook“

Zu denken, jeder würde sich für die Bild-Zeitung ein Bein ausreißen, ist auch wieder so eine elitäre Sichtweise, die ich nicht unterschreibe. Denn es will sich einfach nicht jeder im Umfeld von Bild sehen oder dort irgendwie auftauchen. Das ist so eine Überzeugungsgeschichte.
Lisa Rank auf jetzt.de zu ihrer Initiative und dem Ärger mit bild.de. 

Petit Déjeuner Musical (79): Cocoon

Messieursdames, Cocoon! (Heute abend live im Münchner 59:1)


Cocoon Sushi (inédit)
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Cocoon Acoustique "On My Way"



Cocoon Sea Lion

Wochenplan

Munich Central / Import Export Bar, HTC Pressebriefing, Pressevorführungen „Prince of Persia“ und „The Doors – When you're strange“, „Whistleblower: Hinweisgeber verstehen und schützen“ / Presseclub, Buchpräsentation „Die Gauklerin von Kaltenberg“ / Welser-Kuche, Vernissage Harun Farocki / Osram Art Projects, Vernissage Alessi / Neue Sammlung, Künstlergespräch mit Neo Rauch / Pinakothek der Moderne, Vernissage Guido Mangold / Münchner Stadtmuseum, 20 Jahre Süddeutsche Zeitung Magazin / Haus der Kunst, Bayerischer Fernsehpreis / Prinzregententheater

Samstag, 8. Mai 2010

Wochenplan

Ulf-Miehe-Abend mit Robert Fischer, Walter Fritzsche, Peter Goedel, Katja Rupé, Albert Sandner, Asta Scheib und Jutta Winkelmann / Drehleier, Pressevorführungen „Moon“, „A Nightmare on Elm Street“, „Lebanon“ und „Mahler auf der Couch“, Kaspersky Security Club / Barysphär, Microsoft PK Office 2010 / Literaturhaus, Terrassenopening P1, Paradisomansion, Gomma Supershow / Maximiliansforum

Donnerstag, 6. Mai 2010

Holt Gräfin Waldburg die Ösis heim ins Bayern-Reich?

Eine Bild-Text-Schere der ungewöhnlicheren Art liefert die aktuelle „Bunte“ anläßlich der Pariser Geburtstagsfeierlichkeiten des Action-Teams Fürstin Gloria & Thaddaeus Ropac. „Mittags trifft man sich wieder zum Déjeuner bavarois – einer Bayernjause mitten im Bois de Boulogne“, berichtet Marie Waldburg. Kann natürlich jeder behaupten, weshalb die bekanntermaßen gern investigativ tätige Redaktion das ganze mit der Einladung dokumentiert. Zu dumm, daß dort aber von einem „déjeuner autrichien“ die Rede ist. Nun will ich einfach unterstellen, daß die Gräfin französisch parliert. Und die Frage, warum so ein Lapsus der 5-köpfigen Schlußredaktion entgeht, vernachlässigen wir lieber. Also nur ein Flüchtigkeitsfehler der Jet-Setterin? Oder handelt es sich vielleicht um ein politisches Statement unter Von und Zus, zählte Bayern doch immerhin schon mal Salzburg, Tirol, Vorarlberg und das Innviertel zu seinem Reich?

Mittwoch, 5. Mai 2010

Samstag, 1. Mai 2010

Wochenplan

Tag der Pressefreiheit / Sitzungssaal des Rundfunkrates, Pressevorführungen „Keep Surfing“ und „Eine Karte der Klänge von Tokio“, Vernissage Exchange MUC-DUS / White Box, Premiere von Gianina Cãrbunarius „Sold out“ / Werkraumtheater, DOK.fest, Abiturtreffen Wittelsbacher Gymnasium 1980 / Hirschgarten, Boundcon VII / Zenith, Premiere KGB & friends / GOP Varieté-Theater

Donnerstag, 29. April 2010

Hohes C: Von wegen „Heimische Früchte“

Man kennt es von der Milch. Um die heimischen Milchbauern nachhaltig zu unterstützen, zahlt der Verbrauchern gern einen fairen und somit höheren Preis. Wenn nun also Eckes-Granini Deutschland für seine neue, diesen Januar lancierte Premiumsaftmarke „Heimische Früchte“ München mit dem Claim plakatiert: „Bayern mag's heimisch“, mag der Bayer denken, damit die Obstbauern am Bodensee oder im Voralpenland zu unterstützen und dafür gern ein paar Cent mehr als nötig zahlen.
Nur zu dumm, daß die Hamburger, Berliner oder Baden-Württemberger das Gleiche denken mögen, die Herkunftsbezeichnung der versafteten  Äpfel, Quitten, Birnen, Johannisbeeren und Holunderbeeren aber weitaus vager ist, das Obst nicht nachvollziehbar aus der Region, etwa Werder für die Berliner oder das Alte Land für die Hamburger stammt, nicht einmal zwingend aus Deutschland kommt, sondern aus Österreich und Deutschland – so der Hersteller auch in seiner Pressemitteilung.
Die Eckes betreuende PR-Agentur Engel & Zimmermann hat – trotz ihrer „umfassenden Expertise auf dem Feld der Krisenkommuni-kation“ – eine Anfrage von heute morgen zur Herkunft der Früchte und Werbekampagne leider noch nicht beantwortet.
Natürlich kann man den Spruch, daß jeder irgendwo Ausländer ist, auch umdrehen und feststellen, daß jede Ernte irgendwo heimisch ist. Nur denkt sich der Verbraucher in Zusammenhang mit der Ortsangabe auf dem Werbeplakat was anderes. Der Bundesverband Verbraucherzentrale hält diese Werbung für durchaus „problematisch“ und die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat bereits ihre Juristen positioniert und Eckes abgemahnt beziehungsweise genauere Auskunft über den Flascheninhalt, beziehungsweise die dafür zugrundeliegenden Obstwiesen angefordert und damit Gelegenheit gegeben, die Werbeaussage zu belegen.

Updates: Seit Freitag nachmittag bin ich mit Engel & Zimmermann telefonisch und via Twitter im Gespräch, mal sehen, was dabei rum kommt.

Auch in Nordrhein-Westfalen sorgt die Kampagne für Stirnrunzeln.

Auf Facebook redet sich der Hersteller Eckes-Granini wie folgt heraus: „Die Plakate haben natürlich ein kleines Augenzwinkern, sollen sich ja auf die Markteinführung unserer Säfte 'Heimische Früchte' beziehen. Auf keinen Fall möchten wir damit in die Irre führen - wie auch in deinem Blogpost geschrieben, bestehen die Säfte aus heimischen Obstsorten, die aus vielen verschiedenen Regionen in Deutschland und Österreich stammen. Wie du auch schreibst, sind diese Infos ja auch auf der Unternehmensseite einsehbar (http://www.hohes-c.de/#/heimischefruechte/)“ 

(Fotos: Dorin Popa, Georg Konjovic)

Samstag, 24. April 2010

Wochenplan

Pressevorführungen „My name is Khan“ und „Iron Man 2“, BJV-Medienlounge / Volksgarten, Lesung Benjamin Stein / Galerie Clair, Dominik Grafs „Im Angesicht des Verbrechens“ / arte, Lesung Jürgen Teipel / Kammerspiele, Ehemaligentreffen des Wittelsbacher Gymnasiums / Augustinerkeller, Konzert 3 Normal Beatles / Kammerspiele, Tanz in den Mai, Hof-Flohmärkte Maxvorstadt

Freitag, 23. April 2010

Copycats am Baumwall? Nein, bloße „Koinzidenz“

Das Déjà-vu kann beim Lesen kommen: Wenn landauf, landab quer durch die Redaktionen identische Interviewpassagen veröffentlicht werden, weil der Star anläßlich seines kommenden Films, seiner neuen CD, seines druckfrischen Bestsellers die immergleichen Sentenzen ins Mikrofon wiederholt oder es vielleicht auch gar nicht all die vermeintlichen Exklusivinterviews oder zweisamen Begegnungen gegeben hat, sondern das Dutzend Teilnehmer eines Round-Table-Gesprächs dieselben Brosamen ihrer Massenabfertigung ihren Redaktionen oder auch nur dem Leser als persönlichen Schatz verkaufen.
Manchmal gibt es aber auch originell formatierte Interviewserien à la „Im Taxi mit…“ oder „Was macht eigentlich…?“, die eine Redaktion kreiert und andere gern imitieren.
Der „Stern“ schafft es nun in seiner gestern erschienenen Ausgabe beide Eindrücke zu verknüpfen, ohne überhaupt kopiert haben zu wollen. „Freunde“ heißt die neue Serie, in der Fotograf Ludwig Rauch und Autor Helge Hopp jede Woche Freundespaare vorstellen, von denen einer prominent ist. „Die Idee zu dieser Kolumne“, so Chefredakteur Andreas Petzold auf Anfrage, ist ihm „von dem Fotografen Ludwig Rauch angeboten worden, der auch die Paarungen organisiert hat“.
Das Format erinnert nun aber auch an eine Kolumne der Frauenzeitschrift „freundin“. Seit September 2005 stellen darin wechselnde Autoren (zu denen auch ich bis 2007 gehört habe) alle 14 Tage eine Prominente und ihre beste Freundin vor, seit September 2006 fotografiert ausschließlich Jim Rakete „Unter Freundinnen“, stets innig vor neutralem Hintergrund, inzwischen sind auch mal gemischte Paare oder sogar reine Männerteams mit dabei.
Die Unterschiede will ich gar nicht leugnen: Beim Original eine drei Seiten lange Farbstrecke mit Wortlautinterview. Beim „Stern“ eine durchgeschriebene Seite in schwarzweiß mit einigen O-Tönen – oder um einen Kollegen zu zitieren: die Hartz-IV-Variante des Konzepts.
Andreas Petzold bezieht „bedauerlicherweise die 'freundin' nicht“, der zuständige Ressortleiter Kultur und Style, Kester Schlenz, früher lange Zeit für die „Brigitte“ tätig, versicherte mir telefonisch, daß weder ihm noch seiner Kollegin Silke Müller das – immerhin schon fünf Jahre existierende – Burda-Format bekannt gewesen sei. „Ich sage Ihnen ohne jede Arroganz: Wir haben es nicht geklaut. Wir haben das nicht nötig.“ Und offenbar ist auch sonst keinem in der Redaktion, Grafik oder Dokumentation die Parallele aufgefallen – oder um Schlenz zu zitieren: die „Koinzidenz“.
Als ob es nicht schon genug des Zufalls gewesen wäre, startet die „Stern“-Kolumne ohne ersichtlichen aktuellen Anlaß mit einem Porträt der Schwimmerin Britta Steffen und ihrer Bekannten Melanie Arndt – die im Sommer 2009 beide anläßlich der Schwimm-Weltmeisterin eben auch schon in der „freundin“ als Doppelpack präsentiert wurden.
Doch hier zieht der „Stern“ seinen letzten Trumpf: Rauch & Hopp hätten Arndt und Steffen bereits lange zuvor, im November 2008 getroffen, denn die neue „Stern“-Serie wurde ursprünglich für „Park Avenue“ konzipiert. Stehsatz nennt man so etwas gemeinhin.

Tivoli-Blick (29)

Max-Joseph-Brücke, 23. April 2010, 14.24 Uhr