Donnerstag, 22. März 2007
Comeback der Kafiya (1)
Die Nachrufe sind schon länger her, es hat sogar stellenweise die politische Seite gewechselt, in manchen Szenen war es wohl niemals out, aber ich persönlich habe schon lange kein Palästinensertuch mehr gesehen. Bis mir heute mittag im Gefängnishof eine junge Kollegin aus den glamouröseren Schwesterredaktionen damit vor die Augen trat. „Weißt Du es nicht, das Palästinensertuch kommt wieder in Mode, als gewollter Bruch zum klassischen Outfit“, zitierte meine Kaffeepausenfee eine Geburtstagsrunde, während der ihr Anwalt gerade erst in der schnöseligen Bar Muenchen mit eben so einem Fetzen beglückt worden war.
Heil Ferry
„Einfach fantastisch. Wirklich schön“, findet Bryan Ferry die Filme von Leni Riefenstahl, die Gebäude von Albert Speer und was die Nazis sonst so an Massenaufmärschen und Symbolen zelebriert haben. Da wird sich der Salonfaschist aber im Haus der Kunst ganz besonders wohl fühlen, wenn er dort am 18. Mai den Stargast beim „Ball der Künste“ gibt. Mal sehen, ob er sich die passende Naziuniform als Kostüm aussucht.
Lufthansa siebt Passagiere aus
Leider kein April-Scherz: Zum Monatsersten schafft die Lufthansa auf ihren innerdeutschen Strecken die Papiertickets ab und stellt nur noch etix aus. Eine Flugbuchung ist laut der Presseerklärung dann nur noch mit Miles & More Karte, Kreditkarte oder einer deutschen Bankkarte möglich. Hm? Das würde doch bedeuten, daß Ausländer ohne Kreditkarte und Miles & More Karte, das heißt im Zweifelsfalle Studenten, McJobber, andere wirtschaftlich schlechter gestellte oder illegal in Deutschland Lebende von der Lufthansa ausgesperrt werden. Ganz zu schweigen von den deutschen sozialen Notfällen. Wer meint, hierzulande besäße jeder eine Bankkarte, sollte sich einmal bei den Schuldnerberatungsstellen informieren.
(Foto: Rolf Bewersdorf/Lufthansa)
(Foto: Rolf Bewersdorf/Lufthansa)
Mittwoch, 21. März 2007
Münchner Klagemauer
Die schroff aneinandergereihten Travertinplatten der neuen Synagoge am St.-Jakobs-Platz laden förmlich dazu ein: Immer öfter findet man Gebetszettel in der Mauer – und ein Ausbruch des Jerusalem-Syndroms scheint auch nur eine Frage der Zeit zu sein.
Einen ersten psychotischen Vorgeschmack gab es heute: Während der Pressekonferenz zur Eröffnung des Jüdischen Museums bahnte sich eine nicht ganz ausgeglichen wirkende Frau mit Pace-Button erst ihren Weg zu Oberbürgermeister Ude, um ihm (stellvertretend?) ein paar Blumen zu überreichen und ging dann auf den benachbarten Vorplatz der Synagoge, um dort inbrünstig wie Aufmerksamkeit heischend zu beten, die Hände gen Himmel zu heben und sich sogar auf den Boden zu werfen.
Ich würde ihr dieses private Vergnügen vom Herzen gönnen, wenn nicht die lieben Kollegen Fotografen und Kameraleute die Pressekonferenz auch verlassen hätten und der Frau hinterhergehetzt wären, um sie ohne Respekt vor dem intimen Moment abzuschießen.
Währenddessen gab Ude unumwunden zu, daß der sich über mehrere Stockwerke erstreckende Neubau im Grunde ein Museum ohne Sammlung wäre. Entsprechend karg präsentieren sich derzeit die Räume. Entsprechend findig sucht man nach Objekten, die das Alltagsleben der Münchner Juden widerspiegeln, und wird da auch bei eBay fündig, wo die Kuratoren für 73 Euro ein Seder Tikkune Schabbat, ein Gebetsbuch aus dem späten 18. Jahrhundert, ersteigert haben.
Das Museum interessierte mich denn auch weniger, denn die Synagoge, die ich endlich mal besichtigen wollte. Nicht ahnend, daß laufend Führungen stattfinden und sogar ein Goi wie ich – nach Voranmeldung – beim Gottesdienst willkommen ist.
Erster Wermutstropfen heute morgen: Fleming's Restaurant im Gemeindezentrum, wo es unter anderem auch koshere Weißwürste, Leberknödelsuppe oder Fleischpflanzerl gibt, hatte noch geschlossen. Aber nachdem ich neben der Synagoge die Öfen entdeckte, mit denen das Festzelt zur Eröffnung beheizt wird, ist mir der Appetit auch vergangen...
(Mehr Bilder in wenigen Minuten auf Flickr)
Einen ersten psychotischen Vorgeschmack gab es heute: Während der Pressekonferenz zur Eröffnung des Jüdischen Museums bahnte sich eine nicht ganz ausgeglichen wirkende Frau mit Pace-Button erst ihren Weg zu Oberbürgermeister Ude, um ihm (stellvertretend?) ein paar Blumen zu überreichen und ging dann auf den benachbarten Vorplatz der Synagoge, um dort inbrünstig wie Aufmerksamkeit heischend zu beten, die Hände gen Himmel zu heben und sich sogar auf den Boden zu werfen.
Ich würde ihr dieses private Vergnügen vom Herzen gönnen, wenn nicht die lieben Kollegen Fotografen und Kameraleute die Pressekonferenz auch verlassen hätten und der Frau hinterhergehetzt wären, um sie ohne Respekt vor dem intimen Moment abzuschießen.
Währenddessen gab Ude unumwunden zu, daß der sich über mehrere Stockwerke erstreckende Neubau im Grunde ein Museum ohne Sammlung wäre. Entsprechend karg präsentieren sich derzeit die Räume. Entsprechend findig sucht man nach Objekten, die das Alltagsleben der Münchner Juden widerspiegeln, und wird da auch bei eBay fündig, wo die Kuratoren für 73 Euro ein Seder Tikkune Schabbat, ein Gebetsbuch aus dem späten 18. Jahrhundert, ersteigert haben.
Das Museum interessierte mich denn auch weniger, denn die Synagoge, die ich endlich mal besichtigen wollte. Nicht ahnend, daß laufend Führungen stattfinden und sogar ein Goi wie ich – nach Voranmeldung – beim Gottesdienst willkommen ist.
Erster Wermutstropfen heute morgen: Fleming's Restaurant im Gemeindezentrum, wo es unter anderem auch koshere Weißwürste, Leberknödelsuppe oder Fleischpflanzerl gibt, hatte noch geschlossen. Aber nachdem ich neben der Synagoge die Öfen entdeckte, mit denen das Festzelt zur Eröffnung beheizt wird, ist mir der Appetit auch vergangen...
(Mehr Bilder in wenigen Minuten auf Flickr)
Dienstag, 20. März 2007
Kress-Map
Bei den Kress-Köpfen wird zur Visitenkarte der wichtigsten Medienleute jetzt auch gleich eine Anfahrtsskizze geboten. Funktioniert nur halt nicht so ganz, wenn etwa beispielsweise bei Konzernen wie Burda die Postanschrift nicht mit der Besucheranschrift übereinstimmt.
Fratz(en)
Jahrelang wunderte ich mich, warum die „Eltern“-Redaktion immer so häßliche Bälger aufs Cover hievt. Vielleicht damit die LeserInnen voller Stolz sagen können, wie viel hübscher ihr eigenes Kind ist?
Nun haben sie endlich mal einen netten Fratz auf dem Titel – und versauen es dann mit Typo und Balken.
Da kann sogar der Büchelmaier mit seinen häßlichen „Joy“-Titeln noch etwas lernen.
Nun haben sie endlich mal einen netten Fratz auf dem Titel – und versauen es dann mit Typo und Balken.
Da kann sogar der Büchelmaier mit seinen häßlichen „Joy“-Titeln noch etwas lernen.
Wein & Gesang
Und wofür sind Sie so zuständig, fragte ich gestern Graham Paul, als mir noch nicht klar war, daß er der französische Generalkonsul in München ist. Ah, ich bin irgendwie für alles zuständig, antwortete er nonchalant und stellte es heute unter Beweis. Beim multinationalen Stehrumchen anläßlich der Journée Internationale de la Francophonie im Institut Français empfahl er sich als Mundschenk und ich sprach seinem Bordeaux gerne zu.
Bei aller Liebe zur Scholle meiner Vorfahren hatte es der recht dünne moldauische Pinot Noir danach etwas schwer. Und auf meinen Schweizer Lieblingswein hoffte ich vergebens. Die Belgier verzichteten ganz auf Wein und boten nur Käse an, während die Québecer erst mit einem Eis-Cidre überraschten – und dann mit der Mezzosopranistin Lysianne Tremblay.
Bei aller Liebe zur Scholle meiner Vorfahren hatte es der recht dünne moldauische Pinot Noir danach etwas schwer. Und auf meinen Schweizer Lieblingswein hoffte ich vergebens. Die Belgier verzichteten ganz auf Wein und boten nur Käse an, während die Québecer erst mit einem Eis-Cidre überraschten – und dann mit der Mezzosopranistin Lysianne Tremblay.
Flirt oder Fickfalle?
Mein Lieblingsherrchen hat mit seinem Goldhund ein bißchen in den schmutzigen Seitenstraßen des Internets geschnüffelt und dabei investigativ einen sich harmlos und unschuldig gebärdenden Flirtblogger dubioser Geschäftsinteressen überführt und auf dessen Replik hin ihm erst recht eins auf die Nase gegeben.
ADC 2.0
Bei seiner März-Balz um den goldenen Nagel war der ADC bislang immer für eine spannende Ausstellung und eine fade, aber natürlich dennoch ausverkaufte Party gut. Heuer schmücken sie sich bei ihrer Berliner Jahreshauptversammlung kommendes Wochenende auch mit dem unvermeidlichen 2.0er Etikett, nennen es Vision und bitten am Freitag zu einem ganztätigen Meeting zum Thema: Kommunikation 2.0 - Die Eroberung von Zeit und Raum.
„Wegweisende Kreateure von echten und virtuellen Räumen berichten von Inspirationen und zeigen verblüffende Beispiele ihres Schaffens“, ist das nicht herzallerliebstes Werbergeschwätz?
Mit VW und den Olympischen Spielen finde ich zwar eher bloggerfeindliche Assoziationen bei den Teilnehmerreferenzen, aber vielleicht interessiert es doch den einen oder anderen Berliner.
Es kommen:
„Wegweisende Kreateure von echten und virtuellen Räumen berichten von Inspirationen und zeigen verblüffende Beispiele ihres Schaffens“, ist das nicht herzallerliebstes Werbergeschwätz?
Mit VW und den Olympischen Spielen finde ich zwar eher bloggerfeindliche Assoziationen bei den Teilnehmerreferenzen, aber vielleicht interessiert es doch den einen oder anderen Berliner.
Es kommen:
- Prof. Dr. Gunter Henn: Architekt Autostadt Wolfsburg und der Gläsernen Fabrik Dresden
- Ric Birch: Regisseur der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele Turin 2006
- Mark Wallace: Herausgeber des Second Life Herold
- Justin Bovington: CEO von Rivers Run Red, London, Spezialist für virtuelle Welten wie Second Life
- Jochen Sandig und Folkert Uhde (Radialsystem V)
Montag, 19. März 2007
Domnul Drollig
Eugène Ionesco, Mircea Eliade, zwei der bedeutendsten französischen Autoren waren Rumänen, Bukarest war zwischen den beiden Weltkriegen als Paris des Ostens bekannt und die Kolonie der Pariser Exilrumänen ist legendär. Seit einiger Zeit gehört Rumänien sogar zu den Ländern der Francophonie, weshalb die Münchner Semaine de la Francophonie heute auch im Rumänischen Generalkonsulat zur Pressekonferenz bat.
Und so drollig wie Generalkonsul Mihai Botorog aussieht, war auch der Termin, bei dem das anwesende konsularische Corps (Frankreich, Rumänien, Schweiz, Kanada) die Presse zahlenmäßig übertraf.
Der Saal des Rumänienhauses mit seinen die Wände säumenden Sesseln und Sofas erinnert an die Empfangsräume levantinischer Potentaten, die Gastgeber vom Pförtner bis zum Generalkonsul parlierten zu Ehren des Anlasses französisch, während der französische Generalkonsul deutsch sprach.
Am schnuffigsten fand ich aber die Auswahl harter Getränke (Whisky, Cognac, Martini, Campari, Cointreau), als ob wir uns in einem Agentenroman der sechziger Jahre befänden.
Und so drollig wie Generalkonsul Mihai Botorog aussieht, war auch der Termin, bei dem das anwesende konsularische Corps (Frankreich, Rumänien, Schweiz, Kanada) die Presse zahlenmäßig übertraf.
Der Saal des Rumänienhauses mit seinen die Wände säumenden Sesseln und Sofas erinnert an die Empfangsräume levantinischer Potentaten, die Gastgeber vom Pförtner bis zum Generalkonsul parlierten zu Ehren des Anlasses französisch, während der französische Generalkonsul deutsch sprach.
Am schnuffigsten fand ich aber die Auswahl harter Getränke (Whisky, Cognac, Martini, Campari, Cointreau), als ob wir uns in einem Agentenroman der sechziger Jahre befänden.
Clan-Disclaimer
Familie sucht man sich nicht aus, sie ist (meistens) einfach da. Und mit Erstaunen stelle ich fest, wer da so alles inzwischen online ist – sei es in eigener Regie oder als Porträtierter. Ich bitte daher, es auch nicht mißzuverstehen, wenn ich der Vollständigkeit halber auf jeden verlinke, den ich finden kann. Das muß nicht immer ein Ausdruck von Sympathie sein. Tante Mariana, als uhse-riefenstahlsches Amalgam mein ganz persönliches Haßobjekt, ist etwa im Zweiten Weltkrieg für die Deutschen geflogen und pflegt bis heute den einen oder anderen Irrglauben.
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