Donnerstag, 22. März 2007

Not explicit: Fußfetisch

Da meint man seinen Kaffeehauskumpel nach Jahrzehnten auf Herz und Nieren gecheckt zu haben und da produziert er auf einmal ein Video für Fußfetischisten!? O tempora, o mores!

Zopf ab?

Wenn's um Haare geht, bin ich noch wählerischer als in Liebesangelegenheiten. In 46 Jahren durften sich vielleicht ein halbes Dutzend Friseure an meinen Locken vergreifen. Kein Wunder, wird Marc.us Marc erwidern, so selten wie Du Deine Haare schneiden läßt...

Aber ein Widder läßt nun mal nicht jeden an sein Wertvollstes, den Kopf, und wenn ich einem Friseur erst einmal das Vertrauen schenke, dann reise ich als journalistischer Nomade auch gut und gern nur für einen Haarschnitt von Strasbourg nach München oder von München nach Berlin.


Bei Frauen bannt mich ein guter Haarschnitt noch mehr denn ein schönes Dekolleté und auf Partys bin ich dafür berüchtigt, Mädels nach ihrem Coiffeur zu fragen und dann stehen zu lassen.

Mittwoch nachmittag bin ich mal wieder bei Scott und dann stellt sich die Frage, ob ich meine Mähne rapunzle oder doch nicht fallen lasse.

Lang, mittel oder kurz? Georges Moustaki hat inzwischen auch schon keine Mähne mehr, während das eine oder andere abschreckende Beispiele sich dagegen arg gehen läßt.

Erwischt!

Kaum kaufe ich mit Rücksicht auf meine Magenschleimhaut das erste Mal keine „Vanity Fair“ mehr, schon quatscht mich ein potentieller Arbeitgeber darauf an, ob ich heute im neuen Heft die 6-seitige Strecke über Marc Jacobs gelesen hätte? (Nicht neidisch werden, Posh hat ihn nicht selber sprechen dürfen, sondern sich beim „Guardian“ Zitate erschachert. Da es sich beim britischen Originalbeitrag um einen fünf Wochen alten durchgeschriebenen Text handelt, würde es mich schon interessieren, ob die Berliner Redaktion eine Abschrift des Gesprächsprotokoll erhalten oder sich das Wortlaut-Interview kreativ zusammenfabuliert hat.)

Also doch wieder die „VF“ gekauft und nach dem Babysitten heute abend nur schnell durchgeblättert und gleich scheckig gelacht. Im tausendsten Aufguß der „Wir knipsen Schriftsteller als Modepuppen, weil gerade Buchmesse ist"-Strecke wird Christian Schünemann als „Der Münchner“ tituliert. Ich habe Christian während seines kurzen wie unglücklichen hiesigen Intermezzos als Reiseredakteur bei „Cosmopolitan“ erlebt, und wenn es jemanden gibt, der München und noch viel mehr die Münchner haßt, dann wohl der in Berlin lebende Bremer. Das war wohl auch das treibende Moment seines faden Schlüsselromans, der jetzt auch schon zweineinhalb Jahre alt ist, was Christian als ganz heißen Anwärter für diese Geschichte über „Neue Bücher, neue Mode“ prädestiniert.

Übrigens noch schlechter als das Heft: der neu gegründete „Vanity Fair“ Podcast, der so spannend wie Granu Fink Werbung im Rentnerradio daher kommt. Dennoch danke Marc.us Marc für den persönlichen Hinweis!

Clown Co. vs. YouTube

Techcrunch zufolge wird sich heute ein Konkurrent für YouTube der Öffentlichkeit präsentieren. Das von Google-Mitarbeitern als „Clown Co.“ veräppelte Konsortium umfaßt News Corp. (MySpace) und NBC, mit Viacom und Sony als weitere Kandidaten.

Die Firma wird aber wohl nicht ins Endverbrauchergeschäft einsteigen, sondern Unternehmen wie Yahoo, Microsoft, AOL und MySpace mit Video-Content beliefern.

Der „L.A. Times“ zufolge wird der Schwerpunkt bei Kinofilmen und Fernsehprogrammen („24“, „The office“) liegen. Es soll aber für User die Möglichkeit bestehen, Clips nicht nur konsumieren, sondern sie auch zu bearbeiten.

Comeback der Kafiya (1)

Die Nachrufe sind schon länger her, es hat sogar stellenweise die politische Seite gewechselt, in manchen Szenen war es wohl niemals out, aber ich persönlich habe schon lange kein Palästinensertuch mehr gesehen. Bis mir heute mittag im Gefängnishof eine junge Kollegin aus den glamouröseren Schwesterredaktionen damit vor die Augen trat. „Weißt Du es nicht, das Palästinensertuch kommt wieder in Mode, als gewollter Bruch zum klassischen Outfit“, zitierte meine Kaffeepausenfee eine Geburtstagsrunde, während der ihr Anwalt gerade erst in der schnöseligen Bar Muenchen mit eben so einem Fetzen beglückt worden war.

Heil Ferry

„Einfach fantastisch. Wirklich schön“, findet Bryan Ferry die Filme von Leni Riefenstahl, die Gebäude von Albert Speer und was die Nazis sonst so an Massenaufmärschen und Symbolen zelebriert haben. Da wird sich der Salonfaschist aber im Haus der Kunst ganz besonders wohl fühlen, wenn er dort am 18. Mai den Stargast beim „Ball der Künste“ gibt. Mal sehen, ob er sich die passende Naziuniform als Kostüm aussucht.

Lufthansa siebt Passagiere aus

Leider kein April-Scherz: Zum Monatsersten schafft die Lufthansa auf ihren innerdeutschen Strecken die Papiertickets ab und stellt nur noch etix aus. Eine Flugbuchung ist laut der Presseerklärung dann nur noch mit Miles & More Karte, Kreditkarte oder einer deutschen Bankkarte möglich. Hm? Das würde doch bedeuten, daß Ausländer ohne Kreditkarte und Miles & More Karte, das heißt im Zweifelsfalle Studenten, McJobber, andere wirtschaftlich schlechter gestellte oder illegal in Deutschland Lebende von der Lufthansa ausgesperrt werden. Ganz zu schweigen von den deutschen sozialen Notfällen. Wer meint, hierzulande besäße jeder eine Bankkarte, sollte sich einmal bei den Schuldnerberatungsstellen informieren.

(Foto: Rolf Bewersdorf/Lufthansa)

Mittwoch, 21. März 2007

Münchner Klagemauer

Die schroff aneinandergereihten Travertinplatten der neuen Synagoge am St.-Jakobs-Platz laden förmlich dazu ein: Immer öfter findet man Gebetszettel in der Mauer – und ein Ausbruch des Jerusalem-Syndroms scheint auch nur eine Frage der Zeit zu sein.

Einen ersten psychotischen Vorgeschmack gab es heute: Während der Pressekonferenz zur Eröffnung des Jüdischen Museums bahnte sich eine nicht ganz ausgeglichen wirkende Frau mit Pace-Button erst ihren Weg zu Oberbürgermeister Ude, um ihm (stellvertretend?) ein paar Blumen zu überreichen und ging dann auf den benachbarten Vorplatz der Synagoge, um dort inbrünstig wie Aufmerksamkeit heischend zu beten, die Hände gen Himmel zu heben und sich sogar auf den Boden zu werfen.

Ich würde ihr dieses private Vergnügen vom Herzen gönnen, wenn nicht die lieben Kollegen Fotografen und Kameraleute die Pressekonferenz auch verlassen hätten und der Frau hinterhergehetzt wären, um sie ohne Respekt vor dem intimen Moment abzuschießen.

Währenddessen gab Ude unumwunden zu, daß der sich über mehrere Stockwerke erstreckende Neubau im Grunde ein Museum ohne Sammlung wäre. Entsprechend karg präsentieren sich derzeit die Räume. Entsprechend findig sucht man nach Objekten, die das Alltagsleben der Münchner Juden widerspiegeln, und wird da auch bei eBay fündig, wo die Kuratoren für 73 Euro ein Seder Tikkune Schabbat, ein Gebetsbuch aus dem späten 18. Jahrhundert, ersteigert haben.

Das Museum interessierte mich denn auch weniger, denn die Synagoge, die ich endlich mal besichtigen wollte. Nicht ahnend, daß laufend Führungen stattfinden und sogar ein Goi wie ich – nach Voranmeldung – beim Gottesdienst willkommen ist.

Erster Wermutstropfen heute morgen: Fleming's Restaurant im Gemeindezentrum, wo es unter anderem auch koshere Weißwürste, Leberknödelsuppe oder Fleischpflanzerl gibt, hatte noch geschlossen. Aber nachdem ich neben der Synagoge die Öfen entdeckte, mit denen das Festzelt zur Eröffnung beheizt wird, ist mir der Appetit auch vergangen...

(Mehr Bilder in wenigen Minuten auf Flickr)

Frühlingsanfang

Der Brunnen am Rindermarkt wird abgedeckt.

Dienstag, 20. März 2007

Kress-Map

Bei den Kress-Köpfen wird zur Visitenkarte der wichtigsten Medienleute jetzt auch gleich eine Anfahrtsskizze geboten. Funktioniert nur halt nicht so ganz, wenn etwa beispielsweise bei Konzernen wie Burda die Postanschrift nicht mit der Besucheranschrift übereinstimmt.

Fratz(en)

Jahrelang wunderte ich mich, warum die „Eltern“-Redaktion immer so häßliche Bälger aufs Cover hievt. Vielleicht damit die LeserInnen voller Stolz sagen können, wie viel hübscher ihr eigenes Kind ist?

Nun haben sie endlich mal einen netten Fratz auf dem Titel – und versauen es dann mit Typo und Balken.

Da kann sogar der Büchelmaier mit seinen häßlichen „Joy“-Titeln noch etwas lernen.

Wein & Gesang

Und wofür sind Sie so zuständig, fragte ich gestern Graham Paul, als mir noch nicht klar war, daß er der französische Generalkonsul in München ist. Ah, ich bin irgendwie für alles zuständig, antwortete er nonchalant und stellte es heute unter Beweis. Beim multinationalen Stehrumchen anläßlich der Journée Internationale de la Francophonie im Institut Français empfahl er sich als Mundschenk und ich sprach seinem Bordeaux gerne zu.

Bei aller Liebe zur Scholle meiner Vorfahren hatte es der recht dünne moldauische Pinot Noir danach etwas schwer. Und auf meinen Schweizer Lieblingswein hoffte ich vergebens. Die Belgier verzichteten ganz auf Wein und boten nur Käse an, während die Québecer erst mit einem Eis-Cidre überraschten – und dann mit der Mezzosopranistin Lysianne Tremblay.