Sonntag, 27. September 2009

Hinter den Kulissen der Exit Polls – infratest und die „Vertraulichkeit“

Wahlnachfragen hat man bisher eher mit den gelackten Gesichtern von Jörg Schönenborn & Co assoziiert und mit den einen Nachmittag geübten Statements der Politiker dazu. Dank Twitter & Co sind die vermeintlich exklusiven 18-Uhr-Umfragen als potemkinsche Dörfer enttarnt, deren letzter Anstrich vielleicht topaktuell ist, die aber bereits Stunden zuvor errichtet und von der Polit-Nomenklatur bevölkert worden sind.
Wie stellen sich aber Exit-Polls für die Wähler da? Zufällig kenne ich jemanden, der heute das Glück hatte, im Berliner Wahllokal Sigmaringer Straße 1 des Berliner Bundestagswahlkreises 81 infratest-dimap (ARD) Rede und Antwort zu stehen – wobei er relativ unbeaufsichtigt mit den Unterlagen der Wahlforscher vor Ort war.

Geleakte Exit Polls am Nachmittag? Bereits langjährige Praxis

Wen man auch fragt, ob die Wahlforscher von infratest dimap oder der Forschungsgruppe Wahlen, ARD und ZDF, die Landes- und Bundeswahlleiter, die Parteien oder die Kollegen der old media, stets wurde rundum bestritten, daß vor Schließung der Wahllokale Prognosen auf Grundlage der Wahlnachfragen zirkulierten, oder – wenn überhaupt – nur zögerlich, eingeschränkt zugegeben. Um so schöner, daß es heute Michael Spehr in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ einmal klar ausspricht:
„Erste Zahlen zur Bundestagswahl 2005 hatten wir vor vier Jahren am Nachmittag des 18. September per SMS erhalten. sie kamen direkt aus dem Konrad-Adenauer-Haus, und die Führungsgremien der CDU hatten sie von Infratest Dimap und der Forschungsgruppe Wahlen. Diese Weitergabe war bislang gang und gäbe, niemand hat sich daran gestört: ein kleines Geheimnis, das man am besten für sich behielt.“

Donnerstag, 24. September 2009

Prognosenverrat am Sonntag oder nicht? Die Spannung steigt

„Wir gehen die Sache recht gelassen an“, erklärt Klaus Pötzsch, Sprecher des Bundeswahlleiters gegenüber dem ZDF. Wie gelassen? „Wir haben einiges in petto“, und zwar ein eigens zusammengestelltes Experten-Team, das am Wahlsonntag das Internet und insbesondere Twitter im Auge behalten soll. Das sind schon coole Hunde beim Statistischen Bundesamt.

(Screenshot: NDR/„Zapp“)

Mittwoch, 23. September 2009

Die entwendete Mail

Wer noch keine amtliche Wahlbenachrichtigung für die Bundestagswahl erhalten hat, sollte sich lieber nicht darauf verlassen, daß es reicht, sich am Sonntag auszuweisen, um dann in seinem Wahlbezirk abzustimmen. Denn manchmal geschehen merkwürdige Dinge. Ein Nachbar aus der Schellingstraße durfte etwa bei der Europawahl vom Vorsteher seines Wahlbezirks in der Türkengrundschule erfahren, daß er „von Amts wegen“ abgemeldet worden war und damit dort nicht mehr wahlberechtigt. Wieso und von wem läßt sich dann am Wahltag nicht klären, weshalb es jedem, der noch keine Wahlbenachrichtigung erhalten hat, dringend zu empfehlen ist, bis Freitag beim Wahlamt nachzufassen. (In München unter der Hotline 233 - 96233).
Doch nicht nur Wahlbenachrichtigungen können verloren gehen. Nachdem ich diesen Sonntag aus beruflichen Gründen nicht mehr Wahlhelfer spielen will, hatte ich die Bezirksinspektion Mitte und das Wahlamt wiederholt gebeten, mich von dem Ehrenamt zu entbinden. Leider wurden meine Mails und Briefe drei Wochen lang scheinbar ignoriert, weshalb ich diese Woche als Kläger vors Bayerische Verwaltungsgericht zog und eine einstweilige Verfügung beantragte. Dem Gericht gegenüber behauptet die Stadt nun einerseits, meine Klage wäre „verfrüht“, und andererseits, sie hätte mich bereits am 17. September per Mail von der Verpflichtung entbunden. Nur seltsam, daß dieses Schreiben nie ankam. Der Vorgang wird noch zu kären sein, da davon abhängt, wer die Gerichtskosten in Höhe von 363 Euro tragen darf.

Montag, 21. September 2009

Sonntag, 20. September 2009

Donnerstag, 17. September 2009

Verhindert die Stadtverwaltung meinen Liveblog zur Bundestagswahl?

Allmählich fühle ich mich wie Michael Ballack. Gesperrt fürs Endspiel. Denn statt bei der kommenden Bundestagswahl (samt Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein) über den zu erwartenden Prognosenverrat via Twitter live zu bloggen, werde ich wohl in der Türkenschule als Wahlvorstand herumsitzen müssen. Dabei sind Blogeinträge zum Umgang mit Exit Polls im letzten halben Jahr quasi meine Spezialität geworden und beim Superwahlsonntag neulich (Saarland, Sachsen, Thüringen) sogar ausdrücklich von dem Dresdner Presseclub, der „Thüriger Allgemeinen“ und dem NDR zitiert und von vielen Interessenten wie etwa den Wahlleitern als Quelle genutzt worden. Also habe ich meine Bewerbung als freiwilliger Wahlhelfer zurückgezogen, bin aber dennoch von der Stadt München als Wahlvorstand zwangsverpflichtet worden. Und auch wenn es sich um ein „Ehrenamt“ handelt, vermisse ich bei dem entsprechenden Bescheid die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung. Das Wahlamt des Kreisverwaltungsreferats reagiert bislang weder auf meine Mails, noch auf ein Einschreiben. Dann werde ich wohl Montag schnell noch vors Verwaltungsgericht ziehen müssen, um als Wahlhelfer entbunden zu werden und dafür am 27. September live bloggen zu können.

Updates: Oh, jetzt bin ich auch schon für Juristen eine Quelle.

Dienstag, den 22. September hatte ich Klage gegen die Landeshauptstadt München erhoben und eine einstweilige Verfügung beantragt, die mich von der Verpflichtung als Wahlvorsteher befreit. Mittwoch ließ die Stadt das Bayerische Verwaltungsgericht wissen, sie hätte mich schon längst davon entbunden und es mir bereits am 17. September mitgeteilt. Zugleich behauptet die Stadt, daß mein Gang vors Gericht „verfrüht“ gewesen sei. Beides wird noch zu prüfen sei, da davon abhängt, wer die Gerichtskosten trägt.