Montag, 28. Juni 2010

War die Umbenennung ein Fehler?

Als ich 2006 meinen ersten eigenen Blog gründete, wußte ich zwar noch nicht so genau, worüber und wozu ich bloggen würde, aber sofort, unter welchem Namen: Tivoli-Blog, einfach weil sich am Münchner Tivoli viele Stränge meines Lebens kreuzen.
Der Name ist mir auch heute noch lieb und teuer, aber in meinem öffentlichkeitswirksamen Sammelsurium aus Dorin Popa, Tivoli-Blog, Redaktionsbüro Dolce Rita und meinem Standardavatar Nice Bastard hat sich letzteres immer mehr durchgesetzt, und wenn man über den Blog oder mich als Blogger sprach oder schrieb, hieß es immer öfter der Bastard, Nice Bastard... Daher die Namensänderung. (Die Optik sollte auch wechseln, aber mit seinen neuen Designfunktionen macht mir das Blogspot im Augenblick noch etwas schwer, ein Rebrush ist nicht mehr ohne weiteres möglich, und über einen etwaigen Relaunch muß ich noch nachdenken.)
Wie bei jeder Neuerung gibt's natürlich auch kritische Stimmen, äh, genau zwei, Hans und Mo, aber als Urdemokrat Grund genug, die Frage zur Abstimmung zu stellen. Was daraus folgt, behalte ich mir vor, auch Demokratie hat ihre Grenzen.



Die niederste Stufe des Journalismus – „Interview“ von Steve Buscemi

Ich hasse Schauspieler. Einige meiner besten Freunde sind welche. Man kann sie schwer ertragen, ihnen aber auch nicht böse sein, handelt es sich bei ihrer Selbstverliebtheit, diesem steten Kreisen um den eigenen Bauchnabel doch nur um eine déformation professionelle. Denn Spiel und Spieler, Erfolg und Ego sind eins, nicht zu trennen. Der Dozent kann auch mal ein Thema verfehlen, dem Maler der Pinsel ausrutschen, der Taxifahrer eine rote Ampel übersehen, es bleibt stets ein Sicherheitsabstand zwischen innen und außen, ihm und seiner Handlung. Die Leistung des Schauspielers besteht aber aus seinem eigenen Fleisch und Blut, seiner Existenz, das macht ihn so größenwahnsinnig, wenn er Erfolg hat, so gnadenlos, wenn er nicht gefragt ist – und in jedem Fall maßlos egozentrisch.
Dagegen ist der Journalist geradezu parasitär. Sein Wirtstier ist die Welt, aus der er den Nachrichtenstoff saugt, und nicht selten schaut er sich selbst beim Leben zu – dabei könnte ja eine gute Story abfallen. Jedem anderen Menschen, der so aus sich selbst heraustritt, würde man eine Nahtoderfahrung attestieren, beim Journalisten nennt man es professionelle Distanz. Insofern spiegelt Steve Buscemis entzückende Versuchsanordnung, die Kollision des Seifenopernstarlets Katya (Sienna Miller) mit dem altgedienten Politikredakteur Pierre Peders (Steve Buscemi), die Begegnung des prallen Lebens mit dem Tod wider.
Solche Begegnungen, Interviews mit Filmprofis zu Papier zu bringen ist eine hohe Kunst, Truman Capote rechtfertigte seine Starporträts: „Ich ging von folgender Überlegung aus: Was ist die niederste Stufe des Journalismus? Anders gefragt, welcher Dreck läßt sich am schwersten zu Gold machen?“, und brachte es darin zur Meisterschaft.
Peders ist kein Capote, auch wenn er die Filmbranche für Dreck hält. Sein New Yorker Interviewtermin ist eine Strafarbeit für den in Washington in Ungnade gefallenen Presseveteranen, natürlich hat er noch nie Katyas Schmachtserie gesehen und die paar Minuten Interviewzeit im Restaurant schöpft er auch nicht aus, die Mission mißlingt. Doch durch eine glückliche, wenn auch schmerzhafte Fügung wird der Termin am selben Abend nachgeholt, in Katyas Wohnung. Kein Gespräch, kein Interview, eher ein verführerisches Spiel mit Sex, Lügen und Video.
Eben moderner Journalismus. Wo die Presse den roten Teppich jeder Bühne vorzieht, das Outfit der Schauspieler wichtiger scheint als ihre Rollen, und es kaum jemanden interessiert, ob eine Actrice wie Sienna Miller nun gute Filme („Layer Cake“) oder schlechte („Casanova“) dreht. Als It-Girl schmückt sie auch so regelmäßig und gerne barbusig Blogs und bunte Illustrierte. Immerhin hat sie es dabei in den Bildunterschriften von „Jude Laws Freundin“ über „Jude Laws Exfreundin“ zur „Schauspielerin“ gebracht. Und erweist der Berufsbezeichnung dieses Mal alle Ehren.
Denn Buscemi hat in seiner Doppelfunktion als Regisseur und Darsteller einen Schauspielerfilm gemacht, ein intimes wie intensives Kammerspiel, in dem das Mädchen und der Publizist sich wie Katz und Maus belauern, und die Welt – zum Beispiel Peders' Redaktion, dank moderner Kommunikationsmittel wie Handy, Camcorder und Laptop nahezu live teilhaben kann.
Und diese Welt will Drama, Baby: Tränen und Tragödien, schwere Schicksale, und sie soll es bekommen, auch wenn es letztendlich nur Dreck ist, den die Presse (Steve Buscemi in nahtloser Fortsetzung seiner Rollen als Kindsschänder oder Killer) gnadenlos aufwühlt, statt daraus Gold zu machen.
Die Medien neigen kaum mehr zu Heldentaten, und da es ein Schauspielerfilm ist, mag es nicht überraschen, daß es ausgerechnet ein Mitglied der Schauspielkunst ist, das in diesem skrupellosen Duell über sich hinauswächst, Skrupel zeigt, Distanz schafft und damit die enscheidende Wendung.

Dieser Text erschien im „In München“ 12/2008

(Foto: NDR/ARD Degeto)

Samstag, 26. Juni 2010

Filmfest München (1): Sommerfest der Agenturen

Sommerfest der Agenturen Reuter und Scenario im H'ugo's

Alt-Paparazzo Erwin Schneider (Schneider-Press) wollte sich nicht porträtieren lassen und erzählte voller Stolz, wie er dem „Stern“ wegen der Veröffentlichung eines Schnappschusses von ihm am Wörthersee („So benehmen sich deutsche Touristen“) 2000 (oder 2500?) Euro abnahm. Seine Kamera war da heute mir gegenüber weniger wählerisch.

Bei der Arbeit durfte ich ihn dann doch abschießen...

Rupert Sommer („Kress“, „Teleschau“, „In München“, sueddeutsche.de) mit Gustav Jandek

Gustav Jandeks Hund Max

Celia Tremper („Bunte“)

Georg Seitz („Bunte“)

Wochenplan

Filmfest, Fußball-WM, Sounds like Munich: Thomas Meinecke & Mirko Hecktor über Disco / Literaturhaus, teamWorx-Empfang / Carl-Orff-Saal, Intel-Tweetup / Hofbräukeller, Shocking Shorts Award / JVA am Neudeck, PK zum Baustart des Montgelas Park / Alt-Bogenhausen, A1 Clubnight mit Lexy & K-Paul / P1, Premierenparty „Das letzte Schweigen“ / Kongressbar, blub club - mondo trasho / 8 seasons, Volksentscheid zum Nichtraucherschutz, Premiere „Angell“ / GOP.

(Foto: Filmfestbeitrag „Die Autobiographie des Nicolae Ceausescu“)

Freitag, 25. Juni 2010

Tivoli-Blog wird Nice Bastard

An Turi2 führt nun mal kein Weg vorbei. Und nachdem sie immer hartnäckig auf Nice Bastard statt auf den Tivoli-Blog verlinken, habe ich mich heute den Gegebenheiten gebeugt und meinen Blog entsprechend umbenannt.
Aber jetzt im Ernst: Irgendwann Anfang dieses Jahrhundert, als ich noch für „Cosmopolitan“ als fester Freier tätig war, unterhielten sich ein paar Kolleginnen über ihren Traummann und charakterisierten ihn kurz und prägnant als nice bastard. Das Schlagwort blieb hängen und begleitet mich seitdem als mein virtuelles Alter ego. Den Blog taufte ich aber aus sentimentalen Gründen Tivoli-Blog.
Nun heißt es unter Journalisten nicht umsonst KISS, keep it simple & stupid, und das Durcheinander aus Dorin Popa, Tivoli-Blog, Nice Bastard und Dolce Rita nahm immer mehr babylonische Ausmaße an. Am stärksten hängen blieb dabei der Bastard, weshalb ich auch hier ab jetzt unter diesem Rubrum auftrete. Schließlich sind auch Blogs längst so selbstverständlich, daß man diese Kommunikationsform nicht mehr ausdrücklich im Titel führen muß.

Donnerstag, 24. Juni 2010

Mel Ramos: Als der Sex noch sauber schien

Das erste Mal, daß ich ein Bild ersteigern wollte, muß Anfang der neunziger Jahre gewesen sein, in Berlin. Die Villa Griesebach bot einen Mel Ramos an, natürlich kein Originalbild, das hätte ich mir selbst damals nicht leisten können, sondern einen signierten Druck, aber selbst dafür überstiegen die Gebote schnell meine finanziellen Mittel.
Aber warum wollte ich ausgerechnet einen Mel Ramos, eine seiner All American Beauties? Eine dieser altbackenen Ikonen der Teflon-Erotik, bei der das nackte Fleisch noch unschuldig schien, eine verheißungsvolle Zukunft zwischen Raumfahrt und Atomenergie versprach, ganz anders als die provozierend explosive Nackheit einer „Barbarella“ oder K1-Kommune.
Ramos' Pin-Ups, die in meiner Kindheit und Jugend allgegenwärtig schienen, sind Prototypen aus der guten alten Zeit vor dem Club of Rome und AIDS, sie verkörpern für mich trotz aller Nackheit Baumwollsöckchen statt Stay-ups, Schiesser statt Agent Provocateur (wobei bis in die achtziger Jahre selbst der Beate-Uhse-Katalog eine ähnlich fetischfreie Unschuld ausstrahlte).
Bild um Bild scheint Ramos die künstliche Perfektion einer Claudia Schiffer vorweggenommen, die Pop-Kultur domestiziert zu haben, Bild für Bild hat er seine Frauen auf Zahnpastatuben, Zündkerzen und Zigarettenschachteln drapiert, wobei ich nie das Gefühl hatte, daß er da etwas parodieren oder mir mit Sex verkaufen wollte. Vielmehr wirkten die Packshots - und damit der Konsum ebenso unschuldig wie das sie umgebende nackte Fleisch. Weshalb diese Bilder – Persiflage hin oder her – gerade bei Werbetreibenden und Marketinggrößen besonders beliebt waren.
Heute ist das nicht mehr altbacken, sondern Retro, aber heutzutage gibt es in den einschlägigen Fetischforen auch Threads für Baumwollsöckchen und Feinripp.
Eine Retrospektive dieses Schaffens präsentiert nun die Münchner Stuck-Villa. Mel Ramos wird zur Vernissage (samt Sommerfest) heute abend erwartet.

Dienstag, 22. Juni 2010

Karl Lagerfeld über „Focus“, den „Spiegel“, Angela Merkel und die Präsidentschaftswahl

Die heutige „Libération“ entstand unter der Chefredaktion Karl Lagerfelds, und bei der Blattkritik ließ er sich (auf französisch) auch zu deutschen Themen aus wie dem Wettstreit der Nachrichtenmagazine, der Bundeskanzlerin oder den Kandidaten fürs Amt des Bundespräsidenten (siehe Video unten). „Focus“ wäre so erfolgreich gewesen, weil es das Internet vorweg nahm. Jetzt gibt's dafür genug Alternativen online. Der „Spiegel“ hätte daher in dieser Zeit richtigerweise auf gute Schreibe, auf Autorennamen gesetzt und damit Oberhand gewonnen. Und Angela Merkels Stärke läge nicht gerade im Rednerischen...




Karl Lagerfeld, rédac'chef de Libé
Hochgeladen von liberation. - Kunst und Animation Videos.

Montag, 21. Juni 2010

Cosmopolitan und w&v wollen eine Miss Media küren

Wenn man früher eine neue Zeitschrift gründete, plazierte man in der Nullnummer oder ersten regulären Ausgabe immer gern das Porträt eines Werbeschaffenden. Einfach um sich die Aufmerksamkeit der Branche zu sichern. Heute spart man sich den inhaltlichen Aufwand, heute organisiert Petra Winter ein Casting für Germany's Next Top Mamsell: Bei Harald Schmidt hieß es immer nur „Entertainmentmuschi“, bei den Kollegen vom Print dagegen „Miss Media“. Da ist die gemeinsame Aktion der „Cosmopolitan“ und „w&v – werben & verkaufen“ schon mehrere Tage online und ich erfahre erst heute davon... 



Updates: Im Finale stehen Melanie Fuest (coolershop), Lisa Hug (Senzera), Tanja Opfermann (Zenithmedia), Silke Springensguth (DuMont Net) und Ariane Struve (Turtle Entertainment).

„Einfach nur ein peinlicher Fehltritt von Cosmopolitan und W&V mit einer schlecht durchdachten Kampagne“, so Ingrid Breul und Julia Prockl auf netz-reputation.de

Samstag, 19. Juni 2010

Wochenplan

Sommeranfang (gnihihi), MUNICH INTERNATIONAL short film festival, Fußball-WM, Social Media Club / Puerto Giesing, Pressevorführungen „Adèle“, „Mammuth“ und „Le refuge“, BLM-Forum „Werbung ade - neue Erlösmodelle passé?“, Online-Stammtisch / P1, Themenabend F. Scott Fitzgerald / Filmmuseum, Vernissage Mel Ramos & Sommerfest / Villa Stuck, Filmfest München, Hof-Flohmärkte Lehel & Glockenbachviertel, Tele 5 Director's Cut / Praterinsel, Copy (this) magazine / Lothringer 13 Laden

Dienstag, 15. Juni 2010

Bunte fabuliert am Leuchttisch

Sportlich wirken „Bunte“-Redakteure in der Regel eher nicht, weshalb es mich auch nicht wundert, wenn man in der Arabellastraße offenbar noch nichts von der Trendsportart Stand up Paddeln (SuP) mitbekommen hätte. So kommt es, daß die Redaktion angesichts dieses Pierce-Brosnan-Bildes fantasiert: „Eigentlich wollte er surfen, aber dann kam eine Flaute auf“, und wahrscheinlich hat Q dem 007 einen Zauberpaddel mit in den Ruhestand gegeben, der sich im Trikot verbirgt und bei Flaute entfalten läßt. Fragt doch SuP-Fan wie Jens Lehmann und Oliver Bierhoff oder glotzt beim nächsten Trip an den Starnberger oder Tegernsee einfach nicht den Mädels ins Dekolleté, sondern schaut, was auf dem Wasser los ist.