„Betragen und Fleiß des lebhaften Schülers waren nicht immer gut. Seine Mitarbeit steigerte sich in letzter Zeit wieder.“ (1. Klasse)
„Der aufgeschlossene Schüler zeigte vorbildliche Mitarbeit und gutes Betragen. Seine Schrift entspricht nicht der geforderten Norm.“ (3. Klasse)
„Betragen und Fleiß des selbstsicheren Schülers erfreuten. Die mündliche Mitarbeit ist erst in den letzten Monaten lebhafter geworden.“ (4. Klasse)
„Dorin hat während des Schuljahres interessiert, bisweilen aber unkonzentriert mitgearbeitet. Sein Verhalten war einwandfrei.“ (5. Klasse)
„Dorins Verhalten war anerkennenswert; seine Leistungen wurden nur noch gelegentlich durch Konzentrationsmängel beeinträchtigt.“ (6. Klasse)
„Dorin hat wiederum sehr rege mitgearbeitet, muß aber bei schriftlichen Prüfungen weniger flüchtig sein.“ (7. Klasse)
„Seine Mitarbeit und sein Verhalten waren lobenswert.“ (8. Klasse)
Freitag, 30. Juli 2010
Kama Sutra
Schon im Urlaub gewesen? Bedarf für ein bißchen Entspannung? Wie wäre es mit einer Zeitreise ins Indien des 16. Jahrhunderts, für 114 Minuten Sinnesrausch? Eintauchen in einen müßiggängerischen Kosmos, wo jede Lust Vollendung will. Wo das Kama Sutra nicht auf ein Stellungsspiel reduziert wird, sondern Genuß und Sinnlichkeit den ganzen Tagesablauf bestimmen.
Ein Panoptikum der Begierde, Verführung und Vereinigung – oder bei mißlungener Balz auch der Verweigerung. In den Hauptrollen: Paläste mit schummrigen Interieurs, Badestellen voller treibendem Blütenzauber, raschelnde, oft kaum etwas verbergende Seidengewänder, den Körper akzentuierende Schmuckpretiosen, einlullender Singsang und natürlich genug anmutige Schauspieler. Ein Bilderberg für Götter.
Die Handlungskonturen dieses im Farbspektrum eines Gewürzbasars gehaltenen Designertraums bilden sich nur sehr langsam heraus und könnten durchaus als weiblicher Gegenentwurf zum „Tiger von Eschnapur“ gelten. Ein König entzweit sich beim Buhlen um dieselbe Frau mit seinem Lieblingsbildhauer und wird, feist und bösartig geworden, die Frau und sein Reich verlieren.
Nur setzt Mira Nair („Salaam Bombay“, „Mississippi Masala“) nicht die beiden Gockel in den Mittelpunkt, sondern die Kurtisane Maya sowie deren Widersacherin Tara. Prinzessin Tata und ihre Dienerin Maya wachsen gemeinsam auf. Trotz aller Standesunterschiede sind sie Freundinnen, auch wenn Maya immer die Talentiertere und Tara der Herkunft wegen die Hoffnungsvollere ist. Ihre Wege trennen sich erst, als die Prinzessin mit König Raj Singh vermählt wird. Maya verführt den König vor der Hochzeitsnacht, wird verstoßen und kehrt als ausgebildete Kurtisane in die unglückliche Ehe der Edelleute zurück.
Dem Inhalt braucht man aber nicht viel Aufmerksamkeit schenken. Lieber abschalten und in die Klang- und Bilderflut eintauchen, auch wenn es gelegentlich etwas langweilig wird. Eben ganz genauso wie ein Tag am Strand.
Dieser Text erschien in der Kulturbeilage des Berliner „Tagesspiegel“: „Ticket“ 19/1997
(Foto: 3sat/ZDF/Lydia Dean Pilcher)
Ein Panoptikum der Begierde, Verführung und Vereinigung – oder bei mißlungener Balz auch der Verweigerung. In den Hauptrollen: Paläste mit schummrigen Interieurs, Badestellen voller treibendem Blütenzauber, raschelnde, oft kaum etwas verbergende Seidengewänder, den Körper akzentuierende Schmuckpretiosen, einlullender Singsang und natürlich genug anmutige Schauspieler. Ein Bilderberg für Götter.
Die Handlungskonturen dieses im Farbspektrum eines Gewürzbasars gehaltenen Designertraums bilden sich nur sehr langsam heraus und könnten durchaus als weiblicher Gegenentwurf zum „Tiger von Eschnapur“ gelten. Ein König entzweit sich beim Buhlen um dieselbe Frau mit seinem Lieblingsbildhauer und wird, feist und bösartig geworden, die Frau und sein Reich verlieren.
Nur setzt Mira Nair („Salaam Bombay“, „Mississippi Masala“) nicht die beiden Gockel in den Mittelpunkt, sondern die Kurtisane Maya sowie deren Widersacherin Tara. Prinzessin Tata und ihre Dienerin Maya wachsen gemeinsam auf. Trotz aller Standesunterschiede sind sie Freundinnen, auch wenn Maya immer die Talentiertere und Tara der Herkunft wegen die Hoffnungsvollere ist. Ihre Wege trennen sich erst, als die Prinzessin mit König Raj Singh vermählt wird. Maya verführt den König vor der Hochzeitsnacht, wird verstoßen und kehrt als ausgebildete Kurtisane in die unglückliche Ehe der Edelleute zurück.
Dem Inhalt braucht man aber nicht viel Aufmerksamkeit schenken. Lieber abschalten und in die Klang- und Bilderflut eintauchen, auch wenn es gelegentlich etwas langweilig wird. Eben ganz genauso wie ein Tag am Strand.
Dieser Text erschien in der Kulturbeilage des Berliner „Tagesspiegel“: „Ticket“ 19/1997
(Foto: 3sat/ZDF/Lydia Dean Pilcher)
Sonntag, 25. Juli 2010
Unter Hyänen: Popstars – Girls forever
Sie wirken so unbedarft. Unschuldig. Jung. Nein, nicht etwa die Kandidatinnen der neuen „Popstars“-Staffel, sondern die, na ja, Kolleginnen von „Bravo“, „Bravo Girl“ und der sonstigen Pickelpresse, wie sie, an der Spezi nuckelnd, hinter der Münchner Reithalle warten. Ein paar haben ihre schönsten Fick-mich-(oder Entdeck-mich?-)Schuhe an, viele zu enge Klamotten, aus denen der BH herausquillt, duldsam harren alle der Dinge.
„Popstars“, die 9. Staffel. Am 19. August startet „Girls forever“. Heute zeichnete Pro Sieben aber bereits die Entscheidungsshow vom 7. Oktober auf und bat die Medien an den roten Teppich. Als Edelstatisten, weshalb wir sämtliche Rechte an unserer „Darbietung“ schriftlich an die Tresor TV Produktion abtreten durften. Und während ich noch darüber nachdachte, ob überhaupt alle anwesenden Journalistinnen bereits volljährig sind, entpuppen sie sich als knallhart investigative Profis, die sich auf die Castingkandidatinnen stürzen wie ein Rudel Raubtiere aufs Abendessen.
„Wieso trägst Du offene Schuhe, wenn Deine Fußnägel so schlecht lackiert sind?“ „Bei dem Kleid mußt Du Deinen Bauch aber ganz schön einziehen.“„Wo stammen Deine Narben her?“ „Bist Du lesbisch? Nein? Aber hast Du schon mal mit einem Mädchen rumgemacht?“ „Wieso bist Du nicht fertig gestylt?“
Dabei ist Jorge in seinem Jumpsuit doch die größte Stylingkatastrophe, aber die Leihgabe von „Germany's Next Top Model“ ist ja auch nicht fürs Aussehen, sondern fürs Laufen zuständig.
Kandidatin um Kandidatin kämpft sich an der Presse vorbei, posiert für den Pro-Sieben-Fotografen Frank Hempe in Ermangelung echter Paparazzi, liefern O-Töne in die übers Gitter gestreckten Handys – kein professionelles Aufnahmegerät am Start. Sarah, Esra, Serge oder wie immer die Kandidatinnen auch heißen, sie schlagen sich tapfer.
Schließlich kommen noch Culcha Candela als Special Gäste der Show. Ihre Aufgabe? Ich spare mir die Aufzeichnung, räume den roten Teppich und überlasse das Showbiz sich selbst, jenseits und diesseits des Gitters.
Updates: Nach der Ausstrahlung der ersten Folgen würde ich sagen, daß es sich bei den Mädels oben um Anna, Rosalie, Angel-Ann, Diba, Sash, Isabell, InesGjigji u.a. handelt, wobei das unter Vorbehalt geschieht. Zwischen Staffelstart und der hier dokumentierten, weit später zur Ausstrahlung vorgsehenen Sendung lag das Makeover, das doch einiges am Aussehen der Kandidatinnen verändert hat.
„Popstars“, die 9. Staffel. Am 19. August startet „Girls forever“. Heute zeichnete Pro Sieben aber bereits die Entscheidungsshow vom 7. Oktober auf und bat die Medien an den roten Teppich. Als Edelstatisten, weshalb wir sämtliche Rechte an unserer „Darbietung“ schriftlich an die Tresor TV Produktion abtreten durften. Und während ich noch darüber nachdachte, ob überhaupt alle anwesenden Journalistinnen bereits volljährig sind, entpuppen sie sich als knallhart investigative Profis, die sich auf die Castingkandidatinnen stürzen wie ein Rudel Raubtiere aufs Abendessen.
„Wieso trägst Du offene Schuhe, wenn Deine Fußnägel so schlecht lackiert sind?“ „Bei dem Kleid mußt Du Deinen Bauch aber ganz schön einziehen.“„Wo stammen Deine Narben her?“ „Bist Du lesbisch? Nein? Aber hast Du schon mal mit einem Mädchen rumgemacht?“ „Wieso bist Du nicht fertig gestylt?“
Dabei ist Jorge in seinem Jumpsuit doch die größte Stylingkatastrophe, aber die Leihgabe von „Germany's Next Top Model“ ist ja auch nicht fürs Aussehen, sondern fürs Laufen zuständig.
Kandidatin um Kandidatin kämpft sich an der Presse vorbei, posiert für den Pro-Sieben-Fotografen Frank Hempe in Ermangelung echter Paparazzi, liefern O-Töne in die übers Gitter gestreckten Handys – kein professionelles Aufnahmegerät am Start. Sarah, Esra, Serge oder wie immer die Kandidatinnen auch heißen, sie schlagen sich tapfer.
Schließlich kommen noch Culcha Candela als Special Gäste der Show. Ihre Aufgabe? Ich spare mir die Aufzeichnung, räume den roten Teppich und überlasse das Showbiz sich selbst, jenseits und diesseits des Gitters.
Updates: Nach der Ausstrahlung der ersten Folgen würde ich sagen, daß es sich bei den Mädels oben um Anna, Rosalie, Angel-Ann, Diba, Sash, Isabell, Ines
Samstag, 24. Juli 2010
Wochenplan
Pressevorführungen „Jud Süss – - Film ohne Gewissen“, „Twelve“ und „Hochzeitspolka“, Richtfest Medienbrücke, Hadassah Cocktail Charity Party & Sommerfest / Künstlerhaus, Ernstings Modenschau & BBQ, Eckhart Schmidts Vernissage Roma – Amor und Lesung Evita Giardinelli / Galerie Stephen Hoffman, Podiumsdiskussion Relaunch der Süddeutschen Zeitung: "Quo Vadis SZ"? / Presseclub, 6 Jahre PR-Blogger / Nam Nam
Freitag, 23. Juli 2010
Mittwoch, 21. Juli 2010
Die Zeitung der Zukunft – eine Art taz?
Medientagungen bieten selten Überraschendes. Die Gewerkschafterin redet der Besitzstandswahrung angestellter Journalisten das Wort, der geschäftsführende Onliner präsentiert Thesen zur Zukunft der Medien, SZ-Chefredakteur Hans Werner Kilz hält Wikipedia für unseriös (mit der süßen Begründung, dort würde so oft Falsches über ihn selbst drinstehen) – man gibt sich selbstreferentiell wie selbstbewußt, nur Selbstkritik ist selten.
Um so überraschender war der Vortrag Hans Georg Schnückers, Sprecher der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Rhein Main („Allgemeine Zeitung“, „Wiesbadener Kurier“, „Wormser Zeitung“ u.a.) und zugleich Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), auf einer Tagung der Akademie für politische Bildung Tutzing zu den „Umbrüchen in der Medienlandschaft“.
Schnücker, der betonte, jeden deutschen Zeitungsverleger persönlich zu kennen, weiß auch um die Schwächen seiner Kollegen (auch wenn er in seiner Rede von Journalisten spricht, hält er letztlich den Verlegern einen Spiegel vor). In seinem Statement zur „Zukunft der Zeitung – Zeitung der Zukunft“ forderte er einen Perspektivenwechsel:
„Die Berichterstattung in unseren Zeitungen ist nach wie vor überwiegend getrieben von der Offiziellen- oder Behördensicht, wie ich es nenne. Wenn über Bildungspolitik berichtet wird, dann haben wir die Sicht der Bundesregierung, der Landesregierung, der Kultusministerien, vielleicht auch noch der Schulaufsichtsbehörde. Die betroffenen Schulen, Schulleiter, Lehrer und Schüler kommen sehr häufig überhaupt nicht zu Wort.“
„Wir brauchen weniger Chronistenpflicht und mehr Agenda-Setting. Themen wie Migration, Stadtentwicklung, Energiefragen, Bevölkerungsentwicklung, Digitalisierung der Gesellschaft, Gesundheit, Umwelt, Klima etc. müssen auch in Regionalität und Lokalität aktiv bearbeitet werden.“
„Wir brauchen ein anderes Selbstverständnis der Redakteure: Wer den Menschen die Welt erklären will, muss die Welt verstehen, muss die Menschen lieben und mit sich selbst zurechtkommen.“
Wir brauchen auch andere Redakteure, führte er in freier Rede weiter aus, und kritisierte, wieso es beispielsweise in den Redaktionen so wenige Mitarbeiter mit Migrationshintergrund gäbe.
(pdf-Download des vollständigen Redemanuskriptes)
Um so überraschender war der Vortrag Hans Georg Schnückers, Sprecher der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Rhein Main („Allgemeine Zeitung“, „Wiesbadener Kurier“, „Wormser Zeitung“ u.a.) und zugleich Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), auf einer Tagung der Akademie für politische Bildung Tutzing zu den „Umbrüchen in der Medienlandschaft“.
Schnücker, der betonte, jeden deutschen Zeitungsverleger persönlich zu kennen, weiß auch um die Schwächen seiner Kollegen (auch wenn er in seiner Rede von Journalisten spricht, hält er letztlich den Verlegern einen Spiegel vor). In seinem Statement zur „Zukunft der Zeitung – Zeitung der Zukunft“ forderte er einen Perspektivenwechsel:
„Die Berichterstattung in unseren Zeitungen ist nach wie vor überwiegend getrieben von der Offiziellen- oder Behördensicht, wie ich es nenne. Wenn über Bildungspolitik berichtet wird, dann haben wir die Sicht der Bundesregierung, der Landesregierung, der Kultusministerien, vielleicht auch noch der Schulaufsichtsbehörde. Die betroffenen Schulen, Schulleiter, Lehrer und Schüler kommen sehr häufig überhaupt nicht zu Wort.“
„Wir brauchen weniger Chronistenpflicht und mehr Agenda-Setting. Themen wie Migration, Stadtentwicklung, Energiefragen, Bevölkerungsentwicklung, Digitalisierung der Gesellschaft, Gesundheit, Umwelt, Klima etc. müssen auch in Regionalität und Lokalität aktiv bearbeitet werden.“
„Wir brauchen ein anderes Selbstverständnis der Redakteure: Wer den Menschen die Welt erklären will, muss die Welt verstehen, muss die Menschen lieben und mit sich selbst zurechtkommen.“
Wir brauchen auch andere Redakteure, führte er in freier Rede weiter aus, und kritisierte, wieso es beispielsweise in den Redaktionen so wenige Mitarbeiter mit Migrationshintergrund gäbe.
(pdf-Download des vollständigen Redemanuskriptes)
Sonntag, 18. Juli 2010
Wochenplan
Pressevorführungen „Eine Karte der Klänge von Tokio“, „Gainsbourg“, „Kiss & Kill“, „Duell der Magier“, „Inception“ und „Oskar und die Dame in rosa“, Sounds like Munich: Independent / Black Box Gasteig, Prof. Raimer Jochims: Künstlerwege zur Gesundheit in einer kranken Gesellschaft am Beispiel von Brâncuşi und Beuys / Akademie der bildenden Künste München, P1-Sommerfest, Vernissage Hito Steyerl / Stuck-Villa, Cruise- & Pre-Collection FJ-SO 2011 / Louis Vuitton Showroom, Sondervorführung der restaurierten Fassung des Dokumentarfilms „München 1945“ / Filmmuseum, Pressekonferenz zur Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern / Muffathalle, „Clap“-Shooting, Vernissage Jazz-Fotografien von Ssirus W. Pakzad / discovery entertainment, Eröffnung Down Under Gallery, Telekom Street Gig mit Fanta Vier / Pro Sieben Sendezentrum, Jazzfrühschoppen mit Regiermeister Klaus Wowereit / Schlösselgarten
Samstag, 17. Juli 2010
Agora (1): Jochen Wegners 23 Thesen zur Zukunft der Medien
Anläßlich der Tagung „Umbrüche in der Medienlandschaft“ in der Akademie für politische Bildung Tutzing hat Jochen Wegner gestern (update: eigentlich „unter Ausschluß der Öffentlichkeit“, so Wegner am 15. Oktober auf den Münchner Medientagen) nicht nur diesen Screenshot des zukünftigen Focus-Online-Looks präsentiert (Transformation!), sondern auch „23 Thesen zur Zukunft der Medien“ (Thesen wortwörtlich, die ihnen nachgestellten Erläuterungen in Klammern aus dem Gedächtnis nacherzählt, wobei ich sie laufend update, wenn ich mich wieder an neue Details erinnere. Auf den Medientagen München 2010 hat Jochen Wegner diesen Vortrag im Contentgipfel wiederholt. Ein Videomitschnitt davon steht online – leider ohne Deep Link, nach Contentgipfel suchen. Was mit Medien hat einige von Wegners Anmerkungen dort notiert):
- Journalistische Qualität ist keine Frage des Substrats. (z.B. Print, Radio, Fernsehen, Online)
- Journalistische Qualität ist eine Frage der Ressourcen.
- Die Reichweite vieler digitaler Töchter übertrifft bald die der analogen Mütter.
- Die Erlöse digital:analog verhalten sich wie 1:10. (Focus Online z.B. verdient ein Zehntel von dem, was die Printredaktion erlöst. International hat Wegner bei anderen Redaktionen ähnliche Zahlenverhältnisse recherchiert.)
- Das Internet hat keinen Geburtsfehler.
- Das Kernprinzip des Internet ist Effizienz.
- Die freie Presse ist nicht gottgegeben. (Sie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern man muß darum, dafür kämpfen.)
- Journalisten müssen Unternehmer werden.
- Der Artikel wird zum Geschäftsmodell – und darf es keinesfalls werden. (z.B. Publishing-Sites wie ehow.com, aber auch sonst durch die Verknüpfung mit Google Ads. Das funktioniert hervorragend bei Service-Artikeln, aber wer will in Zusammenhang mit Kriegsberichten aus Afghanistan werben?)
- Nur originäre Inhalte haben eine Zukunft. (Bislang extreme Redundanz. Bei der Arbeit an nachrichten.de ist Wegner aufgefallen, wie hunderte deutschsprachiger Anbieter, darunter auch namhafte Redaktionen, oft identische Agenturtexte online stellen.)
- Die neue Ökonomie der Medien gleicht der Ökologie des Regenwalds. (Prächtig gedeihen die Baumriesen und das – teils parasitäre – Kleingewächs am Boden. Wie im Regenwald stirbt aber der Mittelbau in den Medien aus. Das Dumme ist nur, daß dort die meisten Journalisten arbeiten.)
- Zeit, Ort und Substrat verlieren ihre Bedeutung. (Ob man z.B. die Tagesschau um 20 Uhr live im Fernsehen, zeitversetzt am Rechner oder auf dem Handy erlebt, ob man eine Serienepisode im Fernsehen, als VoD oder auf DVD anschaut, spielt immer weniger eine Rolle. Ausnahmen sind Fernsehübertragungen mit Eventcharakter wie der „Tatort“ oder Fußballspiele.)
- Niemand braucht Print, Radio und TV.
- Neue Medien verhalten sich parasitär. (Bei den Medientagen München 2010 ergänzte Jochen diese These durch die Feststellung: „Onlinetöchter sind Parasiten der Printprodukte“. Jetzt, wo er Focus Online verläßt, dürfe er das ja sagen.)
- Print, Radio und TV werden noch lange leben. (Rieplsches Gesetz)
- Parasitismus ist kompliziert.
- Es entstehen permanent neue Medien...
- ...mit völlig neuen Metaphern.
- ...und neue Formen der Monetarisierung.
- Ein Ökosystem digitaler Magazine entsteht...
- Viele Mittelsmänner werden ausgeschaltet. (z.B. Kiosk, Zeitungsausträger)
- Die digitalen Medien haben längst nicht zu sich gefunden...
- ...und werden noch sehr oft transformiert.
Freitag, 16. Juli 2010
Literatur abseits von Story, Plot und Pipapo
Zuletzt stand er oft und allein im Schumann's, Münchens klassischer Bar. Wie ein Signallicht ragte Jörg Fauser aus dem Gewühl der Magazinmacher hervor, die ihn nährten und die er mit seinen Reportagen und Geschichten adelte. Bemüht wahrte er Haltung, mit hochrotem Kopf, trotz allen Alkohols immer auf der für ihn typischen Schattenlinie zwischen Beobachter und Akteur.
München – ausgerechnet die schicke Metropole der 80er Jahre war die Krönung seiner literarischen Karriere, nicht zuletzt weil es zugleich sein Ende war. Im Taunus geboren, hatte Fauser in Frankfurt am Main, Berlin und München gelebt, gearbeitet und sich als Chronist bewährt. Als Beobachter einer weit verbreiteten Lebensangst, der unermüdlichen Versuche, „einfach was Tolles“ zu bringen, und der dabei nicht zu vermeidenden Niederlagen. Die entsprechenden Verlierertypen fand er quer durch alle Gesellschaftsschichten, ob in der Koksschickeria, bei Hausbesetzern, unter den Stammgästen einer Trinkhalle oder bei den Junkies in Istanbul.
Er berichtete für „Twen“ aus der Drogenszene, interviewte für den „Playboy“ Charles Bukowski und wurde mit seiner Beobachtungsgabe, dem schnörkellosen Stil und seinem zupackenden Tempo bald ein Grenzgänger zwischen Kaufpresse und Undergroundliteratur. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm dann 1981 mit dem Roman „Der Schneemann“, infolgedessen endlich auch die früheren Arbeiten Anerkennung fanden.
„Es gibt im 'Schneemann' eine Stelle, wo eine einfache Reihung von Assoziationen stattfindet“, erläuterte Fauser einmal. „Das sind etwa 20 Zeilen. Das ist eigentlich das Buch, abgesehen von Story, Plot und Pipapo. Deswegen schreibe ich, um solche Zustände herzustellen, wo jedes Wort das vorhergehende weiterführt, aber noch drinhat. Ja, das macht Schreiben aus.“
Am 17. Juli 1987, in der Nacht nach seinem 43. Geburtstag, überquerte Jörg Fauser im Morgengrauen eine Autobahn und wurde dort, wo sich im Münchner Umland Rotlichtbars und Reiterhöfe drängen, überfahren.
Bearbeitete Version eines am 17. Juli 1997 in der „Berliner Morgenpost“ erschienenen Textes.
Update: „Fauser schrieb, wie er dachte, wie er konnte, schnell und direkt. Eine Literatur, die nur das sein wollte, was da stand, nichts anderes. Und er wusste, wovon er schrieb, war ganz unten gewesen, Apomorphin-Entzug, Absturz, wieder neu anfangen, weitermachen, wieder Absturz. Er kannte den Geruch der Fixerbuden, den Mief der Kommunen, das Aroma der Straße.“
Michel Decar in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 25./26. Mai 2019 anläßlich der Neuauflage von Fausers Werk im Diogenes-Verlag.
München – ausgerechnet die schicke Metropole der 80er Jahre war die Krönung seiner literarischen Karriere, nicht zuletzt weil es zugleich sein Ende war. Im Taunus geboren, hatte Fauser in Frankfurt am Main, Berlin und München gelebt, gearbeitet und sich als Chronist bewährt. Als Beobachter einer weit verbreiteten Lebensangst, der unermüdlichen Versuche, „einfach was Tolles“ zu bringen, und der dabei nicht zu vermeidenden Niederlagen. Die entsprechenden Verlierertypen fand er quer durch alle Gesellschaftsschichten, ob in der Koksschickeria, bei Hausbesetzern, unter den Stammgästen einer Trinkhalle oder bei den Junkies in Istanbul.
Er berichtete für „Twen“ aus der Drogenszene, interviewte für den „Playboy“ Charles Bukowski und wurde mit seiner Beobachtungsgabe, dem schnörkellosen Stil und seinem zupackenden Tempo bald ein Grenzgänger zwischen Kaufpresse und Undergroundliteratur. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm dann 1981 mit dem Roman „Der Schneemann“, infolgedessen endlich auch die früheren Arbeiten Anerkennung fanden.
„Es gibt im 'Schneemann' eine Stelle, wo eine einfache Reihung von Assoziationen stattfindet“, erläuterte Fauser einmal. „Das sind etwa 20 Zeilen. Das ist eigentlich das Buch, abgesehen von Story, Plot und Pipapo. Deswegen schreibe ich, um solche Zustände herzustellen, wo jedes Wort das vorhergehende weiterführt, aber noch drinhat. Ja, das macht Schreiben aus.“
Am 17. Juli 1987, in der Nacht nach seinem 43. Geburtstag, überquerte Jörg Fauser im Morgengrauen eine Autobahn und wurde dort, wo sich im Münchner Umland Rotlichtbars und Reiterhöfe drängen, überfahren.
Bearbeitete Version eines am 17. Juli 1997 in der „Berliner Morgenpost“ erschienenen Textes.
Update: „Fauser schrieb, wie er dachte, wie er konnte, schnell und direkt. Eine Literatur, die nur das sein wollte, was da stand, nichts anderes. Und er wusste, wovon er schrieb, war ganz unten gewesen, Apomorphin-Entzug, Absturz, wieder neu anfangen, weitermachen, wieder Absturz. Er kannte den Geruch der Fixerbuden, den Mief der Kommunen, das Aroma der Straße.“
Michel Decar in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 25./26. Mai 2019 anläßlich der Neuauflage von Fausers Werk im Diogenes-Verlag.
Dienstag, 13. Juli 2010
R.I.P. Tuli Kupferberg
„The world’s oldest rock star“ („New York Times“)
„He had the mournful face of a rabbi, matched by a Borscht belt sense of humor that skewered all things of pretension -- money, power, generals, Nixon -- always accompanied by bawdy jokes, and an impossibly gentle manner. The perfect, and last great, flower child.“ („Village Voice“)
„Wir glaubten schlicht, den Anforderungen der Zeit an unsere Generation zu folgen, indem wir mehr Freiheit einforderten, jede Menge Spaß hatten und ein wenig am Zeitgeist schnüffelten, der hier gerade so durchblies.“ („Süddeutsche Zeitung“)
„He had the mournful face of a rabbi, matched by a Borscht belt sense of humor that skewered all things of pretension -- money, power, generals, Nixon -- always accompanied by bawdy jokes, and an impossibly gentle manner. The perfect, and last great, flower child.“ („Village Voice“)
„Wir glaubten schlicht, den Anforderungen der Zeit an unsere Generation zu folgen, indem wir mehr Freiheit einforderten, jede Menge Spaß hatten und ein wenig am Zeitgeist schnüffelten, der hier gerade so durchblies.“ („Süddeutsche Zeitung“)
Sonntag, 11. Juli 2010
Wochenplan
Mobile Monday: „One internet – convergence of the mobile and fixed interwebs“, Pressevorführungen „London Nights“, „Toy Story 3“, „Knight and Day“ und „I am love“, „Boulevard – jein danke!“ – Tagung mit Michael Graeter, Steven Gätjen, Georg Diez u.a. / Siemens Forum, „Umbrüche in der Medienlandschaft“ – Tagung mit Jochen Wegner, Sonia Seymour Mikich, Hans-Werner Kilz u.a. / Akademie für politische Bildung Tutzing, Jahresausstellung Akademie der Bildenden Künste München, Premiere „Der hessische Jedermann“ mit Helmut Markwort / Volkstheater Frankfurt, Kocherlball
Sonntag, 4. Juli 2010
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