
Die Münchner Tradition der Künstlerbälle assoziiert man schnell mit Bohème, Freiheit und kreativer Aufsässigkeit. Gestern hat die Bayerische Staatsoper nun mit ihrem ersten
Ball der Künste ganz andere Koordinaten gesetzt.
Als Location: das Haus der Kunst, das sicherlich schon lange mit außergewöhnlichen Ausstellungen, Theateraufführungen und dem P1 von sich reden macht, aber nun mal eben als „Haus der deutschen Kunst“ ein Führerbau ist. Wer in der Naziimmobilie feiert, sollte da schon Taktgefühl zeigen.
Ausgesprochen sensibel ist es dann nicht gerade, ausgerechnet Bryan Ferry beim Ball der Künste auftreten zu lassen. Der hat vor zwei Monaten
„die Art und Weise, wie sich die Nazis inszeniert und präsentiert haben“, gelobt, aber okay, schließlich hat er sich auch
sofort ein paar Wochen später, nachdem seine Bemerkungen auf immer mehr Widerspruch stießen, dafür entschuldigt.
Das wurde aber noch getoppt! Ein gutes Beispiel, wie sich die Nazi ästhetisch präsentiert haben, hatte Hauptsponsor Audi passenderweise gestern abend als Saaldekoration zur Hand: Einen Silberpfeil Typ A der Auto Union. Audi weiß eben, wie man den genius loci angemessen umsetzt. Im Pressetext zu dem breit gestreuten Foto schreiben sie zwar ungewohnt g'schamig, es handle sich um einen
„Rennwagen aus den 30er Jahren“, aber wenn ich richtig informiert bin, ist dieses Modell 1934 konstruiert worden.
Das Haus der Kunst, ein die Nazis lobender Stargast, ein Silberpfeil als Deko, alles nicht so tragisch. Aber in der Kombination wohl genau das neue Deutschland, dessen sich die „Vanity Fair“ so brüstet.
(Foto: obs/Audi AG)