Im Januar haben noch nahezu alle Beteiligten, ob ARD, ZDF, infratest-dimap, Forschungsgruppe Wahlen, Journalisten, Wahlleiter oder Politiker mir gegenüber bestritten, daß es überhaupt vor 18 Uhr Prognosen gäbe, obwohl sie seit Jahren per SMS am frühen Nachmittag der Wahltage selbst durch die niedrigeren Parteiränge und Lobbyistenriege schwappen und jetzt wird mit einer Selbstverständlichkeit über Twitterlecks, Prognosen-Verrat & Co diskutiert, als ob es dieses Versteckspiel nie gegeben hätte. Auch ein Fortschritt, den wir Twitter zu verdanken haben.
Wobei der oberste ARD-Wahlbeauftragte Jörg Schönenborn weiterhin Entscheidendes leugnet: „Die Behauptung, Daten unserer Wahlforscher seien heute vorab ins Netz gegangen, ist falsch. Ich habe mir die Zahlen angesehen und finde keine Ähnlichkeiten mit den internen Daten, die wir am Nachmittag hatten“, so das „Handelsblatt“, das zudem auch zu dem Prognosen-Ausplauderer der CDU, Patrick Rudolph, Interessantes zu berichten weiß: „'Ich weiß nicht, wer das geschrieben hat', sagte Rudolph auf Nachfrage von Spiegel Online. Er sei es jedenfalls nicht gewesen – und habe den Account deswegen gelöscht.“
Updates: Im Tagesschau-Blog verbreitet Schönenborn die alte Mär, nur eine Handvoll Menschen bekäme vor 18 Uhr die Zahlen: „Die Umfragezahlen sind am Wahltag ein gut gehütetes Geheimnis. Ein enger Kreis der Mitarbeiter von Infratest dimap kennt sie - und die beteiligten Chefredakteure der ARD.“ Als ob nicht die Parteizentralen zwischen 15 und 16 Uhr eingeweiht werden würden, von wo aus die Prognosen den Weg durch die Welt antreten – und um 17 Uhr schließlich auch die wichtigsten Journalisten der Printmedien. Sehr geschickt wie Schönenborn dabei so formuliert, als ob der enge Kreis und die 18-Uhr-Frist im Zusammenhang stünden, ohne es natürlich explizit zu behaupten. Das könnte ihm wohl zu leicht widerlegt werden.
„Ich habe meinen Zettel von 16.00 Uhr nochmal rausgekramt, der keine Ähnlichkeit hat mit den Zahlen, die um 16.30 Uhr bei Twitter erschienen sind“, schreibt Schönenborn weiterhin. Wieso legt er ihn dann nicht vor, veröffentlicht er ihn nicht in seinem Blog? Schließlich könnte dieser Zettel vielleicht sogar Lehmanns Elfmeter-Zettel den Rang als Zeitdokument abspenstig machen.
Die Blogosphäre dazu.
„Das ist schlicht und einfach eine Sauerei“, zitiert die Netzeitung SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz, der damit keineswegs das Lügengestrüpp der Wahlforschungsmafia meint, sondern die Tweets, die nur die Art Zahlenmaterial wiedergeben, das bei jeder Wahl schon lange vor Erfindung Twitters landesweit kursierte.
„Sollte die Verbreitung der Prognose bei Twitter nachweislich Einfluss auf die Wahl gehabt haben, müsste diese sogar wiederholt werden und der Verursacher für die Kosten von rund zwei Millionen Euro aufkommen“, droht Thüringens Landeswahlleiter Günter Krombholz laut thueringer-allgemeine.de, die in ihrem Bericht sogar den Tivoli-Blog ausdrücklich als Quelle erwähnt.
Was deutsche Exit Polls mit dem Regime in Teheran zu tun haben und auf welche interessanten wie ablenkenden Argumente die Wahlforscher und Wahlleiter sonst noch so kommen.
Sonntag, 30. August 2009
Wer hat den Größten? Vom Ende der Langsamkeit bei den Wahlnachfragen
So wie manche an Klowänden mit ihrer Schwanzgröße angeben, kann es sich der eine oder andere Politprofi nicht verkneifen, mit seinem Insiderwissen an Wahltagen zu protzen. Früher waren die entsprechenden Zahlen im SMS-Display das Potenzzeichen, heute setzt man sich online in machtvoller Pose.
Bei der hessischen Landtagswahl war es bild.de mit einem zu früh startenden Wahlticker, bei der Bundespräsidentenwahl unter anderem ein Mitglied des Wahlausschusses und bei der Europawahl standen möglicherweise die ersten Exit Polls vor Schließung der Wahllokale online: jedenfalls erschallte, kaum lagen erste Wahlnachfragen den Parteien vor, ein Zahlenecho auf Twitter.
Um so spannender wird es daher, heute zu beobachten, ob gegen halb vier wieder erste „Tips“, „Prognosen“ und sonst notdürftig kaschierte Exit-Poll-Zahlen der Wahlforscher aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und dem Saarland ins Internet schwappen.
Wenn, und ich gehe ziemlich fest davon aus, wird der Eintrag hier entsprechend laufend aktualisiert. Zur Stunde jedenfalls gibt es bis auf spaßhafte Wahlergebnisse eines Trixieys für Sachsen und Thüringen in den frühen Morgenstunden noch keine Wahltips – wie bei der Europawahl fangen die Twitterati überhaupt und gerade die Parteigrößen im Besonderen zufälliger- wie seltsamerweise immer erst nach Vorlage erster Exit Polls damit an, ganz unverbindlich persönliche Voraussagen zu treffen, die natürlich in keinem Zusammenhang mit dem vertraulichen Zahlenmaterial stehen sollen.
14.13 Uhr
Der Dresdener FDP-Bundestagskandidat Johannes Lohmeyer eröffnet den Reigen und hat soeben für Sachsen „getippt“: CDU 38%, SED 18%, FDP 16%, SPD 12%, Grüne 4,99%, NPD 3%. Könnte tatsächlich nur ein Tip sein, da nach meinen Erfahrungen die ersten Exit Polls erst zwischen 15 und 16 Uhr kursieren, aber vielleicht sind die Sachsen da auch fixer.
15.47 Uhr
Cornelius aus Hamburg-Altona schachert mit „inoffiziellen Exit Polls“ aus dem Saarland: „CDU 31,2%, SPD 29,1%, Linke 19,1%, FDP 7,5%, Grüne 7,1%, Piraten 4,8%, Stg 1,1%“. Von der Uhrzeit her könnte das passen, aber an die fünf Prozent für die Piraten lassen mich an der Authentizität zweifeln. (Update: wie vermutet waren diese Zahlen „frei erfunden“.)
16.11 Uhr
Außerordentliche Funk- äh Twitterdisziplin heute, gab's da einen Anschiß von oben? Bin gespannt, ob's so ruhig bleibt, werden die Exit Polls doch nicht abgeschafft?
16.24 Uhr
Peter Dondl sieht in Sachsen „CDU 40-41%, LINKE 25%, SPD 10%, FDP 11%, GRÜN 5%, NPD 5%“, in Thüringen „CDU 34-36%, LINKE 25-27%, SPD 15-17%, GRÜ 4,5-5,5%, FDP 10-12%, NPD 3-4%“ und im Saarland „CDU 35-37%, SPD 23-25%, LINKE 16-18%, GRÜ 7-8%, FDP 8-9%“.
16.31 Uhr
Patrick Rudolph, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Radebeul: „Saarland: CDU 36, SPD 25, Linke 21, FDP 10, Grüne 5. Thüringen: CDU 34, SPD 20, Linke 25, FDP 8, Grüne 6. Sachsen: CDU 40, SPD 10, Linke 21, FDP 10, Grüne 5“. (Update vom 25. September: Laut der „Sächsischen Zeitung“ war Rudolph eventuell das Opfer einer politischen Intrige. Siehe auch den Dresdener Presseclub dazu.)
16.42 Uhr
Ein Daniel verbreitet fürs Saarland dasselbe Ergebnis wie Rudolph.
16.55 Uhr
Dann werden wir mal den Scanner von Blogs und Tweets auf die klassischen Medien im Internet erweitern. Vielleicht prischt da auch wieder jemand vor...
17.29 Uhr
Nachdem er vielfach retweetet worden ist, hat Patrick Rudolph seinen Account offenbar gelöscht. Danke für die Info, Till Westermayer!
17.35 Uhr
bananabandana alias bampowpeng: „Sachsen: CDU 40, SPD 10, Linke 21, FDP 10, Grüne 5. Thüringen: CDU 34, SPD 20, Linke 25, FDP 8, Grüne 6. Saarland: CDU 36, SPD 25, Linke 21, FDP 10, Grüne 5“.
17.48 Uhr
David Hamanns Hamburger Wahlportal Du wählst meldet „Saarland: CDU 37, SPD 25, Linke 20, FDP 9“ und anschließend: „Thüringen: CDU 33, Linke 26, SPD 19, Grüne 7-9, FDP 6“.
17.54 Uhr
Da hat sich jemand besonders viel Mühe gemacht und eigens den Twitteraccount Thüringer Wahl gegründet, um ein paar Minuten vor den Fernsehanstalten dieses Ergebnis zu melden: „CDU 32,2% LInke 26,3% SPD 20,1% Grüne 5,4% FDP 7% NPD 5,3% Sonstige 3,7%“
18.00 Uhr
Die ARD (infratest-dimap) meldet als erste Prognosen für Thüringen: CDU 32,5, Linke 26, SPD 18,5, Grüne 5,5, FDP 8, NPD 4,8; für das Saarland: CDU 34,5, SPD 25, Grüne 5,5, FDP 9,5, Linke 21; für Sachsen: CDU 41, Linke 20,5, SPD 10, NPD 5,5, FDP 10,5 und Grüne 6.
Das ZDF (Forschungsgruppe Wahlen) meldet als erste Prognosen für Thüringen: CDU 31, Linke 27, SPD 19, Grüne 6, FDP 8,5, NPD 3,5; für das Saarland: CDU 35, SPD 26, Grüne 6, FDP 8,5, Linke 19,5; für Sachsen: CDU 40,5, Linke 21, SPD 10, NPD 5,2, FDP 10,5 und Grüne 6.
Beim Vergleich mit den vorab getwitterten Zahlen ist zu bedenken, daß die am frühen Nachmittag den Parteien und um 17 Uhr der Presse von den Wahlforschern überlassenen Prognosen natürlich von den für 18 Uhr ermittelten abweichen können, da die Zahlen den ganzen Nachmittag über aktualisiert werden.
Da schau an, dpa benutzt Twitter als Vorwand, um über eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale erste Trends auszuplaudern.
20.12 Uhr
Ole Reißmann auf Spiegel Online über „Prognosen-Verrat – Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“.
23.08 Uhr
Weiterer Blogeintrag mit den Reaktionen Patrick Rudolphs und Jörg Schönenborns zu den Vorwürfen des Prognose-Verrats. Schließlich kann nicht sein, was nicht sein darf.
Montag
Was deutsche Exit Polls mit dem Regime in Teheran zu tun haben und auf welche interessanten wie ablenkenden Argumente die Wahlforscher und Wahlleiter sonst noch so kommen.
Dienstag
Wie ARD, ZDF und die Wahlforscher mit den Exit Polls Politik machen.
Donnerstag
Erstaunliche Übereinstimmung, obwohl über anderthalb Stunden dazwischen lagen: „Zapp“ vergleicht die bei Twitter veröffentlichten Zahlen mit den offiziellen Prognosen aus Wahlnachfragen.
Bei der hessischen Landtagswahl war es bild.de mit einem zu früh startenden Wahlticker, bei der Bundespräsidentenwahl unter anderem ein Mitglied des Wahlausschusses und bei der Europawahl standen möglicherweise die ersten Exit Polls vor Schließung der Wahllokale online: jedenfalls erschallte, kaum lagen erste Wahlnachfragen den Parteien vor, ein Zahlenecho auf Twitter.
Um so spannender wird es daher, heute zu beobachten, ob gegen halb vier wieder erste „Tips“, „Prognosen“ und sonst notdürftig kaschierte Exit-Poll-Zahlen der Wahlforscher aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen und dem Saarland ins Internet schwappen.
Wenn, und ich gehe ziemlich fest davon aus, wird der Eintrag hier entsprechend laufend aktualisiert. Zur Stunde jedenfalls gibt es bis auf spaßhafte Wahlergebnisse eines Trixieys für Sachsen und Thüringen in den frühen Morgenstunden noch keine Wahltips – wie bei der Europawahl fangen die Twitterati überhaupt und gerade die Parteigrößen im Besonderen zufälliger- wie seltsamerweise immer erst nach Vorlage erster Exit Polls damit an, ganz unverbindlich persönliche Voraussagen zu treffen, die natürlich in keinem Zusammenhang mit dem vertraulichen Zahlenmaterial stehen sollen.
14.13 Uhr
Der Dresdener FDP-Bundestagskandidat Johannes Lohmeyer eröffnet den Reigen und hat soeben für Sachsen „getippt“: CDU 38%, SED 18%, FDP 16%, SPD 12%, Grüne 4,99%, NPD 3%. Könnte tatsächlich nur ein Tip sein, da nach meinen Erfahrungen die ersten Exit Polls erst zwischen 15 und 16 Uhr kursieren, aber vielleicht sind die Sachsen da auch fixer.
15.47 Uhr
Cornelius aus Hamburg-Altona schachert mit „inoffiziellen Exit Polls“ aus dem Saarland: „CDU 31,2%, SPD 29,1%, Linke 19,1%, FDP 7,5%, Grüne 7,1%, Piraten 4,8%, Stg 1,1%“. Von der Uhrzeit her könnte das passen, aber an die fünf Prozent für die Piraten lassen mich an der Authentizität zweifeln. (Update: wie vermutet waren diese Zahlen „frei erfunden“.)
16.11 Uhr
Außerordentliche Funk- äh Twitterdisziplin heute, gab's da einen Anschiß von oben? Bin gespannt, ob's so ruhig bleibt, werden die Exit Polls doch nicht abgeschafft?
16.24 Uhr
Peter Dondl sieht in Sachsen „CDU 40-41%, LINKE 25%, SPD 10%, FDP 11%, GRÜN 5%, NPD 5%“, in Thüringen „CDU 34-36%, LINKE 25-27%, SPD 15-17%, GRÜ 4,5-5,5%, FDP 10-12%, NPD 3-4%“ und im Saarland „CDU 35-37%, SPD 23-25%, LINKE 16-18%, GRÜ 7-8%, FDP 8-9%“.
16.31 Uhr
Patrick Rudolph, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Radebeul: „Saarland: CDU 36, SPD 25, Linke 21, FDP 10, Grüne 5. Thüringen: CDU 34, SPD 20, Linke 25, FDP 8, Grüne 6. Sachsen: CDU 40, SPD 10, Linke 21, FDP 10, Grüne 5“. (Update vom 25. September: Laut der „Sächsischen Zeitung“ war Rudolph eventuell das Opfer einer politischen Intrige. Siehe auch den Dresdener Presseclub dazu.)
16.42 Uhr
Ein Daniel verbreitet fürs Saarland dasselbe Ergebnis wie Rudolph.
16.55 Uhr
Dann werden wir mal den Scanner von Blogs und Tweets auf die klassischen Medien im Internet erweitern. Vielleicht prischt da auch wieder jemand vor...
17.29 Uhr
Nachdem er vielfach retweetet worden ist, hat Patrick Rudolph seinen Account offenbar gelöscht. Danke für die Info, Till Westermayer!
17.35 Uhr
bananabandana alias bampowpeng: „Sachsen: CDU 40, SPD 10, Linke 21, FDP 10, Grüne 5. Thüringen: CDU 34, SPD 20, Linke 25, FDP 8, Grüne 6. Saarland: CDU 36, SPD 25, Linke 21, FDP 10, Grüne 5“.
17.48 Uhr
David Hamanns Hamburger Wahlportal Du wählst meldet „Saarland: CDU 37, SPD 25, Linke 20, FDP 9“ und anschließend: „Thüringen: CDU 33, Linke 26, SPD 19, Grüne 7-9, FDP 6“.
17.54 Uhr
Da hat sich jemand besonders viel Mühe gemacht und eigens den Twitteraccount Thüringer Wahl gegründet, um ein paar Minuten vor den Fernsehanstalten dieses Ergebnis zu melden: „CDU 32,2% LInke 26,3% SPD 20,1% Grüne 5,4% FDP 7% NPD 5,3% Sonstige 3,7%“
18.00 Uhr
Die ARD (infratest-dimap) meldet als erste Prognosen für Thüringen: CDU 32,5, Linke 26, SPD 18,5, Grüne 5,5, FDP 8, NPD 4,8; für das Saarland: CDU 34,5, SPD 25, Grüne 5,5, FDP 9,5, Linke 21; für Sachsen: CDU 41, Linke 20,5, SPD 10, NPD 5,5, FDP 10,5 und Grüne 6.
Das ZDF (Forschungsgruppe Wahlen) meldet als erste Prognosen für Thüringen: CDU 31, Linke 27, SPD 19, Grüne 6, FDP 8,5, NPD 3,5; für das Saarland: CDU 35, SPD 26, Grüne 6, FDP 8,5, Linke 19,5; für Sachsen: CDU 40,5, Linke 21, SPD 10, NPD 5,2, FDP 10,5 und Grüne 6.
Beim Vergleich mit den vorab getwitterten Zahlen ist zu bedenken, daß die am frühen Nachmittag den Parteien und um 17 Uhr der Presse von den Wahlforschern überlassenen Prognosen natürlich von den für 18 Uhr ermittelten abweichen können, da die Zahlen den ganzen Nachmittag über aktualisiert werden.
Da schau an, dpa benutzt Twitter als Vorwand, um über eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale erste Trends auszuplaudern.
20.12 Uhr
Ole Reißmann auf Spiegel Online über „Prognosen-Verrat – Wahlergebnisse sickerten vorab auf Twitter durch“.
23.08 Uhr
Weiterer Blogeintrag mit den Reaktionen Patrick Rudolphs und Jörg Schönenborns zu den Vorwürfen des Prognose-Verrats. Schließlich kann nicht sein, was nicht sein darf.
Montag
Was deutsche Exit Polls mit dem Regime in Teheran zu tun haben und auf welche interessanten wie ablenkenden Argumente die Wahlforscher und Wahlleiter sonst noch so kommen.
Dienstag
Wie ARD, ZDF und die Wahlforscher mit den Exit Polls Politik machen.
Donnerstag
Erstaunliche Übereinstimmung, obwohl über anderthalb Stunden dazwischen lagen: „Zapp“ vergleicht die bei Twitter veröffentlichten Zahlen mit den offiziellen Prognosen aus Wahlnachfragen.
Samstag, 29. August 2009
Wochenplan
Stehrumchen Prof. Werner Mang: „Verlorene Schönheit – Vom falschen Glanz und eitlen Wahn“/Blue Spa, Performance Art @ Munich Fabric Start – Pre Collections, Jimi Blue & Wilson Gonzales schänden Berlin: „Gangs“, „Unter Bauern“, „Final Destination 4“, „Die nackte Wahrheit“, Blob Night/Kunstarkaden, 24 h Berlin
Freitag, 28. August 2009
SZ-Magazin jubelt Juso-Chefin falsche Antworten unter
Angesichts des „SZ-Magazins“ kann man gelegentlich geteilter Meinung sein: Etwa wenn sie letzte Woche die iPhone-Bildchen David Hockneys wie einen exklusiven Scoop verkaufen und auch noch gleich fabulieren, damit erst begänne „das 21. Jahrhundert endlich auch in der Kunst“. Oder heute auf dem Titel in einer spekulativen Teeniesexsuppe waten, als sei das Verlagshaus längst von RTL oder dem Bauer-Verlag übernommen worden: „Jugend ohne Jugend – Sie sehen Pornos mit 12, haben Sex mit 13, sind schwanger mit 14: Warum haben es unsere Kinder so eilig mit dem Erwachsenenwerden? Ein Krisengespräch“ Dasselbe Thema hat die „Süddeutsche“ auch schon weit ausgewogener, um nicht zu sagen krisenfrei behandelt: „Ja, es gibt Fälle sozialer Verwahrlosung, in denen neben Alkoholmissbrauch, Drogen und kaputten Familien auch sexuelle Verwahrlosung zu beobachten ist; aber, wie Sigusch sehr professoral feststellt: 'Das hat mit der Gesamtheit der Jugendlichen nur sehr randständig zu tun.'
Die Zahlen belegen eher das Gegenteil, wie Marita Völker-Albert von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sagt: Ungeachtet aller Meldungen, dass Teenager immer früher Sex hätten, gäben nur zehn Prozent der 14-Jährigen an, schon Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, und ein Drittel der 18-Jährigen habe noch keine sexuellen Erfahrungen.“
Aber selbst die Kollegen vom „SZ-Magazin“ werden zugeben müssen, daß sie im aktuellen Heft auf der Doppelseite 4/5 bei Jusochefin Franziska Drohsel Mist gebaut haben, auch wenn sie seltsamerweise gar nicht dazu twittern, obwohl das doch ein guter Weg gewesen wäre, das Erratum aufzuklären. (Update: Laut Bastian Obermayer hat die „SZ“ bereits am Freitag auf ihrer Forumsseite den Fehler eingestanden – siehe unten.)
„Sagen Sie jetzt nichts“ heißt die Rubrik, in der Drohsel mimisch und gestisch auf Fragen der Journalisten zu antworten hatte. Und irgendwie hat es die Redaktion geschafft, Bildunterschriften und Fotos in der Printausgabe durcheinander zu wirbeln, während es online stimmt.
Auf die Frage „Und wenn Sie jetzt mal ganz ehrlich sind – trotz Wahlkampf: Wie schätzen Sie Steinmeiers Chancen bei der Bundestagswahl ein?“, druckte die „Süddeutsche“:
Dabei antwortete Drohsel ganz auf Parteilinie:
Ähnlich lag die Printausgabe bei Fragen nach der Internetzensur daneben oder bei Franziskas Statement, welche Rolle Attraktivität in der Politik spielt.
Updates:
„Süddeutsche Zeitung“ vom 28. August, Seite 31 (Forum)
Die Zahlen belegen eher das Gegenteil, wie Marita Völker-Albert von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sagt: Ungeachtet aller Meldungen, dass Teenager immer früher Sex hätten, gäben nur zehn Prozent der 14-Jährigen an, schon Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, und ein Drittel der 18-Jährigen habe noch keine sexuellen Erfahrungen.“
Aber selbst die Kollegen vom „SZ-Magazin“ werden zugeben müssen, daß sie im aktuellen Heft auf der Doppelseite 4/5 bei Jusochefin Franziska Drohsel Mist gebaut haben, auch wenn sie seltsamerweise gar nicht dazu twittern, obwohl das doch ein guter Weg gewesen wäre, das Erratum aufzuklären. (Update: Laut Bastian Obermayer hat die „SZ“ bereits am Freitag auf ihrer Forumsseite den Fehler eingestanden – siehe unten.)
„Sagen Sie jetzt nichts“ heißt die Rubrik, in der Drohsel mimisch und gestisch auf Fragen der Journalisten zu antworten hatte. Und irgendwie hat es die Redaktion geschafft, Bildunterschriften und Fotos in der Printausgabe durcheinander zu wirbeln, während es online stimmt.
Auf die Frage „Und wenn Sie jetzt mal ganz ehrlich sind – trotz Wahlkampf: Wie schätzen Sie Steinmeiers Chancen bei der Bundestagswahl ein?“, druckte die „Süddeutsche“:
Dabei antwortete Drohsel ganz auf Parteilinie:
Ähnlich lag die Printausgabe bei Fragen nach der Internetzensur daneben oder bei Franziskas Statement, welche Rolle Attraktivität in der Politik spielt.
Updates:
„Süddeutsche Zeitung“ vom 28. August, Seite 31 (Forum)
Mittwoch, 26. August 2009
Nabelschau (1): Cosmopolitan & GQ
Ehrlich gesagt hat wohl kaum ein Journalist geglaubt, daß sich Petra Winter vormals Gessulat so lange als Chefredakteurin der deutschen „Cosmopolitan“ halten würde, als sie das Blatt 2005 übernahm. Und Angela Merkel offenbar auch nicht, wie ein Interviewtermin im Kanzleramt offenbart, den Winter im September-Editorial in der ihr eigenen Bescheidenheit als „Gipfeltreffen“ unter ihresgleichen tituliert:
„Als ich Angela Merkel das erste Mal gegenübersaß, um sie für Comopolitan zu interviewen, wirkte sie misstrauisch und verspannt auf mich. Kein Wunder im Angesicht eines Wahlkampfes, der für sie die Kanzlerschaft bedeuten konnte. Vier Jahre später überrascht sie mich mit den Worten: 'Ach, ich hätte gar nicht gedacht, dass man sich auf Ihrem Posten so lange halten kann.' Ein Kompliment, das ich gern zurückgebe.“
Ausdauer beweist auch GQ-Textchef Jesko Priess, den sein Blatt im aktuellen Heft als „Mitarbeiter des Monats“ präsentiert. Priess als Marathonläufer, Priess als Wadlbeißer, der in der Münchner Freizeitliga angeblich den Gelbe-Karten-Rekord hält, Priess als Fußballfanatiker, der von allen Bundesligaspielern Vornamen, Geburtsort und Blutgruppe auswendig gelernt hat. Wollen wir mal hoffen, daß sein aktueller Arbeitgeber mehr Stehvermögen beweist als die vorherigen: „Maxim“ und „Matador“.
„Als ich Angela Merkel das erste Mal gegenübersaß, um sie für Comopolitan zu interviewen, wirkte sie misstrauisch und verspannt auf mich. Kein Wunder im Angesicht eines Wahlkampfes, der für sie die Kanzlerschaft bedeuten konnte. Vier Jahre später überrascht sie mich mit den Worten: 'Ach, ich hätte gar nicht gedacht, dass man sich auf Ihrem Posten so lange halten kann.' Ein Kompliment, das ich gern zurückgebe.“
Ausdauer beweist auch GQ-Textchef Jesko Priess, den sein Blatt im aktuellen Heft als „Mitarbeiter des Monats“ präsentiert. Priess als Marathonläufer, Priess als Wadlbeißer, der in der Münchner Freizeitliga angeblich den Gelbe-Karten-Rekord hält, Priess als Fußballfanatiker, der von allen Bundesligaspielern Vornamen, Geburtsort und Blutgruppe auswendig gelernt hat. Wollen wir mal hoffen, daß sein aktueller Arbeitgeber mehr Stehvermögen beweist als die vorherigen: „Maxim“ und „Matador“.
Dienstag, 25. August 2009
Strasbourg in der Street View
Hier habe ich 1999/2000 im ersten Stock gewohnt:
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Das war der Animierschuppen um die Ecke, hieß damals aber noch anders.
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Hier liegt das reizende Le roi et son fou, wo ich jeden Samstag vormittag einkehrte und am liebsten einen strammen Max zum Frühstück aß, aber leider sieht man das Bistro vor lauter Autos nicht...
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Das war der Animierschuppen um die Ecke, hieß damals aber noch anders.
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Hier liegt das reizende Le roi et son fou, wo ich jeden Samstag vormittag einkehrte und am liebsten einen strammen Max zum Frühstück aß, aber leider sieht man das Bistro vor lauter Autos nicht...
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Sonntag, 23. August 2009
Utopia goes Consulting
Relativ unbemerkt ist Gregor Wöltje in meinen Kiez gezogen, nicht etwa um kleine Ökobrötchen zu backen, sondern um sein „Changemaker-Netzwerk“ von utopia.de, „der Internet-Plattform für strategischen Konsum“, in den Dienst Dritter zu stellen. Zusammen mit Martin Kleene hat er die WKKW GmbH gegründet, eine „Non-Profit-Unternehmensberatung für Nachhaltigkeit“, wobei sie von der Fürstenstraße aus natürlich nicht für lau arbeiten oder pro bono finanzschwache NGOs beraten, sondern durchaus abkassieren, wenn sie „Nachhaltigkeitsstrategien und -konzepte für Unternehmen, Marken, Produkte und gesellschaftliche Programme“ entwickeln. Der dabei erzielte Gewinn fließt in die Nachhaltigkeits-Projekte der Utopia-Stiftung. Ob der Kundenstamm ehemalige, der Nachhaltigkeit eher unverdächtige .start-Klienten wie Burger King, germanwings, die Deutsche Bank und e.on umfaßt?
Der dafür benutzte Firmenmantel, die Blitz 08-569 GmbH diente übrigens ursprünglich der Verwaltung eigenen Vermögens und widmet sich nun unter dem neuen Firmenkürzel der „Erbringung von Unternehmensberatungsdienstleistungen und allen anderen damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten“ wie es sich für „social entrepreneurs“ gehört!
Der dafür benutzte Firmenmantel, die Blitz 08-569 GmbH diente übrigens ursprünglich der Verwaltung eigenen Vermögens und widmet sich nun unter dem neuen Firmenkürzel der „Erbringung von Unternehmensberatungsdienstleistungen und allen anderen damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten“ wie es sich für „social entrepreneurs“ gehört!
Wochenplan
1860-KSC/DSF, Anna Wintour @ David Letterman's Late Show, Belkin-Pressestammtisch, Pressevorführungen: „Vision – Hildegard von Bingen“, „Funny People – Wie das Leben so spielt“, „District 9“ und „Spread – Toy Boy“, Abrißparty Druckerei Kaiser.
(Foto: Ashton Kutcher und Anne Heche in „Spread – Toy Boy“/Kinowelt)
(Foto: Ashton Kutcher und Anne Heche in „Spread – Toy Boy“/Kinowelt)
Samstag, 22. August 2009
Bumm-Bumm-Burda
„Früh muss ich sonst nur raus, wenn mein Verleger Tennis spielen will“, erzählt Sahner, „dann ruft am Abend vorher sein Chauffeur an, der Herr Fröschl, und fragt, ob ich spielen will. Und dann spielen der Hubert Burda und ich, von acht bis neun. Aber meistens lässt er einen gewinnen.“
Paul Sahner, Mitglied der „Bunte“-Chefredaktion, zitiert von Thomas Becker in der „Süddeutschen Zeitung“
Paul Sahner, Mitglied der „Bunte“-Chefredaktion, zitiert von Thomas Becker in der „Süddeutschen Zeitung“
Freitag, 21. August 2009
Großmal vs. Großmaul
Vom „SZ-Magazin“ bin ich größeren Kummer gewohnt. Insofern war es nicht wirklich der Rede wert, als mir gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ eine Anzeige für das aktuelle Heft aufstieß. Genau genommen machte sie mich erst nur neugierig. „Mit 72 Jahren erschließt der britische Maler David Hockney der Kunst noch einmal völlig neue Wege: Er malt auf seinem iPhone. Bisher hat er die Bilder nur seinen besten Freunden geschickt. Jetzt dürfen Sie sie auch sehen – in Originalgröße“ kündigt die Redaktion dort via Cover ihre Titelgeschichte an, und für mich klang das nach einem schönen Scoop.
Da Google nun aber mehrere – bereits Monate alte – Veröffentlichungen zum selben Thema bot (darunter auch von Bloomberg-Kunstkritiker Martin Gayford, der jetzt fürs „SZ-Magazin“ das Thema vom 23. April recycelt) fand ich das redaktionelle Versprechen doch etwas vollmundig und twitterte eher beiläufig: „Im Mai gingen David Hockneys iPhone-Bilder durch die britischen Medien. Morgen verkauft es das SZ-Magazin als Exklusivität. http://u.nu/8zvy“, woraufhin die beleidigten Kollegen in München-Sibirien prompt dementierten: „@NiceBastard Bitte Freitag das SZ-Magazin mit David Hockneys iPhone-Bildern ansehen & dann den eigenen Tweet noch mal überprüfen. Gruß“.
Okay, soll geschehen.
Anders als vom „Süddeutsche Zeitung Magazin“ behauptet, werden die Bilder nicht „in Originalgröße“ präsentiert. Neben den elf Original-Minis (5 x 7,5 cm) werden zwei weitere Motive zu unscharfen 16,4 x 24,7 cm aufgeblasen.
Wie auf dem Cover betont das „SZ-Magazin“ auch im Heft noch einmal, es handle sich bei der Veröffentlichung um „exklusive Arbeiten“. Ich nehme mal wohlwollend an, daß es sich bei den ins Blatt gehobenen Werken um Erstveröffentlichungen handelt, nur sind eben schon gut ein Dutzend ähnlicher Arbeiten bereits längst online. Ob man dann noch so stolz sein muß, daß SZ-Autor Martin Gayford „den legendären Pop-Art-Künstler David Hockney überredete, eine Auswahl seiner iPhone-Bilder bei uns zu veröffentlichen“?
Aber das Rubrum Exklusiv wird von den Journalisten zunehmend benutzt, als ob sie Gemüsehobel und Warzensalbe verschachern müßten.
Da Google nun aber mehrere – bereits Monate alte – Veröffentlichungen zum selben Thema bot (darunter auch von Bloomberg-Kunstkritiker Martin Gayford, der jetzt fürs „SZ-Magazin“ das Thema vom 23. April recycelt) fand ich das redaktionelle Versprechen doch etwas vollmundig und twitterte eher beiläufig: „Im Mai gingen David Hockneys iPhone-Bilder durch die britischen Medien. Morgen verkauft es das SZ-Magazin als Exklusivität. http://u.nu/8zvy“, woraufhin die beleidigten Kollegen in München-Sibirien prompt dementierten: „@NiceBastard Bitte Freitag das SZ-Magazin mit David Hockneys iPhone-Bildern ansehen & dann den eigenen Tweet noch mal überprüfen. Gruß“.
Okay, soll geschehen.
Anders als vom „Süddeutsche Zeitung Magazin“ behauptet, werden die Bilder nicht „in Originalgröße“ präsentiert. Neben den elf Original-Minis (5 x 7,5 cm) werden zwei weitere Motive zu unscharfen 16,4 x 24,7 cm aufgeblasen.
Wie auf dem Cover betont das „SZ-Magazin“ auch im Heft noch einmal, es handle sich bei der Veröffentlichung um „exklusive Arbeiten“. Ich nehme mal wohlwollend an, daß es sich bei den ins Blatt gehobenen Werken um Erstveröffentlichungen handelt, nur sind eben schon gut ein Dutzend ähnlicher Arbeiten bereits längst online. Ob man dann noch so stolz sein muß, daß SZ-Autor Martin Gayford „den legendären Pop-Art-Künstler David Hockney überredete, eine Auswahl seiner iPhone-Bilder bei uns zu veröffentlichen“?
Aber das Rubrum Exklusiv wird von den Journalisten zunehmend benutzt, als ob sie Gemüsehobel und Warzensalbe verschachern müßten.
Mittwoch, 19. August 2009
Davorkas Moneyshot (1): Bei Schlämmer
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