Messieursdames, Les Chanteuses!
SECOUE TA TÊTE -- LES CHANTEUSES
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LE PÈRE NOEL N'EXISTE PAS / LES CHANTEUSES
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Freitag, 11. Juni 2010
Dienstag, 8. Juni 2010
Nordsee: Brot ist der neue Sandwichbelag!
Nachdem Kentucky Fried Chicken mit dem Double Down das brotlose Sandwich erfunden hat, gibt Nordsee in seiner aktuellen Aktionswoche Contra: Baguettebrötchen und Matjes wie gehabt, aber mit einer Scheibe Pumpernickel als zusätzlichen Brotbelag.
Eigentlich als Kuriosum nur einen Tweet wert, aber nachdem Nordsee mir die Veröffentlichung des Fotos verbieten will, verdienen sie the full treatment.
Eigentlich als Kuriosum nur einen Tweet wert, aber nachdem Nordsee mir die Veröffentlichung des Fotos verbieten will, verdienen sie the full treatment.
Samstag, 5. Juni 2010
Wochenplan
Programm-PK des Münchner Filmfests / Rundfunkhaus, Pressevorführungen von Radu Mihaileanus „Das Konzert“, „Der kleine Nick“, „Please give“ und „Sandmännchen“, media coffee „Kommunikation 2020 – Aufbruch in ein neues Informationszeitalter?“ / Haus der Bayerischen Wirtschaft, Vernissage Family Files / Jüdisches Museum, Vernissage Arnulf Rainer / Alte Pinakothek, Benjamin Stein & Axel Milberg / Literaturhaus, DLDwomen, Vernissage Ian Kiaer / Kunstverein, Fußball-WM, Schwabinger Hofflohmarkt
Freitag, 4. Juni 2010
Sonntag, 30. Mai 2010
Lena & Stefan Raab in Champagnerlaune
„Lena, her name is, and you'll be hard pushed to find anybody more endearing on the face of the planet right now. Look at her, bobbing around and mispronouncing words like a pocket-sized Bjork. She's adorable. This probably isn't the place to admit it, but I think I might love Lena a little bit.
Or, to put it in a way she'll understand, I 'lawfe' her.“
Stuart Heritage/Guardian
Da hat Ralph Siegel jetzt aber ganz schön was zu schlucken... („Es ist ein Riesenunterschied, ob ich ein paar Wochen lang bei einer ProSieben-Sendung gewinne, wo ein paar tausend Facebook-Kids anrufen, oder ob ich auf einer internationalen Bühne beim Grand Prix stehe. Der Grand Prix ist die Weltmeisterschaft der Musik, das ist eine ganz andere Nummer.“, SZ-Magazin)
Foto: Indrek Galetin/EBU
Or, to put it in a way she'll understand, I 'lawfe' her.“
Stuart Heritage/Guardian
Da hat Ralph Siegel jetzt aber ganz schön was zu schlucken... („Es ist ein Riesenunterschied, ob ich ein paar Wochen lang bei einer ProSieben-Sendung gewinne, wo ein paar tausend Facebook-Kids anrufen, oder ob ich auf einer internationalen Bühne beim Grand Prix stehe. Der Grand Prix ist die Weltmeisterschaft der Musik, das ist eine ganz andere Nummer.“, SZ-Magazin)
Foto: Indrek Galetin/EBU
Samstag, 29. Mai 2010
Wochenplan
Presseabend Fjordnorwegen / Pschorr, Pressevorführungen „Männer im Wasser“, „Jane's Journey“, „Toy Story 3“ und „Kleine Wunder in Athen“, Richard Price & Lorraine Adams / Amerikahaus, Almrausch / P1
Donnerstag, 27. Mai 2010
Grand-Prix-Gezwitscher
Unter den Zuschauern hat es bereits das erste Halbfinale des Eurovision Song Contest vorgestern in die Top Ten der trending topics worldwide geschafft, aber auch der eine oder andere Künstler auf der Bühne twittert – oder seine Entourage:
Fleißig sind Aserbeidschans – vielerorts als Favoritin gehandelte – Safura, Georgiens Sofia Nizharadze, der für Gastgeber Norwegen antretende Didrik Solli-Tangen und die Rumänin Paula Seling, die sogar über 2000 Follower hat.
Keine Ahnung, was Lettlands Aisha so alles von sich gab, aber sie ist auch bereits ausgeschieden.
Ziemlich maulfaul sind dagegen Armeniens Eva Rivas, Finnlands – ebenfalls im ersten Halbfinale ausgeschiedenen – Kuunkuiskaajat, Islands Bühnenvulkan Hera Björk, das ausgeschiedene Malta mit Thea Garrett, Moldawiens Olia Tira & Sunstroke Project, die niederländische Sieneke, Spaniens Daniel Diges und der Zypern vertrende Jon Lilygreen.
Lena Meyer-Landrut dagegen ist nicht authentisch auf Twitter und für eine Kopie ziemlich dröge...
Heute abend geht's dann mit dem zweiten Halbfinale des Grand Prix d'Eurovision weiter. Live auf Einsfestival sowie als Online-Livestream beim NRD und beim Veranstalter, nach Mitternacht dann als Aufzeichnung auch noch einmal im NDR.
(Foto: NDR/Rolf Klatt)
Fleißig sind Aserbeidschans – vielerorts als Favoritin gehandelte – Safura, Georgiens Sofia Nizharadze, der für Gastgeber Norwegen antretende Didrik Solli-Tangen und die Rumänin Paula Seling, die sogar über 2000 Follower hat.
Keine Ahnung, was Lettlands Aisha so alles von sich gab, aber sie ist auch bereits ausgeschieden.
Ziemlich maulfaul sind dagegen Armeniens Eva Rivas, Finnlands – ebenfalls im ersten Halbfinale ausgeschiedenen – Kuunkuiskaajat, Islands Bühnenvulkan Hera Björk, das ausgeschiedene Malta mit Thea Garrett, Moldawiens Olia Tira & Sunstroke Project, die niederländische Sieneke, Spaniens Daniel Diges und der Zypern vertrende Jon Lilygreen.
Lena Meyer-Landrut dagegen ist nicht authentisch auf Twitter und für eine Kopie ziemlich dröge...
Heute abend geht's dann mit dem zweiten Halbfinale des Grand Prix d'Eurovision weiter. Live auf Einsfestival sowie als Online-Livestream beim NRD und beim Veranstalter, nach Mitternacht dann als Aufzeichnung auch noch einmal im NDR.
(Foto: NDR/Rolf Klatt)
Samstag, 22. Mai 2010
Wochenplan
1. Halbfinale des Grand Prix d'Eurovision / NDR, Pressevorführungen „Sex and the city 2“, „Männer al dente“, „Mr Nobody“ und „Kiss & Kill“, 2. Halbfinale des Grand Prix d'Eurovision /Einsfestival, A Blue Evening – Die Künstlergruppe Jochen Schmith und Michaela Melián laden ein / Kunstverein München, Stroke 02, Eurovision Song Contest – Grand Prix d'Eurovision / ARD, Fetischflohmarkt / Das Fantasia
(Foto: Alain Douit/EBU)
(Foto: Alain Douit/EBU)
Freitag, 21. Mai 2010
Besteht München für die Süddeutsche Zeitung über Nacht nur noch aus Bayern-Fans?
Das Sieger-Gen schimmert derzeit rötlich, und wer dieser Tage durch München schlendert, braucht sich nicht groß wundern, wieviel Bayern-Anhänger plötzlich ihrer Leidenschaft durch Trikots Ausdruck verleihen oder ein rot-weißes Fähnchen nach dem Wind richten. Immerhin dürfte man als bekannt voraussetzen können, daß nicht jeder Münchner ein Bayern-Fan ist. Einige behaupten sogar, innerhalb dieser Stadtgrenzen lebten mehr Blaue als Rote. Aber geschenkt, für einen Löwen spielen Statistiken, ob in der Tabelle oder bei der Fanstärke keine Rolle, es geht ums Herzblut.
Dieses bringt natürlich auch die morgige Begegnung in Wallung, und angesichts einer Typologie der hiesigen Champions-League-Gucker hat Beate Wild gestern auf sueddeutsche.de zumindest neben den üblichen Roten, also etwa Party-, Rudel- oder Erfolgsguckern auch einen aus der Reihe fallenden, siebten Typus aufgelistet: die Zuschauer, die selbst hier in München für Inter Mailand fiebern, etwa die italienischen Mitbürger, Wirte und „ein paar abtrünnige Münchner“, die aus Gründen „unterschiedlichster Natur“ nicht zu Bayern hielten. Vielleicht wir Sechzger, von der ansässigen Diaspora der Bremen-, Schalke- und sonstigen Fans mal ganz zu schweigen? Und natürlich kann man Inter auch einfach nur sympathisch finden.
Ein Der-Feind-meines-Feindes-ist mein-Freund-Denken ist nicht ganz unproblematisch, wie ich vor ein paar Jahren bei der Champions-League- (oder Uefa-Cup-?) Begegnung der Bayern gegen eine englische Mannschaft feststellen mußte. Ich schaute mir das Match im Schiller-Café an, darauf spekulierend, dort genügend FCB-feindliche Engländer um mich herum zu haben. Die Gäste sprachen auch alle, ähm, englisch, waren aber Schotten, die lautstark mit Bayern gegen die verhassten Engländer hielten.
„Einsam oder gemeinsam“, diese Frage stellt Bea Wild wie in der Online-Ausgabe auch heute in der gedruckten „Süddeutschen Zeitung“, nur daß es plötzlich nurmehr sechs Zuschauertypen gibt, von denen alle zu Bayern halten. Die siebte Kategorie fehlt ersatzlos. Keine Italiener, keine Löwen mehr in München – was diese Stadt wohl vollends unerträglich werden ließe.
Nur im Vorspann ein verschämtes: „Sogar Sechzger-Fans“ hielten einen Sieg der Bayern „zumindest für möglich“. Sitzt nun am Lokalbalken der Printredaktion ein Roter oder warum hält die Zeitung über Nacht nicht mehr, was die Online-Ausgabe verspricht? Höchste Zeit, daß München aus dem roten Fieberwahn wieder erwacht.
Dieses bringt natürlich auch die morgige Begegnung in Wallung, und angesichts einer Typologie der hiesigen Champions-League-Gucker hat Beate Wild gestern auf sueddeutsche.de zumindest neben den üblichen Roten, also etwa Party-, Rudel- oder Erfolgsguckern auch einen aus der Reihe fallenden, siebten Typus aufgelistet: die Zuschauer, die selbst hier in München für Inter Mailand fiebern, etwa die italienischen Mitbürger, Wirte und „ein paar abtrünnige Münchner“, die aus Gründen „unterschiedlichster Natur“ nicht zu Bayern hielten. Vielleicht wir Sechzger, von der ansässigen Diaspora der Bremen-, Schalke- und sonstigen Fans mal ganz zu schweigen? Und natürlich kann man Inter auch einfach nur sympathisch finden.
Ein Der-Feind-meines-Feindes-ist mein-Freund-Denken ist nicht ganz unproblematisch, wie ich vor ein paar Jahren bei der Champions-League- (oder Uefa-Cup-?) Begegnung der Bayern gegen eine englische Mannschaft feststellen mußte. Ich schaute mir das Match im Schiller-Café an, darauf spekulierend, dort genügend FCB-feindliche Engländer um mich herum zu haben. Die Gäste sprachen auch alle, ähm, englisch, waren aber Schotten, die lautstark mit Bayern gegen die verhassten Engländer hielten.
„Einsam oder gemeinsam“, diese Frage stellt Bea Wild wie in der Online-Ausgabe auch heute in der gedruckten „Süddeutschen Zeitung“, nur daß es plötzlich nurmehr sechs Zuschauertypen gibt, von denen alle zu Bayern halten. Die siebte Kategorie fehlt ersatzlos. Keine Italiener, keine Löwen mehr in München – was diese Stadt wohl vollends unerträglich werden ließe.
Nur im Vorspann ein verschämtes: „Sogar Sechzger-Fans“ hielten einen Sieg der Bayern „zumindest für möglich“. Sitzt nun am Lokalbalken der Printredaktion ein Roter oder warum hält die Zeitung über Nacht nicht mehr, was die Online-Ausgabe verspricht? Höchste Zeit, daß München aus dem roten Fieberwahn wieder erwacht.
Samstag, 15. Mai 2010
Bilderklau bei bild.de
Man kann es sich nicht aussuchen, wer über einen berichtet, und bei den old media, vom „Spiegel“ bis zur „Bunten“, ist es auch schon lange Usus, exklusive Bildproduktionen konkurrierender Redaktionen, die man nicht zahlen will oder auch aufgrund eines Embargos für kein Geld kaufen könnte, ins Blatt zu hieven, indem man über ihre Veröffentlichung berichtet und das Bildmotiv so doch – natürlich streng dokumentarisch – ins Heft kriegt. Die Gerichte haben dafür auch schon lange die Spielregeln aufgestellt – eigener Bericht und Bildzitat müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Rechtsgrundlage sind dabei Fragen des Urheberrechts, das Copyright des auf diese Weise zitierten, um nicht zu sagen beklauten Fotografen, und die Nutzungsrechte der ursprünglich veröffentlichenden Redaktion – und weniger die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten.
Daß aber jedermann nicht etwa nur ein Recht am eigenen Bild, sondern selbst als Amateurfotograf ein reguläres Copyright an seinen Bildern hat, wird oft übersehen, wenn die Witwenschüttler und Katastrophenreporter der Boulevardmedien Internetplattformen wie Facebook, Flickr oder studiVZ plündern, um die Berichte von Todesfällen oder Straftaten mit Opfer- oder Täterbildern zu illustrieren. Da sind beileibe nicht nur Persönlichkeitsrechte betroffen.
Für Letzteres scheinen die Mitarbeiter von bild.de sensibilisiert zu sein, denn als sie gestern über den „neuen facebook-Trend“ How to look like your shirt print berichteten, pixelten sie die den Bericht illustrierenden Bilder, soweit dort überhaupt ansatzweise ein Gesicht zu erkennen gewesen wäre.
Und als die Initiatorin dieses Trends, Elisabeth Rank, sich telefonisch darüber beschwerte, daß die BILD-Redaktion, ohne vorher zu fragen, Bilder aus Ranks Facebook-Gruppe kopiert und veröffentlicht hätte, antwortete man ihr erst: „Ich hab mir schon gedacht, dass da was kommt. Hm. Naja. Na gut.“ und weigerte sich aber dann doch, die Bilder offline zu nehmen, „weil angeblich niemand zu erkennen ist. (...) Wenn die akut Betroffenen sich konkret beschweren, sieht das wieder anders aus.“ – so Lisa in ihren Tweets zum Vorgang.
(Wobei es auffällt, daß die BILD-Redaktion sich auf die no-names der Aktion konzentrierte und Prominentere – und somit vielleicht Klagefreudigere oder zumindest Shitstormigere – wie Sascha Lobo, Happy Schnitzel, Anke Gröner oder Nilz Bokelberg ausließ. Nur Deef Pirmasens haben sie offenbar übersehen und mit seinem Porno-Motiv online gestellt.)
Dabei geht es hier weniger um Persönlichkeitsrechte, sondern um die Urheberrechte an den Bildern. Denn die BILD-Onliner haben nicht etwa nur ausführlich über einen Trend berichtet und den Beitrag dann mit einem Screenshot dokumentiert, sondern in dürren Worten das Thema gestreift und dazu 15 Bilder geklaut, um sie als Klickstrecke zu präsentieren.
Einige Anrufe und viele Stunden später hatte die Redaktion dann doch ein Einsehen undden Beitrag die Bilder gelöscht, was aber juristisch nichts daran ändert, daß der Springer-Verlag hier fremdes Bildmaterial ohne jegliche Rechtsgrundlage veröffentlicht hat. Selbst wenn es nur wenige Stunden online war, reicht das, um jedem der 15 Fotografen gute Chancen einzuräumen, von Springer nachträglich das übliche Bildhonorar von geschätzten 50 Euro sowie einen mindestens ebenso hohen Strafaufschlag für die nicht genehmigte, auf jeden Urhebervermerk verzichtende Veröffentlichung einzufordern, ja sogar einzuklagen. Zuzüglich etwaiger Anwaltskosten.
Updates: Falls sich bild.de auf das Recht auf Bildzitate herausredet, wäre übrigens gerade da das Pixeln, sprich: Bearbeiten der Bilder unzulässig gewesen.Von der fehlenden Quellenangabe mal ganz zu schweigen.
Der BILDblog zur „Selbstbedienung bei Facebook“
„Zu denken, jeder würde sich für die Bild-Zeitung ein Bein ausreißen, ist auch wieder so eine elitäre Sichtweise, die ich nicht unterschreibe. Denn es will sich einfach nicht jeder im Umfeld von Bild sehen oder dort irgendwie auftauchen. Das ist so eine Überzeugungsgeschichte.“
Lisa Rank auf jetzt.de zu ihrer Initiative und dem Ärger mit bild.de.
Rechtsgrundlage sind dabei Fragen des Urheberrechts, das Copyright des auf diese Weise zitierten, um nicht zu sagen beklauten Fotografen, und die Nutzungsrechte der ursprünglich veröffentlichenden Redaktion – und weniger die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten.
Daß aber jedermann nicht etwa nur ein Recht am eigenen Bild, sondern selbst als Amateurfotograf ein reguläres Copyright an seinen Bildern hat, wird oft übersehen, wenn die Witwenschüttler und Katastrophenreporter der Boulevardmedien Internetplattformen wie Facebook, Flickr oder studiVZ plündern, um die Berichte von Todesfällen oder Straftaten mit Opfer- oder Täterbildern zu illustrieren. Da sind beileibe nicht nur Persönlichkeitsrechte betroffen.
Für Letzteres scheinen die Mitarbeiter von bild.de sensibilisiert zu sein, denn als sie gestern über den „neuen facebook-Trend“ How to look like your shirt print berichteten, pixelten sie die den Bericht illustrierenden Bilder, soweit dort überhaupt ansatzweise ein Gesicht zu erkennen gewesen wäre.
Und als die Initiatorin dieses Trends, Elisabeth Rank, sich telefonisch darüber beschwerte, daß die BILD-Redaktion, ohne vorher zu fragen, Bilder aus Ranks Facebook-Gruppe kopiert und veröffentlicht hätte, antwortete man ihr erst: „Ich hab mir schon gedacht, dass da was kommt. Hm. Naja. Na gut.“ und weigerte sich aber dann doch, die Bilder offline zu nehmen, „weil angeblich niemand zu erkennen ist. (...) Wenn die akut Betroffenen sich konkret beschweren, sieht das wieder anders aus.“ – so Lisa in ihren Tweets zum Vorgang.
(Wobei es auffällt, daß die BILD-Redaktion sich auf die no-names der Aktion konzentrierte und Prominentere – und somit vielleicht Klagefreudigere oder zumindest Shitstormigere – wie Sascha Lobo, Happy Schnitzel, Anke Gröner oder Nilz Bokelberg ausließ. Nur Deef Pirmasens haben sie offenbar übersehen und mit seinem Porno-Motiv online gestellt.)
Dabei geht es hier weniger um Persönlichkeitsrechte, sondern um die Urheberrechte an den Bildern. Denn die BILD-Onliner haben nicht etwa nur ausführlich über einen Trend berichtet und den Beitrag dann mit einem Screenshot dokumentiert, sondern in dürren Worten das Thema gestreift und dazu 15 Bilder geklaut, um sie als Klickstrecke zu präsentieren.
Einige Anrufe und viele Stunden später hatte die Redaktion dann doch ein Einsehen und
Updates: Falls sich bild.de auf das Recht auf Bildzitate herausredet, wäre übrigens gerade da das Pixeln, sprich: Bearbeiten der Bilder unzulässig gewesen.Von der fehlenden Quellenangabe mal ganz zu schweigen.
Der BILDblog zur „Selbstbedienung bei Facebook“
„Zu denken, jeder würde sich für die Bild-Zeitung ein Bein ausreißen, ist auch wieder so eine elitäre Sichtweise, die ich nicht unterschreibe. Denn es will sich einfach nicht jeder im Umfeld von Bild sehen oder dort irgendwie auftauchen. Das ist so eine Überzeugungsgeschichte.“
Lisa Rank auf jetzt.de zu ihrer Initiative und dem Ärger mit bild.de.
Petit Déjeuner Musical (79): Cocoon
Messieursdames, Cocoon! (Heute abend live im Münchner 59:1)
Cocoon Sushi (inédit)
.
Cocoon Acoustique "On My Way"
Cocoon Sea Lion
Cocoon Sushi (inédit)
.
Cocoon Acoustique "On My Way"
Cocoon Sea Lion
Wochenplan
Munich Central / Import Export Bar, HTC Pressebriefing, Pressevorführungen „Prince of Persia“ und „The Doors – When you're strange“, „Whistleblower: Hinweisgeber verstehen und schützen“ / Presseclub, Buchpräsentation „Die Gauklerin von Kaltenberg“ / Welser-Kuche, Vernissage Harun Farocki / Osram Art Projects, Vernissage Alessi / Neue Sammlung, Künstlergespräch mit Neo Rauch / Pinakothek der Moderne, Vernissage Guido Mangold / Münchner Stadtmuseum, 20 Jahre Süddeutsche Zeitung Magazin / Haus der Kunst, Bayerischer Fernsehpreis / Prinzregententheater
Samstag, 8. Mai 2010
Wochenplan
Ulf-Miehe-Abend mit Robert Fischer, Walter Fritzsche, Peter Goedel, Katja Rupé, Albert Sandner, Asta Scheib und Jutta Winkelmann / Drehleier, Pressevorführungen „Moon“, „A Nightmare on Elm Street“, „Lebanon“ und „Mahler auf der Couch“, Kaspersky Security Club / Barysphär, Microsoft PK Office 2010 / Literaturhaus, Terrassenopening P1, Paradisomansion, Gomma Supershow / Maximiliansforum
Donnerstag, 6. Mai 2010
Holt Gräfin Waldburg die Ösis heim ins Bayern-Reich?
Eine Bild-Text-Schere der ungewöhnlicheren Art liefert die aktuelle „Bunte“ anläßlich der Pariser Geburtstagsfeierlichkeiten des Action-Teams Fürstin Gloria & Thaddaeus Ropac. „Mittags trifft man sich wieder zum Déjeuner bavarois – einer Bayernjause mitten im Bois de Boulogne“, berichtet Marie Waldburg. Kann natürlich jeder behaupten, weshalb die bekanntermaßen gern investigativ tätige Redaktion das ganze mit der Einladung dokumentiert. Zu dumm, daß dort aber von einem „déjeuner autrichien“ die Rede ist. Nun will ich einfach unterstellen, daß die Gräfin französisch parliert. Und die Frage, warum so ein Lapsus der 5-köpfigen Schlußredaktion entgeht, vernachlässigen wir lieber. Also nur ein Flüchtigkeitsfehler der Jet-Setterin? Oder handelt es sich vielleicht um ein politisches Statement unter Von und Zus, zählte Bayern doch immerhin schon mal Salzburg, Tirol, Vorarlberg und das Innviertel zu seinem Reich?
Mittwoch, 5. Mai 2010
Bisous!
Kleiner Gruß nach Berlin zur Eröffnung des edition suhrkamp shops
Nagellack: Uslu Airlines
Foto: André C. Hercher
Nagellack: Uslu Airlines
Foto: André C. Hercher
Samstag, 1. Mai 2010
Wochenplan
Tag der Pressefreiheit / Sitzungssaal des Rundfunkrates, Pressevorführungen „Keep Surfing“ und „Eine Karte der Klänge von Tokio“, Vernissage Exchange MUC-DUS / White Box, Premiere von Gianina Cãrbunarius „Sold out“ / Werkraumtheater, DOK.fest, Abiturtreffen Wittelsbacher Gymnasium 1980 / Hirschgarten, Boundcon VII / Zenith, Premiere KGB & friends / GOP Varieté-Theater
Donnerstag, 29. April 2010
Hohes C: Von wegen „Heimische Früchte“
Man kennt es von der Milch. Um die heimischen Milchbauern nachhaltig zu unterstützen, zahlt der Verbrauchern gern einen fairen und somit höheren Preis. Wenn nun also Eckes-Granini Deutschland für seine neue, diesen Januar lancierte Premiumsaftmarke „Heimische Früchte“ München mit dem Claim plakatiert: „Bayern mag's heimisch“, mag der Bayer denken, damit die Obstbauern am Bodensee oder im Voralpenland zu unterstützen und dafür gern ein paar Cent mehr als nötig zahlen.
Nur zu dumm, daß die Hamburger, Berliner oder Baden-Württemberger das Gleiche denken mögen, die Herkunftsbezeichnung der versafteten Äpfel, Quitten, Birnen, Johannisbeeren und Holunderbeeren aber weitaus vager ist, das Obst nicht nachvollziehbar aus der Region, etwa Werder für die Berliner oder das Alte Land für die Hamburger stammt, nicht einmal zwingend aus Deutschland kommt, sondern aus Österreich und Deutschland – so der Hersteller auch in seiner Pressemitteilung.
Die Eckes betreuende PR-Agentur Engel & Zimmermann hat – trotz ihrer „umfassenden Expertise auf dem Feld der Krisenkommuni-kation“ – eine Anfrage von heute morgen zur Herkunft der Früchte und Werbekampagne leider noch nicht beantwortet.
Natürlich kann man den Spruch, daß jeder irgendwo Ausländer ist, auch umdrehen und feststellen, daß jede Ernte irgendwo heimisch ist. Nur denkt sich der Verbraucher in Zusammenhang mit der Ortsangabe auf dem Werbeplakat was anderes. Der Bundesverband Verbraucherzentrale hält diese Werbung für durchaus „problematisch“ und die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat bereits ihre Juristen positioniert und Eckes abgemahnt beziehungsweise genauere Auskunft über den Flascheninhalt, beziehungsweise die dafür zugrundeliegenden Obstwiesen angefordert und damit Gelegenheit gegeben, die Werbeaussage zu belegen.
Updates: Seit Freitag nachmittag bin ich mit Engel & Zimmermann telefonisch und via Twitter im Gespräch, mal sehen, was dabei rum kommt.
Auch in Nordrhein-Westfalen sorgt die Kampagne für Stirnrunzeln.
Auf Facebook redet sich der Hersteller Eckes-Granini wie folgt heraus: „Die Plakate haben natürlich ein kleines Augenzwinkern, sollen sich ja auf die Markteinführung unserer Säfte 'Heimische Früchte' beziehen. Auf keinen Fall möchten wir damit in die Irre führen - wie auch in deinem Blogpost geschrieben, bestehen die Säfte aus heimischen Obstsorten, die aus vielen verschiedenen Regionen in Deutschland und Österreich stammen. Wie du auch schreibst, sind diese Infos ja auch auf der Unternehmensseite einsehbar (http://www.hohes-c.de/#/he imischefruechte/)“
(Fotos: Dorin Popa, Georg Konjovic)
Nur zu dumm, daß die Hamburger, Berliner oder Baden-Württemberger das Gleiche denken mögen, die Herkunftsbezeichnung der versafteten Äpfel, Quitten, Birnen, Johannisbeeren und Holunderbeeren aber weitaus vager ist, das Obst nicht nachvollziehbar aus der Region, etwa Werder für die Berliner oder das Alte Land für die Hamburger stammt, nicht einmal zwingend aus Deutschland kommt, sondern aus Österreich und Deutschland – so der Hersteller auch in seiner Pressemitteilung.
Natürlich kann man den Spruch, daß jeder irgendwo Ausländer ist, auch umdrehen und feststellen, daß jede Ernte irgendwo heimisch ist. Nur denkt sich der Verbraucher in Zusammenhang mit der Ortsangabe auf dem Werbeplakat was anderes. Der Bundesverband Verbraucherzentrale hält diese Werbung für durchaus „problematisch“ und die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat bereits ihre Juristen positioniert und Eckes abgemahnt beziehungsweise genauere Auskunft über den Flascheninhalt, beziehungsweise die dafür zugrundeliegenden Obstwiesen angefordert und damit Gelegenheit gegeben, die Werbeaussage zu belegen.
Updates: Seit Freitag nachmittag bin ich mit Engel & Zimmermann telefonisch und via Twitter im Gespräch, mal sehen, was dabei rum kommt.
Auch in Nordrhein-Westfalen sorgt die Kampagne für Stirnrunzeln.
Auf Facebook redet sich der Hersteller Eckes-Granini wie folgt heraus: „Die Plakate haben natürlich ein kleines Augenzwinkern, sollen sich ja auf die Markteinführung unserer Säfte 'Heimische Früchte' beziehen. Auf keinen Fall möchten wir damit in die Irre führen - wie auch in deinem Blogpost geschrieben, bestehen die Säfte aus heimischen Obstsorten, die aus vielen verschiedenen Regionen in Deutschland und Österreich stammen. Wie du auch schreibst, sind diese Infos ja auch auf der Unternehmensseite einsehbar (http://www.hohes-c.de/#/he
(Fotos: Dorin Popa, Georg Konjovic)
Samstag, 24. April 2010
Wochenplan
Pressevorführungen „My name is Khan“ und „Iron Man 2“, BJV-Medienlounge / Volksgarten, Lesung Benjamin Stein / Galerie Clair, Dominik Grafs „Im Angesicht des Verbrechens“ / arte, Lesung Jürgen Teipel / Kammerspiele, Ehemaligentreffen des Wittelsbacher Gymnasiums / Augustinerkeller, Konzert 3 Normal Beatles / Kammerspiele, Tanz in den Mai, Hof-Flohmärkte Maxvorstadt
Freitag, 23. April 2010
Copycats am Baumwall? Nein, bloße „Koinzidenz“
Das Déjà-vu kann beim Lesen kommen: Wenn landauf, landab quer durch die Redaktionen identische Interviewpassagen veröffentlicht werden, weil der Star anläßlich seines kommenden Films, seiner neuen CD, seines druckfrischen Bestsellers die immergleichen Sentenzen ins Mikrofon wiederholt oder es vielleicht auch gar nicht all die vermeintlichen Exklusivinterviews oder zweisamen Begegnungen gegeben hat, sondern das Dutzend Teilnehmer eines Round-Table-Gesprächs dieselben Brosamen ihrer Massenabfertigung ihren Redaktionen oder auch nur dem Leser als persönlichen Schatz verkaufen.
Manchmal gibt es aber auch originell formatierte Interviewserien à la „Im Taxi mit…“ oder „Was macht eigentlich…?“, die eine Redaktion kreiert und andere gern imitieren.
Der „Stern“ schafft es nun in seiner gestern erschienenen Ausgabe beide Eindrücke zu verknüpfen, ohne überhaupt kopiert haben zu wollen. „Freunde“ heißt die neue Serie, in der Fotograf Ludwig Rauch und Autor Helge Hopp jede Woche Freundespaare vorstellen, von denen einer prominent ist. „Die Idee zu dieser Kolumne“, so Chefredakteur Andreas Petzold auf Anfrage, ist ihm „von dem Fotografen Ludwig Rauch angeboten worden, der auch die Paarungen organisiert hat“.
Das Format erinnert nun aber auch an eine Kolumne der Frauenzeitschrift „freundin“. Seit September 2005 stellen darin wechselnde Autoren (zu denen auch ich bis 2007 gehört habe) alle 14 Tage eine Prominente und ihre beste Freundin vor, seit September 2006 fotografiert ausschließlich Jim Rakete „Unter Freundinnen“, stets innig vor neutralem Hintergrund, inzwischen sind auch mal gemischte Paare oder sogar reine Männerteams mit dabei.
Die Unterschiede will ich gar nicht leugnen: Beim Original eine drei Seiten lange Farbstrecke mit Wortlautinterview. Beim „Stern“ eine durchgeschriebene Seite in schwarzweiß mit einigen O-Tönen – oder um einen Kollegen zu zitieren: die Hartz-IV-Variante des Konzepts.
Andreas Petzold bezieht „bedauerlicherweise die 'freundin' nicht“, der zuständige Ressortleiter Kultur und Style, Kester Schlenz, früher lange Zeit für die „Brigitte“ tätig, versicherte mir telefonisch, daß weder ihm noch seiner Kollegin Silke Müller das – immerhin schon fünf Jahre existierende – Burda-Format bekannt gewesen sei. „Ich sage Ihnen ohne jede Arroganz: Wir haben es nicht geklaut. Wir haben das nicht nötig.“ Und offenbar ist auch sonst keinem in der Redaktion, Grafik oder Dokumentation die Parallele aufgefallen – oder um Schlenz zu zitieren: die „Koinzidenz“.
Als ob es nicht schon genug des Zufalls gewesen wäre, startet die „Stern“-Kolumne ohne ersichtlichen aktuellen Anlaß mit einem Porträt der Schwimmerin Britta Steffen und ihrer Bekannten Melanie Arndt – die im Sommer 2009 beide anläßlich der Schwimm-Weltmeisterin eben auch schon in der „freundin“ als Doppelpack präsentiert wurden.
Doch hier zieht der „Stern“ seinen letzten Trumpf: Rauch & Hopp hätten Arndt und Steffen bereits lange zuvor, im November 2008 getroffen, denn die neue „Stern“-Serie wurde ursprünglich für „Park Avenue“ konzipiert. Stehsatz nennt man so etwas gemeinhin.
Manchmal gibt es aber auch originell formatierte Interviewserien à la „Im Taxi mit…“ oder „Was macht eigentlich…?“, die eine Redaktion kreiert und andere gern imitieren.
Der „Stern“ schafft es nun in seiner gestern erschienenen Ausgabe beide Eindrücke zu verknüpfen, ohne überhaupt kopiert haben zu wollen. „Freunde“ heißt die neue Serie, in der Fotograf Ludwig Rauch und Autor Helge Hopp jede Woche Freundespaare vorstellen, von denen einer prominent ist. „Die Idee zu dieser Kolumne“, so Chefredakteur Andreas Petzold auf Anfrage, ist ihm „von dem Fotografen Ludwig Rauch angeboten worden, der auch die Paarungen organisiert hat“.
Das Format erinnert nun aber auch an eine Kolumne der Frauenzeitschrift „freundin“. Seit September 2005 stellen darin wechselnde Autoren (zu denen auch ich bis 2007 gehört habe) alle 14 Tage eine Prominente und ihre beste Freundin vor, seit September 2006 fotografiert ausschließlich Jim Rakete „Unter Freundinnen“, stets innig vor neutralem Hintergrund, inzwischen sind auch mal gemischte Paare oder sogar reine Männerteams mit dabei.
Die Unterschiede will ich gar nicht leugnen: Beim Original eine drei Seiten lange Farbstrecke mit Wortlautinterview. Beim „Stern“ eine durchgeschriebene Seite in schwarzweiß mit einigen O-Tönen – oder um einen Kollegen zu zitieren: die Hartz-IV-Variante des Konzepts.
Andreas Petzold bezieht „bedauerlicherweise die 'freundin' nicht“, der zuständige Ressortleiter Kultur und Style, Kester Schlenz, früher lange Zeit für die „Brigitte“ tätig, versicherte mir telefonisch, daß weder ihm noch seiner Kollegin Silke Müller das – immerhin schon fünf Jahre existierende – Burda-Format bekannt gewesen sei. „Ich sage Ihnen ohne jede Arroganz: Wir haben es nicht geklaut. Wir haben das nicht nötig.“ Und offenbar ist auch sonst keinem in der Redaktion, Grafik oder Dokumentation die Parallele aufgefallen – oder um Schlenz zu zitieren: die „Koinzidenz“.
Als ob es nicht schon genug des Zufalls gewesen wäre, startet die „Stern“-Kolumne ohne ersichtlichen aktuellen Anlaß mit einem Porträt der Schwimmerin Britta Steffen und ihrer Bekannten Melanie Arndt – die im Sommer 2009 beide anläßlich der Schwimm-Weltmeisterin eben auch schon in der „freundin“ als Doppelpack präsentiert wurden.
Doch hier zieht der „Stern“ seinen letzten Trumpf: Rauch & Hopp hätten Arndt und Steffen bereits lange zuvor, im November 2008 getroffen, denn die neue „Stern“-Serie wurde ursprünglich für „Park Avenue“ konzipiert. Stehsatz nennt man so etwas gemeinhin.
Deutscher Filmpreis: Diktatur, Manipulation & Schizophrenie bei der Lola? (ARD, 21.45 Uhr)
Die Münchner „Abendzeitung“ hat heute einen bereits mehrere Tage in den Medien kursierenden Offenen Brief des Filmjournalisten, Regisseurs und Produzenten Eckhart Schmidt veröffentlicht:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
Mitglieder der Deutschen Filmakademie,
ich behaupte Diktatur, Manipulation, Schizophrenie in der Akademie: Warum Diktatur? Ich fühle mich diktatorisch bevormundet, wenn eine Jury vorentscheidet, über welche Filme ich dann als Mitglied der Akademie entscheiden darf.
Die Filmakademie wurde nicht zuletzt deshalb ins Leben gerufen, um das manipulative Jury-Unwesen abzuschaffen. Durch die Hintertür ist die Diktatur einer Jury zurück gekehrt. Offenbar misstraut man einem freiheitlichen Verfahren und traut den Regisseuren, Kameraleuten, Produzenten etc. nicht zu, selbst die Besten aus ihren Reihen zu nominieren. Entmündigung und Diktatur statt Freiheit.
Warum Manipulation? Wenn es ein Film soweit gebracht hat, in der Kategorie 'Bester Film' von der Vor-Jury nominiert zu werden, dann setzt die Manipulation der Filmakademie noch einmal ein. Ich möchte mich unter der handvoll nominierter Filme nur für einen einzigen entscheiden: für meinen Lieblingsfilm! Das aber darf ich nicht. Ich muss insgesamt drei Filme wählen oder meine Stimme ist ungültig. Ich muss also neben meinem Lieblingsfilm noch für zwei weitere Filme stimmen, egal, wie unterirdisch ich sie finde.
Die Konsequenz dieser manipulativen Praxis ist, dass ein Film plötzlich die Lola als 'Bester Film' erhalten kann, den ein Großteil der Akademie-Mitglieder gar nicht wählen wollte, den sie aber auch wählen mussten, damit ihre Stimme nicht ungültig wird!
Warum Schizophrenie? Fast alle deutschen Filme entstehen mit Beteiligung des Fernsehens als Co-Produzent. Das Fernsehen ist deshalb zum entscheidenden Faktor für das Zustandekommen eines Films geworden. Es ist Schizophrenie der Filmakademie, diesen für den Film wichtigen Partner nicht zum vollwertigen Partner zu machen und ihn wie jeden anderen Produzenten zu beteiligen. Selbst TV-Co-Produzenten de in der Kategorie 'Bester Film' nominierten Filme werden nicht zu der vom Fernsehen (!) ausgestrahlten Lola-Show eingeladen oder müssen um ihr Ticket kämpfen. Schizophrener geht's nicht.
Eckhart Schmidt
(zur Zeit noch Mitglied der Deutschen Filmakademie“
(Foto: rbb/picture-alliance/dpa)
„Sehr geehrte Damen und Herren,
Mitglieder der Deutschen Filmakademie,
ich behaupte Diktatur, Manipulation, Schizophrenie in der Akademie: Warum Diktatur? Ich fühle mich diktatorisch bevormundet, wenn eine Jury vorentscheidet, über welche Filme ich dann als Mitglied der Akademie entscheiden darf.
Die Filmakademie wurde nicht zuletzt deshalb ins Leben gerufen, um das manipulative Jury-Unwesen abzuschaffen. Durch die Hintertür ist die Diktatur einer Jury zurück gekehrt. Offenbar misstraut man einem freiheitlichen Verfahren und traut den Regisseuren, Kameraleuten, Produzenten etc. nicht zu, selbst die Besten aus ihren Reihen zu nominieren. Entmündigung und Diktatur statt Freiheit.
Warum Manipulation? Wenn es ein Film soweit gebracht hat, in der Kategorie 'Bester Film' von der Vor-Jury nominiert zu werden, dann setzt die Manipulation der Filmakademie noch einmal ein. Ich möchte mich unter der handvoll nominierter Filme nur für einen einzigen entscheiden: für meinen Lieblingsfilm! Das aber darf ich nicht. Ich muss insgesamt drei Filme wählen oder meine Stimme ist ungültig. Ich muss also neben meinem Lieblingsfilm noch für zwei weitere Filme stimmen, egal, wie unterirdisch ich sie finde.
Die Konsequenz dieser manipulativen Praxis ist, dass ein Film plötzlich die Lola als 'Bester Film' erhalten kann, den ein Großteil der Akademie-Mitglieder gar nicht wählen wollte, den sie aber auch wählen mussten, damit ihre Stimme nicht ungültig wird!
Warum Schizophrenie? Fast alle deutschen Filme entstehen mit Beteiligung des Fernsehens als Co-Produzent. Das Fernsehen ist deshalb zum entscheidenden Faktor für das Zustandekommen eines Films geworden. Es ist Schizophrenie der Filmakademie, diesen für den Film wichtigen Partner nicht zum vollwertigen Partner zu machen und ihn wie jeden anderen Produzenten zu beteiligen. Selbst TV-Co-Produzenten de in der Kategorie 'Bester Film' nominierten Filme werden nicht zu der vom Fernsehen (!) ausgestrahlten Lola-Show eingeladen oder müssen um ihr Ticket kämpfen. Schizophrener geht's nicht.
Eckhart Schmidt
(zur Zeit noch Mitglied der Deutschen Filmakademie“
(Foto: rbb/picture-alliance/dpa)
Mittwoch, 21. April 2010
Stoff fürs Millennium (1998)
Ob natürlich anodisiertes, gebürstetes, eloxiertes, hochglanzpoliertes, mattiertes, epoxylackiertes oder pulverbeschichtetes Aluminium: Kaum eine Seite im neu erschienenen Herbstkatalog des Philip Morris Design Shops, auf der der silbrig-weiße Werkstoff fehlt. Kaum eine Möbelmesse ohne die Flexibilität und Leichtigkeit von Aluminiumkonstruktionen. Aber im Vergleich mit Klassikern der sechziger Jahre wie die Splügen-Bräu-Lampe der Gebrüder Castiglioni und die Aluminiumsessel des Designerpaares Charles und Ray Eames hat die Aluware heutzutage nicht mehr die Anmut revolutionärer Kultobjekte.
Der Produktanspruch von Alufelgen und Knoblauchpressen, Gemüseschälern oder Spätzlepressen aus Aluminiumdruckguß bestimmt das (De-)Sein. Das Material wird nurmehr im Kleingedruckten erwähnt und strotzt vor – mal glänzender, mal mattierter – Banalität, die sich als Präsent stets gut macht, weil man nicht auf alle Ewigkeit nur Alessi-Alberei aus Plaste und Edelstahl verschenken kann – hat ja auch schon fast jeder. Dann vielleicht stattdessen Philippe Starcks wabbelige Aluminiumoxydgußfigur „Dédé“, bei der man selbst im Hause Philip Morris etwas unschlüssig ist, ob sie nun als Briefbeschwerer, Buchstütze oder Türstopper Staub fangen soll – aber 380 Mark darf so etwas ruhig kosten.
Mein Aluminium ist von ganz anderer Natur. Bekennt sich zu seiner antiken Bedeutung in Form der Alaunerde und zum Fortschrittsmythos des 19. Jahrhunderts, als das Element mit der Ordnungszahl 13 erstmals per Elektrolyse aus Bauxit gewonnen wurde. Und existiert nicht im Einklang mit Feldspat und Glimmer, als relevanter Bestandteil unserer Erdkruste, um dann letztendlich im Flur als Hutständer zu enden. Mein Aluminium hat ein Gesicht. Auf dem Boden steht die Herstellerangabe Faymont, mit einem Stern über dem M. Der Griff ist mit drei Nieten befestigt, die mich bei Aluminium- und Kupfergeschirr immer daran erinnern, daß Kochen und Kochwerkzeug noch etwas mit Handwerk und Schmieden zu tun hat.
Der Rand hat etwas unperfektes, individuelles, nicht, weil der Hersteller unfähig gewesen wäre, einen runden Topf zu fabrizieren, sondern weil das Leichtmetall verformbar ist, bei jeder Nutzung, jedem Kochgang Dellen, Wellen abkriegt, wie sie Foodstylisten lieben, die ein Rezept illustrieren müssen und die Küche lebendig wirken lassen wollen. Im Einsatz auf der Elektroherdplatte ist so ein schiefes, krummes, unebenes, wackliges, zerkratztes Pfännchen unbrauchbar, reines Aluminium das absolute Gegenteil zum raffinierten, auch Aluminium enthaltenen Sandwichboden. Beim klassischen Espressokocher, dieser Alu-Schraubkanne mit ihrem schmalen Boden und dem soliden Mittelpunkt, bekommt man auch auf der Stromplatte einen schönen kleinen Braunen. Aber sonst ist das Material nur etwas für Gashaushalte.
Und für ehemalige Gashaushalte – denn einen Alutopf schmeißt man nicht weg. Nicht nur, weil er mütterliche Weichheit und Wärme, Zeitläufte, ersten Milchreis und Nudeln verkörpert, sondern weil er intime Einblicke gewährt. Aluminium reagiert und verfärbt, verformt sich im Kontakt mit anderen Stoffen, wird dann „unansehnlich“, wie die Haushaltsmullahs von Manufactum herummäkeln, weshalb das Waltroper Versandhaus nur porendicht eloxierte, das heißt: gehärtete Aluminiumpfannen aus Israel anbietet.
Ich blicke lieber ganz tief und lang in meine französische und italienische Weichware und zähl' die Löcher, sehe Flecken, Schlieren, Verunreinigungen, Verfärbungen wie bei einem Menschen, dessen Muttermale, Poren, Narben, Flaum man betrachtet, studiert, liebt.
Wolfram Siebeck schimpft solches Kochgeschirr „zerbeulte Pfadfinderausrüstung“ und läßt als Anhänger schwerer Töpfe und Pfannen unter „Zaubereien in Alu“ gerade mal in Folie gegarten Seewolf gelten. Doch dank der extrem hohen Temperaturleitfähigkeit, der Bezahlbarkeit und der pragmatischen, puristischen Anmutung ist Aluminiumgeschirr nicht mehr nur in der Gastronomie, sondern zunehmend auch in Privathaushalten gefragt, in denen man noch mit Gas kocht, und daher gerade auch in Berlin. Zumal inzwischen widerlegt ist, daß das lebensmittelechte, geruchs- und geschmacksneutrale Aluminium mit seinem Reinheitsgrad von 99,5 Prozent beim Kochvorgang Partikel freisetzte, die sich im Hirn anreichern und Alzheimer auslösen.
Zur Unbedenklichkeitsbescheinigung kommt der High-tech-Nimbus eines Werkstoffes, der nicht nur Flugzeuge formt, den Computern von Fujitsu bessere Wärmeableitung gewährt, den Audi A 8 versteift und das Cockpit im neuen Alfa Spider matt schimmern läßt, sondern auf einzigartige Art und Weise exotisch wirkt, obwohl es ihn in seiner industriellen Anwendung schon 144 Jahre gibt. Und das Alugeschirr in der Küche scheint mindestens genauso alt zu sein, denn selbst neu erworben sieht der Pastakocher nach zwei, drei Anwendungen wie ererbt aus.
Diese Ambivalenz aus modernem, funktionalem Element und schicker, sinnlicher Patina propagiert auch Coledampf's Küchenladen, wo die Aluriege mit einem knappen, museumsreifen „Spätes 20. Jahrhundert“ beworben und von den Wilmersdorfern wie wild gekauft wird.
Das Sortiment italienischer Profitöpfe reicht dort von der kleinen Stielkasserolle bis zum 85-Liter-Monstrum, die allesamt für die Gastronomie produziert werden und im Preis sogar Tchibo unterbieten. Der typische Erstkäufer will meist nur Urlaubserinnerungen mit einem mediterranen Fischkessel auffrischen oder für sein Party-Chili ein großes, billiges One-Night-Behältnis erwerben. Dann wird der Flirt zur Abhängigkeit, Alu zum Kult. Nicht nur für die eigene Küche, sondern auch als Geschenk. Wie jener dreifüßige Gemüseseiher im Oma-Look, den Coledampf's-Geschäftsführer Andreas Langholtz am laufenden Band verkauft und in dem man einen Yorkshire-Terrier baden könnte.
Womit wir auch fast schon zwei Ecken weiter in der Fasanenstraße wären, in der der Tanz ums Aluminium, die Fortschrittlichkeit mit Retro-Elementen noch weit verfeinertere Formen annimmt. „Aluminium“ taufte Bulgari seinen neuen, überaus sportlichen Chronometer, dessen Kautschuk-Aluminium-Konstrukt mit 2600 bis 2900 Mark zu bezahlen ist. Der Rückgriff aufs Aluminium, der bei der Swatch-Irony nur Sammler interessieren mochte, und bei Manufactums Dreißiger-Jahre-Wanduhr für robust-elegante Tradition steht, wird in der Hand der italienischen Nobeljuweliere zur grenzüberschreitenden Provokation, zur alchimistischen Philosophiererei, bei der die Namensgebung und das damit verbundene Bekenntnis fast schon wichtiger scheint als das wirklich verarbeitete Element. Statt edlerer Metalle und Verbundstoffe verkörpert Aluminium für den Bulgari-Clan die raffinierte und zugleich schlichte Ästhetik des neuen Jahrtausends. Und wenn es ein italienisches Millennium wird, kann es nur gut werden.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 30. August 1998 im „Tagesspiegel“ und wurde – ohne daß ich ihn eingereicht hätte – beim Journalisten-Wettbewerb der Aluminium-Zentrale mit einem 3. Preis ausgezeichnet.
Der Produktanspruch von Alufelgen und Knoblauchpressen, Gemüseschälern oder Spätzlepressen aus Aluminiumdruckguß bestimmt das (De-)Sein. Das Material wird nurmehr im Kleingedruckten erwähnt und strotzt vor – mal glänzender, mal mattierter – Banalität, die sich als Präsent stets gut macht, weil man nicht auf alle Ewigkeit nur Alessi-Alberei aus Plaste und Edelstahl verschenken kann – hat ja auch schon fast jeder. Dann vielleicht stattdessen Philippe Starcks wabbelige Aluminiumoxydgußfigur „Dédé“, bei der man selbst im Hause Philip Morris etwas unschlüssig ist, ob sie nun als Briefbeschwerer, Buchstütze oder Türstopper Staub fangen soll – aber 380 Mark darf so etwas ruhig kosten.
Mein Aluminium ist von ganz anderer Natur. Bekennt sich zu seiner antiken Bedeutung in Form der Alaunerde und zum Fortschrittsmythos des 19. Jahrhunderts, als das Element mit der Ordnungszahl 13 erstmals per Elektrolyse aus Bauxit gewonnen wurde. Und existiert nicht im Einklang mit Feldspat und Glimmer, als relevanter Bestandteil unserer Erdkruste, um dann letztendlich im Flur als Hutständer zu enden. Mein Aluminium hat ein Gesicht. Auf dem Boden steht die Herstellerangabe Faymont, mit einem Stern über dem M. Der Griff ist mit drei Nieten befestigt, die mich bei Aluminium- und Kupfergeschirr immer daran erinnern, daß Kochen und Kochwerkzeug noch etwas mit Handwerk und Schmieden zu tun hat.
Der Rand hat etwas unperfektes, individuelles, nicht, weil der Hersteller unfähig gewesen wäre, einen runden Topf zu fabrizieren, sondern weil das Leichtmetall verformbar ist, bei jeder Nutzung, jedem Kochgang Dellen, Wellen abkriegt, wie sie Foodstylisten lieben, die ein Rezept illustrieren müssen und die Küche lebendig wirken lassen wollen. Im Einsatz auf der Elektroherdplatte ist so ein schiefes, krummes, unebenes, wackliges, zerkratztes Pfännchen unbrauchbar, reines Aluminium das absolute Gegenteil zum raffinierten, auch Aluminium enthaltenen Sandwichboden. Beim klassischen Espressokocher, dieser Alu-Schraubkanne mit ihrem schmalen Boden und dem soliden Mittelpunkt, bekommt man auch auf der Stromplatte einen schönen kleinen Braunen. Aber sonst ist das Material nur etwas für Gashaushalte.
Und für ehemalige Gashaushalte – denn einen Alutopf schmeißt man nicht weg. Nicht nur, weil er mütterliche Weichheit und Wärme, Zeitläufte, ersten Milchreis und Nudeln verkörpert, sondern weil er intime Einblicke gewährt. Aluminium reagiert und verfärbt, verformt sich im Kontakt mit anderen Stoffen, wird dann „unansehnlich“, wie die Haushaltsmullahs von Manufactum herummäkeln, weshalb das Waltroper Versandhaus nur porendicht eloxierte, das heißt: gehärtete Aluminiumpfannen aus Israel anbietet.
Ich blicke lieber ganz tief und lang in meine französische und italienische Weichware und zähl' die Löcher, sehe Flecken, Schlieren, Verunreinigungen, Verfärbungen wie bei einem Menschen, dessen Muttermale, Poren, Narben, Flaum man betrachtet, studiert, liebt.
Wolfram Siebeck schimpft solches Kochgeschirr „zerbeulte Pfadfinderausrüstung“ und läßt als Anhänger schwerer Töpfe und Pfannen unter „Zaubereien in Alu“ gerade mal in Folie gegarten Seewolf gelten. Doch dank der extrem hohen Temperaturleitfähigkeit, der Bezahlbarkeit und der pragmatischen, puristischen Anmutung ist Aluminiumgeschirr nicht mehr nur in der Gastronomie, sondern zunehmend auch in Privathaushalten gefragt, in denen man noch mit Gas kocht, und daher gerade auch in Berlin. Zumal inzwischen widerlegt ist, daß das lebensmittelechte, geruchs- und geschmacksneutrale Aluminium mit seinem Reinheitsgrad von 99,5 Prozent beim Kochvorgang Partikel freisetzte, die sich im Hirn anreichern und Alzheimer auslösen.
Zur Unbedenklichkeitsbescheinigung kommt der High-tech-Nimbus eines Werkstoffes, der nicht nur Flugzeuge formt, den Computern von Fujitsu bessere Wärmeableitung gewährt, den Audi A 8 versteift und das Cockpit im neuen Alfa Spider matt schimmern läßt, sondern auf einzigartige Art und Weise exotisch wirkt, obwohl es ihn in seiner industriellen Anwendung schon 144 Jahre gibt. Und das Alugeschirr in der Küche scheint mindestens genauso alt zu sein, denn selbst neu erworben sieht der Pastakocher nach zwei, drei Anwendungen wie ererbt aus.
Diese Ambivalenz aus modernem, funktionalem Element und schicker, sinnlicher Patina propagiert auch Coledampf's Küchenladen, wo die Aluriege mit einem knappen, museumsreifen „Spätes 20. Jahrhundert“ beworben und von den Wilmersdorfern wie wild gekauft wird.
Das Sortiment italienischer Profitöpfe reicht dort von der kleinen Stielkasserolle bis zum 85-Liter-Monstrum, die allesamt für die Gastronomie produziert werden und im Preis sogar Tchibo unterbieten. Der typische Erstkäufer will meist nur Urlaubserinnerungen mit einem mediterranen Fischkessel auffrischen oder für sein Party-Chili ein großes, billiges One-Night-Behältnis erwerben. Dann wird der Flirt zur Abhängigkeit, Alu zum Kult. Nicht nur für die eigene Küche, sondern auch als Geschenk. Wie jener dreifüßige Gemüseseiher im Oma-Look, den Coledampf's-Geschäftsführer Andreas Langholtz am laufenden Band verkauft und in dem man einen Yorkshire-Terrier baden könnte.
Womit wir auch fast schon zwei Ecken weiter in der Fasanenstraße wären, in der der Tanz ums Aluminium, die Fortschrittlichkeit mit Retro-Elementen noch weit verfeinertere Formen annimmt. „Aluminium“ taufte Bulgari seinen neuen, überaus sportlichen Chronometer, dessen Kautschuk-Aluminium-Konstrukt mit 2600 bis 2900 Mark zu bezahlen ist. Der Rückgriff aufs Aluminium, der bei der Swatch-Irony nur Sammler interessieren mochte, und bei Manufactums Dreißiger-Jahre-Wanduhr für robust-elegante Tradition steht, wird in der Hand der italienischen Nobeljuweliere zur grenzüberschreitenden Provokation, zur alchimistischen Philosophiererei, bei der die Namensgebung und das damit verbundene Bekenntnis fast schon wichtiger scheint als das wirklich verarbeitete Element. Statt edlerer Metalle und Verbundstoffe verkörpert Aluminium für den Bulgari-Clan die raffinierte und zugleich schlichte Ästhetik des neuen Jahrtausends. Und wenn es ein italienisches Millennium wird, kann es nur gut werden.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 30. August 1998 im „Tagesspiegel“ und wurde – ohne daß ich ihn eingereicht hätte – beim Journalisten-Wettbewerb der Aluminium-Zentrale mit einem 3. Preis ausgezeichnet.
Montag, 19. April 2010
„Ronin“
Manchmal braucht es einen Altmeister auf dem Regiestuhl: wer sonst besäße den Starrsinn und die Erfahrung, den steten Kulissenwechsel zwischen Paris, der Côte d'Azur und der Provence, eine explosive Story von Handlungsreisenden in Sachen Tod und das Potential solcher Überschauspieler wie Robert De Niro und Jean Reno wirkungslos verpuffen zu lassen? Da kann man doch nicht völlig falsch liegen, mag sich der Zuschauer erwartungsfroh denken. John Frankenheimer belehrt ihn 118 öde Minuten lang eines Besseren.
Robert De Niro füllt die Leinwand aus, er läßt sie buchstäblich explodieren. Doch statt Ausdruck und Gefühl knallt in „Ronin“ nur die Pyrotechnik: Gleich dutzendweise werden Passanten massakriert, Autos zertrümmert und als kürzeste Verbindung zwischen diesen beiden Leitmotiven eine Verfolgungsjagd an die andere gereiht. Unter der Hochbahn, durch den Tunnel, in der Altstadt – so altbacken und redundant wurde schon lange nicht mehr Gummi gegeben.
Frei von jeglicher Spannung oder Selbstironie, detailverliebt bis zur Langeweile ist der konfuse Terroristencocktail gebraut: Sechs freiberufliche Agenten, vom Maisstengel rauchenden Franzosen bis zum Robotron-Deutschen, werden zum multinationalen Action-Team zusammengeschweißt, um der Russen-Mafia einen mysteriösen Koffer abzuluchsen, während Verräter, IRA und CIA für zusätzliche Verwirrung sorgen.
Frankenheimer havariert mit seinem amerikanisch-japanisch-europäischen Gefüge, das ein Mißgriff kontinentalen Ausmaßes bleibt. So wird der Film nur in den Klatschspalten Aufmerksamkeit erregen. Dank Katarina Witts Kurzauftritt als dahingemeuchelte Eisprinzessin und De Niros Ungemach während des Drehs: „Ronin“ war die Produktion, während der die französische Polizei De Niro festnahm, um ihn zur Aussage über einen Callgirl-Ring zu zwingen. Selbst das Drumherum ist prickelnder als das Werk an sich.
Dieser Text erschien unter meinem Pseudonym Fredi Hallenberger in der „Berliner Morgenpost“ vom 3. Dezember 1998
Robert De Niro füllt die Leinwand aus, er läßt sie buchstäblich explodieren. Doch statt Ausdruck und Gefühl knallt in „Ronin“ nur die Pyrotechnik: Gleich dutzendweise werden Passanten massakriert, Autos zertrümmert und als kürzeste Verbindung zwischen diesen beiden Leitmotiven eine Verfolgungsjagd an die andere gereiht. Unter der Hochbahn, durch den Tunnel, in der Altstadt – so altbacken und redundant wurde schon lange nicht mehr Gummi gegeben.
Frei von jeglicher Spannung oder Selbstironie, detailverliebt bis zur Langeweile ist der konfuse Terroristencocktail gebraut: Sechs freiberufliche Agenten, vom Maisstengel rauchenden Franzosen bis zum Robotron-Deutschen, werden zum multinationalen Action-Team zusammengeschweißt, um der Russen-Mafia einen mysteriösen Koffer abzuluchsen, während Verräter, IRA und CIA für zusätzliche Verwirrung sorgen.
Frankenheimer havariert mit seinem amerikanisch-japanisch-europäischen Gefüge, das ein Mißgriff kontinentalen Ausmaßes bleibt. So wird der Film nur in den Klatschspalten Aufmerksamkeit erregen. Dank Katarina Witts Kurzauftritt als dahingemeuchelte Eisprinzessin und De Niros Ungemach während des Drehs: „Ronin“ war die Produktion, während der die französische Polizei De Niro festnahm, um ihn zur Aussage über einen Callgirl-Ring zu zwingen. Selbst das Drumherum ist prickelnder als das Werk an sich.
Dieser Text erschien unter meinem Pseudonym Fredi Hallenberger in der „Berliner Morgenpost“ vom 3. Dezember 1998
Sonntag, 18. April 2010
Wochenplan
Vernissage Neo Rauch / Pinakothek der Moderne, Pressevorführungen „Die Eleganz der Madame Michel“ und „Der Andere – The other man“, Press Day Patrick Mohr und f.rau, Kodak Wohnzimmer, Dan Puric / Black Box, Agnes Obel / Cord Club, Preisverleihung „Kunstrasen“ / Glockenbachwerkstatt, Pressekonferenz DOK.fest / Filmmuseum, Le château en couleur / Isabella 32, Cold Shoulder to Cry On / Kammerspiele
(Neo Rauch | Das Blaue, 2006, Foto: Uwe Walter, Courtesy Galerie EIGEN + ART, Berlin und David Zwirner, New York © VG Bild-Kunst, Bonn 2010)
(Neo Rauch | Das Blaue, 2006, Foto: Uwe Walter, Courtesy Galerie EIGEN + ART, Berlin und David Zwirner, New York © VG Bild-Kunst, Bonn 2010)
Samstag, 17. April 2010
Urlaub in Berlin (1998)
Heimat, so sagt man, ist da, wo man nie ins Museum geht. Wo man den Tierpark nicht besucht und den Fernsehturm nur von unten kennt. So betrachtet, fällt es nicht schwer, ein Berliner zu sein. Gerade, wenn man erst als Erwachsener zugezogen ist, und der Phalanx der Museen, Parks und Sehenswürdigkeiten, der Wannseebootsfahrt und Funkturmbesteigung niemals en famille oder im Klassenrudel ausgeliefert war. Nun bliebe einem alle Zeit, Berlins Pretiosen irgendwann einmal kennenzulernen, denn (vielleicht mit Ausnahme des Palasts der Republik): Alle diese schönen Steinquader und Zierwiesen, Breughels und Dampfmaschinen würden morgen noch da sein, ich würde auch noch da sein, warum sich also heute damit beschäftigen, im Wust von Arbeit und Alltagstrott, Tête-à-têtes und Verpflichtungen? Keine Zeit? Nein, allezeit könnte man sich dem widmen und damit irgendwann, nie. Und sich weiter geschlossenen Auges heimisch fühlen.
Dann waren plötzlich Ferien. Urlaub in Berlin statt einer Abenteuertour, Schnäppchenreise oder Lebemanns Städtetrip zwischen Grand Palais und Croisette. Zuhause geblieben, weil potentielle Reiseziele in Israel oder am Schwarzen Meer von diesem Provinzflughafen aus nur bei ausreichender Vorplanung bezahlbar, wenn überhaupt erreichbar sind. Möglicherweise auch die Selbstbeschränkung auf das Pauschalarrangement Balkonien-Berlin-Brandenburg, um Geld zu sparen. Vor allem aber, um den verplanten Arbeitsmonaten nicht eine ebenso generalstabsmäßig arrangierte Urlaubswoche entgegenzusetzen. Einfach mal hierbleiben, nichts planen, nichts tun. Schlichtweg Urlaub in Berlin machen.
Hin und wieder grenzen Wunder an Wahnsinn – oder kleine Verrücktheiten wie jener, sich an einem frühen Abend an den Kurfürstendamm hinzustellen. Ein Donnerstag oder Freitag sollte es sein, zwischen 19 Uhr 30 und 20 Uhr 30, zu der Stunde, da die Einkaufsbummler noch beim Shoppen sind, die Übereifrigen gerade eben erst aus den Büros strömen, die ersten Kinogänger zu den Filmpalästen streben, die letzten Theaterbesucher in die Komödie eilen oder ins Theater des Westens, Restaurants sich füllen und die Zeitungsverkäufer Position beziehen. Da, zwischen den Schlagzeilen von morgen und den letzten Erledigungen von heute, öffnet sich einem die Stadt, vermeint man, ihren Herzschlag zu spüren.
Dabei darf man keineswegs mitpulsieren, Fußmärsche absolvieren, einen Schaufensterbummel machen oder sich gar ins Café setzen und damit distanziert abtauchen. Einfach stehenbleiben, auf einer Höhe mit den Passanten, Flaneuren, Bummlern, warten und den Strom an sich vorbeiziehen lassen, ein Bad in der Menge nehmen. Sich Zeit nehmen für Berlin und seine Menschen, Gästen wie Einwohnern.
Sie werden sich in diese Stadt verlieben, ein Berlin entdecken, spüren, das weit schicker, charmanter und besser gelaunt ist, als die Presse sonst immer behauptet. Und selbst die schmuddelige Teilmenge als ehrlich, schlicht, authentisch erleben, als Teil eines Ganzen.
Für Salomon's Bagel ist es jetzt zu spät. Aber an einem anderen Tag, wenn man sich in die Boutiquen, Kaufhäuser und Flagshops hineinwühlt, von den klassischen Klängen in King's Teagarden zum Housebeat bei Diesel treiben läßt, Hallhuber und GAP erobert, nicht um seinen Wäscheschrank aufzufüllen, sondern um zu sehen und zu fühlen, welche Schnitte, Stoffe, Farben in der nächsten Saison angesagt sind, um zu erleben, wer in Berlin so alles als Verkäufer, Verkaufsberater, Modeconsultant jobbt, arbeitet, sich selbst verwirklicht, und vor allem, um den Verpackungskünstlern von Esprit bei ihrem bunten Treiben zuzusehen, nach ein paar Stunden zwischen Tauentzien und Kurfürstendamm sollte man sich zu Salomon's Bagel in die Joachimsthaler Straße retten und auswählen: Ob man nun lieber einen süßen, fruchtigen Bagel (Erdbeer!) haben will oder doch eher klassisch (mit Lox & Cream). Ob man auf dem Podest im Schneidersitz von Marrakesch träumen, mit netten Globetrottern ins Gespräch kommen oder zu einer Studentenfete am Siegmunds-Hof eingeladen werden möchte.
Sich treiben lassen. Das fällt leichter, wenn man sich die Stadt zu Fuß erobert (würde man es in Prag, Rom oder London anders machen?). Täglich den Bezirk wechselt. Eingefahrene Wege verläßt. Und dafür jeden Tag meint, sich in einer neuen Stadt, einem neuen Land zu befinden. Auf den wenigen Metern zwischen Gendarmenmarkt und der Museumsinsel kann man in der menschenleeren blauen Stunde Zwiesprache mit den geschichtsträchtigen Jahrhunderten halten und ihren kapitalen kontinentalen Zauber spüren, gerade wenn der unvermeidliche Saxophonspieler mal nicht auf der Friedrichsbrücke steht.
Ost, Süd-Ost dagegen am Maybachufer, wenn Dienstag und Freitag mittag der Markt beginnt. Indienfahrer mit ihren Räucherstäbchen, türkische Marktleute, russische Großfamilien, Kreuzberger Fundis, polnische Autohändler und der Trommelwirbel eines grünen Wahlkampftrupps. Stunden kann man in der Ankerklause an der Kottbusser Brücke vertrödeln, mexikanisch frühstücken, dem orientalischen Markttreiben zusehen, den Pariser cheap chic von Tati gegenüber im Blickwinkel haben, kaum ein Wort Deutsch hören und vollkommen vergessen, ob man nun in Istanbul, Paris oder doch nur zwischen Neukölln und Kreuzberg weilt.
Sein ganz persönliches Sylt findet man im Zoo, dieser zweifelhaften Vergnügungsstätte, die man mit einem schlechten Gewissen betritt und meist im kindischen Geisteszustand wieder verläßt. Eingesperrte Tiere bleiben, was sie sind – so viel Mühe sich auch jede Tiergartenverwaltung geben mag. Und der Hospitalismus all der geschundenen Kreaturen läßt sich auch im Zoo nicht übersehen.
Doch dann wird das Mitleid durch ganz andere Gefühle abgelöst, hinter dem neurotischen Hin und Her das Lebewesen entdeckt. Es fröstelt einen, wenn man der Raubkatze ins Auge blickt, im Affenhaus kommen brüderliche Gefühle auf und angesichts des nur durch eine Glasscheibe von uns getrennten Nilpferdbabys fühlt man sich mindestens ebenso tapsig, treudoof, toll. Dann noch zum Tierkinderzoo, wie man dort die in Großstädten überlebenswichtige therapeutische Einrichtung eines Streichelgeheges nennt, wo keineswegs nur Gören noch leibhaftige Haustiere sehen, streicheln, herzen und sogar füttern dürfen.
Unmittelbar dahinter liegt die Strandvogelvoliere, das kleine Charlottenburger Seeidyll. Ich weiß nicht mehr, ob das nun Seeschwalben, Goldammern oder irgendwelche Strandläufer waren, da ich urlaubsbedingt ganz ohne Reporterblock das Vogelparadies genossen habe. Mit Sicherheit kann ich mich aber an kein abgeschiedeneres, kein romantischeres Plätzchen in unmittelbarer City-Lage erinnern. Vormittags und nachmittags soll eine sedative Wellenanlage in Betrieb sein, mir hat bei meinen Besuchen am frühen Abend die Bewegung der Vogelkolonie völlig genügt. Man betritt die Voliere, nimmt auf Tuchfühlung mit den Tieren Platz und hat ein fesselndes Programm vor Augen: Dallas auf der Düne, ein verästeltes Balz-, Kampf-, Sozialverhalten, in dem man rasch kurz- und lang-, rot- und schwarzschnabelige Arten unterscheidet, und dann bei all den Flugmanövern, Tauchgängen und Sandspielen allmählich auch Jung und Alt, Chef und Mitläufer, Sammler und Saboteure identifiziert.
Nahezu ebenso spannend kann ein Abend, der Donnerstagabend im Far Out sein, der altgedienten Ku'damm-Disco neben der Schaubühne, die ich nach zwölfjähriger Pause wiederbetreten habe, wie ein Tourist an eine Stätte früherer Vergnügungen zurückkehrt. Die Mas und Swamis haben die gleiche Metamorphose durchgemacht, wie sie unberührten Strandabschnitten und ländlichen Geheimtips widerfährt – man selbst ist auch nicht vor Erleuchtung strahlend geblieben, geschweige denn jünger geworden.
Aber es bleibt noch immer Berlins einziger Club, vor dessen Einlaß man gern, weil entspannt und in freundlicher Gesellschaft Schlange steht. Das Barpersonal setzt seinen besorgten Blick auf, wenn man Wodka pur ordert. Und die Gäste sind jung, gut gelaunt, international gemischt, promiskuitiv – eben all das, was man sich im Urlaub wünscht. Nur der DJ will einen mit Gewalt an neudeutsche Tugenden erinnern und legt Guildo Horn auf.
Beim Thema Jugendkult bietet sich auch die Gelegenheit an, nicht nur wie auf einer Reise das Fremde in der eigenen Stadt zu suchen, sondern die typische Szene, das konzentrierte Berlin zu erleben, wie es sich jeden ersten Sonntag im Monat im Glashaus der Treptower Arena ergibt. Beim Marlboro US Breakfast Club versammelt sich zwischen 11 und 17 Uhr alles, was vom Saturday Night Fever übrig geblieben ist oder schon wieder bei Sinnen ist, Berufsjugendliche und Tag- & Nachtschwärmer, die zum Brunch schon aufpushende Beats hören und vielleicht sogar dazu tanzen wollen. Das passende, kompromißlos individualistisch komponierte Outfit findet man vielleicht auf dem Flohmarkt nebenan.
In welche Kategorie fallen nun die Museen? Fremde oder Heimat? War es der lang aufgeschobene lokale Pflichttermin, endlich auch einmal den Hamburger Bahnhof und die Sammlung Berggruen abzuhaken, da der bildungsbürgerliche Stoßverkehr nachgelassen hat? Oder war es nicht viel eher ein Entweichen in andere Dimensionen? Der Hamburger Bahnhof: ein einziges Déjà-vu mit Namen, Serien, Arbeiten, wie man sie im letzten Jahr, im letzten Monat, letztendlich immer wieder in Köln, Chicago, München gesehen hat.
Der Stülerbau dagegen wie eines dieser kleinen, verwunschenen Privatmuseen, wo man sich gar keinen Massenandrang vorstellen kann, und sich nicht in einen Picasso, Giacometti oder Matisse verliebt, sondern in eine grüne Allee, einen Farbrausch, eine Silhouette, bei der man sich vornimmt, auch nach dem Urlaub einmal die Woche wiederzukehren und inne zu halten.
Wie man auch mittags in die Ankerklause statt in die Kantine gehen wollte oder zu den Strandvögeln. Fromme Wünsche, keine Zeit, allezeit. Aber diesen Herbst mache ich wieder Urlaub zwischen Pavianfelsen und Plötzensee.
Dieser Text erschien erstmals im „Tagesspiegel“ vom 2. August 1998 unter der Überschrift „Schick, charmant und gutgelaunt – Wie ein Berliner Berlin lieben lernt“ und wurde in einer von mir leicht gekürzten Fassung im „Sympathie Magazin“ zum Thema „Tourismus verstehen“ 1999 nachgedruckt. Auch wenn einige darin beschriebene Institutionen und Läden umgezogen sind, ersetzt wurden oder wie das Far Out, GAP oder Tati nicht mehr in Berlin existieren, habe ich diese Woche während meines Besuchs der re:publica viele Stimmungsmomente hie und da wiederfinden können.
(Foto: Henrik Jordan)
Dann waren plötzlich Ferien. Urlaub in Berlin statt einer Abenteuertour, Schnäppchenreise oder Lebemanns Städtetrip zwischen Grand Palais und Croisette. Zuhause geblieben, weil potentielle Reiseziele in Israel oder am Schwarzen Meer von diesem Provinzflughafen aus nur bei ausreichender Vorplanung bezahlbar, wenn überhaupt erreichbar sind. Möglicherweise auch die Selbstbeschränkung auf das Pauschalarrangement Balkonien-Berlin-Brandenburg, um Geld zu sparen. Vor allem aber, um den verplanten Arbeitsmonaten nicht eine ebenso generalstabsmäßig arrangierte Urlaubswoche entgegenzusetzen. Einfach mal hierbleiben, nichts planen, nichts tun. Schlichtweg Urlaub in Berlin machen.
Hin und wieder grenzen Wunder an Wahnsinn – oder kleine Verrücktheiten wie jener, sich an einem frühen Abend an den Kurfürstendamm hinzustellen. Ein Donnerstag oder Freitag sollte es sein, zwischen 19 Uhr 30 und 20 Uhr 30, zu der Stunde, da die Einkaufsbummler noch beim Shoppen sind, die Übereifrigen gerade eben erst aus den Büros strömen, die ersten Kinogänger zu den Filmpalästen streben, die letzten Theaterbesucher in die Komödie eilen oder ins Theater des Westens, Restaurants sich füllen und die Zeitungsverkäufer Position beziehen. Da, zwischen den Schlagzeilen von morgen und den letzten Erledigungen von heute, öffnet sich einem die Stadt, vermeint man, ihren Herzschlag zu spüren.
Dabei darf man keineswegs mitpulsieren, Fußmärsche absolvieren, einen Schaufensterbummel machen oder sich gar ins Café setzen und damit distanziert abtauchen. Einfach stehenbleiben, auf einer Höhe mit den Passanten, Flaneuren, Bummlern, warten und den Strom an sich vorbeiziehen lassen, ein Bad in der Menge nehmen. Sich Zeit nehmen für Berlin und seine Menschen, Gästen wie Einwohnern.
Sie werden sich in diese Stadt verlieben, ein Berlin entdecken, spüren, das weit schicker, charmanter und besser gelaunt ist, als die Presse sonst immer behauptet. Und selbst die schmuddelige Teilmenge als ehrlich, schlicht, authentisch erleben, als Teil eines Ganzen.
Für Salomon's Bagel ist es jetzt zu spät. Aber an einem anderen Tag, wenn man sich in die Boutiquen, Kaufhäuser und Flagshops hineinwühlt, von den klassischen Klängen in King's Teagarden zum Housebeat bei Diesel treiben läßt, Hallhuber und GAP erobert, nicht um seinen Wäscheschrank aufzufüllen, sondern um zu sehen und zu fühlen, welche Schnitte, Stoffe, Farben in der nächsten Saison angesagt sind, um zu erleben, wer in Berlin so alles als Verkäufer, Verkaufsberater, Modeconsultant jobbt, arbeitet, sich selbst verwirklicht, und vor allem, um den Verpackungskünstlern von Esprit bei ihrem bunten Treiben zuzusehen, nach ein paar Stunden zwischen Tauentzien und Kurfürstendamm sollte man sich zu Salomon's Bagel in die Joachimsthaler Straße retten und auswählen: Ob man nun lieber einen süßen, fruchtigen Bagel (Erdbeer!) haben will oder doch eher klassisch (mit Lox & Cream). Ob man auf dem Podest im Schneidersitz von Marrakesch träumen, mit netten Globetrottern ins Gespräch kommen oder zu einer Studentenfete am Siegmunds-Hof eingeladen werden möchte.
Sich treiben lassen. Das fällt leichter, wenn man sich die Stadt zu Fuß erobert (würde man es in Prag, Rom oder London anders machen?). Täglich den Bezirk wechselt. Eingefahrene Wege verläßt. Und dafür jeden Tag meint, sich in einer neuen Stadt, einem neuen Land zu befinden. Auf den wenigen Metern zwischen Gendarmenmarkt und der Museumsinsel kann man in der menschenleeren blauen Stunde Zwiesprache mit den geschichtsträchtigen Jahrhunderten halten und ihren kapitalen kontinentalen Zauber spüren, gerade wenn der unvermeidliche Saxophonspieler mal nicht auf der Friedrichsbrücke steht.
Ost, Süd-Ost dagegen am Maybachufer, wenn Dienstag und Freitag mittag der Markt beginnt. Indienfahrer mit ihren Räucherstäbchen, türkische Marktleute, russische Großfamilien, Kreuzberger Fundis, polnische Autohändler und der Trommelwirbel eines grünen Wahlkampftrupps. Stunden kann man in der Ankerklause an der Kottbusser Brücke vertrödeln, mexikanisch frühstücken, dem orientalischen Markttreiben zusehen, den Pariser cheap chic von Tati gegenüber im Blickwinkel haben, kaum ein Wort Deutsch hören und vollkommen vergessen, ob man nun in Istanbul, Paris oder doch nur zwischen Neukölln und Kreuzberg weilt.
Sein ganz persönliches Sylt findet man im Zoo, dieser zweifelhaften Vergnügungsstätte, die man mit einem schlechten Gewissen betritt und meist im kindischen Geisteszustand wieder verläßt. Eingesperrte Tiere bleiben, was sie sind – so viel Mühe sich auch jede Tiergartenverwaltung geben mag. Und der Hospitalismus all der geschundenen Kreaturen läßt sich auch im Zoo nicht übersehen.
Doch dann wird das Mitleid durch ganz andere Gefühle abgelöst, hinter dem neurotischen Hin und Her das Lebewesen entdeckt. Es fröstelt einen, wenn man der Raubkatze ins Auge blickt, im Affenhaus kommen brüderliche Gefühle auf und angesichts des nur durch eine Glasscheibe von uns getrennten Nilpferdbabys fühlt man sich mindestens ebenso tapsig, treudoof, toll. Dann noch zum Tierkinderzoo, wie man dort die in Großstädten überlebenswichtige therapeutische Einrichtung eines Streichelgeheges nennt, wo keineswegs nur Gören noch leibhaftige Haustiere sehen, streicheln, herzen und sogar füttern dürfen.
Unmittelbar dahinter liegt die Strandvogelvoliere, das kleine Charlottenburger Seeidyll. Ich weiß nicht mehr, ob das nun Seeschwalben, Goldammern oder irgendwelche Strandläufer waren, da ich urlaubsbedingt ganz ohne Reporterblock das Vogelparadies genossen habe. Mit Sicherheit kann ich mich aber an kein abgeschiedeneres, kein romantischeres Plätzchen in unmittelbarer City-Lage erinnern. Vormittags und nachmittags soll eine sedative Wellenanlage in Betrieb sein, mir hat bei meinen Besuchen am frühen Abend die Bewegung der Vogelkolonie völlig genügt. Man betritt die Voliere, nimmt auf Tuchfühlung mit den Tieren Platz und hat ein fesselndes Programm vor Augen: Dallas auf der Düne, ein verästeltes Balz-, Kampf-, Sozialverhalten, in dem man rasch kurz- und lang-, rot- und schwarzschnabelige Arten unterscheidet, und dann bei all den Flugmanövern, Tauchgängen und Sandspielen allmählich auch Jung und Alt, Chef und Mitläufer, Sammler und Saboteure identifiziert.
Nahezu ebenso spannend kann ein Abend, der Donnerstagabend im Far Out sein, der altgedienten Ku'damm-Disco neben der Schaubühne, die ich nach zwölfjähriger Pause wiederbetreten habe, wie ein Tourist an eine Stätte früherer Vergnügungen zurückkehrt. Die Mas und Swamis haben die gleiche Metamorphose durchgemacht, wie sie unberührten Strandabschnitten und ländlichen Geheimtips widerfährt – man selbst ist auch nicht vor Erleuchtung strahlend geblieben, geschweige denn jünger geworden.
Aber es bleibt noch immer Berlins einziger Club, vor dessen Einlaß man gern, weil entspannt und in freundlicher Gesellschaft Schlange steht. Das Barpersonal setzt seinen besorgten Blick auf, wenn man Wodka pur ordert. Und die Gäste sind jung, gut gelaunt, international gemischt, promiskuitiv – eben all das, was man sich im Urlaub wünscht. Nur der DJ will einen mit Gewalt an neudeutsche Tugenden erinnern und legt Guildo Horn auf.
Beim Thema Jugendkult bietet sich auch die Gelegenheit an, nicht nur wie auf einer Reise das Fremde in der eigenen Stadt zu suchen, sondern die typische Szene, das konzentrierte Berlin zu erleben, wie es sich jeden ersten Sonntag im Monat im Glashaus der Treptower Arena ergibt. Beim Marlboro US Breakfast Club versammelt sich zwischen 11 und 17 Uhr alles, was vom Saturday Night Fever übrig geblieben ist oder schon wieder bei Sinnen ist, Berufsjugendliche und Tag- & Nachtschwärmer, die zum Brunch schon aufpushende Beats hören und vielleicht sogar dazu tanzen wollen. Das passende, kompromißlos individualistisch komponierte Outfit findet man vielleicht auf dem Flohmarkt nebenan.
In welche Kategorie fallen nun die Museen? Fremde oder Heimat? War es der lang aufgeschobene lokale Pflichttermin, endlich auch einmal den Hamburger Bahnhof und die Sammlung Berggruen abzuhaken, da der bildungsbürgerliche Stoßverkehr nachgelassen hat? Oder war es nicht viel eher ein Entweichen in andere Dimensionen? Der Hamburger Bahnhof: ein einziges Déjà-vu mit Namen, Serien, Arbeiten, wie man sie im letzten Jahr, im letzten Monat, letztendlich immer wieder in Köln, Chicago, München gesehen hat.
Der Stülerbau dagegen wie eines dieser kleinen, verwunschenen Privatmuseen, wo man sich gar keinen Massenandrang vorstellen kann, und sich nicht in einen Picasso, Giacometti oder Matisse verliebt, sondern in eine grüne Allee, einen Farbrausch, eine Silhouette, bei der man sich vornimmt, auch nach dem Urlaub einmal die Woche wiederzukehren und inne zu halten.
Wie man auch mittags in die Ankerklause statt in die Kantine gehen wollte oder zu den Strandvögeln. Fromme Wünsche, keine Zeit, allezeit. Aber diesen Herbst mache ich wieder Urlaub zwischen Pavianfelsen und Plötzensee.
Dieser Text erschien erstmals im „Tagesspiegel“ vom 2. August 1998 unter der Überschrift „Schick, charmant und gutgelaunt – Wie ein Berliner Berlin lieben lernt“ und wurde in einer von mir leicht gekürzten Fassung im „Sympathie Magazin“ zum Thema „Tourismus verstehen“ 1999 nachgedruckt. Auch wenn einige darin beschriebene Institutionen und Läden umgezogen sind, ersetzt wurden oder wie das Far Out, GAP oder Tati nicht mehr in Berlin existieren, habe ich diese Woche während meines Besuchs der re:publica viele Stimmungsmomente hie und da wiederfinden können.
(Foto: Henrik Jordan)
Freitag, 16. April 2010
Suhrkamp Goes Guerilla
Selbst vollster Körpereinsatz oder vielmehr das CI-gerechte Lackieren meines Fingernagels (Uslu Airlines!) konnte das Projekt nicht mehr retten: Wie aus einem Party-Small-Talk der edition-suhrkamp-shop erwuchs – aber nicht hier in München, sondern nur ohne uns in Berlin.
Montag, 12. April 2010
Sonntag, 11. April 2010
BJV-Papa Stöckel und die unartigen Journalisten
Ein Berufsverband, eine Partei, eine Verwertungsgesellschaft oder all die anderen old boy networks sind ein bißchen wie eine bessere Familie, in die man eingeheiratet hat: Man will, wenn überhaupt, nur jedes zweite Weihnachten mit ihnen verbringen, öfter erträgt man den patriarchalischen Schwiegervater alten Schlags nicht. Aber es beruhigt ungemein, ihn und seine guten Kontakte in der Hinterhand zu wissen, wenn man mal in Schwierigkeiten kommen sollte.
Da ich diese Distanz natürlich tunlichst pflege, konnte ich mich bislang auch kaum über den Bayerischen Journalisten-Verband aufregen. Anders als AZ-Sportchef Gunnar Jans, der sich schon mal öffentlich fragt, wofür er dem Verband jährlich 300 Euro Beitrag zahlt. Oder Christian Jakubetz, der beim BJV „ein ernsthaftes Auseinandersetzen mit der Krise, mit dem großen Umbruch, den wir seit Jahren erleben“ vermißt. Ganz von der neuen Generation Aktiver im BJV zu schweigen, deren konstruktive Kritik immer gleich als Nestbeschmutzung niederkartätscht wird.
Nun war ich neulich aber im Münchner Presseclub, noch so ein Seniorentreff der Wahren, Guten, Aufrechten, wo das hauseigene Magazin, die immer noch aktuelle Ausgabe N° 13, vom März 2009, auslag. Auf Seite 12 eine scheinbar verbandsübliche Philippika des BJV-Vorsitzenden Wolfgang Stöckel. Es geht um Ausbildungsbedingungen, Stellenabbau, Honorardumping, Pressefreiheit, kurzum: „Gefahr für die Demokratie“, was man eben – vollkommen zu Recht – von einer Journalistengewerkschaft hören will. Nur mit einem eigenartigen Zwischenton, bei dem man als BJV-Mitglied dankbar sein kann, daß das in den vergangenen zwölf Monaten offenbar niemandem aufgefallen ist, denn plötzlich wirft Stöckel eher beiläufig Kollegen „gehässigen Kampagnen-Journalismus“ vor und kritisiert, die Medien verließen zunehmend die „Position der fairen und neutralen Berichterstattung“.
Kritische Geister wie Harald Schmidt, Christoph Süß, Oliver Welke oder Oliver Kalkofe: Wer Prominente „ob Olli Kahn oder Horst Seehofer zu lächerlichen Comedy-Helden im Rundfunk macht, der darf sich nicht wundern, wenn die Stimmung umschlägt“. Nur zur Erinnerung: Hier spricht nicht Uli Hoeneß oder ein Adlatus der Staatskanzlei, sondern der oberste Repräsentant bayerischer Journalisten, der den von ihm vertretenen Journalisten aber gleich noch einen einschenkt, in Sachen Autorisierungen.
Jörg Thomann hat ja unlängst für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ auszuloten versucht, woher der Autorisierungswahn Prominenter und deren Manager kommen könnte, wobei es längst nicht mehr nur um die Freigabe von Zitaten geht, sondern zunehmend (Dr. Eckart von Hirschhausen, Kevin-Prince Boateng) um vollständige Artikel. Thomann muß da aber etwas Entscheidendes übersehen haben, denn Stöckel, immerhin primus inter pares, wußte es letztes Jahr schon ganz genau:
„Es sind unsere zum Teil unfairen Interview-Techniken, die dafür gesorgt haben, dass fast kein Gespräch mit Politikern, Wirtschaftsbossen und Prominenten mehr unautorisiert veröffentlicht werden darf.“ Ohne wenn und aber, ohne einschränkendes „es sind auch“, sondern: Wir. Sind. Selber. Schuld. Und nur wir.
Update: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 7. Juli 2008 über den Autorisierungswahn.
Bascha Mika von der „taz“ 2003 über den „Betrug am Leser“.
Da ich diese Distanz natürlich tunlichst pflege, konnte ich mich bislang auch kaum über den Bayerischen Journalisten-Verband aufregen. Anders als AZ-Sportchef Gunnar Jans, der sich schon mal öffentlich fragt, wofür er dem Verband jährlich 300 Euro Beitrag zahlt. Oder Christian Jakubetz, der beim BJV „ein ernsthaftes Auseinandersetzen mit der Krise, mit dem großen Umbruch, den wir seit Jahren erleben“ vermißt. Ganz von der neuen Generation Aktiver im BJV zu schweigen, deren konstruktive Kritik immer gleich als Nestbeschmutzung niederkartätscht wird.
Nun war ich neulich aber im Münchner Presseclub, noch so ein Seniorentreff der Wahren, Guten, Aufrechten, wo das hauseigene Magazin, die immer noch aktuelle Ausgabe N° 13, vom März 2009, auslag. Auf Seite 12 eine scheinbar verbandsübliche Philippika des BJV-Vorsitzenden Wolfgang Stöckel. Es geht um Ausbildungsbedingungen, Stellenabbau, Honorardumping, Pressefreiheit, kurzum: „Gefahr für die Demokratie“, was man eben – vollkommen zu Recht – von einer Journalistengewerkschaft hören will. Nur mit einem eigenartigen Zwischenton, bei dem man als BJV-Mitglied dankbar sein kann, daß das in den vergangenen zwölf Monaten offenbar niemandem aufgefallen ist, denn plötzlich wirft Stöckel eher beiläufig Kollegen „gehässigen Kampagnen-Journalismus“ vor und kritisiert, die Medien verließen zunehmend die „Position der fairen und neutralen Berichterstattung“.
Kritische Geister wie Harald Schmidt, Christoph Süß, Oliver Welke oder Oliver Kalkofe: Wer Prominente „ob Olli Kahn oder Horst Seehofer zu lächerlichen Comedy-Helden im Rundfunk macht, der darf sich nicht wundern, wenn die Stimmung umschlägt“. Nur zur Erinnerung: Hier spricht nicht Uli Hoeneß oder ein Adlatus der Staatskanzlei, sondern der oberste Repräsentant bayerischer Journalisten, der den von ihm vertretenen Journalisten aber gleich noch einen einschenkt, in Sachen Autorisierungen.
Jörg Thomann hat ja unlängst für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ auszuloten versucht, woher der Autorisierungswahn Prominenter und deren Manager kommen könnte, wobei es längst nicht mehr nur um die Freigabe von Zitaten geht, sondern zunehmend (Dr. Eckart von Hirschhausen, Kevin-Prince Boateng) um vollständige Artikel. Thomann muß da aber etwas Entscheidendes übersehen haben, denn Stöckel, immerhin primus inter pares, wußte es letztes Jahr schon ganz genau:
„Es sind unsere zum Teil unfairen Interview-Techniken, die dafür gesorgt haben, dass fast kein Gespräch mit Politikern, Wirtschaftsbossen und Prominenten mehr unautorisiert veröffentlicht werden darf.“ Ohne wenn und aber, ohne einschränkendes „es sind auch“, sondern: Wir. Sind. Selber. Schuld. Und nur wir.
Update: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 7. Juli 2008 über den Autorisierungswahn.
Bascha Mika von der „taz“ 2003 über den „Betrug am Leser“.
Samstag, 10. April 2010
Wochenplan
Berlin, Premiere „Magda“ / International, achtung berlin, re:pl0gbar / St. Oberholz, Pressevorführungen „Women without men“ und „Männer al dente“, Flagshipstore-Opening Fun Factory, re:publica 10, Fashion meets Tech / Tape-Club, filmPOLSKA, Obszön / theARTer, München, DRK-Flohmarkt / Theresienwiese, Frühlingsfest, Les Fleurs du Mal – Blumenfest / Großmarkthalle
(Foto: Szene aus Xawery Żuławskis „Schneeweiß und Russenrot“)
(Foto: Szene aus Xawery Żuławskis „Schneeweiß und Russenrot“)
Eugen Roth: Die neue Bohème
„(...) Nun gibt es in der Tat eine bestimmte Gattung Menschen, die nach Tracht, Haltlosigkeit und Ideologie als Künstlervölkchen bezeichnet werden können; nun brauchen sie in der Tat einen Raum und eine Möglichkeit zu tollen. Aber ihr Dasein, wie ihr Treiben und ihre Bedürfnisse sind von einer grauenhaften schattenhaften Qualität, sie scheinen verdammt, eine Rolle zu spielen, deren Träger schon längst gestorben sind und ein Fraß der Würmer, und Texte zu sprechen, deren Sinn verweht ist, deren Klang aber ein neuer, frecher, untergeschobener ist.
Solange sie keinen Raum haben, verlieren sie sich in einer berechtigten Anonymität in der Welt, die andere Sorgen hat. In der Stunde aber, in der sie sich unter einem Dach versammeln können, gewinnen sie die penetrante Widerlichkeit von Erscheinungen, die um so lauter werden, je fraglicher ihre Wesenhaftigkeit ist. Die »Bohème« vor hundert, vor fünfzig und vor dreißig Jahren war auch nichts anderes als ein Ausdruck des Bürgertums, gegen das sie kämpfte, dem sie entnommen war. Wenn ein Bürger rebellierte, wurde er ein Bohèmien.
Die Gemütlichkeit einer Künstlerkneipe und eines Ateliers war nichts anderes als die gelockerte Gemütlichkeit eines trauten Heims. Es war die Libertinage der Gartenlaube. Die schauderhafte Seligkeit, mit der sich die Bohème dem Alkohol ergab wie dem »Chanson«, dem revolutionären Ideal wie der materiellen Armut als Sport, Zeitvertreib und Manifestation unterschied sich nicht von der Seligkeit, mit der die Väter der Rebellen die silberne Hochzeit feierten und das Jubiläum des zwanzigsten Seitensprungs. Sie waren nur amusisch, die Väter. Sie dichteten nicht dazu. Diese Bohème ist tot.(...)
Etwas anderes aber, wenn (...) sich plötzlich eine »Künstlerkneipe« auftut und ein jedenfalls nützlicher Zigarrenladen geschlossen wird. Der sanfte Modergeruch, der schon jenen Pariser Leichenkammern der Bohème entströmt, vermischt sich in Berlin mit dem Geruch des Asphalts, und die Lustigkeit eines Berliner Künstler-Völkchens vollzieht sich mit der Schnelligkeit des »Tempos«, das schon den bürgerlichen Verkehr in dieser Stadt so arg behindert. Natürlich heißt das Lokal »Die Lunte« - eine vage Beziehung zu einem aktiven Anarchismus, der auch nicht mehr vorhanden ist, der auch schon seine Bomben dem rechten Radikalismus vererbt zu haben scheint.
Das traurigste aber ist - wie in jedem Lokal - das Publikum. Junge Leute, die in fünf Jahren die Buch-, Theater- und Filmkritik an den führenden Tageszeitungen innehaben werden und die heute mit der Wollust, sich arm zu fühlen, ihr Essen selbst vom Küchentisch holen. Dabei schreien sie. So werden sie in fünf Jahren schreiben. Ihr Stil kündigt sich bereits akustisch an. Manche in ledernen Gamaschen, wildledernen Hosen, in einer Art Tscheka-Uniform, die eine, wenn auch entfernte, Beziehung zum Osten anzudeuten scheint, zu einem mißverstandenen, theatralisch gedeuteten.
Hier und dort verstreute Bürgerliche, die gekommen sind, eine »Sehenswürdigkeit« kennenzulernen, und zu der Freude an dieser noch die über die ersparte Reise nach Paris addieren dürfen. Eine Wirtin, die von Natur Zigarren raucht, junge Männer, die dem Sinn der Zeit gemäß, aus Mangel an Begabung nicht etwa Maler geworden sind, sondern z. B. Taxichauffeure, und die eine Atmosphäre demonstrativer Sachlichkeit zu verbreiten entschlossen sind. (...)
All das ergibt zusammen eine laute anspruchsvolle Mischung aus toten Imitationen, ausgeführt von übertriebenen Lebewesen, einer tollen Lustigkeit, die nur als Epitheton ornans vorhanden ist, einer rebellierenden Phrase, die an den Rändern der Weltrevolution herumgestikuliert, einem künstlichen Chaos aus Pappendeckel und entlehnten Kulissen. Es ist selbstverständlich harmlos, und man hätte es nicht nötig, sich darüber aufzuregen - wäre es nicht symptomatisch für die hitzigen Bestrebungen dieser großen Stadt, überall Anleihen zu machen, wo es nicht geht (...) - und all das mit Tempo. Natürlich mit Tempo...“
Eugen Roth, „Die neue Bohème“, Münchner Neueste Nachrichten,
27. Oktober 1929
Solange sie keinen Raum haben, verlieren sie sich in einer berechtigten Anonymität in der Welt, die andere Sorgen hat. In der Stunde aber, in der sie sich unter einem Dach versammeln können, gewinnen sie die penetrante Widerlichkeit von Erscheinungen, die um so lauter werden, je fraglicher ihre Wesenhaftigkeit ist. Die »Bohème« vor hundert, vor fünfzig und vor dreißig Jahren war auch nichts anderes als ein Ausdruck des Bürgertums, gegen das sie kämpfte, dem sie entnommen war. Wenn ein Bürger rebellierte, wurde er ein Bohèmien.
Die Gemütlichkeit einer Künstlerkneipe und eines Ateliers war nichts anderes als die gelockerte Gemütlichkeit eines trauten Heims. Es war die Libertinage der Gartenlaube. Die schauderhafte Seligkeit, mit der sich die Bohème dem Alkohol ergab wie dem »Chanson«, dem revolutionären Ideal wie der materiellen Armut als Sport, Zeitvertreib und Manifestation unterschied sich nicht von der Seligkeit, mit der die Väter der Rebellen die silberne Hochzeit feierten und das Jubiläum des zwanzigsten Seitensprungs. Sie waren nur amusisch, die Väter. Sie dichteten nicht dazu. Diese Bohème ist tot.(...)
Etwas anderes aber, wenn (...) sich plötzlich eine »Künstlerkneipe« auftut und ein jedenfalls nützlicher Zigarrenladen geschlossen wird. Der sanfte Modergeruch, der schon jenen Pariser Leichenkammern der Bohème entströmt, vermischt sich in Berlin mit dem Geruch des Asphalts, und die Lustigkeit eines Berliner Künstler-Völkchens vollzieht sich mit der Schnelligkeit des »Tempos«, das schon den bürgerlichen Verkehr in dieser Stadt so arg behindert. Natürlich heißt das Lokal »Die Lunte« - eine vage Beziehung zu einem aktiven Anarchismus, der auch nicht mehr vorhanden ist, der auch schon seine Bomben dem rechten Radikalismus vererbt zu haben scheint.
Das traurigste aber ist - wie in jedem Lokal - das Publikum. Junge Leute, die in fünf Jahren die Buch-, Theater- und Filmkritik an den führenden Tageszeitungen innehaben werden und die heute mit der Wollust, sich arm zu fühlen, ihr Essen selbst vom Küchentisch holen. Dabei schreien sie. So werden sie in fünf Jahren schreiben. Ihr Stil kündigt sich bereits akustisch an. Manche in ledernen Gamaschen, wildledernen Hosen, in einer Art Tscheka-Uniform, die eine, wenn auch entfernte, Beziehung zum Osten anzudeuten scheint, zu einem mißverstandenen, theatralisch gedeuteten.
Hier und dort verstreute Bürgerliche, die gekommen sind, eine »Sehenswürdigkeit« kennenzulernen, und zu der Freude an dieser noch die über die ersparte Reise nach Paris addieren dürfen. Eine Wirtin, die von Natur Zigarren raucht, junge Männer, die dem Sinn der Zeit gemäß, aus Mangel an Begabung nicht etwa Maler geworden sind, sondern z. B. Taxichauffeure, und die eine Atmosphäre demonstrativer Sachlichkeit zu verbreiten entschlossen sind. (...)
All das ergibt zusammen eine laute anspruchsvolle Mischung aus toten Imitationen, ausgeführt von übertriebenen Lebewesen, einer tollen Lustigkeit, die nur als Epitheton ornans vorhanden ist, einer rebellierenden Phrase, die an den Rändern der Weltrevolution herumgestikuliert, einem künstlichen Chaos aus Pappendeckel und entlehnten Kulissen. Es ist selbstverständlich harmlos, und man hätte es nicht nötig, sich darüber aufzuregen - wäre es nicht symptomatisch für die hitzigen Bestrebungen dieser großen Stadt, überall Anleihen zu machen, wo es nicht geht (...) - und all das mit Tempo. Natürlich mit Tempo...“
Eugen Roth, „Die neue Bohème“, Münchner Neueste Nachrichten,
27. Oktober 1929
Mittwoch, 7. April 2010
Sono: ein neues Musikmagazin für die Ü30-Generation
Statusmeldungen sind die Pressemitteilungen von heute. Nachdem Christian Stolberg, vormals Chefredakteur des Branchenblatts „Musikwoche“ und langjähriger Chef des „Musikexpress“, in den letzten Wochen noch mit einem Februar-Dummy unauffällig bei den Majors präsentiert hat, verriet er heute auf Xing auch einer größeren Öffentlichkeit, daß er ein neues Objekt in der Mache hat: das Musikmagazin „Sono“.
Mit am Start: InMedia-Verleger Günter F. Bereiter („Rondo“), mit dem Stolberg bereits in den achtziger und neunziger Jahren das „WOM journal“ kreiert hatte, zu seiner besten Zeit weit über eine kostenlose Kundenpostille hinaus eine der kompetentesten Musikzeitschriften Deutschlands und damit ein Vorreiter für die heutige Selbstverständlichkeit, daß Unabhängigkeit und redaktionelle Qualität nicht unbedingt nur gegen Geld am Kiosk zu finden sind. „Vice“ beweist es Ausgabe für Ausgabe, vom Internet ganz zu schweigen.
Nun mag ein Gratisblatt für die mit der Umsonstkultur aufgewachsenen jungen Generation längst nichts neues oder gar negativ Vorbelastetes mehr sein, wo man heutzutage doch in Kinos, Clubs und Cafés mittlerweile die Auswahl unter zig Magazintiteln hat.
Aber Stolberg, der dem von Springer verordneten Umzug des „Musikexpress“ von München nach Berlin nicht folgen wollte, hat mit „Sono“ eine andere Zielgruppe im Visier, die 30 plus Generation, die Printtitel (den „Musikexpress“, den „Rolling Stone“?) sonst eher noch kauft und wohl auch ihre Musik nicht unbedingt illegal herunterlädt, sondern noch selbstverständlich im Laden oder auf entsprechenden Online-Plattformen bezahlt – was sie für die Musikindustrie besonders attraktiv macht. Nicht umsonst verspricht das neue Blatt im Untertitel „Musik für Erwachsene“.
Nur wie erreicht man diese Zielgruppe? Für die am 27. Mai erscheinende Startauflage von 80.000 verspricht man einen illustren Distributionsmix via „Anwaltsfirmen, Medizin-Zentren, Architektenbüros, Werbe- & PR- Agenturen, Maklerbüros sowie Stabsabteilungen der 160 Dax/MDax/TecDax/Sdax-Unternehmen, ausgewählten Cafés und Bistros sowie Deutschlands besten Friseuren und Fitnesssudios“. Klingt für mich fast nach einem Blatt für FDP-Wähler und die besserverdienenden Unsympathen der Nation. Aber vielleicht verbringe ich einfach zu viel Zeit mit „Vice“-Lesern und Piraten...
Updates: w&v zu „Sono“.
Weitere Screenshots der Nullnummer:
Im September 2011 wechselt Christian Stolberg zu einem „renommierten Unternehmen der Tonträgerindustrie“. Neuer Chefredakteur wird Ralf Dombrowski.
Mit am Start: InMedia-Verleger Günter F. Bereiter („Rondo“), mit dem Stolberg bereits in den achtziger und neunziger Jahren das „WOM journal“ kreiert hatte, zu seiner besten Zeit weit über eine kostenlose Kundenpostille hinaus eine der kompetentesten Musikzeitschriften Deutschlands und damit ein Vorreiter für die heutige Selbstverständlichkeit, daß Unabhängigkeit und redaktionelle Qualität nicht unbedingt nur gegen Geld am Kiosk zu finden sind. „Vice“ beweist es Ausgabe für Ausgabe, vom Internet ganz zu schweigen.
Nun mag ein Gratisblatt für die mit der Umsonstkultur aufgewachsenen jungen Generation längst nichts neues oder gar negativ Vorbelastetes mehr sein, wo man heutzutage doch in Kinos, Clubs und Cafés mittlerweile die Auswahl unter zig Magazintiteln hat.
Aber Stolberg, der dem von Springer verordneten Umzug des „Musikexpress“ von München nach Berlin nicht folgen wollte, hat mit „Sono“ eine andere Zielgruppe im Visier, die 30 plus Generation, die Printtitel (den „Musikexpress“, den „Rolling Stone“?) sonst eher noch kauft und wohl auch ihre Musik nicht unbedingt illegal herunterlädt, sondern noch selbstverständlich im Laden oder auf entsprechenden Online-Plattformen bezahlt – was sie für die Musikindustrie besonders attraktiv macht. Nicht umsonst verspricht das neue Blatt im Untertitel „Musik für Erwachsene“.
Nur wie erreicht man diese Zielgruppe? Für die am 27. Mai erscheinende Startauflage von 80.000 verspricht man einen illustren Distributionsmix via „Anwaltsfirmen, Medizin-Zentren, Architektenbüros, Werbe- & PR- Agenturen, Maklerbüros sowie Stabsabteilungen der 160 Dax/MDax/TecDax/Sdax-Unternehmen, ausgewählten Cafés und Bistros sowie Deutschlands besten Friseuren und Fitnesssudios“. Klingt für mich fast nach einem Blatt für FDP-Wähler und die besserverdienenden Unsympathen der Nation. Aber vielleicht verbringe ich einfach zu viel Zeit mit „Vice“-Lesern und Piraten...
Updates: w&v zu „Sono“.
Weitere Screenshots der Nullnummer:
Im September 2011 wechselt Christian Stolberg zu einem „renommierten Unternehmen der Tonträgerindustrie“. Neuer Chefredakteur wird Ralf Dombrowski.
Montag, 5. April 2010
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