Samstag, 9. November 2024

Warum fremdelt München mit Michel Friedman?

Ich persönlich kann mich nicht daran erinnern, bei einem meiner gelegentlichen Besuchen von Kulturveranstaltungen in der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) am St.-Jakobs-Platz leere Reihen gesehen zu haben. Aber Gemeindepräsidentin Charlotte Knobloch wird das natürlich besser wissen. Und so lobte sie letzten Donnerstag im bis zum letzten Platz besetzten Plenum Michel Friedman in den höchsten Tönen. Er hätte es geschafft, mit der Vorstellung seines letzten Buches den Hubert-Burda-Saal zu füllen.

Ähnlich klang auch Barbara Mundel letzten Montag. Die Intendantin der Kammerspiele empfahl den anwesenden Theaterbesuchern die aktuelle Inszenierung von Michel Friedmans „Fremd“ – und schob, eher überglücklich als mitfühlend bedauernd, den Hinweis hinterher, dass man ihrer Empfehlung nicht folgen könne, weil alle Vorstellungen ausverkauft seien. (Das schaffen an den chronisch unausgelasteten Kammerspielen eher nur Gerhard Polt und die Well-Brüder. Die weit weniger unterhaltsam als Michel Friedman sind.) 

Nur erzählte Mundel dies in einem Raum mit bedauerlich vielen freien Plätzen. Anders als bei der Premiere von „Michel Friedman spricht…“ mit Igor Levit über Hass am 29. September, wo viele Plätze beim geplanten Vorstellungsbeginn noch leer schienen, sich dann aber aufgrund der verschärften Sicherheitsmaßnahmen mit Verspätung doch noch vollständig füllten, blieben beim zweiten Gespräch, diesmal mit Jagoda Marinić zum Thema Heimat, viele Sitze leer. Die Auslastung betrug gerade mal 70 Prozent.

Und für die nächste Vorstellung, „Michel Friedman spricht mit Jan Philipp Reemtsma über Terror“ am 1. Dezember in den Münchner Kammerspielen läuft der Vorverkauf auch eher schleppend. Selbst nachdem die Leiterin des Kulturzentrums der IKG, Ellen Presser, am Donnerstag den Gemeindemitgliedern den Reemtsma-Termin nahe gelegt hatte, ging kein Ruck durch die Bestellungen. Heute waren geschätzt noch über hundert Karten online buchbar. Wobei der Balkon des Schauspielhauses bei Michel Friedman auch noch gesperrt bleibt und das Fassungsvermögen so deutlich verkleinert ist.

Dabei sind die hochspannenden Abende mit einem Eintrittspreis in Höhe von 15 Euro durchaus günstig. Doch selbst das Begehren nach Frei-, Presse- und Steuerkarten soll für Friedmans Abende in den Kammerspielen unterdurchschnittlich sein.

Warum nur? Denn am Berliner Ensemble, wo „Michel Friedman in Gespräch“ seit über zehn Jahren auf dem Spielplan steht, sind die Vorstellungen, etwa mit Sophie Passmann, im Großen oder Neuen Haus bis heutzutage immer „sehr gut besucht und oft ausverkauft“.

Fremdelt man bei uns mit Michel Friedman? Hadern die Münchner*innen mit dem dialektischen Diskurs? Hat sich Friedman hier beim bräsigen, von zu viel Bayerischen Rundfunk geprägten Publikum mit seiner scharfen Gesprächsführung als Fernsehmoderator auf anderen Sendern nachhaltig unbeliebt gemacht? Dürfen anderthalb Stunden im Theater nicht intellektuell kurzweilig sein? Oder haben sich Friedmans süffisante wie treffende Spitzen gegen Bayern im Allgemeinen und Söder im Besonderen schon abschreckend herumgesprochen? Weiß man in München vielleicht einfach nur nicht zu schätzen, dass Friedman sich neben Berlin und Frankfurt jetzt auch an der Isar niedergelassen hat?

Oder braucht es in München, wo die Leute sonst jedem neuesten heißen Scheiß hinterher rennen, manchmal einfach nur länger, bis es sich herumspricht, was edel, hilfreich und gut ist?


Update vom 23. November 2024: Da die Plätze im Parkett nahezu ausverkauft sind, haben die Kammerspiele für den Abend mit Jan Philipp Reemtsma am 1. Dezember jetzt auch den Balkon im Vorverkauf geöffnet.



Donnerstag, 7. November 2024

Die Monacensia sichert sich Anton G. Leitners literarischen Vorlass und Archive

Für die Monacensia war heute schon Weihnachten. Zwar sind es noch einige Wochen bis zum Jahresende. Aber städtische Bezahlvorgänge brauchen gerade bei hohen Beträgen ihre Zeit, und die Tücken der Kameralistik sorgen eben auch dafür, dass bis Silvester die vom Jahreshaushalt übrig gebliebenen Gelder noch schnell aufgebraucht werden müssen.

Also gab sich der scheidende Kulturreferent Anton Biebl spendabel und legte dem Kulturausschuss heute zwei Anträge vor. Denn bei Einzelbeträgen über 25.000 Euro muss der Stadtrat Ankäufen erst noch zustimmen.

Auf der Tagesordnung im Rathaus stand daher nicht nur eine Ausweitung der Haushaltspläne in Höhe von 323.000 Euro in den kommenden drei Jahren für das Archiv Rachel Salamander in der Monacensia. Im Rahmen des Erwerbungsetats des laufenden Jahres genehmigte der Kulturausschuss den Ankauf des Vorlasses der Schriftstellerin Asta Scheib sowie als besondere Rarität der Ankauf des literarischen Vorlasses von Anton G. Leitner samt der Archive der von ihm mitgegründeten Initiative Junger Autoren und seines Verlags „Das Gedicht“. Rund 1000 Objekte, vom Aktenordner über Festplatten und VHS-Kassetten bis zum Kunstwerk, die die gesamte Bandbreite deutschsprachiger Lyrik der letzten Jahrzehnte abbilden.

Nun setzt sich Leitner keineswegs zu Ruhe. Nächsten Mittwoch präsentiert er zusammen mit Friedrich Ani und vielen weiteren beitragenden Autor*innen im Lyrik-Kabinett die nächste Ausgabe seiner Zeitschrift „Das Gedicht“, deren Titel schon den hart erarbeiteten Anspruch widerspiegelt, die deutschsprachige Gegenwartslyrik abzubilden. Wenn es um Poesie geht, kommt man seit 1992 daran kaum vorbei. 

Im März erscheint die vierte zwölfte von Leitner bei Reclam herausgegebene Anthologie: der Gedichtband „Jede Jahreszeit ist schön“. Und dazwischen ist er in Sachen Lyrik der Hansdampf in allen Gassen. Ob in Deutschland, Österreich oder der deutschsprachigen Schweiz. Ob als Dichter, Verleger, Podiumsgast oder Preisträger.

Und das nun schon seit etwa vierzig Jahren. „Wir haben alle unsere Anfänge bei ihm gehabt“, meinte ein Schriftsteller. Und in den vielen Jahrzehnten sammelte sich ein Konvolut an Korrespondenz, Autographen, Manuskripten und Originalzeichnungen, die einzeln zu Markte getragen viel Geld einbringen könnten. Aber dank der Monacensia der Stadtbibliothek München als literarisches Netzwerk zur Gänze erhalten bleibt. 

Eine einzigartige Übersicht der Lyrikszene in Deutschland samt der DDR, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz seit den 1980er-Jahren. Memorabilia von Urhebern wie Robert Gernhardt, Günter Grass, Durs Grünbein, Helmut Krausser, Michael Lentz oder Martin Walser. Ein Schatz an Gedichten, ob von namhaften Autor*innen, unbekannten Gelegenheitsdichter*innen oder Lyrik von Kindern. Originaltexte, aber auch Debattenbeiträge etwa in Form von Radio- und Fernsehmitschnitten zum Thema Lyrik. 

Leitner, dessen Familie aus der Au stammt und der im Fünfseenland sozialisiert wurde, ist in einer Bogenhausener Klinik zur Welt gekommen. Und kehrt mit dem Verkauf seiner Schätze an die Monacensia im Hildebrand-Haus quasi nach Bogenhausen zurück. Mit ein Grund, seinen Vorlass und die Archive einer Münchner Institution zu überlassen, war eben auch die räumliche Nähe. Die Möglichkeit, bei der laufenden Verlagsarbeit weiter Zugriff darauf zu haben.

Updates:
Die „Süddeutsche Zeitung“ vom 12. November 2024 dazu.
„Starnberger Merkur“ vom 12. November 2024. 
Wie am 11. November 2024 bekannt wurde, geht der mit 10.000 Euro dotierte Alexander-Sacher-Masoch-Preis 2023/2024 des Wiener Literaturhauses an Anton G. Leitner und seine Zeitschrift „Das Gedicht“.
Die „Rathaus-Umschau“ vom 4. Dezember 2024 dazu.

Montag, 4. November 2024

Das alkoholfreie Guinness 0.0 auf dem Weg nach Deutschland

Ob Wein, Bier oder Spirituosen: Die alkoholfreien Varianten boomen, selbst Brauereichef Steffen Marx, der lange Zeit jede promillefreie Abfüllung eines Giesinger Bräu als Ursünde ausschloß, entdeckte dann das Le Chauffeur der Kollegen von Nittenauer als überzeugende Alternative und hat inzwischen auch ein eigenes alkoholfreies Bier im Sortiment. Dann drang auch noch Augustiner in den Markt und sorgt seit Monaten mit seinem alkoholfreien Hellen für Furore.

Fehlte – zumindest für meinen Geschmack – nur noch ein alkoholfreies Guinness. Im muslimischen Indonesien als Guinness Zero bereits seit 2014 im Test, kam sechs Jahre später dann im irischen Heimatmarkt und Großbritannien das Guinness 0.0 auf den Markt, wurde aber wegen einer mikrobiologischen Kontamination prompt wieder zurückgerufen und 2021 in der Gastronomie und im Handel relauncht.

In Deutschland war es bisher nur über verschiedene niederländische oder dänische Versandhändler erhältlich. Letzte Woche noch behauptete die Pressestelle des deutschen Guinness-Importeurs Radeberger, dass nichts spruchreif wäre:

„Uns erreichen immer wieder auch Nachfragen von Konsumenten, ob und wann wir auch Guinness 0.0 in Deutschland einführen werden – auch deswegen ist das Thema bei uns auf der Tagesordnung, es ist allerdings noch keine Entscheidung getroffen worden, die wir Ihnen bereits mitteilen könnten. Deswegen müssen wir Sie noch um etwas Geduld bitten – sollte die Einführung kommen, werden wir diese auch kommunikativ begleiten.“

Heute teilte mir aber ein für Guinness zuständiger Manager bei Radeberger mit, dass die Entscheidung gefallen sei und Guinness 0.0 nächstes Jahr im ersten oder zweiten Quartal auch in Deutschland in der Gastronomie und im Handel erhältlich sein werde. Und damit wohl rechtzeitig zum St. Patrick's Day am 17. März. 

So lange will ich aber nicht warten und werde deshalb wohl noch im November eine kleine Verkostung des alkoholfreien Guinness 0.0 hier in München organisieren. Wer daran Interesse hat, kann kurz Bescheid geben.

Wochenplan (Updates)

Bayerischer Kabarettpreis / Lustspielhaus & Bayerisches Fernsehen; Michel Friedman spricht mit Jagoda Marinic über Heimat / Kammerspiele; „Nicht jugendfrei! Tagebuch aus West-Berlin“ – autobiografische Lesung mit Jörg Buttgereit / Werkstattkino; Louis Malles „Viva Maria!“ mit Brigitte Bardot und Jeanne Moreau / arte; Erstverkaufstag des neuen, unter Biertrinkern in Neumünchen und Bierbaronen in Milwaukee spielenden „Lucky Luke“: „Letzte Runde für die Daltons“; Festakt 40 Jahre Inklusion / Gisela-Gymnasium; Benefizauktion / Akademie der Bildenden Künste; vierte und letzte Staffel von „Parlament“ / One; US Election Night Art Extravaganza / Halle 50; Forum für die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Verleihung des Staatspreises für bayerische Kreativorte / Design Offices Werksviertel Atlas; Presselunch anläßlich der Jubiläumsauktion / Ketterer; Literaturgespräch mit Michaela Krützen & Julia von Heinz zum Sachbuch „Zeitverschwendung – Gammeln, Warten, Driften in Film und Literatur“ / Hochschule für Fernsehen und Film; The Last Dinner Party / Tonhalle; Preview von „Mariannengraben“ und Filmgespräch mit Regisseurin Eileen Byrne und den Hauptdarsteller*innen Edgar Selge und Luna Wedler / Rio Filmpalast; „Raketen, Satelliten und Cyber Defense: Raumfahrt made in Bavaria“ / Maximilianeum; Verleihung des Münchner Gründerpreises / barer 41; Vernissagen Georg Soanca-Pollak: „AugenBlicke“ / NS-Dokumentationszentrum, „Bauhaus in Bayern“ / Pasinger Fabrik, Mari Ito: „Joy Begets Joy, and Sorrow Begets Sorrow. And I Confront Myself“/ Micheko, „⋮“ / Lothringer 13, Mbali Dhlamini, Nnenna Okore & Buhlebezwe Siwani: „Voices from Abroad“ / Behncke, Janina Roider: „Jaye Roy“ / Lohaus Sominsky und „Satt“ / Platform; Buchpräsentation von Michel Friedmans „7. Oktober 2023 – Judenhass“ / Jüdisches Gemeindezentrum; „Dackel in Unbehagen“: die Textbühne von Dede & Franz/ Köşk; Bambi-Verleihung / Bavaria & Amazon Prime; Verleihung des Bayerischen Buchpreises / Allerheiligen-Hofkirche; „The Day of the Jackal“ / Sky & Wow; IDIZEM Dialog-Dinner und Preisverleihung / Künstlerhaus am Lenbachplatz; Rumänisches Filmfestival / Filmmuseum; „Bad Influencer“ (Foto) / ARD-Mediathek; Kommunalauschuss / Rathaus; Kulturausschuss / Rathaus;  LMU Career Talk: „Kopf oder KI? - Was die digitale Transformation für Deine Karriere bedeutet“ / Kardinal-Wendelhaus; Pressegespräch zur „Umbaukultur in München“ mit Elisabeth Merk, Robert Liedgens, Doris Zoller, Elisabeth Endres, Tanja Plenk und Christian Taufenbach / PlanTreff; Bericht des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich zu den aktuellen Missbrauchsvorwürfen gegen Bedienstete der JVA Augsburg-Gablingen / Landtagsausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration & Livestream; Lea Ruckpaul liest aus ihrem Debütroman „Bye Bye Lolita“ / Residenztheater; Shelley Hirsch: Reading / Optimal; Veselka Weekender / Rote Sonne; Höllenfraukrachveranstaltung mit No Gain No Pain, Grodock, She Destroys Hope & Radial Taste Wokout / Köşk; Open Studios mit Annemarie Faupel u. a. / Platform; Empfang der Staatskanzlei und der Landeshauptstadt anläßlich der NFL Munich Games 2024 / Residenz; Gedenkveranstaltung zum 86. Jahrestag der sogenannten Reichskristallnacht / Altes Rathaus; Verbandstag des Deutschen Journalisten-Verbands und Festakt 75 Jahre DJV mit Olaf Scholz und Markus Söder / Congress Centrum Ingolstadt; NFL Munich Game: Carolina Panthers vs. New York Giants / Allianz-Arena & RTL

Foto: Maor Waisburd/SWR

Sonntag, 3. November 2024

Bäcker-Kette statt Kult-Konditor: Der Nachmieter des Café Schneller steht fest

Gegründet wurde Zeit für Brot 2009 in Frankfurt, doch wahrgenommen wird die Hipster-Bäckerei – nicht zuletzt aufgrund der Mehrzahl ihrer Läden – eher als Berliner Unternehmen, wo gerade die beiden Filialen in Berlin-Mitte, in der Alten Schönhauser Straße und unweit des Rosenthaler Platzes am Weinbergsweg, von Touris wie Berlinern belagert werden.

Nun kommt die Bäckerei-Kette Anfang nächsten Jahres auch nach München und übernimmt die Räume des legendären Café Schneller in der Amalienstraße 69, wo seit Jahrzehnten Studierende Stammgast waren. 

Künftig also statt Schnellers fluffigen Rohrnudeln und saftigen Bienenstiche nicht nur Zeit für Brot, sondern auch Zeit für die Frankfurter?, Berliner?, jedenfalls hippen wie gewaltigen quadratischen Zimtschnecken, die einen nahezu erschlagen.

Montag, 28. Oktober 2024

Wochenplan (Updates)

Verleihung der Schwabinger Kunstpreise / Künstlerhaus am Lenbachplatz; Vernissagen „Códices von México“ / Instituto Cervantes, Diana Bünger: „Women“ / Love Harder und Max Hechinger & Lucas Kaiser: „Milkytown Hobbypets“ / TIP Theory in Practice; 3. Staffel von „Industry“ mit Marisa Abela, Kit Harington u. a. (Foto) / Sky & Wow; Komparserie „All In“; Dana von Suffrin trifft Maxi Pongratz am Tresen / TamTam-Treppenbar im Werk*raum; Robert Altmans „California Split“ mit George Segal, Elliott Gould u. a. / Filmmuseum; 2. Staffel von „The Diplomat“ mit Keri Russell u. a. / Netflix; Rancors & Jelly Brains / X-Bar; Super Books / Haus der Kunst; Women Free Skating – Grand Prix de France / YouTube; SV Sandhausen vs. TSV 1860 / GP Stadion am Hardtwald & Bayerisches Fernsehen; Sondervorführung von „Riefenstahl“  in Anwesenheit des Regisseurs Andres Veiel und Historikers Magnus Brechtken / City; Vorbesichtigung Akademie-Auktion / Akademie der Bildenden Künste; 50 Jahre Zündfunk / Habibi, Schauspielhaus & TamTam-Treppenbar im Werk*raum; 4. und letzte Staffel von „Parlament“ / ARD-Mediathek; Kanzelrede von Imam Benjamin Idriz / Erlöserkirche

Samstag, 26. Oktober 2024

Feine erste Sätze (69)

„Die größte Krux bei Veranstaltungen mit Heidi Klum ist, dass Heidi Klum dabei ist.“

Josef Grübl in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 25. Oktober 2024 über die Preisverleihung der Blauen Panther.

Donnerstag, 24. Oktober 2024

Covid-19-Herbstwelle: Landeshauptstadt erlässt ein Beschäftigungsverbot (Updates)

Radikale Maßnahmen werden nur noch recht unterschwellig kommuniziert: Seit gestern Mittag kursiert in  unterschiedlichen Referaten und Eigenbetrieben der Landeshauptstadt München eine Dienstanweisung, um schwangere Mitarbeiterinnen vor der Corona-Herbstwelle zu schützen.

Auslöser war eine vorgestern vom Zentralen Betrieblichen Gesundheitsmanagement im Personal- und Organisationsreferat (POR) an Führungskräfte verschickte Dienstanweisung.Wie bereits früher etwa bei Grippewellen wurden diesmal angesichts der gestiegenen SARS CoV-2-Infektionen Schutzmaßnahmen erlassen. Schwangere Mitarbeiterinnen der Landeshauptstadt dürfen bis auf weiteres nicht mehr im Parteiverkehr mit unmittelbarem Kontakt zu mehr als 15 Personen pro Tag oder zur Kinderbetreuung (inklusive Schulen) eingesetzt werden.

So einheitlich diese Regelung ist, so unterschiedlich scheint in den Referaten und Eigenbetrieben damit weiter verfahren worden zu sein. Zeitlich: Manche erfuhren noch am selben Tag davon, andere erst gestern. Inhaltlich: Mal ist konkret vom Limit der 15 Personen pro Tag die Rede, mal nur allgemein von „erhöhtem Parteiverkehr“: 

„Sie sind schwanger und arbeiten in einem Bereich mit erhöhtem Parteiverkehr bzw. sind Führungskraft und beschäftigen eine werdende Mutter? Aufgrund der aktuellen Entwicklung von Corona SARS-CoV-2 dürfen ab sofort alle schwangeren Mitarbeiterinnen nicht mehr in Bereichen eingesetzt werden, in denen ein erhöhter Parteiverkehr mit direktem Kontakt aufkommt.“

Und während im hier zitierten obigen Screenshot des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) angesichts seiner Aufgaben nur die Regelung für Einsätze mit erhöhtem Kundenverkehr berücksichtigt wird, aber die Vorgabe zur Kinderbetreuung unterschlagen wird, wies beispielweise das Baureferat in den mir vorliegenden Auskünften seine Mitarbeitenden auf beide Aspekte hin.

In manchen Referate und Eigenbetrieben sollen „alle Führungskräfte“ verständigt worden sein, in anderen liegt der Verdacht nahe, dass nur Führungskräfte eingeweiht wurden, deren Mitarbeitenden im Publikumsverkehr oder bei der Kinderbetreuung zum Einsatz kommen, während andere Führungskräfte überhaupt erst durch meine Anfrage von dem Vorgang erfuhren.

Ebenso wurden die Informationen je nach Referat und Eigenbetrieb sehr unterschiedlich gestreut, mal per Mail, mal auf den eigenen Seiten im städtischen Intranet WILMA.

Die offenbar uneinheitliche Handhabung war aber nicht abschließend zu klären, da alle von mir angeschriebenen Referate und Eigenbetriebe wie auch das Presseamt der Landeshauptstadt unisono auf das POR verwiesen und eigene Angaben zum Vorgang verweigerten oder erst gar nicht antworteten.

So blieb es nur bei einer allgemeinen Stellungnahme des POR mir gegenüber: „Arbeitgeber sind verpflichtet, schwangere Mitarbeiterinnen besonders zu schützen. Bei sich abzeichnenden Krankheitswellen in Bezug auf das Stadtgebiet München, wie z.B. SARS-CoV-2 und Influenza, spricht die Landeshauptstadt München als Arbeitgeber gemäß Mutterschutzgesetz ein befristetes betriebliches Beschäftigungsverbot aus, um werdende Mütter vor Gesundheitsgefahren zu schützen. 

Grundlage hierfür ist immer eine Empfehlung des betriebsärztlichen Dienstes. Die Geschäftsleitungen der Referate und Eigenbetriebe werden in solchen Fällen durch das Personal- und Organisationsreferat per Rundschreiben informiert, die jeweiligen Einheiten geben diese Information dann an ihre Beschäftigten weiter. Werdende Mütter sind für die Zeit des befristeten betrieblichen Beschäftigungsverbotes vorübergehend in einem anderen Bereich ohne Kontakt zu Kindern und ohne starken Publikumsverkehr einzusetzen oder, wenn das nicht möglich ist, freizustellen. 

Wie viele städtische Beschäftigte aktuell zur Zielgruppe gehören, wird nicht zentral erfasst.“

Die „Abendzeitung“ vom 25. Oktober greift das Thema auf und schenkt mir online sogar einen Link.

Montag, 21. Oktober 2024

Wochenplan (Updates)

Kirchweihdult / Mariahilfplatz; Vernissagen „Kampf um die Demokratie: Plakate aus dem Wahljahr 1924“ / Bayerisches Staatsarchiv, Lina Killinger & Gabriele Winter Pereira: „Salt & Grids“ / super+ Centercourt, Volker Hinz: „EinBlick“ (Foto) / Bayerische Staatsbibliothek, „Zukunft Alpen“ / Alpines Museum, Olaf Metzel & Rui Chafes: „Dialog II“ und Karin Kneffel: „Face the Face“ / Jahn und Jahn sowie Aribert von Ostrowski: „Stickers“ / Galerie Christine Mayer; Verleihung des Bayerischen Innovationspreises Ehrenamt / Schloss Nymphenburg; Verleihung des Stadtmarketingpreises / Bayerisches Wirtschaftsministerium; Eröffnung des Mai Chi Vietnamese Dining / Gräfelfing; „Olympiapark 2025“: Diskussionsrunde zur Zukunft des Olympiaparks mit Simone Burger, Julia Schönfeld-Knor, Christine Strobl und Marion Schöne / Forum 2 im Olympiadorf; Podiumsdiskussion „Die Verantwortlichkeit der Politik“ mit Kulturreferent Anton Biebl u. a. / Akademie der Schönen Künste; Vollversammlung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann / Schulcampus Ungererstraße 191 & YouTube; Sondervorführung von „Googoosh – Made of Fire“ in Anwesenheit von Natalie Amiri und der Regisseurin Niloufar Taghizadeh / Rio-Filmpalast; Unter Nachbarn: Gespräch mit Peter Hansen von der Kunstinitiative Max 33 / Behncke Gallery; Vollversammlung des Münchner Stadtrats mit Wahl der neuen Wirtschafts- und Kulturreferenten / Rathaus & Livestream; Medientage München / House of Communication; Vorstellung des „Demokratiereports  Bayern 2024“ / Bayerischer Landtag; Eröffnung des automatisierten Minimarktes / Wittelsbacher Carré Starnberg; „Disrupting Mobility in München, welche Innovationen beschleunigen die Verkehrs- und Mobilitätswende?“ / Munich Urban Colab; Stadt nach Acht – Konferenz für Nachtleben und Clubkultur / Augsburg; Konzert von Tom Holliston & Simon Wells und Book-Preview der deutschen Erstauflage von Jason Lambs & Paul Prescotts „Nomeansno: From Obscurity To Oblivion“ / Köşk; RP Kahls „Die Ermittlung“ / Bayerische Akademie der Schönen Künste; „30 Tage Lust“ mit Linda Blümchen (Residenztheater), Simon Steinhorst, Sebastian Blomberg u. a. / ARD-Mediathek; Eyes and Ears Konferenz & Awards / Arri; Robert Altmans „California Split“ / Filmmuseum; Sara Klatt liest aus „Das Land, das ich dir zeigen will“ / Schumann's; Ende der Sommerzeit; Kundgebung Solidarität statt Stacheldraht / Reiterdenkmal am Odeonsplatz; Opening Cœur by Fede & Phil 

Freitag, 18. Oktober 2024

Hinter den Kulissen (1): Kreutzkamm

Gelegentlich fahre sogar ich gerne nach Sibirisch-Steinhausen, etwas wenn in einer Backstube hinter dem SZ-Hochhaus das neue „Original Kreutzkamm Backbuch“ präsentiert wird. Neben den leckeren Kostproben gab es anläßlich des bevorstehenden 200-jährigen Firmenjubiläums Einblicke in die Familiengeschichte des Kreutzkamm-Clans und in die Herstellung von Spezialitäten wie Baumkuchen oder Christstollen. Und wann erfährt man schon, dass die Kinder der Münchner Unternehmerinnenfamilie in Dresden aufgewachsen sind, sächseln können – und es auch untereinander, oder wenn sie auf die Eltern sauer sind, gerne tun? Dass seit 35 Jahren zu jeder Vorweihnachtszeit ein Spezialist anheuert, der täglich nichts anderes macht, als über tausend Eier zu trennen. Dass der Freistaat als Vermieter (Pacellistraße) humanere Mieten aufruft als die Wittelsbacher (Maffeistraße), wo das seit 70 Jahren angesiedelte Stammgeschäft immer mehr schrumpfen musste und dennoch selbst auf kleinstem Raum angesichts des Mietzinses nicht mehr profitabel ist. Und dass Katharina Kreutzkamm wegen ihrer Laktoseintoleranz außer Marzipan nichts aus dem eigenen Sortiment vertrug – bis ihr zuliebe eine vegane Schoko-Himbeer-Torte kreiert wurde, die inzwischen bei Kreutzkamm Platz 3 der Tortenbestseller innehält. So habe ich heute nach meinem einst jahrelangen Engagement als Patenonkel beziehungsweise Manny (male nanny) auch meine schmerzhaften Erinnerungen an Rolf Zuckowski erfolgreich exorziert.

Unter allen, die hier oder auf einem meiner Social-Media-Accounts Interesse bekunden, verschenke ich ein Exemplar des Buches.













Montag, 14. Oktober 2024

Wochenplan (Updates)

Median-Klinik Wiesbaden; Staatsempfang zum 50-jährigen Bestehen der Interdisziplinären Frühförderung in Bayern / Schloss Nymphenburg; Vernissagen „Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus“ / Lenbachhaus, „Zimmer frei“ / Mariandl, „Kunst und Bühne – Spielorte des Münchner Jugendstils“ / Deutsches Theatermuseum, Michel Ries & Patricia London Ante Paris: „Alles gut.?“ / Galerie des Bezirks Oberbayern, „Frauen bauen“ / Architekturgalerie; a.i.d.a.: „Archive in Aktion“ / Farbenladen sowie Mirsini Artakianou, Valentina Eppich & Sophia Mainka: „Floating Paradise“ / The Tiger Room; Fachtagung „Geschlechtergerecht und ökologisch – Planen und Bauen für unsere Stadt der Zukunft“ / Altes Rathaus; Informationsgespräch mit Miheia-Mălina Diculescu-Blebea, Generalkonsulin von Rumänien, anlässlich des 25-jährigen Bestehens der institutionellen Zusammenarbeit zwischen Bayern und Rumänien / Maximilianeum & Livestream; Eröffnung der ersten rein inklusiven Wohnanlage des Studierendenwerks / Kaulbachstraße 49; andererseits: Lesung und Gespräch mit Gerhard Polt, Doris Bühler-Niederberger und Jeanne Turczynski über „Kinderdressur“ / Bayerische Akademie der Wissenschaften; MRT; Pressekonferenz Lange Nacht der Museen / Museum Fünf Kontinente; Fachtagung „Gerechtigkeit kennt keine Grenzen - Gemeinsam gegen Menschenhandel von Bayern bis Europa“ / Hanns-Seidel-Stiftung; Gedenkveranstaltung Alexander Schmorell / Albert-Einstein-Gymnasium; Erinnerungszeichen für Alexander Schmorell / Schmorellplatz; Verleihung der Stipendien und der Leonhard-und-Ida-Wolf-Gedächtnispreise für junge Kunstschaffende / Gasteig HP8; GenAI Wednesday – AI & Entertainment: „Revolutionizing Filmmaking“ / Jambit; Endless Wellness / Ampère; LUNAparty / Bayerischer Hof; Sozialausschuss / Rathaus; Christian Fuchs: „Wie finanzieren sich rechtsextreme Netzwerke?“ / Gesellschaftsraum; Finissage VerhandelBar„Wie wir uns Rassismus beibringen. Eine Analyse deutscher Debatten“ – Lesung und Gespräch mit Gilda Sahebi / Careteria; Public Display of Affection / Import Export; Buchpräsentation des „Original Kreutzkamm-Backbuchs“ / Kreutzkamm; Spitzengespräch der Sportminister*innen zu „Gewalt im Fußball“ / Konzernzentrale Flughafen; Festakt 175 Jahre Maximiliansgymnasium / Residenz; Dominik Grafs „Das unsichtbare Mädchen“ mit Elmar Wepper, Ulrich Noethen und Ronald Zehrfeld / arte; Kirchweihdult / Mariahilfplatz; „Bayern gemeinsam bewegen“ – Mobilitätsveranstaltung  im Olympiapark / Hans-Jochen-Vogel-Platz; Open Block / Luitpoldblock; Robert Altmans „The Long Goodbye“ (Foto) mit Elliott Gould, Nina von Pallandt und Sterling Hayden / Filmmuseum; „Macht Theater!“ Aktionstag für Demokratie und Vielfalt / Gärtnerplatztheater, Schauburg, Staatsoper, Pathos, Residenztheater, Kammerspiele, HochX & Metropol

Sonntag, 13. Oktober 2024

Feine erste Sätze (68)

„Menschen, die behaupten, Ohrfeigen hätten ihnen nicht geschadet, beweisen fast immer das Gegenteil.“

Kolumnistin Aline von Drateln über Thomas Gottschalk im „Tagesspiegel“ vom 14. Oktober 2024.