Montag, 27. Dezember 2010

Popa pöbelt (3)

Nine to five? Von wegen. Wenn einer immer im Dienst ist, dann nicht nur die Polizei, sondern auch wir Schnüffler von den Medien. Allein schon, weil Journalisten wie in einer unaufhörlichen Nahtoderfahrung gern über sich schweben und ständig Stoff sammeln müssen, aber vor allem, weil wir unseren Beruf gar „nicht als Maloche, sondern als bezahltes Hobby empfinden“, um Detlef Esslinger von der „Süddeutschen Zeitung“ zu zitieren. Als erfüllendes Vergnügen, das nie enden soll – wofür es dann für abgehalfterte Chefredakteure das Austragsstüberl eines Editors at large gibt. (Sympathischer finde ich dann ARD-Veteranin Luc Jochimsen, die auf ihre alten Tage tatsächlich als Abgeordnete der Linken in die Arena eines Bundestags steigt und nicht mehr nur besserwisserisch kommentiert.)
Auf die Frage, worüber ich denn so schreibe, antworte ich immer: die schönen Dinge des Lebens. Und wenn ich mich mit Reisen, Filmen, Kollegen, Stars, Mode, Valérie Todenhöfer, Essen und Trinken beschäftigen darf, gibt es keinen Feierabend. Über etwas zu berichten, ist aber doch eine etwas andere Herausforderung, als diese schönen Dinge selbst zum Beruf zu machen. Michael Graeter kann darüber einiges erzählen, seine Ausflüge in die Gastronomie und Welt der Kinobesitzer haben dem Klatschkolumnisten letztendlich 239 Tage Knast eingebracht.
War es die Gier nach noch mehr Geld & Anerkennung – die auch dazu führt, dass zwischen München und Hamburg so mancher gut bestallte Redakteur klammheimlich für Konkurrenztitel unter Pseudonym schreibt und damit Freelancern Arbeit stiehlt? Oder geht es bei den unternehmerischen Eskapaden vieler Medienarbeiter letztendlich ganz unromantisch um steuerverkürzende Investionen?
Braucht es Jan Weiler fürs Ego, dass man in seiner Vinoteca Marcipane unweit des Starnberger Sees auf papierne Untersetzer mit Weiler’schen Textergüssen Tomatensauce sabbern kann – oder doch eher für die Einkommensteuererklärung? Wer will bitte schön bei einem Riesling ausgerechnet an den frischgebackenen Winzer Günther Jauch denken müssen, dessen Gesicht man doch höchstens mit saurem Messwein assoziiert? Ist Dieter Moors Zweitkarriere als „Knecht und erster Traktorist“ eines Brandenburger Biobauernhofs nicht nur die romantischere (und damit publicityträchtigere) Alternative zu den Containerschiffen und Einkaufszentren, in die Fernsehfuzzis sonst so gern investiert haben, um die leicht verdienten Gagen nicht Vater Staat in den Rachen werfen zu müssen?
Natürlich habe ich gar nichts dagegen, wenn Medienpromis ihre Investionen nicht nur breit streuen, sondern einmal in ihrem Leben auch richtig gearbeitet oder vielleicht sogar etwas ordentliches gelernt haben. Dann kann man wie Franz Josef Wagner in seinem autobiografischen „Brief an Deutschland“ damit kokettieren, sich als Möbelpacker und Küchenhilfe durchgeschlagen zu haben. (Ob der Butler, der in Wagners Wohnung in der München Hohenstaufenstraße den damaligen „Bunte“-Chefredakteur pamperte, nun die Nase rümpft oder sich solidarisch fühlt?) Mit medienfernen Talenten kann man auch sehr gut journalistische Durststrecken und Karriereschwankungen überwinden, sei es als Pferdezüchter (Stefan Aust) oder Paddle-Tennis-Trainer (Tom Kummer).
Bei Wolfram Winter habe ich zwar in den letzte Jahren irgendwann den Überblick verloren, welche Firma (Giga, NBC Universal, Premiere Star, Sky) und Jobbeschreibung gerade aktuell auf seiner Visitenkarte steht, aber eins war beständig: seine Würde als Honorarkonsul der Republik Namibia. Jetzt mal ehrlich, den Job hätte doch jeder von uns gern, selbst wenn er gar nicht honoriert wird, sondern ganz im Gegenteil richtig Geld kostet. Andererseits: Wer aus der Medienbranche kann schon wie der Weyer, äh, ich meine Winter seiner Liebsten die Gastgeberrolle eines diplomatischen Empfangs schenken?
Dafür lohnt es sich doch zu arbeiten, wobei die schönsten Entgelte die völlig unverdienten sind: Ausgerechnet Alt-Paparazzo Erwin Schneider wurde während eines Privataufenthalts am Wörthersee von einer Hamburger Illustrierten als typisch deutscher Tourist abgeschossen, woraufhin er sich sein Recht am eigenen Bild mit einem vierstelligen Betrag abgelten ließ, der wohl dem deutschen Durchschnittsmonatslohn entspricht. Bei der „Frankfurter Allgemeinen“ hat ein unbekannter Spender noch etwas drauf gelegt und deren Hannoveraner Korrespondenten Robert von Lucius 10.000 Euro in bar geschickt. Der Verlag wollte erst Strafanzeige gegen den unbekannten Spender erstatten, hat aber keinen passenden Straftatbestand gefunden und das Geld stattdessen „tresoriert“. Falls sich der Absender nicht noch meldet, soll der Betrag der hauseigenen Stiftung „F.A.Z.-Leser helfen“ einer gemeinnützigen Stiftung übergeben werden. Wie das dann aber finanzrechtlich aussieht? Geschenk ist Geschenk und wohl zu versteuern.

(Illustration: Bulo)
Diese Kolumne erschien zuerst im „Clap-Magazin“ #31 Dezember 2010

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Die Kinderhäscher von der Süddeutschen Zeitung

Man kann sich jetzt streiten, ob Herodes, lebte er im 21. Jahrhundert, nicht doch eher die „Welt“ oder „F.A.Z.“ läse, aber die „Süddeutsche Zeitung“ leistete ihm, neben seinen Sterndeutern, sicherlich die besten Dienste. Fänden er und seine Häscher doch in der „SZ“ die entscheidende Information: 24.12., Jesus von Nazaret, Maria und Josef, Stallweg 1, Bethlehem.
So detailliert informiert der „Familienkalender“ der „Süddeutschen“ zumindest über die Neugeborenen in München, Freising und Fürstenfeldbruck, und in Zeiten, in denen sich die Bürger und Kommunen so sehr über Google Street View aufregen, überrascht es doch wie wohlfeil man mit den weit persönlicheren Geburts- und Adreßdaten umgeht.
Solche Datenübermittlungen sind nach Artikel 15 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Anläßlich der Veröffentlichung von Eheschließungen durch die Standesämter hat der Bayerische Beauftragte für Datenschutz in seinem 20. Tätigkeitsbericht 2002 ausgeführt:
„Sowohl nach personenstands- als auch nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist es nur dann möglich, Informationen über Eheschließungen an die Presse weiterzugeben, sofern die betroffenen Bürger nach genauer Information sich mit der Weitergabe ihrer Daten einverstanden erklärt haben. Auch die Bekanntgabe von Eheschließungen im gemeindlichen Mitteilungsblatt darf, mangels einer Rechtsvorschrift, die dies erlauben oder anordnen würde, nur mit Einwilligung der Betroffenen erfolgen. Dazu genügt nicht, dass die Verlobten der Veröffentlichung nicht widersprochen haben, sondern dass sie gegenüber der Gemeinde ihr Einverständnis hierzu erklärt haben. Dies gilt auch bei einer Veröffentlichung dieser Daten im Internet auf der Homepage der jeweiligen Gemeinde.“
Vergleichbares gilt für Geburten. Das Münchner Standesamt legt daher Eltern, die die Geburt ihres Kindes melden, ein Formblatt vor, auf dem sie zustimmen können, Namen, Adresse und Geburtsdatum im Rathaus öfentlich auszuhängen sowie zur Veröffentlichung an die „Münchner Presse“ weiterzuleiten.
In Freising sieht das Formblatt einen um „ortsansässige Banken und Sparkassen, Versicherungen oder andere interessierte Stellen“ erweiterten Empfängerkreis vor. Fürstenfeldbruck beliefert auch Versicherungen und „sonstige Interessenten“ (und läßt sich als einzige der drei Gemeinden diesen Service beispielsweise von der „Süddeutschen Zeitung“ mit 30 Denaren jährlich 120 Euro bezahlen).
Abgesehen davon, daß man vielleicht mal grundsätzlich hinterfragen sollte, wieso dieser archaische Brauch der Veröffentlichung von Geburtsdaten im Zeitalter der informationellen Selbstbestimmung noch angebracht ist, muß man feststellen, daß beispielsweise das Standesamt München das Widerrufsrecht der Eltern in seinem Formblatt verschweigt.
Ein Geschmäckle besitzt auch das neue Format des „Familienkalenders“ nach dem Relaunch des Lokalteils der „Süddeutschen Zeitungen“. Handelte es sich bei der Veröffentlichung bislang um eine kleine redaktionelle Rubrik, so werden die Daten neuerdings als ganzseitige, bunte „Anzeige“ veröffentlicht. Ob diese kommerzielle Nutzung durch den Ausdruck „Münchner Presse“ in der Einwilligungserklärung ausreichend gedeckt ist, wage ich zu bezweifeln.

Wenn Mutti wütend wird: Renny Harlins „Tödliche Weihnachten“

Leichen pflastern ihren Weg. Erst trifft es nur ein verletztes Rentier und eine unschuldige Tomate. Doch je weiter die Lehrerin Samantha Caine (Geena Davis) ihr verloren gegangenes Gedächtnis samt einiger unangenehmer Charaktereigenschaften zurückgewinnt, desto mehr Männer müssen sterben.
Die Provinzschönheit entpuppt sich als staatlich geprüfte Mörderin, die amnesiebedingt ihrer eigenen Legende erlegen ist. Nun wandelt sich das Muttchen auf der Suche nach der wahren Identität wieder zurück zur Amazone: Blonder als Bonnie, tödlicher als Nikita und unkaputtbarer als der Terminator.
Nachdem weder Bruce Willis („Die Harder“) noch Sylvester Stallone („Cliffhanger“) seinen sexuellen Avancen am Drehort nachgegeben hätten, soll Regisseur Renny Harlin beschlossen haben, nur noch weibliche Actionhelden in Szene zu setzen. Wobei Geena Davis praktischerweise seine Ehefrau ist.
Nach zwei gemeinsamen Flops produzierte das finisch-amerikanische Gespann mit diesem Adventsknaller ein trashiges Highspeed-Spektakel, bei dem das Massaker die kurzweiligste Verbindung zwischen bürgerlichem Idyll und Aussteigerromanze ist.
Wer fragt schon nach Logik, wenn finstere Politverschwörungen, Hitchcock'sche Küchenpsychologie und eine diabolische Stunt-Choreographie für gute Laune sorgen.
Und wann hat man schon so politisch unkorrekte, geradezu unsympathische Helden genießen dürfen wie Samuel L. Jackson („Pulp Fiction“, „Stirb langsam 3“), der hier mit einem wahren Kabinettstück den coolen Ghetto-Stenz der 70er Jahre in die Gegenwart rettet.

Diese Filmkritik erschien im „Tagesspiegel“-Supplement „Ticket“ 50/1996 vom 12. Dezember 1996

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Heubisch & die Studiengebühren: Er hat ganz schön gebohrt

Das kameralistische Prinzip, um jeden Preis das verbliebene Restbudget zum Jahresende rauszuhauen, scheint der Ego-Shooter der Bürokraten zu sein. Denn nur mit einem aufgebrauchten Etat kann man seinen Rang in der Hackordnung halten oder vielleicht sogar in der nächsten Budgetrunde noch eine Schippe dazu bekommen.
Der Zahnarzt vom Arabellapark setzt aber noch eins drauf und überträgt das unsinnige wie überholte Prinzip auf die Verwendung von  Studiengebühren, um sein Bollwerk zu deren Wahrung zumindest propagandistisch zu stärken. Seit gestern kursiert im Internet sein Schreiben vom 19. November an die Vorsitzenden der Leitungsgremien der staatlichen bayerischen Hochschulen zur zeitnahen Verwendung der Restmittel. Zuerst gesehen habe ich es bei Bildungsprotest Würzburg, inzwischen wurde offenbar eigens dafür sogar BayernLeaks  gegründet. Meine schriftliche Anfrage an die Pressestelle des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst zur Authentizität des – mit auffälligen Fehlern versehenen – Briefes blieb bislang unbeantwortet, aber laut der „Augsburger Allgemeinen“ hat das Ministerium die Authentizität inzwischen bestätigt (Fettungen im Lauftext durch mich):

Studienbeiträge:
zeitnahe Verwendung der Restmittel

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Herren Präsidenten,
sehr geehrter Herr Rektor,

mit meinem Schreiben vom 13. April 2010 habe Sie gebeten, darauf zu achten, dass noch vorhandene größere Restmittel aus eingenommenen Studienbeiträgen früherer Erhebungszeiträume zeitnah bedarfsgerecht verausgabt werden. In meinem Bericht an den Bayerischen Landtag über die Erhebung und Verwendung der Studienbeiträge an den staatlichen Hochschulen in Bayern 2009 habe ich angesichts der zum 31.12.2009 auf 106 Mio. Euro weiter angewachsenen Reste zugesichert, Sie an diesen Appell erneut zu erinnern.

Die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer zügigen und zweckentsprechenden Verwendung der Studienbeiträge zur Verbesserung der Studienbedingungen sind mir sehr wohl bewusst. Vor allem das komplexe Verfahren unter paritätischer Studierendenbeteiligung muss daher in Rechnung gestellt werden. In meinem Bericht an den Landtag habe ich auf diese Rahmenbedingungen hingewiesen, die einen zeitnahen und vollständigen Mittelabfluss hemmen.

Um die politische Unterstützung für die Erhebung der Studienbeiträge in Bayern nicht zu gefährden, möchte ich aber im nächsten Jahr dennoch nicht von einem weiteren Ansteigen der Restmittel berichten müssen, sondern auf einen Abfluss der angesparten Reste hinweisen können. Der politische Druck gegen eine Beibehaltung der Studienbeiträge hat im Zusammenhang mit der Abschaffung der Studienbeiträge und der vergleichbaren Gebühren in anderen Ländern zugenommen. Außerdem ist es für die Akzeptanz der Studierenden wesentlich, dass die eingenommen Mittel zeitnah eingesetzt werden und die Studierenden als Beitragszahler die Verbesserungen noch als „ihre unmittelbare Beitragsleistung“ wahrnehmen können.

Die bayerische Staatsregierung hat sich eindeutig für eine Beibehaltung der Studienbeiträge und der damit verbundenen Möglichkeiten der Hochschulen zur Verbesserung der Studienbedingungen über die staatliche Grundausstattung hinaus ausgesprochen.

In diesem Sinne wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sie für einen zeitnahen Resteabfluss Sorge tragen könnten.

Mit bestem Dank für Ihre Unterstützung und freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Heubisch

Heiko – Allein zu Haus? Marc Scheloske verläßt ScienceBlogs

Ulrich Hegge (Media Innovation Lab), Jochen Wegner (Focus Online), Julia Knolle (Les Mads)... – der brain drain bei Burdas Onlinern ist nicht zu übersehen, und während man rätselt, wann Heiko Hebig geht, meldet sich nun Marc Scheloske ab, Macher des deutschen Ablegers der amerikanischen Wissenschafts-Community ScienceBlogs, die Burda adaptiert und inzwischen bei Glam Deutschland geparkt hat.
Scheloske, der dank seiner eigenen Wissenswerkstatt die bei Konzernen rar gesäte street credibility besitzt, betreute nicht nur Burdas Wissenschaftlernetzwerk redaktionell, sondern vertrat das Haus auch souverän nach außen, ob letztes Jahr auf Einladung des Bayerischen Journalisten-Verbands im Clinch mit Don Alphonso oder neulich in Berlin beim Historikertag.
Offiziell ist Scheloske bereits im Resturlaub, betreut aber noch bis kommende Woche vorläufig weiter das Wissenschaftsnetzwerk, bevor es anschließend zu einem längeren Trip mit der Sprachspielerin  down under geht.

Updates:

Scheloskes offizieller Abschiedsgruß und Staffelübergabe an Fabian Soethof und Jürgen Schönstein.

Am 3. Juni 2011 meldet Condé Nast die Verpflichtung Julia Knolles, die als Editor-at-large die „Weiterentwicklung der Content-Strategie für die digitalen Produkte betreuen und sämtliche Social-Media-Aktivitäten koordinieren“ soll. „Julia Knolle bildet künftig gemeinsam mit den Redaktionsleitern Doris Huber und Krischan Lehmann das redaktionelle Leitungsteam von Condé Nast Digital. Sie wird zudem einen eigenen Blog auf VOGUE.de eröffnen.“

Am 10. Juli 2011 gibt denn auch Heiko Hebig seinen Abschied von Burda via Google+ bekannt. „I have decided to leave Hubert Burda Media's iLab where I have worked as Head of R&D and move on to a new challenge. Last week I have communicated this decision to my team, today I share this information with the rest of you.

I will not leave immediately. There are still a few things that need to get done.
And as of today I don't know what the next step might be. I have a few ideas, there might be new opportunities - and I need some time to figure out what I want to do in the future.“



Am 4. September 2011 meldet der „Tagesspiegel“ den Abgang der zweiten Les-Mads-Gründerin Jessica Weiß, die als „Executive Editor Online“ zu Bernd Runges Magazinprojekt „Interview“ wechselt.

(Foto oben: Don Alphonso, Marc Scheloske, Thomas Mrazek v.l.n.r./Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses)

Dienstag, 21. Dezember 2010

Karl Lagerfeld spielt für VW die Toffee-Fee
(Update: mit Werbespot)

Auch wenn er schon für Warnwesten geworben hat, habe ich Karl Lagerfeld bislang weniger mit Autos assoziiert, denn mit Privatjets und maritimen Cruisern. Doch ab morgen wirbt die deutsch-französische Modeikone für eine „Style“-Sonderedition der sonst eher bodenständigen VW Polo und Golf, die in Moonlight Blue und Toffee Braun aber auch nicht mehr Glanz ausstrahlen. Mal sehen, ob der dazugehörige Werbespot mehr Witz und Glamour besitzt als die Printkampagne, die Lagerfeld stets nur von hinten zeigt und im Grunde nur die Claims variiert („Endlich mal ein Model, das keine Zicken macht“, „Bis zu 2.875 Euro sparen kommt nie aus der Mode“, „Der neue Stil: was Bequemes für jeden Anlass“, „Das sollte man diese Saison in der Garage haben“).


Samstag, 18. Dezember 2010

Das unbefleckte Verhängnis – „Babylon A.D.“ von Mathieu Kassovitz

Fang mit dem Tod des Helden an und steigere dich dann stetig. Mathieu Kassovitz' Mysterienspiel „Babylon A.D.“ lässt es krachen, blitzen, scheppern, gehorcht den adrenalingeschwängerten Gesetzen der Gegenwart, spielt in der nahen Zukunft und spiegelt zugleich den ältesten Bestseller der Erde wider.
Frech bedient sich der Blockbuster der Highlights der Christenheit und mischt Wiederauferstehung und Jungfrauengeburt, Apostel und Weltplagen zu einem packenden, stilsicher zwischen Pathos und Parodie balancierenden Action-Evangelium.
Doch anders als der Da Vinci-, Bibel- oder andere Codes versucht das Drehbuch gar nicht erst, eine hanebüchene genetische Linie aus Jesus' Zeiten, den Jahren des Herren (A.D.), zu konstruieren. Muss es auch nicht, denn schließlich gibt es die moderne Biotechnologie. Wozu sich mit israelitischen Stammbäumen und Verwandtschaftsverhältnissen aufhalten, wenn man Gottes Armee, ob Apostel, Jungfrau oder Erlöser, gentechnisch erschaffen, ja sogar so weit verbessern kann, dass die zwölf Jünger wie die Artisten des Cirque de Soleil behände herumpurzeln können, die Mutter Gottes aus dem Stand ein russisches Atom-U-Boot zu steuern vermag, und der neue Heiland gleich im Doppelpack geboren wird. Etwas vorzeitig liefert uns Mathieu Kassovitz das diesjährige Weihnachtsmärchen, aber liegen in den Supermärkten nicht auch schon die ersten Spekulatius und Lebkuchen?
„Keine Freunde, keine Familie, keine Zukunft“, der Söldner Toorop (Vin Diesel) erinnert an Jean Reno in „Léon – Der Profi“ und Bruce Willis in „Das 5. Element“, ein Killer mit dem Herz am rechten Fleck, wie ihn das französische Kino liebt und gerne mit einer naiv wirkenden Unschuld (Natalie Portman, Milla Jovovich) paart: Diesmal ist sie engelsblond und heißt Aurora (Mélanie Thierry), eine Klosterschülerin in der Obhut der Noeliten (noël: französisch für Weihnachten), einer finanzstarken wie waffenstarrenden Sekte. Toorop soll die Jungfrau aus den russischen Grenzgebieten des tiefsten Asiens nach New York schmuggeln, argwöhnisch beäugt von Schwester Rebecca – Anstandsdame, schlagkräftige Nonne und daher mit Michelle Yeoh perfekt besetzt.
Überhaupt die Schauspieler (die es fast schon zwingend machen, sich diesen Film unsynchronisiert in der amerikanischen Originalfassung anzusehen): Nie sah man Gérard Depardieu (als Obermafioso) widerlicher, Charlotte Rampling (als Hohepriesterin) fieser und Lambert Wilson (als Dr. Seltsam) wahnsinniger als in diesem fulminanten Endzeitdrama, dessen beängstigenden Bilder kaum erstaunen, sondern überraschenderweise fast der aktuellen „Tagesschau“ zu entspringen scheinen. Nur dass auf der Leinwand in Osteuropa keine größenwahnsinnigen Politiker, sondern mafiöse Söldnerfürsten herrschen. Die Flüchtlingsströme etwas massiver sind. Die Kirchen skrupelloser. Die Atompannen vernichtender. Die Grenzkontrollen tödlicher. Und die Umgangsformen der oberen Zehntausend sogar weit brutaler als die der Pariser Vorstadtbanden – mit deren Porträt Kassovitz in seinem ersten Kinoerfolg „Hass“ seinen frühen Ruhm begründet hatte.
Nicht mehr nur das Pariser Banlieue, die ganze Welt ist ein Schlachthaus, aber „Babylon A.D.“ nimmt das Elend aus Selbstmordanschlägen und Balkansoldateska nicht ernster als ein James-Bond-Film die Realität einer Dritten-Welt-Diktatur oder die Mabuse-Klassiker den Schrecken der zwanziger und dreißiger Jahre. Hauptsache, er kann Diesel und Thierry zum aufregendsten Heldenpaar seit Bogart und Bacall stilisieren. Dabei beschränkt sich Kassovitz nicht auf die Hagiographie, sondern malt wie in einem Kolportageroman oder bunten Comic auch Nebensächliches breit aus und vernachlässigt den strengen Erzählstrang gern, wenn die Alternative pittoresker scheint. In seinen stärksten Momenten steigert sich Kassovitz sogar zu blankem Kitsch, aber ist das die Bibel in ihren packendsten Passagen nicht auch?

Diese Filmkritik erschien zuerst im „In München“ 19/2008

Dienstag, 14. Dezember 2010

Macht hoch die Tür: Cafés, Bars & Kneipen zwischen den Jahren

Das ist die Liste von 2010. Die aktuelle Übersicht für 2024 findet man hier!

Wie jedes Jahr eine Liste der Weihnachts- und Neujahrsöffnungszeiten empfehlenswerter Münchner Cafés, Clubs und Kneipen. Beiträge aus Euren Vierteln sind herzlich willkommen. Die Liste wird laufend aktualisiert.
  • Alter Simpl Heiligabend geschlossen, an beiden Weihnachtsfeiertagen, Silvester und Neujahr ab 18 Uhr geöffnet.
  • Atzinger Heiligabend von 9 bis 1 Uhr geöffnet. An den beiden Weihnachtsfeiertagen sowie Neujahr von 17 bis 1 Uhr.
  • Baader Café Am 24. und 25. Dezember geschlossen, 26. Dezember ab 9.30 Uhr auf. Silvester bis 18 Uhr geöffnet, ab 22 Uhr dann  Silvester-Party mit DJ Sir Ted. Neujahr ab 12 Uhr auf.
  • Barer 47 Vom 19. Dezember bis 4. Januar geschlossen.
  • Barer 61 Vom 20. Dezember bis 5. Januar geschlossen.
  • Cabane Vom 24. Dezember bis 6. Januar geschlossen.
  • Café Crème Heuer kein Betriebsurlaub, Heiligabend und Silvester bis 13 Uhr auf.
  • Cafékiosk Vom 23. Dezember bis 8. Januar geschlossen.
  • Le Florida Silvester, Neujahr und am 2. Januar geschlossen.
  • Gartensalon Vom 24. Dezember bis 10. Januar geschlossen.
  • Goldene Bar Neujahr geöffnet.
  • Hanshe Bis 9. Januar geschlossen.
  • Holy Home Heiligabend und Silvester geschlossen. 
  • Café Kubitscheck An den Weihnachtsfeiertagen von 8 bis 17 Uhr geöffnet.
  • Laden Weihnachten, Silvester und Neujahr geschlossen, zwischen den Jahren von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
  • Lizard Lounge Heiligabend zu, vom 25. bis 30.12. auf, Silvester ab 22 Uhr. 
  • Mario Heiligabend und 25. Dezember geschlossen, sonst geöffnet.
  • Max-Emanuel-Brauerei Bis 1. Januar geschlossen.
  • Nido Bis 6. Januar geschlossen.
  • Conditorei Mische Heiligabend und 1. Weihnachtsfeiertag geschlossen, 2. Weihnachtsfeiertag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Silvester von 9 bis 18 Uhr, Neujahr von 11 bis 18 Uhr. 
  • Das neue Kubitscheck Am 1. Weihnachtsfeiertag geschlossen. 
  • Paulo An den Weihnachsfeiertagen von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Neujahr offen.
  • Pavesi Bis 10. Januar geschlossen.
  • Pavesi Picnic Am 1. Weihnachtsfeiertag geschlossen, nach den Feiertagen geöffnet, aber keine warme Küche vom 20. Dezember bis 10. Januar. Neujahr offen.
  • Pini Am 24. und 25.12. geschlossen. 
  • Pommes Boutique Bis 16. Januar geschlossen.
  • Puck Heiligabend von 9 bis ca. 16 Uhr geöffnet, am 1. Weihnachtsfeiertag geschlossen, am 2. Weihnachtsfeiertag sowie zwischen den Jahren von 9 bis 1 Uhr, Silvester von 9 bis ca. 17 Uhr und Neujahr von 10.30 bis 1 Uhr geöffnet.
  • Rossini Bis 9. Januar geschlossen. 
  • Schall & Rauch An beiden Weihnachtsfeiertagen geschlossen. 
  • Schellingsalon Bis 12. Januar Winterpause.
  • Schumann's Bar Am 24. und 25. Dezember geschlossen, am 26. Dezember ab 18 Uhr auf.
  • Sobi Cocoa Heiligabend von 8.30 bis 15 Uhr geöffnet, 25. Dezember und 1. Januar geschlossen, am 2. Weihnachtsfeiertag von 10 bis 20 Uhr geöffnet, zwischen den Jahren bis einschließlich Silvester von 9.30 Uhr bis 20 Uhr geöffnet.
  • Stadtcafé Heiligabend und Silvester bis 17 Uhr offen, am 1. Weihnachtsfeiertag und Neujahr zu.
  • Tafel & Schwafel Weihnachten geschlossen, ab dem 27.12. ab 9 Uhr wieder auf.
  • Trachtenvogl Heiligabend und 1. Weihnachtsfeiertag zu, Silvester bis 18 Uhr geöffnet, Neujahr ab 18 Uhr.  
  • Türkenhof Heiligabend von 11 bis 18 Uhr, an den Weihnachtsfeiertagen von 11 bis 1 Uhr, Silvester ab 11 Uhr mit open end, Neujahr von 11 bis 1 Uhr geöffnet.
  • The Victorian House Brown's Tea Bar Heiligabend und am ersten Weihnachtsfeiertag geschlossen. 
  • Vorstadtcafé Geöffnet.

Montag, 13. Dezember 2010

Francis Ford Coppola: Vielleicht haben die Kids recht, die Musik und Filme illegal downloaden

„Man wird mich dafür lynchen, dass ich das sage, aber vielleicht sind die Zeiten vorbei, in denen man mit Kunst Geld verdient, und vielleicht haben die Kids recht, die Musik und Filme illegal downloaden. Vor zweihundert Jahren mussten Komponisten oft als Dirigenten arbeiten, weil es keine Tantiemen gab. Und vielleicht wird es wieder so. Viele große Literaten hatten andere Berufe, ich persönlich verdiene mein Geld nicht mehr mit meinen Filmen, sondern mit meinem Wein.“
Francis Ford Coppola, zitiert nach Susan Vahabzadehs Reportage über das Filmfestival in Marrakesch in der „Süddeutschen Zeitung“ von heute

Update: Ausführliche englischsprachige Zusammenfassung von Coppolas Statements in Marrakesch.

Wochenplan

„Clap“-Weihnachtsfeier, Pressevorführungen „Tron: Legacy“, „We want sex“ und „Love and other drugs“, Vernissage „Malerei auf Papier - Josef Albers in Amerika“ / Pinakothek der Moderne, Twittwoch / i-camp, blub club x-mess / 8 seasons, „What a loop“ / Werkraumtheater

(Foto: „We want sex“/Tobis-Film)