Freitag, 6. Juni 2008

Warum Bloggen durchaus subversiv ist

Als ich die – gar nicht rhetorisch gemeinte – Frage in die Bloggerrunde warf, ob unsere Kommunikationsform subversiv sei, war ich ob des Echos doch ein wenig erstaunt. Nicht daß die lieben Kollegen gänzlich unrecht hätten, aber mit so massivem Widerspruch hätte ich nicht gerechnet. Nun kommt es auf die Definition an, aber wenn man sich an die reine Lehre orientiert, derzufolge etwa Kommentare zuzulassen sind oder Korrekturen nicht klammheimlich zu erfolgen hätten, sondern durch sichtbare Durchstreichung sichtlich zu machen wären, sind Blogs nun mal durchaus die subversivste Kommunikationsform, weil sie den unfehlbaren, ex cathedra dozierenden Sender in ein menschliches Wesen verwandeln, das Fehler einräumt sowie dabei Transparenz und Widerspruch zuläßt. Es mag traurig sein, daß das heutzutage schon reicht, um subversiv zu sein, aber ich denke, und die Auswirkungen sind ja auch längst allerorten zu bewundern, ich bin wirklich mehr denn je überzeugt, daß Bloggen deshalb – im Unterschied zu Playstations und Fahrrädern – per se einen subversiven Standpunkt in unserer Medienwelt darstellt.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Mirakulöser Zufall

Oh, im Seminar heute war auch die Bassistin von Candelilla.

Liveblog Kommunikations- und Medienguerilla

16:21
Vorab: Ich gehe fremd. Zwar bin ich meinem Beuteschema treu geblieben und blogge mit einem PowerBook MacBook Pro, aber nicht mit dem mir Angetrauten, sondern mit dem Leihkoerper eines Studenten. Irgendwie hat mein Mac den Uniclient nicht schlucken wollen, der hier in der LMU den Weg ins Netz ebnet.

Mit im Saal vielleicht zwanzig Studenten, Alt- oder vielmehr Exblogger Stefan Knecht und der Praschl kommt aneblich auch noch.

16:25
Nicht nur, dass es nicht mein Rechner ist, aber er hat auch noch eine englische Tastatur, und Blogspot will auch nicht so wie ich will, dass heisst ich muss auch immer noch ein bisschen tricksen, um den Post zu aktualisieren.

16:28
Mal sehen, ob ich ein paar Bilder aus dem Hoersaal hochgeladen kriege. Hoffentlich sind auf meiner Kamera keine schmutzigen Bilder, nicht, dass ich auf meine alten Tage noch aus der Uni fliege.

16:29
Ah, Foucault. Den habe ich als Schueler verschlungen, und die Lektuere hat mich zur ersten Guerillaaktion gebracht. Wir haben an unserer Schule in Konkurrenz zur offiziellen Schuelerzeitung eine Gegenschuelerzeitung gegruendet, in der ich unseren Direx mit einem Gefaengnisdirektor verglichen habe. Ergebnis: Fuer mich ein Disziplinarverfahren und beinahe den Schulausschluss, der Direktor wurde im Gegenzug von der Jungen Presse Bayern mit dem Silbernen Maulkorb ausgezeichnet.

16:30
Die Professorin (Dozentin?) ist jetzt auch schon da.

16:39
f.k. bloggt auch live oder?

16.40
Lobo, die Pflaume, hat nichts zu unserem Blogkarneval beigetragen, aber immerhin wird er jetzt im Referat zur digitalen Boheme gewuerdigt. Digitale Boheme, ich nenne es ja immer: das Cafe wird zum Buero, wo wir frueher beim Cappuccio immer diskutiert, geflirtet und den Passanten auf dem Weg zur Arbeit nachgeschaut haben, hocken wir jetzt jeder fuer sich allein im Cafe, den Blick starr auf den Monitor gerichtet und schreiben, bloggen, skyppen, konzipieren, mailen, statt uns untereinander zu unterhalten, kennenzulernen oder einfach nichts zu tun. Seit wann arbeitet die Boheme?

16:47
Jetzt geht es um Web 2.0, social software und gerade eben hoerte ich den Ausdruck "Beziehungsmanagement", als ob ich ihn noch nie gehort haette, Beziehungsmanagement, bin ich nur gerade schlecht drauf oder klingt das wirklich so schrecklich desillusionierend, aeh, knallgrau, aeh, langweilig... Ich will nicht einmal meine Businesskontakte managen....

16:49
Wann kommt denn Blog Queen endlich nach Hause. Noch kein einziger Live-Kommentar in diesem Live-Blog.

16:53
Oh, Blog Queen kommt wohl nicht und weiss nicht zu wuerdigen, dass wir hier an Deutschlands akademischer Zukunft arbeiten, waehrend um uns herum in den Cafes das Leben tobt.

16:59
"Bloggen ist so neunziger Jahre", meinte Stefan Knecht zur Begruessung, was nur wieder beweist, wie zeitlos jung ich bleibe. 1992 sass ich auch das letzte Mal in einem Hauptseminar, schon damals einige Jahre nach dem Abbruch meiner gluecklosen Studienversuche, aber meine damalige Freundin musste sich zu Semesterbeginn in der Rostlaube der Freien Universitaet Berlin fuer ein Referat eintragen, und da sie es an dem Tag nicht in die Uni schaffte, uebernahm ich die Aufgabe. Seitdem hat sich in den Unis, ob Muenchen oder Berlin, optisch nicht viel veraendert - bis auf die Rollstuhlrampen und die Muelltrennung.

17:09
Back to my baby. Man braucht nur die richtige Stimmung, kaum geht es bei den Referaten um den Chaos Computer Club, schon schlüpft mein eigener Rechner ins Uni-Netz, und ich kann jetzt wieder mit Heimvorteil bloggen.

17:18
Da soll noch einer behaupten, man würde von der Uni nichts fürs wahre Leben mitbekommen. Als Handout haben wir alle gerade neue Fingerabdrücke bekommen.

17:23
Oh, die neue Weblogumfrage der Forschergruppe Online-Kommunikation am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich ist jetzt da und hier zu lesen.

17:31
Vier von 40 Anwesenden lesen oder schreiben Blogs. Zehn Prozent.

17:33
Mehrere Mitglieder des CCC anwesend, und ich blogge hier ungeschützt...

17:37
Schicke Brille!

17:41
Das Handout mit den wichtigsten Stichpunkten zu dem Thema und einigen interessanten Links und Fundstellen stelle ich nachträglich noch online, um den Wissensdurst von Blog Queen & Co zu stillen.

17:44
Jetzt kommt der Schlußmonolog von Frau Ort. Mal sehen, wer danach noch mit mir und Stefan Knecht einen trinken geht. Ich würde ja Wünsche äußern, aber dann redet Markus nie mehr mit mir.

17:45
Frau Ort wird auch noch Futter für uns auf ihre Website legen.

17:50
So ein Hauptseminar ist nun mal keine Oscar-Verleihung, da kann man nicht so schnell oberflächlich über Outfits und Dankesreden bloggen, sondern müßte tief in die Materie eindringen, aber überzogen wird auch hier.

Ist Bloggen bereits an und für sich subversiv?

Blogkarneval anläßlich des Hauptseminars Kommunikations- und Medienguerilla der LMU München im Sommersemester 2008. Dieser Beitrag wird im Laufe des Tages bis 16 Uhr ständig aktualisiert.

Ich persönlich denke, daß Bloggen nicht unbedingt per se subversiv ist, daß aber die Charakteristika dieser Technik dazu führen, eingefahrene Strukturen aufzubrechen und subversive Inhalte fördern. Das Internet im Allgemeinen und Blogs im Speziellen entreißen den Medienunternehmen die Produktions- und Vertriebshoheit von Meinung. Brauchte man früher Geld, um etwas zu drucken oder einen Rundfunkbeitrag zu produzieren, und noch einmal mehr Geld, um es landesweit an den Mann zu bringen, so kann das inzwischen nahezu jeder, sofort, kostengünstigst. Die Technik ist schwer zu kontrollieren, und selbst in Konzernen haben die Online-Abteilungen und Blogger meist wesentlich mehr Freiheiten als die sonstigen Mitarbeiter, weil es schnell gehen muß, oft keine Hierarchien und somit Kontrollinstanzen wie Textchefs, Abteilungsleiter oder Chefredakteure vorgesehen sind und ehrlich gesagt die meisten Bosse das Medium immer noch nicht ernst genug nehmen, um es wahrzunehmen und somit zu kontrollieren. Der computerlose Chef ist bis heute keine Seltenheit...

Joachim Graf: „Natürlich ist Blogging subversiv. Ungefähr genauso wie Playstation spielen. Oder Skaten. Oder Bier trinken. Oder, von mir aus: Genau so subversiv wie zur Wahl gehen ('If voting could change the system, it would be illegal').

Bloggen erleichtert vielleicht, kritisch, alternativ, subversiv zu sein. Gibt Mittel der Gegenöffentlichkeit in die Hand. Aber genau so wenig, wie Studenten heute deswegen politisch engagiert sind, weil sie die Zeit dazu haben, genau so wenig sind Blogger subversiv, nur weil sie das Werkzeug dazu haben.

Das ist im Iran, in China, in Zimbabwe sicher anders. Aber es gibt Millionen staatstreuer Blogger, reaktionärer Blogs, Scientology- oder Nazi-Blogs.

Natürlich gibt es subversive, linke, kritische, fortschrittliche Blogs. Aber die nutzen ein Medium nur in einem Sinne, der mir gefällt.

Aber der Blogger an sich ist kein besserer Mensch, nur weil er bloggt.“



Patrick Gruban: „Das Medium Internet oder das Medium Blog ist erstmal neutral. Da aber jeder ohne zusätzliche Kosten vom Konsument zum Produzent werden kann und seine Meinung parallel zu den großen Medien und Meinungsmachern publizieren kann, kann es subversiv genutzt werden. Aber das heisst noch lange nicht, dass das was geschrieben wird auch gelesen und geglaubt wird.

Der grosse Unterschied zu den handkopierten Flugblättern und Zeitschriften des letzten Jahrhunderts ist die Möglichkeit, dass Artikel von Einzelpersonen innerhalb von wenigen Stunden als Zitate mit Link auf den Originaltext verbreitet werden können. Insofern können sich schon Informationen verbreiten, die von den Massenmedien vergessen wurden.

Der Regelfall in der Praxis ist aber eher, dass Blogs Beiträge aus traditionellen Medien aufgreifen und kommentieren.“



Stefani Akins: „An und für sich sind Blogs bestimmt nicht subversiver oder effektiver als andere Medien, denn hauptsächlich scheint der Grossteil der Blogger doch dieses Medium als Verlängerung, bzw. Ergänzung der digitalen Community zu benutzen. Wäre interessant, ob durch Twitter manche privaten Info-Blogs nun verschwinden. Ansonsten muss man immer noch darauf setzen, dass man überhaupt Leser für sich gewinnen kann, die sich auch mit dem gebotenen Material auseinandersetzen. Wenn's keinen interessiert, ist der beste Blog wertlos.

Die Macht des Blogs liegt meiner Ansicht nach in der kaum zu überbietenden Aktualität. Dass manch einer dies ausser Acht lässt, beschreibt Todd S. Purdum in seinem Clinton-Artikel in der Vanity Fair sehr schön:

Perhaps more than anything, Clinton, whose audiences in recent years have tended to be adoring crowds who hang on every word of what those who have heard his standard speech say is a rambling tour d’horizon of world problems, has simply lost a step.

'Look, the game has changed,' said Mike McCurry. 'He ran his last national campaign in 1996, and remember, we kind of ran unopposed. It’s been a while since he did that, and the way you summon people up and get them to do things has changed. All of this stuff, the blogging and the YouTubing and the way in which everything is instantaneously available: I tell you, until you get out there and are actually dealing with the consequences—having what you just said as you were walking out the door [all over the Internet], that’s brand-new to him.'

Dennoch sollte man im Sinne der Diskussion unbedingt zwischen rein privaten Blogs unterscheiden und solchen, die sich eine bestimmte Art von Aufklärung zur Aufgabe machen; wahlweise auch Propaganda, womit wir wieder bei der Subversion wären...“



Stefan Knecht: „'Es gibt keinen Kanon, der festlegt, wie ein Weblog geschrieben werden muss, es gibt keine Kriterien, nach denen man beurteilen könnte, was ein gutes und was ein schlechtes Weblog ist, es gibt keine Vereinbarungen darüber, wie lange ein Weblogbeitrag sein muss, wovon Weblogs sprechen sollten, wie sie keineswegs sprechen sollten, wie oft sie sprechen sollten, zu wem sie sprechen sollten, und wie sie jene behandeln sollten, mit denen sie sprechen. Es gibt noch nicht einmal eine einigermaßen akzeptierte Auskunft darüber, was ein Weblog eigentlich ausmacht. (...) Deswegen bildet sich der Weblogautor ziemlich bald ein, er habe eine Pflicht, er müsse weitermachen, am besten jeden Tag, ohne dass er wüsste, wohin. Also schreibt er jeden Tag etwas in sein Weblog, und nicht selten stellt er sich die Frage, ob es denn wirklich so viel gibt, über das zu schreiben sich lohnt.' - Peter Praschl. Hinter den Texten lauern andere. Jungle World Nr. 5, 29. Januar 2004. via Sofa. rites de passage

Roland Keller: „Blogs sind so subversiv wie Margarine oder ein Fahrrad, das in Hongkong umfällt.
Die meisten Blogs sind leider nur langweilig. Subversiv können nur Inhalte sein, die sich entsprechend verbreiten und wirken.

Gegenöffentlichkeit:

Zunächst würde ich Blogs als Teil der Öffentlichkeit verstehen, viele auch, Privates öffentlich zu machen.
Gegenöffentlichkeit herzustellen, um en Begriff aus den 68er-Zeiten zu nutzen, heißt ja, dass Blogs dazu da wären, um der Öffentlichkeit Informationen zu liefern, die von der Presse unterdrückt oder falsch dargestellt werden.
Damit beschäftigt sich aber nur eine Minderheit der Blogs, ebenso mit dem, was ich unter kritischer Öffentlichkeit verstehe. Dies ist zumindest in Deutschland eine gute Ergänzung zur Presse, reichert die Vielfalt an.

Ich weiß nicht, wie Peter Turi zu der Aussage das Internet verschlänge „alle Ärmelschonerträger und Hierarchen“ kommt. Keine Angst, diese Feindbilder bleiben uns auch in Zeiten des Internet erhalten. Vielleicht passen sie sich an die neuen Umstände und Verkehrsformen etwas an oder nutzen das Internet gar als Tarnung, aber das Internet wird diese Mentalität und das Verhalten nicht abschaffen.“


Frau Klugscheisser: „Vielleicht ist das Wort 'subversiv' zu stark, zu bedeutungsschwanger aber das Blog als individueller Gegenpol - den dann aber aufgrund des erschlagenden Überangebotes dieser und anderer Medien eh keiner wahrnimmt - zu einer öffentlichen Meinung wäre theoretisch das systemimanente Potential dieses speziellen Mediums. Dass es so eher selten in der Praxis genutzt wird, hat sicher vielerlei Gründe.

Mein persönliches Beispiel war ein bewußt überspitzt formulierter Beitrag bei Mindestenshaltbar zum 30jährigen Andenken an den Deutschen Herbst, worauf sich in meinem Blog ein Zeitzeuge zu Wort meldete, der als Kind bei der Entführung der Landshut dabei war und die Geschehnisse aus seiner persönlichen Sicht schilderte.
Das war für mich nicht nur bewegend, sondern auf gewisse Weise auch subversiv.“


Harald Mandl: „Bloggen und subversiv? Was hat das eine mit dem anderen am Hut? Das ist in etwa so wie Angela Merkel und ironisch, oder Schäuble und entspannt.

Bloggen ist erst einmal nichts anderes als die Möglichkeit, Inhalte ins Internet zu stellen. Diese werden in der Regel so beachtet wie eine Ansprache mitten im Wald. Um subversiv zu wirken, braucht man eine interessierte Öffentlichkeit. Diese schert sich in der Regel aber nicht wirklich um einige Textfragmente im weiten Internet. Um subversiv zu wirken, muss jemand echt und authentisch sein. Auch das ist das Gegenteil von Bloggen - hier kann jeder, so er will, als Hinz und Kunz alles mögliche behaupten und das Gegenteil davon. Bloggen und Beliebigkeit, das passt schon eher.

Management Summary: Gerade durch die mögliche Anonymität kann keine subversive Wirkung zustandekommen, da nie klar ist, ob hier jemand hinter seinen Aussagen steht oder schlicht provozieren will, um des Krawalls willen.“


Manuelle Trackbacks: Gruban, Blog Queen

Mittwoch, 4. Juni 2008

Blog-Karneval & Live-Blog zur Medienguerilla

Passend zum morgigen Hauptseminar Kommunikations- und Medienguerilla hat Peter Turi unlängst behauptet, das Internet verschlänge „alle Ärmelschonerträger und Hierarchen“. Doch ist es deswegen auch schon per se subversiv – oder ist es nur ein Medium wie alle anderen?

Morgen, am Donnerstag, wird es von 16 Uhr c.t. bis 17.45 fünf Referate geben, bei denen es um Gegenöffentlichkeit unter Foucault'scher Perspektive geht, um die digitale Bohème und das Web 2.0, um Open Source und den Chaos Computer Club – und natürlich um Blogs. Unter den studentischen Referenten: Fred Kapinski.

Damit das Ganze nicht zu akademisch wird, wollen wir ein bißchen Praxiserfahrung ins Spiel bringen:
  1. Im Stil eines improvisierten Blogkarnevals würde ich Euch bitten, mir bis morgen 16 Uhr ein kleines Statement zu mailen (oder hier als Kommentar zu setzen), inwieweit Ihr Blogs als Gegenöffentlichkeit empfindet. Diese Beiträge präsentiere ich dem Hauptseminar.
  2. Ab 16.15 Uhr werde ich dann live aus dem Seminar bloggen und versuchen, die Referate ein bißchen aus dem Hörsaal in die Blogosphäre zu tragen, wofür ich natürlich möglichst viele spontane Kommentare erwarte, die wir wiederum umgehend per Beamer im Hörsaal sichtbar machen werden.
Mögen die Spiele beginnen!

Riekel redet über München

Seitdem Katharina Rieger von der „freundin“ zur „Abendzeitung“ gewechselt ist, hat man nicht viel von ihr gehört oder gelesen, aber in der morgigen Ausgabe zeigt sie Flagge und interviewt auf über einer halben Seite eine alte Kollegin aus dem Arabellapark, „Bunte“-Chefredakteurin Patricia Riekel, zu Münchner „Glamour, Stil und die Society an der Isar“. Ein einziger Lobgesang auf die Münchnerinnen („Es gibt kaum eine Stadt auf der Welt, in der Frauen so gut angezogen sind wie hier. Nicht mal in Paris.“). Elegant zieht sie die Kurve vom Bogenhausener Bonzenkiez zum Glasscherbenviertel („Ich lebe in der Flemingstraße am Herzogpark. Ich liebe diese Straße, ich kenne die meisten Nachbarn dort. Das ist wie auf dem Dorf. Doch es gibt ein paar andere, sehr interessante Gegenden, die münchnerischen Viertel Giesing und die Au. Das sind sehr aufstrebende Bezirke.“) Während Berlin von der dennoch dort gern Hof haltenden People-Pusherin gedisst wird: „Ich kenne viele Leute, die aus Berlin wieder zurückwollen und es kaum erwarten können, freitags im Flieger nach München zu sitzen.“ Immerhin findet sie auch in München nicht alles gelungen: „Ich bin für Hochhäuser“ und „ich bekenne: Ich war immer für den Transrapid.“

Dorin, Sorin & Co

Danke, liebe „SZ“-Sportredaktion, daß zu Euren 99 Herzenswünschen anläßlich der EM die Hoffnung zählt, Rumänien ins Viertelfinale vordringen zu sehen – auch wenn Ihr der deutschen Mannschaft so nur Mannschaften wie Frankreich, Italien oder die Niederlande als Endspielgegner ersparen wollt. Falls meine Landsleute tatsächlich weiterkommen, färbe ich mir die Haare, oder was davon noch übrig geblieben ist, blond!

Aufgesexter Arabellapark

Platzhirsch im Arabellapark, Münchens Stadtteil mit der höchsten Redaktionsdichte, ist sicherlich der Burda-Verlag, Mauerblümchen der IPM Magazin-Verlag, aber so ziemlich sämtliche Werbeflächen am Rosenkavalierplatz hat sich Marquard Media gesichert. Und so starren die Kolleginnen und Kollegen von „Bunte“, „InStyle“ & Co jahrein, jahraus auf dem Weg zur Arbeit oder während ihrer Mittagspause im sogenannten Gefängnishof auf die Cover der Konkurrenztitel „Celebrity“, „Cosmopolitan“, „Joy“ und „Shape“, die ehrlich gesagt auch recht austauschbar wirken. Da ist es nahezu eine optische Revolution, daß nach dem Verkauf des Springer-Titels „Maxim“ an Marquard Media flugs eine weitere Plakatfläche angemietet wurde und jetzt doch eine etwas andere Titelästhetik das Mediendorf bereichert.

Dienstag, 3. Juni 2008

Nichts verstanden

Jetzt.de beschwert sich heute im Lokalteil der „Süddeutschen“, „dass ein Weißbier im Viktualienmarkt-Biergarten prinzipiell zwar eine ausgezeichnete Idee ist. Aber noch bayerischer würde es schmecken, wenn man es auch in Weißbiergläsern anstatt Krügen bekäme.“ Kleiner Tip: Die Weißbiergläser gibt's, man muß nur den Schankkellner darum bitten und ein Pfand dafür zahlen...

Montag, 2. Juni 2008

Online-Prosa zum Einschlafen

Herr Wichtigmann hat sich ein paar Hot-Shots gesichert, um anläßlich des Münchner Stadtgeburtstags eine Prosa-Stafette online zu stellen. Nichts gegen Bernhard Keller, Thomas Lang, Kerstin Specht und Thomas Palzer, aber die erste Folge ihres Online-Projekts „2158 – Die letzten Tage von München“ liest sich tödlich langweilig. Und wer bitteschön ist Robert Mnusil?

Servus Sopherl


Sophie Grützner ist jetzt "Stellvertretende Chefredakteurin/ Deputy Editor-in-Chief" bei "Bauer Lifestyle Magazine KG Redaktion Life&Style". Xing-Statusmeldung der bisherigen „InStyle“-Autorin

Google Earth kommt zu literarischen Ehren

Bei einem Coffeebreak heute mittag hat ein Freund Woody Allen gelobt, dessen alten Bücher er gerade wiedergelesen hätte und die sich als zeitlos gut erwiesen hätten, weil sie eben nicht irgendwelche Trends und Moden widerspiegeln, sondern immerwährende Wahrheiten. Andererseits war die Gier nach DEM Schlüsselroman zur deutschen Wiedervereinigung oder dem Anschlag auf das World Trade Center für mich sehr nachvollziehbar, weil man gerade im rasend zunehmendem Tempo der mäandernden Nachrichtenbits und -bytes nach der großen Linie, der alles verbindenden Wahrheit sucht.

Nun liegt seit ein paar Tagen Joseph O'Neills 9/11-Roman „Netherland“ vor, den die „New York Times“ feiert: „the wittiest, angriest, most exacting and most desolate work of fiction we’ve yet had about life in New York and London after the World Trade Center fell“. Aufgegriffen wird darin aber nicht nur die politische Gegenwart, sondern auch die technologische – und Google Earth besonders gewürdigt. Oder um die „New York Times“ noch einmal zu zitieren: „There’s a moment in 'Netherland' involving a father, the son who has been taken from him, and Google Earth that’s among the most moving set pieces I’ve read in a recent novel.“

O'Neill schreibt: „There was no movement in my marriage, either; but, flying on Google's satellite function, night after night I surreptitiously traveled to England. Starting with a hybrid map of the United States, I moved the navigation box across the north Atlantic and began my fall from the stratosphere: successively, into a brown and beige and greenish Europe bounded by Wuppertal, Groningen, Leeds, Caen (the Netherlands is gallant from this altitude, its streamer of northern isles giving the impression of a land steaming seaward); that part of England between Grantham and Yeovil; that part between Bedford and Brighton; and then Greater London, its north and south pieces, jigsawed by the Thames, never quite interlocking. From the central maze of mustard roads I followed the river southwest into Putney, zoomed in between the Lower and Upper Richmond Roads, and, with the image purely photographic, descended finally on Landford Road. It was always a clear and beautiful day – and wintry, if I correctly recall, with the trees pale brown and the shadows long. From my balloonist's vantage point, aloft at a few hundred meters, the scene was depthless. My son's dormer was visible, and the blue inflated pool and the red BMW: but there was no way to see more, or deeper. I was stuck.“ (Seite 123/124)