Montag, 25. August 2025

Wer zieht beim Bieseln den Kürzeren?

Der Treppenwitz beim Gezeter um die Partymeile Schellingstraße ist das Bürgerbüro des Bezirksausschusses Maxvorstadt. Denn das Gremium, das die Nachbarschaftsinitiative für eine l(i)ebenswerte Maxvorstadt beim Kampf gegen „verbieselte Hauswände, Erbrochenes, sogar Fäkalien in Hauseingänge“ („Abendzeitung“) einstimmig unterstützt, residiert seit Anfang der 1990er-Jahre in einer ehemaligen Bedürfnisanstalt.

Symbolträchtiger kann man nicht darstellen, was der Stadt die Bedürfnisse ihrer Bürger wert sind. Seit Jahrzehnten entfernt sie öffentliche Toiletten wie eben in der Schellingstraße oder, um nur ein paar aufzuzählen, etwa auch am Kronepark, am Luise-Kiesselbach-Platz, am Gasteig, Großmarkt, an der Lerchenfeldstraße, am Herkomerplatz und am Holzplatz ersatzlos oder wandelt sie in den paar verbleibenden U-Bahnhöfen in Bezahlklos um. Pecunia non olet. (Und die abgehobene „Süddeutsche Zeitung“ jubelt jede Zweckentfremdung einer Toilette dann gerne hoch. Schließlich schreibt man lieber über das drölfzigste Café oder Kunst-Pop-up als über das tägliche Geschäft.)

Und wenn Stadt oder Staat viel Geld in die Hand nehmen, um eine Tiefgarage samt Spielplatz am Josephsplatz zu errichten oder das Gärtnerplatztheater zu renovieren, verpasst man die seltene Chance, dabei auch an die täglichen Bedürfnisse vor Ort zu denken. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: München hat ein Toilettenproblem, das mit einer latenten wie haltlosen Furcht vor Schwulen, Sexworkern und Drogensüchtigen verknüpft ist. Weshalb die verbleibenden Bezahltoiletten und die wenigen, dank einer Initiative der Rathaus-Grünen neu entstehenden, kostenlosen Klos nachts verschlossen bleiben. Denn die braven Bürger*innen bleiben in der Vorstellung der Stadtoberen nachts daheim und haben sich nicht herumzutreiben. 

Das Problem verschärft sich stets dort, wo öffentliche Plätze durchaus mit ideeller oder gar baulicher Unterstützung der Stadt zu Hot Spots werden: Ob an der Münchner Freiheit, dem Wedekindplatz, am Gärtner- oder Josephsplatz oder eben im Karree Schelling-/ Türken-/ Amalienstraße.

Das Gezeter ist dann immer groß, wenn die den öffentlichen Raum  nutzenden Münchner*innen ihre Notdurft in den Büschen, zwischen den parkenden Autos oder am umliegenden Mauerwerk verrichten.

In der Schellingstraße kam die Bezirksinspektion Mitte des Kreisverwaltungsreferats nun auf die glorreiche Idee, den inkriminierten Spätis vorzuschlagen, ihre Klientel in die benachbarten Bars, Kneipen und Restaurants zu schicken, die schon darunter leiden, dass ihnen die Spätis Gäste abspenstig machen: Man solle „ein Abkommen mit angrenzenden Gaststätten zur Mitbenutzung derer Toiletten“ treffen.

Genau so ein Abkommen war bereits früher einmal angedacht, nur dass es die Landeshauptstadt selbst mit den Wirten treffen wollte. Das in Deutschland, Österreich und der Schweiz betriebene Projekt heißt Nette Toilette. Ausgewählte Wirte sollten von der Landeshauptstadt monatlich dreißig Euro dafür bekommen, dass sie ihre Toiletten nicht nur den eigenen Gästen öffneten, sondern auch Leuten von der Straße. 

Die Pläne werden nun bereits seit dem Jahr 2014 (!) hin und her gewälzt und wechselten inzwischen vom Kommunalreferat ins Referat für Arbeit und Wirtschaft. Dachte man beim ersten Antrag der SPD-Rathausfraktion 2014 noch eher an Gaststätten in Nähe von toilettenlosen Spielplätzen zielt man inzwischen eher auf das Kunstareal und weitere touristisch herausragende Orte. Es wurden auch Münchner Lokale schon konkret darauf angesprochen, aber letztendlich bis heute nichts realisiert, weil es einerseits die Stadt summa summarum zu teuer gekommen wäre, die Rede war von jährlich 100.000 Euro, und andererseits die angebotenen dreißig Euro für einen Wirt in keinem Verhältnis zu dem Mehraufwand bei der Kloreinigung stehen. Von der Störung des Gastbetriebs durch die von draußen einfallenden Klogänger*innen ganz zu schweigen.

Die Realität sieht weiterhin eher so aus, dass etwa am Wedekindplatz an Spieltagen die Gäste der überfüllten Hopfendolde sich lieber draußen gegenüber am Schloss Urin erleichtern als zur kneipeneigenen Toilette durchzukämpfen. 

In der Schellingstraße gibt die Stadt die Arschkarte an die Spätis weiter, während die nächstgelegenen öffentlichen Toiletten im Univiertel von Stadt und Staat hinter Zugangssperren gesteckt werden: Die Nutzung der Toilette im U-Bahnhof Universität kostet 60 Cent und an der Veterinärstraße gegenüber vom Milchhäusl im Englischen Garten werden für die früher kostenlose Toilette inzwischen 50 Cent fällig, um eine Drehschranke zu überwinden. (Dafür gibt es immerhin einen Wertbon fürs Milchhäusl.)

Dass es auch anders geht, zeigte sich während der Coronazeit. Damals waren die U-Bahn-Toiletten kostenlos zugänglich und beispielsweise an der Münchner Freiheit und Universität auch nachts geöffnet. Sie wurden gerade von Frauen eifrig genutzt. Und es wäre mir nicht bekannt, dass es zu dem Vandalismus gekommen wäre, den die Stadtverwaltung und Spießbürger*innen immer gern den Nachtschwärmer*innen unterstellen.

Letztendlich könnte es enden, wie es oft endet, wenn die Stadt Aktionismus entwickelt. Man wird ein Dixiklo aufstellen, wofür das Baureferat aber auch immer Monate, wenn nicht Jahre benötigt, um es tatsächlich umzusetzen.

Wochenplan (Updates)

Feierliche Inbetriebnahme der Photovoltaiküberdachung / Flughafen München; Präsentation des neuen Zuchthengsts für Przewalski-Urwildpferde / Hellabrunn; Salzburger Festspiele: Solistenkonzert Igor Levit / Großes Festspielhaus; Regionale Pressekonferenz zur IAA Mobility / House of Communications; Vorstellung des offiziellen Oktoberfest-Sammlerkrugs / Armbrustschützenzelt; Bella and the Bizarre (Foto) /Stattpark Olga; Hinterhoffest mit Puff / Geyerwally; Fledermausfest / Rumfordschlössl im Englischen Garten; Terrassen-Closing Two in a Row X Live.Evil / Fat Cat im alten Gasteig; Eröffnung des Fledermausparks / Frühlingsanlagen an der Isar; Lehelymic / Fischtreppe, Bayerisches Nationalmuseum & Patentamt; Eröffnung der Munich-Zine-Library-Ausstellung / Glitch

Mittwoch, 20. August 2025

Dominik Krause kippt das Münchner Bier-Verbot

Wenn der Ober sticht, kann es verdammt schnell gehen. Als Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) noch gemächlich prüfen wollte, wie man das Eisbach-Surfen nach dem tödlichen Unfall wieder erlauben könnte, entschied der aus dem Krankenstand zurückgekehrte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) Ende Juni handstreichartig, die Welle sofort wieder frei zu geben. 

Nun weilt der OB im Urlaub und sein Stellvertreter scheint gelernt zu haben: Gestern wies Krause das Kreisverwaltungsreferat (KVR) seiner Parteifreundin Hanna Sammüller an, das diesen Sommer erlassene Verkaufsverbot von Flaschenbier nach 22 Uhr im Univiertel außer Vollzug zu setzen. 

Es wirkte eh willkürlich, warum fünf Spätis an der Schellingstraße davon betroffen waren, während das Nachtleben in den zahllosen Bars und Kneipen rundherum brummte und ein paar Ecken weiter Läden wie das Kurfürstenstüberl, die Pizzeria Serrano oder die Spätis in der Agnesstraße und am Kurfürstenplatz ungehemmt Augustiner & Co. feilboten. 

Stadträtin Marie Burneleit (Die Partei) hatte am Samstag noch bei einer Demo in der Schellingstraße das „Menschenrecht auf Flaschenbier“ propagiert und gestern nachgelegt: „Verbote sind schnell verhängt, aber lösen nichts.“ 

Das scheint nun auch Krause zu denken: Gerade die jungen Leute, die sich „Kneipen und Bars schlicht nicht leisten" könnten, wären auf Spätis angewiesen und die Möglichkeit, kostengünstig im öffentlichen Raum zu feiern. Konfliktmanager des Sozialreferats (AKIM) und die Moderation der Nacht sollen das Viertel jetzt verstärkt befrieden und die Stadtreinigung soll häufiger vorbeischauen. 

Nur Chips und Spirituosen dürfen weiterhin nach 20 Uhr nicht mehr zum Mitnehmen verkauft werden, weil sie nicht zum sogenannten privilegierten Sortiment zählen, das erlaubnisfreie Gaststätten, und als solche zählen Spätis, außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten anbieten dürften. Da betont aber das KVR, keineswegs ein entsprechendes Verbot erlassen zu haben, sondern verweist auf den Gesetzgeber. Nur durchgesetzt hat es das KVR in den letzten Jahren bei keinem der über 100 Münchner Spätis.

Eine Version dieses Textes ist in der „tz“ vom 20. August 2025 erschienen.

Montag, 18. August 2025

Wochenplan (Updates)

Verleihung der Tassilo-Medaille an Monika Baumgartner & Helmut Schleich / Presseclub; Wim Wenders' „Paris, Texas“ mit Harry Dean Stanton, Nastassja Kinski und Aurore Clément / arte; Frühschoppen zum 20-Jährigen / Der Pschorr; 20 Years Weekender / Rote Sonne (Foto); Alemania Aachen vs. TSV 1860 / Bayerisches Fernsehen; Atelierpark-Sommerfest / Bahnwärter Thiel; MAAP X P.P. Collabo Launch / Public Possession Shop; Ochsenrennen / Haunshofen; amfAR-Gala / Residenz Salzburg

Montag, 11. August 2025

Wochenplan (Updates)

Toto-Pokal: TSV Geiselbullach vs. TSV 1860 / Sportanlage Schulstraße Olching; The Molotovs (Foto) & Palaye Royale / E-Werk Erlangen; Pressekonferenz „Das Kanu des Manitu“; Filmkunstwochen: Jane Birkins „Les Boîtes“ mit ihr, Géraldine Chaplin, Michel Piccoli und Lou Doillon / Theatiner Filmkunst„Aznavour by Charles“ / Bayerisches Fernsehen; Two Men and a Machine / Biergarten am Neptunbrunnen; Drone Art Show / Galopprennbahn Riem; Vernissage „Vom Kleinen ins Große“ /  Galerie Handwerk; The Avengers / Unter Deck; Sommerfest des Matrosenchors / Alter Wirt Obermenzing; Vernissage Günter Wangerin: „Kriegstüchtig“ / Fat Cat im Gasteig; Sub-Geburtstagsparty mit den Queens von Drink 'n' Drag / Hans-Sachs-Straßenfest; Sommerfest der Freien Kunstanstalt mit Ausflug und Protestfest / Diessen, Utting & Schondorf; Scholli X Lelantus Free Open Air / lieberscholli; Grand Opening / Café Buchwalsky

Montag, 4. August 2025

Wochenplan (Updates)

Grundsteinlegung friedN mit Straßenfest Agnes-Bernauer-Straße; Vorstellung der bayerischen Verfassungsschutzinformationen für das erste Halbjahr / Innenministerium; Lunch Break mit André Odier / Galerie Behncke; Leselounge / Zum Fischmeister; Free & Easy Festival: „Nie wieder ist jetzt“ – Podiumsdiskussion mit Robert Braunmüller, Ariella Chmiel, Jessica Flaster, Ben Salomo, Ludwig Spaenle, Christian Springer und Hans-Georg Stocker / Backstage; Zweite Staffel von „Wednesday“ (Foto) / Netflix; Sommertour von Katharina Schulze / Straßenmeisterei B471 & Altstadt; Book Release von Lisa Poettingers „Klima-Kollaps und soziale Kämpfe“ / Glitch; Encantada / Minna Thiel; „One of the Sojourners “ – Summer Concert mit Wang Yiling & Jukka Ahonen / The Tiger Room; Jan Böhmermanns „Lass dich überwachen!“ / ZDF; Pressekonferenz Wirtshauswiesn / Zum Franziskaner; Filmkunstwochen: Late Night Film Lecture – „Alle Nacht Super 8“ / Werkstattkino; „Where Olive Trees Wheep“ / Werkstattkino; TSV 1860 vs. VfL Osnabrück / Grünwalder Stadion & Bayerisches FernsehenThe Padel Wow Open / Scheck Club; Casita, Tobi Neumann, Tonio Barrient & Manthony sowie DJ Linus / Eisbachkiosk; Vorverkaufsbeginn Schall im Schilf 2026

Sonntag, 3. August 2025

Die wahre Geschichte des „In München“ Programm-Magazins

Manchmal ist niemand mehr besessen von der Vergangenheit als ein neuer Eigentümer oder eine neue Crew. Ob bei einer Immobilie, einem Oldtimer oder einer Redaktion: Man überhöht den Wert des Neuerworbenen mit historischen Details und rechtfertigt seine gegenwärtige Rolle, indem man sich scheinbar lückenlos in einer Reihe mit den Altvorderen platziert.

Bei der Stadtzeitung „In München“ zelebriert man das jeden Monat an prominenter Stelle, indem man die alles andere als attraktiven Cover Jahrzehnte alter Ausgaben präsentiert und zitiert, was für Beiträge, Bilder oder Anzeigen damals im Blatt standen. Und wer würde nicht wissen wollen, dass das „In“ vor 42 Jahren den Motorroller Honda Lead für 2400 Mark bewarb? Da kann eine Redaktion auch nicht viel falsch machen, wenn man einfach alte Ausgaben flöht und das damals Gedruckte aufzählt.

Schwieriger wird es, wenn man diese Presseschau verlässt und ins Fabulieren verfällt. Recht bald nach der Übernahme des insolventen „In München“ durch Andreas Stahls Werbeagentur vorletztes Jahr erschien auf Seite vier ein fast ganzseitiger „Parforceritt durch vier Dekaden unseres Magazins“. Unseres Magazins! Textlich wie bildlich behauptete da Redaktionsneuling Franz Furtner: „Am Anfang war das Blatt“. Und frei von jeder Realität hieß es weiter: „Im Mai 1983 ging das In München aus der links-politisch motivierten Stattzeitung Blatt hervor.“ 

„Für die Woche vom 6. – 12. Mai 1983 erschien unter der Ägide des damaligen Herausgebers Günter Bereiter das allererste In-München-Heft. Zusammengestellt von der Blatt-Belegschaft.“ Nun kann man sich wundern, wieso die „Blatt-Belegschaft“ im Mai 1983 sich selbst Konkurrenz machen sollte, wenn das „Blatt“ doch noch bis Juni 1984 erschienen ist. (Dessen Ausgaben übrigens vollständig online stehen.)

Teile der „Blatt“-Belegschaft wie Ruppert Klostermeier, Pierre Pitterle oder Uwe Feigl heuerten denn auch erst Ende der 1980er-Jahre beim „In“ an, als das „Blatt“ aufgegeben hatte und „In München“ sich längst am Markt durchgesetzt hatte. Und es ist sicherlich nicht falsch zu behaupten, dass das „In“ dem „Blatt“ mit den Todesstoß versetzt hat.

Oder um aus dem letzten „Blatt“, der „Notausgabe“ im Juni 1984 zu zitieren: „Wir haben nicht gerade üppig gelebt mit unserem kollektiven Einheitslohn, noch dazu in den letzten Monaten, in denen selbst dieser nur spärlich zur Auszahlung gelangte, denn die freundlich kultivierten alternativen Nischen haben sich nach einem Jahrzehnt als wirtschaftliche Rattenfalle erwiesen. Kopf ab.
Ja damals, vor ein paar Jährchen, schien alles so einfach. Die Auflage stieg, der Lohn war kümmerlich, aber keiner störte sich daran, man konnte leben im und mit dem Blatt, und der Weg war geebnet, für Spontis, Ökologen, Querulanten und die anderen. Die große Leserzahl bestärkte das alternative Selbstvertrauen und es war leicht, Tabak-, Alkohol- und andere Konzern-Anzeigen abzulehnen. Mia san mia und wir nehmen, was uns paßt. Die vereinzelten Mahner standen da auf verlorenem Posten, jene, die den alternativen Traum auf marktwirtschaftliche Füße stellen wollten. Gewisse Marktgesetze standen nicht zur Debatte, denn es war unser Markt, den wir entdeckten, und er sollte nach unseren Regeln funktionieren. Selbst die Wissenden, die schon erkannten, daß Stadtzeitungen wie Schwammerl aus dem Boden schossen, und diese nicht immer mit einer alternativen Attitüde, sondern vielmehr professionell, poppig und ohne Skrupel, das alles einzusacken, was ihnen genügend Geld versprach, wurden mit dem Hinweis auf unseren durch die Geschichte wehenden Inhalt beruhigt und zum Schweigen verdammt.

Nur gab es jetzt schon ein paar mehr Zeitungen, die in München den gleichen Service anboten. Kleinanzeigen und Veranstaltungskalender waren nicht mehr BLATT-Monopol, und die politischen Inhalte reichten gerade noch für die Leser, die das Blatt im letzten Jahr noch gehabt hat. Zuwenig um zu überleben.“

So stand am Anfang des „In München“ auch keineswegs wie von Furtner behauptet das „Blatt“, sondern Günter Bereiters erster Versuch, eine neue Stadtzeitung zu etablieren, die „City München“, die von 1980 bis 1982 erschien. Optisch wie inhaltlich so ziemlich das Gegenteil der alternativen „Blatt“-Redaktion. Und von den Mitarbeitern her schon eindeutig ein Vorläufer des „In München“. Ob Bereiter, Heide Jefimov, Dorothea Friedrich, Christiane Heinrich, Christian Stolberg oder meine Wenigkeit, es war dieselbe Kernmannschaft, die „City“ und „In“ wuppte.

Die Landeshauptstadt München war auch nicht ganz unbeteiligt. Bereiter hatte sein Geld für die wenig erfolgreiche „City“ aufgebraucht. Um den neuen Anlauf mit dem „In“ überhaupt stemmen zu können, benötigte er ein klein bisschen himmlische wie städtische Hilfe. Es hatte geschneit und die Blütenstraße, in der die Redaktion saß, war nicht geräumt worden. Bereiter rutschte aus, brach sich das Bein und verklagte die Stadt. Mit dem Schmerzensgeld finanzierte er den Neuanfang.

Der Clou am „In“ waren zwei Neuerungen: Das Heft sollte im Unterschied zur „City“ nicht verkauft, sondern kostenlos verteilt werden, um so gleich Auflage zu machen.

Und die Anzeigenpreise sollten so günstig sein, dass sich eben nicht nur die Alkohol-, Tabak- und anderen Konzerne Inserate leisten konnten, sondern selbst die kleinsten Geschäfte und Lokale, die noch nie irgendwo geworben hatten. So sandte mich Bereiter aus, um innerhalb des Mittleren Rings jede einzelne Straße abzulaufen und aufzuschreiben, welche Geschäfte dort existierten. Und jeder dieser Läden wurde von Bereiter angeschrieben, um ihn als Anzeigenkunde zu gewinnen.

Gedruckt und auch mit finanziert wurde das „In“ vom ADV Augsburger Druck- und Verlagshaus, das damals der Erzdiözese Augsburg gehörte. Als ADV 1987 die Verluste nicht weiter tragen wollte und ein Verkauf an den Verlag Markt + Technik gescheitert war, übernahmen Angehörige der Redaktion „In München“ mit Hilfe des Konzertveranstalters und späteren Muffatwerk-Gründers Christian Waggershauser als Investor. Später stieg dann auch noch die Ippen-Gruppe ein. Was letztendlich auch nicht die Insolvenz im Sommer 2023 verhinderte.

Bereiter wurde noch Jahrzehnte nach seinem Ausstieg für die „Konzeption“ des Heftes im Impressum gewürdigt. Er gründete weiter Blatt um Blatt, ob „WOM-Journal“, „Szene München“, „funk + fernseh journal“, „Sono“ oder „Rondo“. Mal mehr, mal weniger erfolgreich.

Montag, 28. Juli 2025

Wochenplan (Updates)

Trauerfeier und Urnenbeisetzung Ringo Praetorius / Alter Friedhof Perlach; Jakobidult / Mariahilfplatz; Spatenstich für die Campuserweiterung / Technische Hochschule Rosenheim; Pressekonferenz „Wirtschaftsfaktor Tourismus in Bayern“ / Presseclub; Vernissage Sabrina Türschmann & Leonie Fößel: „Wir sind noch da – Am Ende Europas“ / Glockenbachwerkstatt; Verleihung der Hochschulpreise der Stadt München / Rathaus; sechzger.de-Livetalk / Bamboleo; Finale des MUT-Wettbewerbs für musikalisches Unterhaltungstheater / Gärtnerplatztheater; „Bambule“ / Werkstattkino; Pressegespräch zum Kultur- und Freizeitprogramm Lucky Star im Das-Anders-Quartier / Mo'ander; Sommerfest / Bayerischer Hof; Toni & Max Uthoff: „Einer zuviel“ / Lustspielhaus; DEHOGA: Urkundenübergabe für Ausgezeichnete Genussküche, Ausgezeichnete Bierkultur und Festzelt sowie Lieblingsbiergarten / Der Pschorr; Thomas Walter liest aus „Knäste zu Baugruben“ / Import Export; Free & Easy Festival: Leila (Foto), 6Euroneunzig u. a. / Backstage; zwei mögliche Komparsenauftritte in „Aktenzeichen XY ungelöst“ / ZDF; School's over Jam / Münchner Freiheit; Rainer Sontheimer: „Monaco Franze – Brutaler Sexist oder liebenswerter Stenz?“ / Backstage; Finissage der queer:raum Jahresausstellung „Formen des Widerstands“ / Farbenladen; Sondervorführungen von „Wilma will mehr“ in Anwesenheit von Hauptdarstellerin Fritzi Haberlandt und Regisseurin Maren-Kea Freese / Rio-Filmpalast sowie Kino, Mond & Sterne; Golden Diskó Ship & Glump / Glockenbachwerkstatt; Verleihung des Seerosenpreises an Trisha Kanellopoulos und Sabine Straub / Kunstpavillon; Astalive – 50 Jahre Asta Rosenheim mit Voodoo Jürgens, Die Sterne u. a. / Parkplatz der TH Rosenheim; Saisonbeginn: Rot-Weiss Essen vs. TSV 1860 / Bamboleo & Magenta Sport; Musiksommer / Theatron; „Schellingstraße im Fokus“ – Stadtteilspaziergang mit Stadträtin Lena Odell (SPD) / Schellingstraße 41; Summertime Madness Roller Derby Turnier mit Teams aus München, Göteborg, Augsburg und Erfurt / Asam-Gymnasium; Wannda Circus Open Air; Weihenstephaner Bergfest; Sommerfest / Barrio Olga Benario; „Born to Fake“ in Anwesenheit der Regisseure / Neues Rottmann

Freitag, 25. Juli 2025

Rettung in letzter Minute? Der Freistaat übernimmt das Archiv des Künstlerverbunds im Haus der Kunst

Künstlerverbund? Den meisten wird der Name nichts sagen. Schließlich tritt der Verein inzwischen fast nur noch mit seiner Biennale im Haus der Kunst öffentlich auf. Würde man dagegen von der Münchener Secession. der Neuen Gruppe oder der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft sprechen, würden zumindest bei Kunstinteressierten die Augen leuchten. 

1948 gründeten diese drei Vereinigungen den Ausstellungsleitung Haus der Kunst München e. V. und bespielten bis in die 1980er-Jahre das Haus der Kunst. Ob die legendären Faschingsbälle, Sonderausstellungen zu Picasso, Max Ernst, van Gogh, Cézanne, Braque, Henry Moore und dem Blauen Reiter oder Präsentationen ägyptischer Funde zu Tutanchamun, Echnaton und Nofretete. Es war eine Erfolgsgeschichte, die ohne städtische oder staatliche Subventionen auskam.

Es war aber auch eine Amigo-Geschichte mit Peter A. Ade im Mittelpunkt, der im Offizierskasino der US-Streitkräfte als Dolmetscher anfing und schließlich als Direktor im Haus der Kunst die Geschäfte leitete, bis er 1982 vom Bayerischen Rechnungshof herausgedrängt wurde. Was letztendlich dazu führte, dass der Freistaat im ganzen Haus bald das Sagen hatte und nicht mehr der Ausstellungsleitungs-Verein, der sich später in Künstlerverbund umbenannte.

Was dem Künstlerverbund blieb, war ein umfangreiches Archiv, das nicht nur die die zahlreichen Ausstellungen und 452 Feste dokumentiert, sondern auch Konvolute aus der Nazizeit beinhaltet. 

Eine Auswahl dieser Bestände wurde seit dem 19. März unter dem Titel „Die Unterlagen befinden sich im Zustand der Ablage. Poesie und Verwaltung aus dem Archiv des Künstlerverbund im Haus der Kunst e.V.“ im Lichthof des Zentralinstituts für Kunstgeschichte präsentiert. Die Ausstellung sollte bis heute Abend, 20 Uhr, gehen und am Montag abgebaut werden. Doch ein Teil davon wurde bereits heute Mittag entfernt.

Hoffentlich nicht zurück ins Vereinsarchiv. Denn abgelegt sind die Gesamtbestände, rund 2000 Leitz-Ordner mit Korrespondenz, Presseausschnitten und Buchhaltungsunterlagen, Fotos, Plakate, Kataloge und sonstige Archivstücke suboptimal im Keller des Haus der Kunst. Besucher berichten von Feuchtigkeit, die dort immer wieder aus dem Boden tritt (Grundwasser? Stadtbäche?) und Salpeterausblühungen.

Das Elend hat aber nun ein Ende. Dieses Woche wurde der Vertrag unterschrieben, mit dem die Bayerischen Staatsarchive das Archiv des Künstlerverbunds übernehmen. Das bestätigte die Vereinspräsidentin Regina Hellwig-Schmid heute Vormittag am Rande eines Presserundgangs zur 7. Biennale der Künstler*innen, die morgen im Haus der Kunst eröffnet wird. 

Damit wird die Sammlung nicht nur vor weiteren Schäden bewahrt, sondern auch der Öffentlichkeit und vor allem der Forschung zugänglich.

Montag, 21. Juli 2025

Wie Münchner Banken bei der Echtzeitüberweisung tricksen und trödeln

Es mag ein zutiefst menschlicher Zug sein, dass man sich von Geld schwer trennt. Und bei Banken sogar die Neigung, sich von fremdem Geld nur möglichst zögerlich zu trennen. Dem ihrer Kunden. 

An Geldautomaten sind die Beträge, die man ziehen kann, oft weit stärker gedeckelt als die Summen, die man einzahlen kann. An sein Erspartes kommt man bei größeren Guthaben oft nur nach Fristen ran. Und bei den Überweisungen war es traditionell ein Geduldsspiel, wann sie, selbst bei gedecktem Konto, ausgeführt werden würden. Irgendwann zwischen heute und dem übernächsten Geschäftstag.

Dabei kann es spätestens seit der Einführung von Online-Konten und Apps so einfach sein: Als die HypoVereinsbank vor rund acht Jahren die Echtzeitüberweisung einführte, blieb es den Kunden überlassen, ob sie by default oder je nach Bedarf auf Standard oder Echtzeit setzen. Ohne Zusatzkosten.

Acht Jahre später, seit Juni 2025 hat man nun auch schon an den SB-Terminals der HypoVereinsbank die Wahl zwischen Standard und Echtzeit. Im Vorgriff auf die von der EU verpflichtend vorgeschriebene Gleichstellung beider Überweisungsformen ab Oktober.

Doch am SB-Terminal, den erfahrungsgemäß eher die älteren Semester benutzen, empfangen die Kundschaft zwei Hürden: By default, also standardmäßig ist die Standardüberweisung eingestellt. Wer eine Echtzeitüberweisung wünscht, muss ein Extrakästchen anklicken. Macht man das, blinkt ein Warnhinweis auf: „Für Echtzeitüberweisungen belastet die HypoVereinsbank je nach Kontomodell Ihrem Konto ein Entgelt.“

Das ist nun nicht falsch. Tatsächlich kann die Überweisung am SB-Terminal je nach Kontomodell etwas kosten, aber eben völlig unabhängig davon, ob es sich um eine Standard- oder Echtzeitüberweisung handelt. Der rot geränderte Warnhinweis erscheint aber, Überraschung!, ausschließlich bei dem Wunsch, in Echtzeit zu überweisen. Aber nie, wenn man sich für die Standardüberweisung entscheidet.

Laut der Pressestelle der HypoVereinsbank ist diese Ungleichbehandlung der am SB-Terminal erst eben neu eingeführten Variante geschuldet und soll bereinigt werden. Nicht etwa nächstmöglich. Sondern bis Oktober! Warum auch beeilen?

Die Stadtsparkasse München bietet an ihren SB-Terminals erst gar keine Echtzeitüberweisung an. Schließlich hat man ja noch bis Oktober Zeit, bevor es EU-weit verpflichtend ist.

Beim Online-Banking dagegen bietet die Stadtsparkasse die Echtzeitüberweisung immerhin schon seit 2018 an. Aber bis vor kurzem war – soweit ich mich erinnere –  noch die Standardüberweisung voreingestellt und man musste, ähnlich wie bei den SB-Terminals der HypoVereinsbank, ein Extrafeld anklicken, um zur Echtzeitüberweisung zu kommen. Die Pressestelle der Stadtsparkasse behauptet dagegen: „Die Einstellung, dass Kundinnen und Kunden der Stadtsparkasse die Auswahl haben, existiert in dieser Form schon seit 2018.“ Möglicherweise täusche ich mich also.

Unstrittig ist, dass die Stadtsparkasse im Online-Banking heutzutage jedenfalls beide Überweisungsarten scheinbar gleichberechtigt anbietet. Doch auch hier wird nur bei der Echtzeitüberweisung gewarnt: „Bitte beachten Sie die geltenden Preis- und Leistungsverzeichnisse.“ Als ob die Echtzeitüberweisung teurer zu Buche schlage als die Standardüberweisung. „Dieser Warnhinweis ist noch aus der Zeit, als Echtzeitüberweisungen anders bepreist waren. Er wird in den kommenden Monaten abgeschaltet werden.“ Und nicht etwa nächstmöglich. Die mißverständliche Formulierung bleibt also wohl noch länger bestehen.

So erwecken beide Münchner Banken den Eindruck, man müsse bei der Echtzeitüberweisung mit im Preisverzeichnis versteckten Kosten rechnen. Was viele dazu bringen könnte, der Einfachheit halber doch die Standardüberweisung zu wählen und sich in Geduld zu üben.

Bei der EU-Kommission ist dieses Verhalten auch schon aufgefallen und man wird sich mir gegenüber vielleicht noch dazu offiziell äußern.*

Sowohl die Stadtsparkasse als auch die HypoVereinsbank fragte ich übrigens naiverweise, welchen Vorteil denn das Kreditinstitut davon hätte, wenn die Kundschaft die langsame Standardüberweisung der in Echtzeit vorzöge. Und beide ignorierten die Fragen und wiesen auf den Vorteil für die Auftraggebenden hin: Bei der Standardüberweisung gäbe es genug Zeit, den Vorgang wieder zu stornieren.

Die Banken sind so selbstlos und denken immer nur an die Interessen ihrer Kundschaft. 

*Updates: Ein Sprecher der EU-Kommission auf meinen Hinweis, dass die Banken den Eindruck erwecken, eine Echtzeitüberweisung wäre im Unterschied zur Standardüberweisung kostenrelevant:
„Gemäß der Verordnung über Sofortzahlungen (Verordnung (EU) 2024/886) müssen Zahlungsdienstleister sicherstellen, dass die Entgelte für das Senden und Empfangen von Sofortüberweisungen in Euro die Entgelte für regelmäßige Überweisungen vergleichbarer Art in Euro nicht übersteigen. „Vergleichbare Art“ bezieht sich auf Kriterien wie Zahlungsauslösekanal und Kundenstatus (Verbraucher, Unternehmen). Zahlungsdienstleister mit Sitz in Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, müssen diese Verpflichtung ab dem 9. Januar 2025 erfüllen, da sie bereits in Kraft ist.“

Kaum lobe ich mal die Stadtsparkasse München, schon verderben sie es wieder. Im Online-Banking haben sie die angeblich schon seit 2018 bestehende, weiter oben abgebildete Gleichwertigkeit von verzögerten Standardüberweisungen und Sofortzahlungen beendet und die Echtzeitüberweisung jetzt in einem Drop-Down-Menü versteckt. 

Man muss schon von der Existenz der Echtzeitüberweisungen wissen, um versuchsweise draufzuklicken und dann die Möglichkeit zu entdecken.
 
Immerhin hat man in der App noch die offensichtliche Auswahl zwischen Standard- und Echtzeitüberweisung. Es sei denn, sie lesen jetzt hier davon und bauen da das Frontend auch noch zu unserem Nachteil um.



Wochenplan (Updates)

Sommerfest des Medienverbands der freien Presse / Seehaus; Buchpräsentation „Rosner & Seidl. Ein Münchner Unternehmen des Textileinzelhandels in der Zeit des Nationalsozialismus“ / IHK; Presseempfang des bayerischen Digitalministeriums / Frau im Mond; LiX Open Air: Atefe Asadi mit Sarah Rauchfuß, Mercedes Lauenstein und Nele Stuhler / HochX; Pressegespräch des Fünf-Seen-Filmfestivals / Breitwand; Media Meets Games / MedienNetzwerk Bayern; „Breaking Patterns“: Ausstellung der Abschlussarbeiten und Verleihung des Designpreises Goldenes Pony  / Sendlinger-Tor-Platz 14 & Roßmarkt 15; McCube Mosaiq Quartiersplanung Schwabing-West / Berufschulzentrum am Elisabethplatz; After-Work-Party des Kreisverwaltungsreferats / P1; Sommerempfang des Bayerischen Landtags / Schloss Schleißheim; Pre-Wiesn-Cocktail mit Schatzi / Colette Tim Raue; Gender Salon mit Regina Mühlhäuser: „Un/Sichtbar – Wie können wir sexuelle und sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten besser verstehen?“ / Glockenbachwerkstatt; Pressegespräch zur Kooperation der Staatlichen Archive Bayerns mit den Arolsen Archives / Hauptstaatsarchiv; Verleihung der Innovationspreise der Landeshauptstadt München / Munich Urban Colab; Probeschicht / Rote Sonne; Kinostart von „Oxana – Mein Leben für Freiheit“ (Foto); Pressekonferenz zum Free & Easy Festival / Backstage; „The Fe.Male Trail“ – ein Nick-Cave-Abend von und mit Katharina Bach & Band aka Bitchboy / Kammerspiele; Sommerfeste mit A Bunch of Birds, The Sound of Money & Spinnen / Optimal Records; „Breaking Patterns“: Verleihung des Arbeitsstipendiums für literarische Übersetzer*innen an Sophia Marzolff mit Werkstattgespräch und Lesung / Literaturhaus; Premierenmodenschau „DeMo25“ der Deutschen Meisterschule für Mode / Muffathalle; Stella Rose / Milla; Ulrike Meinhof: Jean-Gabriel Périots „Une jeunesse allemande“ und Eberhardt Itzenplitz' „Bambule“ / Werkstattkino; Auftakt-Pressekonferenz zum Oktoberfest / Das Bad; Hahn-Festival & 50 Jahre Schwarzer Hahn / Bierparadies zu Altdorf; Masters of Sound / Fröttmanninger Berg; Tanz der Kollektive Sommerfest / lieberscholli; Vernissagen Biennale des Künstlerverbunds: „Zusammen arbeiten“ / Haus der Kunst, Daniel Richter: „Mit elben Birnen“ & Hans Hollein: „Works from the 1960s“ / Thaddaeus Ropac Salzburg und Erwin Wurm: „Mindset“ / Salzburg-Halle; Salon und Symposium „A Less Stable Universe“: Micha Purucker, Dance Energy und Tanz als Gegenkultur im München der 1980er Jahre / Lenbachhaus & Tanztendenz; Bae Suah liest aus „Weiße Nacht“ / Klang im Dach; Jakobidult / Mariahilfplatz; West and Hell Straßenfest / Westendstraße; Two in a Row Sommerfest / Bahnwärter Thiel; Wiedereröffnung des Beim SedlmayrOben Ohne Open Air mit Edwin Rosen, Levin Liam, Chapo 102, Florentina, Kasi, Skrt Cobain, Babyjoy, Maikel, Jassin, Zsá Zsá, Charlize, Yosho und Loop Roots / Königsplatz; Jahresausstellung / Akademie der Bildenden Künste; Sommerfeierabend der Sendlinger Kulturschmiede mit Münchner Ruhestörung, Titus Waldenfels und Ricardo Volkert / Daiserstraße; Verleihung der Bayerischen Engagiert Preise / BMW-Welt; Naomi Campbell / Pineapple Park; Gastschicht / Salon Irkutsk; Butterburger to go von Max Strohe (Tulus Lotrek) / Jan Hartwig;  Zamanand-Festival mit Encantada u. a. / Wittelsbacher & Odeonsplatz; „Hinterland“-Release-Party: „Hey, Migrantifa!“ / Köşk; Karl Kraus' „Die letzten Tage der Menschheit“ mit Georg Nigl & Nicholas Ofczarek / Prinzregententheater

Freitag, 18. Juli 2025

Vorhang für Claus Peymann

Am Residenztheater war Claus Peymann vorletztes Jahr noch ein gern gesehener Gast, der mit dem Staatsintendanten Andreas Beck ganz nebenbei Auftritte vereinbarte und zuverlässig die Reihen füllte. Dann las er etwa aus Thomas Bernhards „Meine Preise“ und gab sich gegenüber dem Publikum ganz entspannt: „Sie brauchen ihre Handys nicht auszuschalten, das stört mich nicht. Und telefonieren sie ruhig, wenn Ihnen langweilig ist.“ Aber wen würde ein Claus Peymann schon langweilen? 

Er war eine Legende. Ob als Direktor des Wiener Burgtheaters (1986–1999), Intendant des Berliner Ensembles (1999–2017) oder Protagonist von Thomas Bernhardts „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“. Aber angefangen hatte er als enfant terrible. Ob er nun als Schauspieldirektor in Stuttgart half, Geld für die in Stammheim inhaftierte RAF-Terroristin Gudrun Ensslin zu sammeln. Oder am Bochumer Schauspielhaus reihum Leute feuerte. 

Eigen blieb er auch als viel gefeierter Theater-Papst. Am Berliner Ensemble setzte er sich für den ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar ein, der dort ein Praktikum absolvieren wollte. Und auch sonst hatte er keine Angst vor dem populistischen Volkszorn und den Schlagzeilen des Boulevards. Theatergeschichte hatte er mit seinen Inszenierungen und Intendanzen schon längst geschrieben. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, ist Peymann am 16. Juli 2025 im Alter von 88 Jahren nach schwerer, längerer Krankheit in Berlin gestorben.

Eine Version dieses Beitrages erschien in der „tz“ vom 17. Juli 2025.