Zurück in dem Land, daß angeblich „weniger neurotisch“* geworden ist, kam ich nun endlich dazu, einen Euro in die Erstausgabe der deutschen „Vanity Fair“ zu investieren – und es war ein Euro zu viel. Denn bereits nach Ulf Poschardts Editorial habe ich das Heft in die Ecke geschmettert.
„Eine der erfolgreichsten Zeitschriften der Welt kommt zu uns. 1914 in New York gegründet, erreicht die amerikanische VANITY FAIR durchschnittlich 5,6 Millionen Leser.“* Stimmt genau genommen. Nur unterschlägt Ulf Poschardt durch den Nachsatz elegant, daß die „Vanity Fair“ 1860 in Großbritannien gegründet worden war, und Condé Nast die Titelrechte 1913 übernommen und sich inhaltlich durchaus auf das Originalblatt berufen hat. Die US-Ausgabe bezieht sich ausdrücklich auf dieses historische Vorbild. Eine kleine Auslassung nur, wer aber wie Poschardt als Chefredakteur kümmerlichen Borderline-Journalismus zu verantworten hatte, sollte in solchen Dingen mehr als vorsichtig sein.
Bella figura scheint Poschardt wichtiger zu sein, als schön vollständige Fakten: „Mich können Sie persönlich erreichen unter posh@vanityfair.de.“*
Nun kann man von Posh Girl Poschardt alles erwarten, nur kein Taktgefühl: „Nicht jeder, der Erfolg hat, kann diesen genießen. Die russische Journalistin Anna Politkovskaja verhalt der Opposition in Russland zu einer neuen, gewichtigen Stimme. Sie bezahlte ihren Erfolg im Kampf für mehr Demokratie mit dem Leben.“* Nicht jeder, der Erfolg hat, kann diesen genießen? Könnte für diese Geschmacklosigkeit bitte schön jemand dem eitlen Geck seinen Laptop um die Ohren knallen? Bitte!
* alle Zitate aus Ulf Poschardts Editorial
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