Donnerstag, 9. August 2007
Seitenwechsel (Basic-Disclaimer)
Nachdem ich bisher eher journalistisch distanziert über den Einstieg der Schwarz-Gruppe (Lidl) bei der Bio-Supermarktkette Basic gebloggt habe, bin ich seit heute Beteiligter, Betroffener oder wie immer man es nennen soll. Die Kundgebung heute nachmittag um 16 Uhr vor der Basic-Filiale habe ich beim Kreisverwaltungsreferat als Veranstalter per Mail angemeldet. Ist mein erstes Mal, nach über dreißig Jahren als Flugblattverteiler für die Jungdemokarten , Geldsammler für Amnesty vor dem Dallmayr und vielseitiger Demonstrant tatsächlich mein erster offizieller Auftritt.
Und schon vom Hickhack mit dem KVR geprägt, denen der Bürgersteig vor dem Laden zu eng erschien und die uns auf die gegenüberliegende Straßenseite, 13, 14 Meter weit abschieben wollten. Sie guckten auf ihre Geodaten, ich auf meine Google Maps und wir verständigten uns dann auf die Ecke Westenriederstraße, Radlersteg, wo ein kleiner Platz ist und deutlich mehr Passanten zwischen Viktualienmarkt und Basic verkehren. Die Anmeldebestätigung kam dann auch per Mail, aber erst nachdem mich das KVR darüber aufgeklärt hat, daß diese abgefangen und von Unbefugten gelesen werden könne und nicht so sicher wie ein Fax wäre.
Erwartet Euch aber bloß nicht zuviel. Nachdem es letzten Freitag bei der Attac-Kundgebung gerade mal fünf Demonstranten waren, wäre ich schon froh, wenn wir heute das genehmigungsfähige Plenum von drei erreichen würden.
Update: Es waren doch um die zehn Teilnehmer. Hier sind ein paar Bilder von der Aktion. (alle Beiträge zum Thema)
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3 Kommentare:
Ich bin ja komplett für den Einstieg der Gruppe bei Basic. So kommen die an Kapital und können mehr Märkte eröffnen -> gesundes Essen für mehr Menschen. Und vermutlich können sie dabei auch noch die Preise senken -> gesundes Essen für Einkommensschichten, die es sich bis jetzt nicht leisten konnten. Ist doch super, wir wollen doch keine Zweiklassengesellschaft, in der die Reichen gesund essen und die Armen nur bei Lidl einkaufen können.
Oder um es anders zu sagen: Alles hat zwei Seiten :)
Zum einen gibt es längst bei den Discountern, ob beispielsweise Aldi, Lidl oder Tengelmann Bioangebote.
Die Knackpunkte, gerade bei der angestrebten Übernahme von Basic durch Lidl, sind aber, inwieweit Preis, Verkauf und Ware zusammenhängen?
Lidl ist dafür berüchtigt, seine Mitarbeiter schlecht zu behandeln. Wäre es Dir also recht, an den Essensausgaben zu sparen, wenn es auf Kosten der Verkäuferinnen geht?
Oder auf Kosten der Produzenten? Wie man gerade an den Milchprodukten erleben konnte, bestimmen die großen Discounter und Markenartikler die Preispolitik, bei den Milchproduzenten bleibt von den groß angekündigten Preissteigerungen kaum was hängen. Bei dieser Politik macht man den kleinen, regionalen unabhängigen Milchbauern den Garaus und fördert nur nahezu industriell organisierte Großbauern mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Tierhaltung, Natur und Lebensverhältnisse auf dem Land.
Und gerade Bio ist auch eine Frage des Vertrauens und der Kontrolle. Bis zu zwölf Prozent der Bioware mancher nach Deutschland exportierender Länder sollen beispielsweise mit Pestiziden verunreinigt sein. Wer nur auf die Rendite achtet und auf billige Preise wird so etwas weniger kontrollieren, als regional ausgerichtete Händler, für die es mehr als die nackten Umsatzzahlen gibt.
Natürlich soll Bio nicht nur für die Reichen sein, und das ist auch längst nicht mehr. Aber das ganze Elend mit Gammelfleisch & Co verdanken wir doch hauptsächlich der ständigen Gier nach Schnäppchenpreisen.
Hier noch ein aktuelles Statement der attac-Öko-Arbeitsgruppe Kiel zu Basic:
„1. LIDL geht es nicht um biologische Lebensmittel, sondern nur um Profit.
2. Als Bio(lebensmittel)produzent liefern sie Qualitätsware, die ihre Kunden zu schätzen wissen, wie lange werden sie diese Qualität halten können, wenn es nur noch um den Preis geht?
3. Mit der Ausbreitung der Discounter wurden die konventionellen Landwirte und Produzenten durch die Marktmacht der Abnehmer gezwungen sich dem "Wachsen oder Weichen" zu unterwerfen. Dieser Trend ist bekannt, wollen sie ihn in der Bio-Branche unterstützen? Langfristig ist Vielfalt in der Biobranche sicherlich stabiler und sie wissen nicht, ob sie zu den wenigen gehören werden, die dem Druck standhalten.
4. Verbraucher differenzieren Bioware nicht nur nach dem Preis, sondern auch nach der Herkunft und der Qualität. Insofern unterstützen wir die deutschen Anbauverbände und lehnen die Aushöhlung der Standards durch die EU-Bioverordnung und Eigenlabel der Handelsketten ab. Gentechnik hat grundsätzlich nichts in unserer Nahrung zu suchen!
5. Die schlechten Arbeitsbedingungen bei LIDL sind durch entsprechende Berichte hinlänglich bekannt. Wir möchten ihre Biolebensmittel, nicht bei drangsalierten VerkäuferInnen kaufen!
6. Lebensmittel müssen ihren fairen Preis haben, auch für deutsche Produzenten. Es kann nicht darum gehen Bio immer billiger zu machen, sondern offensiv dafür einzutreten, dass Lebensmittel ihren Preis haben, damit alle in der Produktionskette würdig davon leben können.“
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