Samstag, 20. Juni 2020

Fundsachen (39): Caius Văleanu, Berlin 1941

Meine Großeltern Ion „Ionel“ und Angela „Maia“ Dragu 1941 mit meiner Mutter Rica in Berlin auf der Rückreise von Rumänien nach Vichy, Frankreich.  Neben ihnen Caius Văleanu, der erste Sekretär der rumänischen Botschaft in Berlin. (Vorname? Handelt es sich um Ion Văleanu, zuvor 1936 secretarului de legaţie de la Legaţia României de la Atena, also wie mein Großvater früher in Athen? Oder um Caius Văleanu? Oder einen anderen Văleanu?)

„Valeanu, First Secretary of the Romanian Embassy in Berlin, 1942?
First Secretary Valeanu protested the proposed deportations of the Jews from Romania. Valeanu presented to the German Foreign Ministry a paper stating that Romanians would not permit discrimination against Romanian Jews.“
[Browning, Christopher R. The Final Solution and the German Foreign Office: A Study of Referat D III of Abteilung Deutschland 1940-43. (New York: Holmes & Meier Publishers, 1978), pp. 103-104.] via Rescue in the Holocaust/ Rescue in the Holocaust by diplomats

„Memorandum of KLINGENFUSS on his discussion with the First Secretary of the Rumanian Embassy, VALEANU, concerning disagreements about the treatment of Rumanian Jews in Germany.“
Document number NG2355, The Wiener Holocaust Library

„In a July 1942 meeting in Berlin with Counselor Valeanu, Kligenfuss, a German Foreign Office official, asserted that Ion Antonescu “had agreed with Ambassador Killinger that Romanian citizens of Jewish ancestry in Germany and the occupied territories should be treated in the same fashion as German Jews.“ (sic!)
Ion Calafeteanu: „Regimul…”, p. 131/132 (via Final Report of theInternational Commission on the Holocaust in RomaniaPresented to Romanian President Ion Iliescu, November 11, 2004, Bucharest, Romania, page 82/83).

Mittwoch, 17. Juni 2020

Fundsachen (38): Campania anilor 1916-1918 (Update)

Im Grunde genommen keine Fundsache. Denn ich ahnte lange nichts davon, dass mein Großvater Ion „Ionel“ Dragu (* 5. November 1889 in Constanţa, Rumänien, † 29. Oktober 1977 in Paris, Frankreich) aka Ioan Dragu aka Ionel Drăgescu aka Jean Dragu einmal diese Bücher geschrieben hatte. Bei uns daheim existierte kein Exemplar davon. Er selbst sprach – zumindest in meiner Anwesenheit – nie davon. Und so wußte ich nur, dass er bis Kriegsende im diplomatischen Dienst und davor Journalist gewesen war. Aber an Büchern war mir nur „Guvern şi Opoziţie“, eine Sammlung politischer Porträts diverser Autoren, darunter eben auch mein Großvater, bekannt.
Bis sich vor etwa zwei Jahren der Humanitas Verlag aus Bukarest bei mir meldete. Meine Blogeinträge über den Großvater mütterlicherseits hatten sie auf meine Spur gebracht. Und so erfuhr ich von diesem dreibändigen, 1918 erschienenen Bestseller, der als Standardwerk über Rumänien und den Ersten Weltkrieg oft zitiert* wird und offenbar bis heute so interessant scheint, dass Humanitas eine gekürzte Neuauflage der drei Titel in einem Band plant:

„Campania anilor 1916-1918. Drumuri de sânge. Aspecte de ansamblu, viziuni fugare, note răsleţe şi întîmplări din război“. Coperta şi hors-text-uri de M. H. Georgescu. Bucureşti, Edit. Libr. H. Steinberg (Tip. Providenţa), 1918. (20,5 x 15). XII-258 p. + 2 pl.

„Campania anilor 1916-1918. Moartea Albă (Schiţele unui spectator şi senzaţiile unui exantematic în Moldova)“. Bucureşti, Edit. I. Brănişteanu, [1918]. (18 x 12,5). 91 p. + 1 f.
Im Bestand der Burns Library (Balcan Studies) am Boston College sowie als Microfilm an der New York Public Library.

„Campania anilor 1916-1918. Pe urmele bolşevicilor. Notele, impresiile, indiscreţiile unui ofiţer român în Basarabia“. Bucureşti, Edit. Libr. H. Steinberg, 1918. (18,5 x 13). IV-296 p.

(Bibliografische Angaben zitiert nach der Biblioteca Academiei Române

Seltsamerweise zitiert Glenn E. Torrey in „Romania in the First World War 1914-1918: An Annotated Bibliography“ zwar die politischen Porträts meines Großvaters, aber nicht seine ungleich themenbezogeneren Kriegserinnerungen: „Vignettes of Political Figures: 73. Jean Dragu, Profils parlementaires roumains (Bucharest, 1916). Brief sketches of politicians active in 1916, together with pen and ink drawings“.
  • Cosmin Borza: „The Heroines. Re-mythicization of the First World War in the Romanian Literature“, Metacritic Journal for Comparative Studies and Theory 5.1 (2019): „In fact, war de-mythicizing literature is much broader in Romania than it is suggested by the five literary examples above. The disparagement of the patrioteered patterns of perception of the conflagration continued to be an almost manifest purpose both for the two of the inter-war novels that became classics, i.e. Liviu Rebreanu’s Pădurea spânzuraților (Forest of the Hanged, 1922) and Camil Petrescu’s Ultima noapte de dragoste, întâia noapte de război (Last Night of Love, First Night of War, 1930), and for a long series of writers of lower literary importance: Ioan Dragu, Moartea albă (White Death, 1918)…“  
  • Gundula Gahlen, Deniza Petrova, Oliver Stein: „Die unbekannte Front – Der Erste Weltkrieg in Rumänien“, Frankfurt/Main 2018, Seite.235 
  • Constantin Kiriţescu: „Istoria Războiului pentru înregirea României 1916-1919“, Bucureşti 1922, Seite 7: „31. Dragu I.: Pe murmele bolsevicilor; Buc. 1918“

Montag, 15. Juni 2020

Wochenplan (Update)

Re-Opening der Münchner Kammerspiele, Kreisverwaltungsausschuss des Münchner Stadtrats / Großer Saal im Rathaus, Ordentliche Betriebsratssitzung / MVV, Ausstellungseröffnungen Zimmer frei – Bilder mit Abstand/ Hotel Mariandl, Constantin Luser: „Un poco“ / Klüser 2, In memoriam James Brown / Klüser, Katsumi Hayakawa: „Echoes of the Senses“ / Micheko und Luis Selem & David Uessem: „FACE Reality“ (Foto) / Benjamin Eck, Victoria Köln vs. TSV 1860 / Stadion im Sportpark Höhenberg, Vollversammlung des Münchner Stadtrats / Gasteig, Verhandlung Entscheidung zum Informationsfreiheitsgesetz im Zusammenhang mit Rechenschaftsberichten und Parteispenden der 2013 bzw. 2014 im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien / Bundesverwaltungsgericht, Pressetermin Münchner Wochenmarkt Digital mit Kommunalreferentin Kristina Frank / Rotkreuzplatz, Entscheidungsverkündung zum Planfeststellungsbeschluss für die Flughafenanbindung des Bahnprojektes „Stuttgart 21“ / Bundesverwaltungsgericht, TO.mTO Korsettsalon / Gube 20, Pressekonferenz des Kulturfestivals „Sommerfrische“ / Pasinger Fabrik, Saisonbeginn AKIM, TSV 1860 vs. Hallescher FC / Grünwalder Stadion

Sonntag, 14. Juni 2020

Fundsachen (37): Polaroid von Radio Free Europe zur Weihnachtszeit


Fundsachen (36): Pasport Regatul României pentru străinătate

Pasport Regatul României pentru străinătate, rumänischer Reisepaß meiner Großmutter mütterlicherseits, Angela „Maia“ Dragu, geborene Paleologu, Ehefrau des Diplomaten Ion „Ionel“ Dragu aka Ioan Dragu aka Jean Dragu aka Ionel Drăgescu. Ausgestellt wurde er im Februar 1947 von der Legaţia Regală in Paris, der Königlichen Gesandtschaft. Die Kommunisten waren da in Rumänien bereits längst an der Macht, aber König Mihai I. dankte erst am 30. Dezember 1947 ab und ging ins Exil.


Sonntag, 7. Juni 2020

Wochenplan (Updates)

Start der 30. Staffel der „Simpsons“ / Pro Sieben, KFC Uerdingen vs. TSV 1860 / Merkur-Spielarena, DFB-Pokal-Halbfinale 1. FC Saarbrücken vs. Bayer 04 Leverkusen und FC Bayern München vs. Eintracht Frankfurt / ARD, Virtuelle Hauptversammlung 2020  der ProSiebenSat.1 Media SE, Terrassen-Opening / P1, Vernissagen Bernd Zimmer / Galerie Jahn PfefferleMario Klingemann / Utopia (Foto), Eckhart Schmidt: „Finissage“-Projekt / K57 und Sophie Schmidt: „One last glory of the legs“ / Knust x Kunz, „Hinter dem Vorhang“: Musikalischer Online-Talk des Intendanten des Gärtnerplatztheaters mit Alice & Ellen Kessler / BR KulturBühne, Jack Culcay vs. Howard Cospolite / BILDplus, TSV 1860 vs. Hansa Rostock / Grünwalder Stadion sowie im Bayerischen Fernsehen, Café Kosmos Peepshow mit Dana von Suffrin

Donnerstag, 4. Juni 2020

Lebara droht, SIM-Karte zu deaktivieren, wenn man sie während Corona nicht auflädt

Manche Telekommunikationsunternehmen bieten in diesen schweren Zeiten an, mit Forderungen unbezahlter Rechnungen kulant umzugehen.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sieht sogar ein besonderes Schutzbedürfnis bei Zahlungsverzug während der Corona-Krise – ausdrücklich nicht nur etwa bei Energie- und Wasserkosten, sondern auch bei laufenden Verträgen über Kommunikation: „Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher etwa die Telefonrechnungen wegen der Corona-Krise nicht mehr bezahlen können, dürfen die jeweiligen Vertragspartner nicht gleich den Vertrag wegen Verzug kündigen. Verbraucherinnen und Verbrauchen erhalten ein zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht, faktisch also einen Zahlungsaufschub. Das bedeutet, dass sie trotz Nichtzahlung nicht in Verzug kommen.“
Als Pre-Paid-Kunden muss man aber solche Sorgen erst gar nicht haben. Oder etwa doch?
Neben meinem Retro-Nokia 3310, das ich – wenn überhaupt – nur zum gelegentlichen Telefonieren nutze, besitze ich auch ein Smartphone, mit dem ich nahezu ausschließlich surfe und vielleicht alle paar Wochen mal eine SMS verschicke, weil ich darauf leichter tippe als auf dem Nokia. Für dieses iPhone buche ich seit Jahren Monat für Monat bei Lebara ein Datenvolumen von bis zu 10 GB. Pre Paid.
Am 16. Februar hatte ich zuletzt diese Data-XL-Paket für 29 Euro 99 gekauft. Mitte März war es abgelaufen. Als es auch bei uns in Deutschland mit der Pandemie ernst wurde. Für mich persönlich bedeutete das aufgrund von Kurzarbeit und Auftragsausfällen den Wegfall der Hälfte meiner Einkünfte. Und somit kein Budget mehr für ein mobiles Datenvolumen. Aber auch kein zwingender Bedarf mehr, da ich überwiegend von zu Hause aus arbeitete. Und auch kein Grund zur Sorge, oder etwa doch? 
An Telefonguthaben waren schließlich noch 17 Cent Guthaben auf der Karte. Genug, um angerufen zu werden. Nicht für Lebara.
Am 24. Mai drohten sie mit Abschaltung der Pre-Paid-SIM-Karte Mitte Juni, wenn ich nicht neues Geld nachschöße. Also quasi mit einer Sperre oder Kündigung. Weil ihnen die paar Cent Kartenguthaben nicht reichten. Und weil ich zwei Monate lang, eben während der ersten Covid-19-Zeit mit den strengsten Ausgangsbeschränkungen, kein Datenvolumen mehr gebucht hatte.
Fun fact: Da Lebara in der Mail mit der angedrohten Kündigung anbot, mir 500 MB Datenvolumen zu schenken, wenn ich mein Telefonguthaben mit zehn Euro auflade, habe ich es auch getan. Kann schließlich nicht schaden, wieder etwas mehr Guthaben auf der Karte zu haben und auch angesichts der ersten Lockerungen wieder mehr unterwegs zu sein und dann auch zu surfen. Das innerhalb von 48 Stunden nach Aufladung versprochene Datenvolumen habe ich aber selbst nach über einer Woche noch nicht erhalten.

Sonntag, 31. Mai 2020

Wochenplan (Updates)

Q+A mit den Hauptdarstellerinnen Sandra Oh, Jodie Comer, Fiona Shaw und Executive Producer Sally Woodward Gentle zu „Killing Eve“ (Foto) / Variety Streaming Room, Förderpreis für junge Kunst – Perspektiven 2020 mit täglich wechselnden Livestreams der Nominierten: Kalas Liebfried, Patrick Ostrowsky, Alina Schweizer, Max Weisthoff und Lina Zylla / Platform, das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz präsentiert den Kurzfilm „10 Tipps wie du dich nicht verarschen lässt – diesmal von Rechtsextremisten“ / Odeon des Innenministeriums, 1. FC Kaiserslautern vs. TSV 1860 / Fritz-Walter-Stadion, Pressekonferenz zum Lagebild „Gewalt gegen Polizeibeamte in Bayern 2019“ / Odeon des Innenministeriums, Vernissage Emanuel Mooner / Utopia, TSV 1860 vs. Würzburger Kickers / Grünwalder Stadion, All Black – Nein zu Rassismus / Stachus, We Love Green Festival: Catherine Ringer chante Les Rita Mitsouko / France TV Culturebox

Samstag, 30. Mai 2020

Hubert Burda & die Bayerische Hausbau: Mythenbildung im Arabellapark (Update)

Für Hubert Burda bleibt sein Büro an der Arabellastraße „der spannendste Ort“ der Welt. Was man für das Areal zwischen seinem Verlag und dem Arabellahaus längst in Frage stellen kann. „Dort pulsierte das Leben“ einst zwar mit Sicherheit.
Und auch wenn die Fußgängerzone unter Burda-Redakteuren gern „Gefängnishof“ genannt wurde, galt die Schmähung doch eher dem Arbeitgeber als der beliebten Piazza, die, wie Burda zu recht feststellt, „für die Redakteure des Verlags eine belebende soziale Atmosphäre“ bot. Und sei es nur, weil man sich gern mittags im Arabella-Hotel zu einem Schäferstündchen traf. Aber das ist lange her.
Selbst damals war der Offenburger Verleger keineswegs ein Neuankömmling in München, auch wenn er in seinem Interview für die soeben erschienene Festschrift zum 50. Jubiläum des Arabellahauses und des sich anschließenden Stadtviertels auf die arg verkürzte Frage „Was hat Sie damals bewogen, von Offenburg nach München zu ziehen – und warum gerade in den Arabellapark?“ den Eindruck entstehen läßt, 1983 quasi direkt von Offenburg nach München gekommen zu sein.
Aber bereits 1966 erhielt Junior Hubert Burda, der unter anderem in München Kunstgeschichte studiert hat, von seinem Vater, dem Senator Franz Burda, sein eigenes kleines Reich als Verlagsleiter, eine Münchner Dependance in der Arnulfstraße, wo etwa unter Helmut Markwort als Chefredakteur die „Bild + Funk“ entstand und der junge Burda bei seinem ersten Versuch als Innovator zwölf Millionen Mark mit dem Männermagazin „m“ versenken durfte.
1983 war Burda dann längst als Verlag in München etabliert. Es zog höchstens der „Hauptsitz“ um, wobei faktisch bis weit ins 21. Jahrhundert ein vom Verleger sehr bewußt gepflegter Dualismus zwischen Offenburg (Todenhöfer) und München (Markwort) weiter fortbestand. Teile und herrsche.
Seitdem ist der Arabellapark in die Jahre gekommen, um aus einer weiteren Frage an den Verleger weiter hinten in der Festschrift zu zitieren: „Sukzessive gelangen die Gebäude im Arabellapark an das Ende ihrer funktionellen Lebensdauer.“ Und das gilt nicht weniger für viele Redaktionen dieser „Fleet Street von München“.
Die Printredaktion von „Focus“ sucht längst in Berlin ihre Zukunft. Die „Cosmopolitan“, ein paar Häuser weiter von Marquard Media verlegt, und fürs Viertel so prägend, dass das Restaurant Föhn am Rosenkavalierplatz sogar den Redakteurinnen zuliebe eine „Pasta Cosmo“ kreierte (halbe Portion, aber dafür mit einem Salat), wurde an die Bauer Style & Luxury KG verkauft und ins weniger luxuriöse Neuperlach verbannt.
Und der deutsche „Playboy“ hat inzwischen auch Adresse wie Verlag gewechselt. Anders als auf Seite 23 der Festschrift behauptet, residiert er längst nicht mehr in der Arabellastraße. Seitdem Chefredakteur Florian Boitin die Last des in die Jahre gekommenen Titels seinem ehemaligen Arbeitgeber Burda abgenommen hat und das Männermagazin selbst verlegt, sitzt die Redaktion am Kaiser-Ludwig-Platz.

Sonntag, 24. Mai 2020

Wochenplan (Updates)

Wirtschaftsausschuss des Münchner Stadtrats / Rathaus, Pressekonferenz zum Kulturrettungsschirm / Kranhalle,  Mietrechts- bzw. Nachlassverfahren Lehrnbecher ./. Popa / Amtsgericht München, BND-Akte „Fix und Foxi“: „BILD“ ./. BRD – Mündliche Verhandlung zur Akteneinsicht hinsichtlich einer möglichen Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes oder dessen Vorläuferin, der „Organisation Gehlen“, mit dem Kauka-Verlag und einzelnen dort tätigen Personen (BVerwG 6 A 11.19 u. a.) / Bundesverwaltungsgericht, Verwaltungs- und IT-Ausschuss des Münchner Stadtrats / Rathaus, First Crew Launch with SpaceX / Kennedy Space Center, Sozialausschuss des Münchner Stadtrats / Rathaus, Vernissagen Florian Süssmayr zeigt / Galerie Schöttle und Tanja HirschfeldBartolomiej Zabielny & Franz Wechtenbruch: „Trialog“ / UtopiaDeutscher Kamerapreis, Re-Start 3. Liga: TSV 1860 vs. MSV Duisburg / Grünwalder Stadion (Geisterspiel)

Donnerstag, 21. Mai 2020

Horror Picture Show: „Oliver Twist“ (1982) mit George C. Scott und Tim Curry

Ein Mädchen, blond und zart, kämpft sich voran, durch Sturm und Regen. Mit letzter Kraft erreicht die Hochschwangere ein düsteres Anwesen, das Armenhaus einer kleinen, englischen Gemeinde, wo sie ihrem Sohn das Leben schenkt und stirbt. Ein Gentleman ist geboren, Oliver Twist hat das Licht einer Welt erblickt, die ihm trotz schrecklicher asozialer Verhältnisse nichts anhaben können wird.
 Pünktlich zu Weihnachten kommt die x-te Verfilmung von Charles Dickens' Klassiker in die Kinos, „Oliver Twist“, nicht mehr singend oder in Schwarz-weiß, sondern als opulentes Farbspektakel mit drei aufregenden Schauspielern in den bösen Rollen: Altmime George C. Scott, Frank'nfurter Tim Curry und die „Excalibur“-Schönheit Cherie Lunghi verkörpern das Milieu der korrupten und korrumpierenden Existenz.
An diese drei gerät das Waisenkind Oliver, vor Armenhaus und Kinderarbeit flüchtend, auf dem Weg in die Hauptstadt. Doch in diesem London des angehenden 19. Jahrhunderts, im Pfuhl der Armut und des Verbrechens bleibt der Kleine rein und fein, nicht umsonst ist er von besserem Blut. Nach einer aufregenden Odyssee wird Oliver als Sohn und Erbe eines edlen Herrn anerkannt.
Diese deterministische Vorstellung von der Vererbbarkeit der Klassenunterschiede schwächt die Sozialkritik des Werkes bedenklich ab. Erträglich und wohl auch ertragreich bleibt dieser Familienfilm dennoch, nicht zuletzt dank der Schauspieler und Dekors, die der altbekannten Geschichte immer neue Höhepunkte verschaffen.

Diese Filmkritik erschien in der „Münchner Stadt-Zeitung“, Ausgabe 12/1982.