Mittwoch, 5. September 2007

Flash Mob gegen die Bahnprivatisierung

Bis eben hielt ich den Flash Mob für ein bereits wieder ausgestorbenes Aktionsmittel aus dem Arsenal des Agitprops, aber kommenden Samstag feiert es vielleicht fröhlich Urständ: Am 8. September soll an möglichst vielen deutschen Bahnhöfen jeweils in der Haupthalle um 11.55 Uhr zwei Minuten lang mit Pfeifen, Töpfen und Trommeln gegen die Bahnprivatisierung gelärmt werden. Dann soll die Menge einen Zettel mit der Aufschrift „183 = 13“ hochhalten und langsam zerreißen. Um 12.00 Uhr ist alles vorbei. Klingt gut, nur die Zettelaktion arg enigmatisch. Die Regierung veranschlagt den Wert der Bahn auf 13 Milliarden Euro und will sie zur Hälfte verkaufen. Dabei wäre sie laut anderer Quellen 183 Milliarden wert. „Bewege dich unauffällig durch den Bahnhof und sprich mit niemandem“, heißt es in dem per Mail verbreiteten Aufruf. „Achte auf die Bahnhofsuhren. Fang um Punkt 11.55 Uhr an, Lärm zu machen, aber nur bis genau 11.57 Uhr! Wenn der Lärm verhallt ist, hol den Zettel 183 = 13 hervor und halte ihn über Deinen Kopf, so dass ihn alle lesen können und drehe Dich langsam in alle vier Himmelsrichtungen. Dann zerreiß den Zettel langsam. Verlasse den Bahnhof unauffällig und ohne mit den anderen Flash Mobbern zu reden.“
Updates: Erste Bilder aus Münster bei flickr online. Fotos aus Berlin, Hamburg, Münster und Regensburg bei attac. Video aus dem Berliner Hauptbahnhof in der Readers Edition. Presseerklärung von Robin Wood mit Fotos aus Hamburg. Protokoll mit einem Bild aus Berlin. Kurzer Bericht im „Manager-Magazin“. Die Grüne Jugend in Köln (Blog, flickr). Indymedia spricht von ca. 1500 Teilnehmern in über 35 Bahnhöfen, dpa von 30 Bahnhöfen. Bilder auf DeineBahn.de. Anne Will Der Onliner der „Anne Will“-Redaktion war auch dabei, fand's interessant und will womöglich eine Folge ihrer neuen Talkshow dem Thema widmen. Ein Radiobericht bei Indymedia. Bilder aus Stuttgart. Fotos aus dem Münchner Hauptbahnhof.

4 Kommentare:

Blog Queen hat gesagt…

Also, dazu fällt mir ein: who cares? und Who cares?

Es wird allgemein gejammert, die Bahn sei so teuer, der Service so schlecht. Privatisierung belebt das Geschäft und kann unter den richtigen Umständen zu besseren Preisen führen. Ich als Vielfahrer finde das gar nicht verwerflich.

Und was das Ganze kostet, wen soll das interessieren? Meinetwegen können die die DB auf eBay versteigern. Die Angestellten sind ohnehin am Ende die Gelackmeierten, und so oder so werden Jobs verloren gehen und Köpfe rollen.

Im Gegensatz zu der Basic-Lidl-Demo ist dieser Einsatz doch komplett verschwendete Zeit.

Dorin hat gesagt…

Wie man in England gut sehen kann, führt die Privatisierung dr Bahn nur zu mehr Unfällen und noch schlechterem Service.

Und who cares? Na ich, und wenn ich mir so die diversen Initiativen anschaue, noch viele mehr, von den bahnmitarbeitern, über Attac und Robin Wood, bis hin zu den eh schon jetzt von der bahn zunehmend benachteiligten Menschen außerhalb der Metropolen.

Und im Unterschied zu Basic-Lidl sehe ich hier sogar große Chancen, den Worst-Case zu verhindern. Schließlich ist die Politik im Spiel.

Nur ob Flash Mob das adäquate Mittel ist? Mal sehen, was es Samstag an Fernsehbildern und O-Tönen fürs Radio hergibt...

Blog Queen hat gesagt…

1. Wieso Du, Du Nichtbahnfahrer?

2. Zu klein gedacht! Die Engländer halten in den allerwenigsten Fällen, eigentlich gar keinen, die mir einfallen, als gutes Beispiel hin, wie man was machen soll, weshalb also hier mit ihren pathetisch rumpeligen Zügen? Mal ganz davon zu schweigen, daß auch good old Germany in den vergangenen Jahren genügend schwere Bahnunfälle gehabt hat, und daß mit neueren Zügen.

Eine Hauptbeschwerde bei Speditionen aller Art ist der Preiswucher der DB. Dienstleister lassen lieber ihre Brummis über die Autobahn donnern (sprechen wir mal über die Millionen Steuergelder, die jedes Jahr für Sanierungen der rechten Fahrspuren draufgehen), als den Güterservice der Bahn zu verwenden. Privatfirmen können das Streckennetz nicht lückenlos abdecken, weil das Leasing der Strecken zu teuer ist. Ergebnis: siehe oben.

Wie Du so schön zum Ausdruck bringst, hat der Verbraucher in diesem unseren Lande aber eine Stimme, die er leider viel zu selten nutzbringend einsetzt. Wo sind also im gleichen Zuge mit den Antiprivatisierungsevents (und nur als solche kann man das doch beschreiben) die Protestschreiben an die Bahn, ihre maroden Geschäftspraktiken zu sanieren?? Oder dauert Briefeschreiben im digitalen Zeitalter zu lange? Sieht ja auch weniger schick aus als irgendwelche Krach- und Schwenkaktionen und macht sich auf Flickr so viel langweiliger. Von Radio und Fernsehen mal ganz zu schweigen.

Die Bahnmitarbeiter habe ich schon erwähnt, und denk bloß nicht, ein Verkaufsstop schützt Jobs. Wenn die Bahn Verluste macht, geht irgendwo was drauf, ob das Zugbegleiter, Lokführer, oder Angestellte sind, die an den bald stillgelegten Bahnhöfen schuften, so geschehen in Bad Arolsen, das sich glücklicherweise irgendwann als Pendlerbahnhof reetablieren konnte.

Aber wie immer, in dem Geschrei fällt gar nicht auf, daß wieder mal nur alle gegen irgendwas sind und ohne Lösungsansätze für existierende Probleme oder Verbesserungsvorschläge dastehen. Kommt davon, wenn man im Namen des Aktionismus lieber die Rampensau besonnt... oder kommt mir das nur so vor ob der einseitigen Berichterstattung?

Blog Queen hat gesagt…

Ha, oder auch: das mit neueren Zügen. Offensichtlich zu tief ins Glas geschaut, die Gute...