Unsere schöne Landeshauptstadt blickt auf zwei Traditionen zurück, eine religiöse und eine rebellische, und ausgerechnet den MTV Europe Music Awards (EMA) droht derzeit, von beiden radikalen Strömungen unterspült zu werden. In subversiven Maillisten kursiert gerade ein Aufruf, die weltweit ausgestrahlte Veranstaltung (letztes Jahr über 1,4 Milliarden Zuschauer in 179 Ländern) für eine Demonstration gegen Schäubles Überwachungspläne zu nutzen, denn – so der gewagte wie phantasiereiche intellektuelle Dreisprung: Überwachung – Paparazzi – MTV EMA! Größeres Gewicht hat wohl der Einspruch des Erzbistums München gegen den Tanz um die goldenen Awards. Denn MTV plant die Party in der Olympiahalle ausgerechnet am 1. November abzuhalten. Allerheiligen, wenn in unserer schönen Stadt Tanzverbot herrscht und in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen untersagt sind: „An den stillen Tagen sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist.“ Eine Verwaltungsvorschrift, die derart verstaubt und reaktionär ist, das sie schnellstens abgeschafft gehört. Zwar sind Ausnahmen zugelassen: „Die Gemeinden können aus wichtigen Gründen im Einzelfall von den Verboten der Art. 2, 3 und 4 Befreiung erteilen“. Aber so lange uns Münchnern am 1. November das Feiern verboten wird, stellt die Ausnahmegenehmigung des sonst in solchen Fällen immer wieder Bußgelder verhängenden Kreisverwaltungsreferats einen bigotten Skandal dar, und die katholische Kirche genießt meine vollste Sympathie, dagegen gerichtlich vorzugehen. Party für alle – oder gar nicht.
Updates: Laut der Münchner „Abendzeitung“ prüft nun das bayerische Innenministerium, „warum die Stadt eine Befreiung vom Gesetz erteilt hat – und wie sie diese begründet. Wirtschaftliche Interessen reichen niemals aus.“
Auf einer „eilig einberufenen Pressekonferenz“ erklärte das Kreisverwaltungsreferat laut der
„Süddeutschen Zeitung“ , „dass es keinen Ärger mit der Kirche wünsche. Man habe sich die Angelegenheit wohl überlegt: 'Das Feiertagsgesetz ist ein sehr wichtiges Gesetz, darüber sind wir uns einig mit der Kirche, wir ziehen an einem Strang', so Horst Reif als stellvertretender Kreisverwaltungsreferent. ' Richtig ist aber auch, dass Artikel 5 die Regelung vorsieht, Ausnahmen zuzulassen.' Eine internationale Veranstaltung dieser Größenordnung sei vergleichbar mit der Weltmeisterschaft oder der Olympiade.“
4 Kommentare:
Justin Timberlake Auftritte würde ich so oder so verbieten; 1. November hin oder her...
Wieder einmal einer der meint, das Feiern oder wie man das meint, sei Lebensinhalt. Klarer Widerspruch:
http://dorfkramer.blogspot.com/2007/09/mtv-award-wie-mnchens-ob-ude-die.html
Hier noch einmal Dorfkramers Link.
Also einen noch schlechteren Tag wie den 1. November konnten sich die Veranstalter der MTV Europe Music Awards nicht aussuchen. Als ob die nicht gewusst hätten, daß genau an diesem Tag in Bayern ein kirchlicher Feiertag ist. Schweinerei kann ich da nur sagen.
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